Gestrandet im Weltall

by Black Lady


Stanleys Raumkapsel näherte sich dem Raumhafen auf FB4. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen als er das phallusförmige Raumschiff erblickte, das dort angedockt lag. Das war doch nicht etwa..? Nein, er hatte sich nicht geirrt. Bei diesem Raumschiff handelte es sich doch wirklich um einen Lusttransport von Celes. Bis jetzt hatte er nur Gerüchte über die Bewohner dieses Planeten und deren ausschweifendes Sexualleben gehört. Wenn man diesen Glauben schenken durfte, so sollte es dort Frauen geben, die auf dem Rücken ein zusätzliches Paar Brüste hatte. Er konnte sich zwar nicht vorstellen wie das aussah - um ehrlich zu sein, er konnte sich nicht einmal vorstellen wie eine "normale" Frau unbekleidet aussah - aber er war begierig, diese Wissenslücke zu schließen. Tiefes Selbstmitleid ergriff ihn als er daran dachte, was er in seinem bisherigen Leben alles verpaßt hatte. Nicht einmal in seinen wildesten Träumen hatte er zu hoffen gewagt, daß er jemals eines dieser Freudenschiffe zu Gesicht bekommen würde und nun stand es vor ihm. Ja, jetzt endlich würde sich ihm die Gelegenheit bieten, seine geheimsten Wünsche auszuleben. Jetzt - oder nie!
Stanley betrat das Innere des Raumschiffs. Sein Herz klopfte wild. Gleich würden sich alle seine Träume erfüllen. "Nur noch durch diese Tür. Dann bin ich im Paradies." Doch gerade als er die Tür öffnen wollte, stellte sich ihm ein hünenhafter Eunuch in den Weg. "Erzketzer wie du haben hier nichts verloren!" sagte er, ergriff Stan und warf ihn im hohen Bogen hinaus.

"Au!" Stan erwachte. Er rieb sich die schmerzende Beule am Hinterkopf. "Das ist voll gemein. Nicht einmal in meinen Träumen werden mir meine Wünsche erfüllt!" Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, was ihn so unsanft aus seinen Träumen gerissen hatte, wurde er aus seiner Koje geschleudert als die Lexx einen heftigen Schlenker nach rechts machte. "Verdammt noch mal, was ist denn jetzt schon wieder los?" schrie er. "Die Lexx ist in einen Asteroidenschwarm geraten." antwortete 790. Auch Kai und Zev waren geweckt worden als die Lexx eines ihrer Ausweichmanöver vollführte. Gleichzeitig kamen sie auf die Brücke. "Ob wir hier heil herauskommen?" fragte Stan. "Ich hoffe es!" antwortete Kai, den wie immer nichts aus der Ruhe bringen konnte. Alle starrten aufgeregt und ängstlich auf den Bildschirm. Die Lexx befand sich inmitten einen ausgedehnten Asteroidenschwarms und so sehr sie sich auch bemühte den Asteroiden auszuweichen, so wurde sie doch immer wieder von riesigen Gesteinsbrocken getroffen. "Haltet euch gut fest!" rief Kai. Doch das war leichter gesagt als getan. Kaum hatte man sich irgendwo festgekrallt, machte die Lexx einen so heftigen Schlenker, daß man den Halt verlor und zu Boden geschleudert wurde. "Hoffentlich haben wir das bald überstanden!" jammerte Stan. Doch es sollte noch eine ganze Weile bis Stan und die anderen von ihrem Leiden erlöst wurden.

Stan erhob sich mühsam. "Seinem Schatten sei Dank! Es ist vorbei. Vermutlich habe ich jetzt überall blaue Flecke." Kai half Zev auf die Füße. "Ist dir auch nicht passiert, Du Traum meiner schlaflosen Nächte?" erkundigte sich 790 besorgt. "Mir ging es schon mal besser, aber ich bin O.K.. Was jetzt viel wichtiger ist, wie hat die Lexx das ganze überstanden?" "Lexx! Irgendwelche Schäden?" "Große Asteroideneinschläge an Bauch und Rücken. Ich wurde so schwer verletzt, daß ich nur noch bedingt flugtauglich bin. Ich brauche jetzt unbedingt eine Ruhepause, um mich zu regenerieren." "Nun, dann müssen wir uns nach einem geeigneten Planeten umsehen!" sagte der wie immer praktisch veranlagte Kai. "790, gibt es hier in der Nähe einen Planeten auf dem wir landen können?" "Kein Planet, aber so etwas ähnliches wie ein Komet. Eventuell der Teil eines Planeten der zerstört wurde." Der Komet oder was immer es auch war, erschien auf dem Bildschirm. "Nicht gerade groß." "Egal, es ist das Beste was wir jetzt bekommen können. Wie haben sowieso keine andere Wahl. Welche Koordinaten?" Stan gab die Koordinaten ein und gab der Lexx den Befehl zum Landen. Unverzüglich befolgte sie seinen Befehl doch kurz bevor sie in die Atmosphäre eintratt, geriet sie ins Trudeln "Bitte Lexx, halte noch ein wenig länger aus!" bat Stan. "Ich weiß du kannst es!" ermunterte er sie. "Ich tue mein Bestes! Aber meine Kraftreserven verlieren an Energie." "Wenn du den falschen Eintrittswinkel wählst dann verglühen wir alle!" warnte Kai . Daraufhin unternahm die Lexx, die verzweifelte Anstrengung, doch noch in die richtige Position zu kommen, was ihr in der buchstäblich letzten Sekunde auch noch gelang. "Puh, das ist noch einmal gut gegangen!" sagte Stan und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. "Du hast es gleich geschafft! Gleich erreichen wir die .... Uaaah" Haltlos kreiselnd stürzte die Lexx ab und bohrte sich in einem unmöglichen Winkel in den weichen Sand.

"Verdammt, daß ist schon das zweite Mal für heute, daß ich von einer in die andere Ecke flog." sagte der erboste Stan. "Sei froh, daß wir noch leben!" erwiderte Kai. "Bin ich auch! Aber ich trotzdem keine Lust, daß man jedes Mal, wenn der Flug etwas ungemütlich wird, mit mir Ping Pong spielt." "Dann baue doch Sicherheitsgurte ein!" schlug Kai vor. "Dazu ist der doch viel zu unfähig!" höhnte 790. "Paß bloß auf Du Blechdose, daß ich nicht mit Dir Ping Pong spiele!" "Du und Ping Pong spielen? Da lachen ja die Klusterechsen!" "Streitet nicht!" mischte sich Kai ein. "Wir haben jetzt wichtigeres zu tun! Da wir hier auf unbestimmte Zeit festsitzen, sollten wir uns mal etwas umsehen." "Ich bleibe hier!" ließ Stan verlauten. "Schließlich muß ja jemand auf die Lexx aufpassen." "Im Moment könnte er sowieso nichts mit ihr anfangen und außerdem bist Du doch der einzige der den Schlüssel zu ihr besitzt. Ich glaube viel eher, daß Du Angst hast!" neckte ihn Zev. "Aber wie du willst, dann bleib eben hier. Wir bringen Dir aber nichts zu Essen mit!" "Das ist mir egal. Dafür habe ich ja die Lexx." "Wenn Du Dich da mal nicht täuschst! Ich glaube nicht, daß die Lexx derzeit in der Lage ist, Nahrung zu produzieren." erwiderte Kai. "Na gut, dann komme ich eben mit." antwortete Stan widerwillig, schnappte sich 790, den Kai und Zev mal wieder vergessen hatten und beeilte sich, den beiden zu folgen.

Zev stand auf der Rampe und sah sich um. Der Panorama, daß sich ihr bot, hätte aus einem Urlaubskatalog stammen können: Goldgelber Sand, Palmen und kristallblaues Wasser. Angeführt von Kai stiegen sie aus und gemeinsam machten sie sich auf, um die Rauminsel, auf der sie gestrandet waren, zu erkunden. Nachdem sie eine Weile am Strand entlang gelaufen waren, zeigte Kai auf eine Erhebung im Westen. "Schaut ein Hügel! Wir sollten hochklettern. Von dort oben können wir alles besser überblicken!"

"Wartet doch!" keuchte Stan, der Mühe hatte, Kai und Zev nachzukommen. "Streng Dich gefälligst an!" schimpfte 790. "Ich verliere meine geliebtes Moppelchen aus den Augen." "Ich wäre viel schneller, wenn ich dich Blechdose nicht mit mir herumschleppen müßte!" knurrte Stan. "Noch so eine blöde Bemerkung und ich lasse dich hier liegen, dann kannst du mal sehen wie du wieder zu deiner über alles geliebten Zev kommst." Daraufhin schwieg 790 dann doch lieber. Um in Zevs Nähe sein zu können, würde er einfach alles ertragen! Klusterechsen, Seinen Schatten und sogar Stans Geschwätz würde er klaglos über sich ergehen lassen.

Kai und Zev hatten die Spitze des Hügels erreicht und sahen sich um. Erstaunt den Atem anhaltend blieb Zev stehen und zerrte an Kais Ärmel: "Sieh doch mal da unten!" und deutete auf den Strandabschnitt auf der anderen Seite des Berges, wo befanden sich die Überreste eines anderes Raumschiffs befanden. Das riesige Schiff war in zwei Hälften zerteilt worden und bot sämtliche Innenräume der Außenwelt dar wie ein aufgeklapptes Puppenhaus. "Die hatten wohl nicht so viel Glück wie wir!" "Wer weiß? Wir sollten uns das Ganze auf jeden Fall mal aus der Nähe ansehen." erwiderte Kai und begann den Hügel hinab zu rutschen. Zev folgte ihm augenblicklich.

"Verdammt noch mal! Wo sind denn Kai und Zev?" schimpfte Stan als er endlich den Hügel erklommen hatte. Atemlos stand er auf dem Gipfel und sah sich um. "Wer weiß, was die schon wieder treiben? Zuerst wollen sie, daß ich unbedingt mitkomme und dann laufen sie mir einfach davon. Schöne Freunde sind das. "Die sind schon wieder unten. Siehst Du, sie haben ein Wrack gefunden." "Grrr, wenn ich das gewußt hätte, wäre ich unten geblieben." "Ein bißchen Sport kann Dir nicht schaden!" "Dir auch nicht!" entgegnete Stan, bevor er 790 einen Tritt verpaßte und ihn den Hügel runter rollen ließ.

"Woher kommt dieses Raumschiff?" fragte Zev. "Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube es handelt sich um ein Forschungsschiff vom Otnorot." "Was für Wesen leben auf diesem Planeten?" "Menschen wie wir. Sie haben eine hochentwickelte Technologie. Viele Brunnen-G besuchten die Technologische Fakultät auf Otnorot, weil sie die beste in der ganzen Darkzone ist." "Na, offensichtlich war ihre Technologie doch nicht so gut, ansonsten hätten sie hier wohl keine Bruchlandung hingelegt!" sagte der hinzukommende Stan. "Vermutlich geriet das Raumschiff genau wie wir in einen Asteroidenschwarm. Da dieses Schiff viel kleiner als die Lexx ist, konnten es Einschläge viel eher aus der Bahn werfen." "Ob es Überlebende gegeben hat?" wollte Zev wissen. "Wenn ja, dann werden wir es bald erfahren." Kai starrte zum Horizont, wo die rote Sonne gerade zischend im Meer versank. "Die Sonne geht unter. Wir sollten zur Lexx zurück gehen. Solange wir nicht wissen, ob es hier irgendwelche Lebewesen gibt, sollten wir uns hier nicht im Dunkeln rumtreiben." "Da gebe ich dir vollkommen Recht. Wir sollten hier verschwinden. Irgendwie ist es hier unheimlich." "Stan, Du bist ein richtiger Feigling!" "Lieber ein lebendiger Feigling als ein toter Held. Du kannst ja von mir aus noch etwas hier bleiben, aber ich gehe jetzt zur Lexx zurück." antwortete Stan und wandte sich zum gehen. "Ist ja gut, wir kommen ja auch schon. Wir werden uns morgen weiter umsehen. Ich bin nachts auch lieber in der Lexx als hier draußen. Langsam wird es empfindlich kalt." Kai hob 790 auf, der vergessen im Sand lag: "Du verbringst die Nacht vermutlich auch lieber in der Lexx als allein hier draußen!" "Am liebsten würde ich ja die Nacht mit Zev verbringen." Kai runzelte jedoch nur die Augenbraun und folgte Stan, der ihnen schon weit voraus war.

Zev ging neben Kai und tastete nach seiner Hand, die er ihr aber entzog. Sie biß sich auf die Lippe. Warum machte er es ihr so schwer? Warum entzog er sich ihr andauernd? Immer wenn sie glaubte, seiner Liebe sicher zu sein, änderte er auf einmal sein Verhalten und stieß sie von sich. Er konnte so kalt sein, so abweisend. Sie verstand ihn nicht. Es gab Phasen, in denen er keinen an sich heran ließ. Wie ein gefangenes Tier wanderte er dann, Tag für Tag, Nacht für Nacht ruhelos durch die Lexx. Dann mußte man ihn unbedingt in Ruhe lassen, denn schon der kleinste Anlaß konnte ihn zum Explodieren bringen. Sicher, hinterher tat es ihm leid, doch sein Verhalten verunsicherte Zev sehr. Sie fühlte sich dann immer an ihre Eltern erinnert, die sie im Stich gelassen hatten. Ihr Selbstvertrauen litt, denn zu oft hatte sie schon erleben müssen, daß man sie enttäuscht hatte. Zev ließ sich zurückfallen, Kai sollte nicht sehen, daß sie weinte.

Gedankenverloren ging Zev am Strand entlang. Wütend warf sie Steine ins Wasser. Sie mußte sich erst einmal wieder beruhigen. Sie konnte jetzt nicht mit den anderen zusammen sein, sie würden direkt merken was mit ihr los war und das wollte sie einfach nicht. "Zev? Wo bleibst du denn? Trödel nicht so!" rief Kai ihr zu, als er ihre Abwesenheit bemerkte. Auf einmal wurde seine Stimme schrill und laut: "Zev! Lauf so schnell du kannst! Irgendetwas verfolgt uns." Zev drehte sich um. Sie sah mehrere riesige Spinnen auf sich zukommen. Sie erschrak und blieb wie angewurzelt stehen. Kais Schrei riß sie aus ihrer Erstarrung. "Zev! Flieh doch endlich!" Zev rannte los, doch so schnell sie auch lief, die Riesenspinnen kamen immer näher. Zev stolperte über am Boden liegendes Treibholz und stürzte. Angstvoll blickte sie sich um. Eine der Spinnen kam direkt auf sie zu. Sie schrie auf und schlug die Hände vors Gesicht. Sie wollte nichts mehr sehen und hoffte inbrünstig, daß ein Wunder geschehen würde. Ein Wunder, das dann überraschenderweise auch wirklich eintrat - das Monster wich zurück. Zev war sprachlos. Sie konnte sich nicht erklären, was die Spinne veranlaßt hatte, sich zurückzuziehen. Verwirrt blickte sie um sich und sah eine Gestalt, die mit einer Laserpistole schießend auf sie zulief. "Bleibe ruhig! Ich werde dich retten!" rief die Person, kniete nieder, feuerte Salve um Salve und zwang die Kreaturen schließlich zum Rückzug. "So, das hätten wir überstanden. Sie sind fort. Hab keine Angst, ich werde dich und deine Freunde zu euerem Raumschiff begleiten. Vielleicht kommen sie ja wieder zurück. Zev schaute sich ihren Retter - oder vielmehr ihre Retterin an, die völlig unbeeindruckt von dem Geschehenen vor ihr stand. Sie war ungefähr so groß wie sie, hatte kurzes rotes Haar, große blaue irgendwie kalt blickende Augen und trug einen blauen, enganliegenden Raumanzug, der ihre athletische Figur bestens zur Geltung brachte. Stan und Kai mit 790 unterm Arm kamen angerannt. "Zev, mein Engel! Haben dir diese furchtbaren Wesen irgend etwas angetan?" fragte 790. Zev wandte sich ihren Freunden zu: "Ohne sie wäre ich jetzt tot." Danach streckte sie der Fremden ihre Hand entgegen, die diese zögerlich ergriff. "Ich danke dir!" Dann deutete sie auf die anderen und sagte: "Das ist Stan und der Roboterkopf heißt 790. Dann stellte sie sich demonstrativ vor Kai: "Das ist mein Freund Kai und ich heiße Zev." "Du kannst mich Vaha nennen." "Wie kommst du hierher? Gehörst du zu den Insassen des zerstörten Raumschiffes der Otnorot-Forscher?" Vaha nickte. "All die anderen - die Otnoriter - wurden von den Wesen getötet. Ich bin als einzige noch übrig. Ich war für die Sicherheit zuständig, doch ich habe versagt!" Doch als sie das sagte, verrieten weder ihre Stimme noch ihr Gesichtsausdruck irgendeine Gefühlsregung.

Die Gruppe erreichte die Lexx. Vaha schaute sich die Lexx genau an und sagte schließlich: "Euer Raumschiff wurde stark beschädigt! Vermutlich werdet ihr hier noch einige Zeit festsitzen. Ihr solltet einen Schutzgraben anlegen." "Das ist eine gute Idee!" antwortete Kai. "Das muß allerdings bis morgen warten. Jetzt ist es zu dunkel. Komm doch mit uns in die Lexx!, dort ist es sicherer!" "Ich kann ganz gut auf mich allein aufpassen. Außerdem muß hier jemand Wache stehen." "Hältst du das wirklich für notwendig?" "Ich verbringe hier schon etwas mehr Zeit als ihr! Daher kann ich auch viel besser als ihr abschätzen, wie gefährlich es hier ist. Wäre ich damals aufmerksamer gewesen, dann könnten die Otnoriter vielleicht noch leben! Nein, ich werde draußen bleiben und aufpassen, daß die Wesen eurem Raumschiff nicht zu nahe kommen." Zev ließ sich ihre Erleichterung nicht anmerken als Vaha sich entschloß, nicht mit in die Lexx zu kommen. Nein, sie konnte sie nicht leiden und außerdem hatte sie furchtbare Angst, daß Vaha eine Gefahr für ihre Beziehung zu Kai werden könnte.

"Lexx! Was glaubst Du, wann wirst Du wieder flugtauglich sein?" fragte Stan. "Ich brauche mindestens eine Woche, um mich zu regenerieren." "Was? Wir sitzen hier eine ganze Woche fest? Verdammt! Lexx, geht das wirklich nicht schneller?" "Es tut mir leid Stan, aber es dauert wirklich so lange." Auch Zev war nicht sonderlich erbaut darüber, daß sie es hier noch etwas länger aushalten mußten. Sie wollte so schnell wie möglich wieder weg von hier: weg von dieser Insel im All, weg von den Riesenspinnen und vor allem weg von Vaha. Aber was wäre, wenn sich Vaha entschlösse, mit ihnen zu kommen?

"Kai? Wo willst Du denn hin?" "Ich gehe raus zu Vaha, vielleicht braucht sie ja meine Hilfe!" "Du hast doch gehört, sie kommt allein zurecht!" Doch Kai ließ sich nicht zurückhalten. "Man kann nie wissen." "Dann komme ich auch mit!" "Draußen ist es viel zu kalt für dich!" "Aber für Vaha nicht, oder was?" fragte sie eifersüchtig. "Im Gegensatz zu Dir trägt sie einen dicken Raumanzug." Er küßte sie brüderlich auf die Stirn und ging, eine deprimierte Zev zurücklassend, nach draußen.

"Was willst du hier? Ich habe dir doch gesagt, daß ich allein Wache stehen kann." "Ich wollte nur mal sehen, ob ich dir nicht doch helfen kann." "Das einzige was gegen die Spinnen hilft ist meine Laserpistole. Wenn es ernst wird, würdest du mir vermutlich nur im Weg stehen. Geh wieder rein!" "Das werde ich, aber erst gleich. Erzähle mir von euerer Mission!" "Da gibt es nichts zu erzählen, es war ein ganz gewöhnlicher Forschungsflug zu anderen Planeten. Wir gerieten in einen Asteroidenschwarm und mußten hier notlanden. Den Rest kennst du. Du bist ein Brunnen-G, nicht wahr?" "Ja" "Was ist mit euch passiert, als ihr die Darkzone verlassen habt?" "Wir haben uns auf einem Planeten in der Zone des Lichts niedergelassen. Nach vielen Jahrhunderten des Friedens und des Wohlstands wurden wir von Seinem Schatten, dem Usurpator der Zone des Lichts angegriffen. Wir haben gegen ihn gekämpft, doch wir waren zu schwach und haben verloren. Unser Planet und alle anderen Brunnen-G wurden ausgelöscht." "Und wie kamt ihr hierher?" "Sein Schatten wurde letztendlich doch besiegt, dabei wurde allerdings der fraktale Sog zerstört, so daß wir jetzt nicht mehr zurückkommen.. Und deshalb sind wir nun auf der Suche nach einem neuen Zuhause." Kai drehte sich um: "Nun gut, wenn du meine Hilfe nicht brauchst, dann gehe ich wieder. Bis morgen früh! Gute Nacht!" "Gute Nacht!"

Zev stand am Fenster und beobachtete die beiden. Wenn diese Vaha denken sollte, daß sie sich ungestraft an Kai heran machen durfte, dann hatte sie sich aber geschnitten. Der würde sie es schon zeigen! Sie hatte ihr zwar das Leben gerettet, daß hieß aber noch lange nicht, daß sie sich deswegen alles erlauben durfte. Zev ballte die Fäuste. Stan trat von hinten an sie heran und sagte: "Eifersüchtig, was? Ja, ja, diese Vaha ist schon eine klasse Frau! Würde mich gar nicht wundern, wenn Kai....." doch bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte, hatte Zev ihm schon einen Schlag in den Magen verpaßt und rauschte an ihm vorbei. "Au - spinnst Du? Außerdem weiß ich gar nicht was du hast. Sei doch froh, wenn du den toten Mann endlich los wirst! Ich würde dich liebend gerne trösten und im Gegensatz zu Kai bin ich immerhin ein richtiger Mann!" Doch Zev hörte ihn schon nicht mehr.

Kai betrachtete sich die Schäden im Innern der Lexx näher. Ja, es würde wohl noch eine ganze Weile dauern bis sie von hier wieder weg kommen würden. Er setzte sich auf den Boden vor der Kryostahse und dachte nach. Er konnte sich selbst sich erklären, warum er heute so gemein zu Zev gewesen war. Er war sich ganz sicher, daß er Zev liebte doch war es ihm unmöglich ihr seine Gefühle für sie klar zumachen. Zev hungerte nach seiner Liebe wie ein junges Hündchen, andauernd forderte sie Beweise für seine Zuneigung zu ihr. Obwohl er verstand, daß sie nach allem was sie durchgemacht hatte, diese Bestätigung seiner Liebe brauchte, fühlte er sich überfordert. Zev ließ ihm einfach zu wenig Zeit, um sich an seine neue Menschlichkeit zu gewöhnen. Er, der er 2000 Jahre, der willenlose Sklave Seines Schattens gewesen war, mußte sich erst einmal wieder daran gewöhnen, daß er sein Gedächtnis wieder gewonnen hatte und fast wieder menschlich war. Außerdem machte es ihm schwer zu schaffen, daß er in dieser Zeit unzählige, unschuldige Menschen umgebracht hatte. Obwohl Zev ihm zu erklären versucht hatte, daß nicht wirklich er diese Morde begangen hatte, weil er ja unter dem Einfluß Seines Schattens gestanden hatte, konnte er diese Taten nicht so leicht aus seinem Gedächtnis und seinem Gewissen streichen. Nein, Zev verstand ihn nicht, aber wie sollte sie auch. Sie hatte ja niemals so etwas schreckliches getan. Er mußte an Vaha denken, die genau wie er eine große Schuld mit sich herumtrug. Im Gegensatz zu ihm, schien sie jedoch ganz gut damit zurecht zukommen. Sie hatte sich zwar die Schuld dafür gegeben, daß die otnoritischen Forscher umgekommen waren, dennoch schien es sie nicht im geringsten zu belasten. Vielleicht sollte er sie einmal fragen, wie sie damit zurechtkam und wie sie ihre Schuldgefühle, wenn sie welche hatte, bewältigte. Vielleicht konnte sie ihm ja zeigen, wie er sich von seinem Schuldkomplex befreien konnte. Dann würde er sich endlich wieder frei fühlen. Frei, von den Alpträumen, die ihn plagten, frei von den Erinnerungen, die ihn jagten. Frei? Kai lachte bitter auf. Frei!! Ob er jemals frei sein würde? Manchmal glaubte er zu fühlen, daß Sein Schatten immer noch Macht über ihn besaß. Er hatte es Zev einmal zu erklären versucht, doch sie hatte ihn nur ausgelacht und gesagt, daß Sein Schatten doch endgültig besiegt wäre. Er war sich da allerdings nicht so sicher. Waren seine häufigen Stimmungsschwankungen, für die er einfach keine rationale Erklärung fand, denn kein Beweis dafür, daß nicht alles in Ordnung war? Nein, die anderen sollten glauben was sie wollten, er wußte, daß Sein Schatten noch lange nicht besiegt war.

Stan warf völlig erschöpft die Schaufel in den Sand. Der Schweiß lief ihm in Strömen die Stirn hinunter. "Ich kann nicht mehr. Ich bin vollkommen fertig." "Du alter Sack, du bist ja zu gar nichts mehr zu gebrauchen!" stichelte 790. "Um dich einzubuddeln langt's noch allemal!" knurrte Stan. "Ich habe Hunger! Ich werde erst weitermachen, wenn ich was zu Essen bekommen habe!" "Du hast Hunger?" fragte Vaha. "Wartet hier. Ich werde euch was holen." Sie legte ihre Schaufel weg und lief in atemberaubender Schnelligkeit los. "Mann, hat die ein Tempo drauf!" sagte Stan. "Bei den Clusterspielen hätte sie ohne Schwierigkeiten alle Preise abgeräumt. Wie bringt sie das nur fertig - ich bin ja so schon fix und fertig." "Es ist nun einmal nicht jeder so unsportlich wie du!" erwiderte 790, der wie immer jede Gelegenheit, die sich ihm bot, ergriff, um Stan zu ärgern. "Ach du, du, du..." "Ja, was, was, was, du minderbemittelte Kohlenstoffeinheit. Du Irrtum der Natur!" "Laß mich doch in Ruhe, du Blechschädel! Es ist einfach zu heiß hier. Da kann man ja nicht vernünftig nachdenken!" "Als ob du das jemals gekonnt hättest!" In diesem Moment kehrte Vaha mit einer Armvoll lila Früchte zurück und Stan verlor augenblicklich jedes Interesse an einem Disput mit 790. "Hmm, die schmecken sehr gut!" sagte Stan und stopfte sich gleich mehrere in den Mund. Auch Zev griff hungrig nach den Früchten. Die einzigen, die nichts aßen waren Kai, 790 und Vaha. "Willst du denn nichts?" fragte Stan erstaunt. "Die Arbeit geht vor!" erwiderte Vaha, ergriff ihre Schaufel und machte sich wieder an die Arbeit.

Gegen Abend hatten sie es endlich geschafft. "So, der Graben ist jetzt tief und breit genug. Er wird die Riesenspinnen zwar nicht ganz aufhalten können, aber die Verteidigung wird euch so wesentlich leichter fallen." Zev richtete sich erschöpft auf. Alles tat ihr weh. Sie war müde, verdreckt und verschwitzt. Sie sehnte sich nur noch nach einer heißen Dusche und ihrem Bett. Sie warf einen Blick auf Stan, der auch nicht besser als sie aussah. Die einzigen, die vollkommen frisch und munter schienen, waren Kai, 790 und Vaha. Bei Kai und 790 konnte sie es ja noch verstehen. Aber was verdammt noch mal war mit Vaha los? Diese Frau konnte unmöglich normal sein.

Vaha betrachtete sich das Innere der Lexx. "Eine interessante Idee, ein Raumschiff halborganisch herzustellen. Die Otnoriter hatten zwar eine hochentwickelte Technologie, aber damit haben sie sich nicht beschäftigt." "Wenn du willst dann führe ich dich überall herum." erbot sich Stan. "Ich würde mir euer Raumschiff wirklich gerne etwas näher ansehen." Stan erhob und machte mit Vaha einen Rundgang durch die Lexx. "Vaha!" sagte Stan. "Was ist?" "Wenn ich du wäre, dann würde ich mich vor Zev in Acht nehmen. Sie sieht es gar nicht gerne wenn du dich so viel mit Kai beschäftigst." "Ich verstehe nicht was du meinst!" "Ähm,...Zev mag Kai und ich würde sagen, daß sie etwas eifersüchtig ist. Glaube mir, Zev kann ganz schön wütend werden. Verbringe doch lieber deine Zeit mit mir." Stan versuchte seinen Arm, um ihre Hüfte zu legen. "Mit mir kannst du viel mehr Spaß haben - na, du weißt schon was ich meine!" Vaha starrte ihn daraufhin allerdings so eisig mit ihren stahlblauen Augen an, daß er seine Hand schleunigst wieder wegnahm. "Äh, ist ja schon gut! War ja nur ein Vorschlag. Nichts für ungut" Stan sah zu, daß er fortkam. "Diese Frau ist ja noch schlimmer als Zev!" dachte er. "Kälter als ein Eisblock!" Er schüttelte sich. "Brrr!"

Die Tage vergingen und die Lexx erholte sich zusehends. Dank des Schutzgrabens und Vahas Aufmerksamkeit blieben sie von weiteren Angriffen verschont. "Nur noch einen Tag und wir haben es geschafft!" frohlockte Stan. "Was bin ich froh, wenn wir von diesem gottverdammten Stück Erde wieder fortkommen." "Und ich wollte, wir wären hier nie gelandet!" dachte Zev und starrte haßerfüllt nach draußen, wo Kai und Vaha beisammen saßen und sich unterhielten.

"Vaha? Fühlst du dich schuldig, weil du den Tod deiner Freunde nicht verhindern konntest?" Vaha sah Kai erstaunt an: "Schuld? Nein, ich empfinde keine Schuld. Keine Schuld im eigentlichen Sinne. Ich habe versagt. Ich konnte meine Aufgabe, den Forschern zu helfen und sie zu schützen, nicht erfüllen. Ich habe alles Menschenmögliche getan, aber es war nicht genug. Ich war nicht gut genug. An ihrem Tod jedoch trifft mich keine Schuld, denn ich wollte nicht, daß sie sterben und hätte ich es gekonnt, so hätte ich sie gerettet. Und selbst wenn ich mich schuldig fühlen würde, was würde es ändern? Davon würden die Crew meines Raumschiffes auch nicht wieder lebendig! Mit Dingen, die man nicht mehr ändern kann, muß man sich abfinden. Das Leben geht weiter." "Ich danke dir, du hast mir sehr geholfen. Und ich danke dir dafür, daß du Zev gerettet hast."

Zev hatte genug. Sie würde sich das nicht länger mit ansehen. "Der werde ich es zeigen. Kai bekommt sie nur über meine Leiche!" "Oh, du strahlendster Stern am Firmament, so ist nun einmal die Liebe zwischen Menschen. Ich hingegen, ich würde dich nie betrügen, ich werde dich für immer und ewig lieben. Und ich werde mich auch noch an die Farbe deiner Augen erinnern, wenn niemand mehr in diesem Universum auch nur deinen Namen noch kennt." Doch Zev hörte ihm gar nicht zu - sie hatte wichtigeres zu tun.

Zev rannte Vaha hinterher, die sie in der Nähe des otnoritischen Raumschiffs sah. "Was tust du hier? Allein! Gerade du solltest wissen, wie gefährlich es hier ist." "Aber für dich nicht, oder was?" "Nein! Ich könnte mich gegen die Ungeheuer schützen, wenn es nötig wäre - du aber nicht! Laß uns zurück gehen!" Zev blickte Vaha angriffslustig an. "Nein, zuerst habe ich mit Dir zu reden. Du, du wirst mir Kai nicht wegnehmen!" "Das hatte und habe ich nicht vor! Ich habe kein Interesse an ihm. Und du solltest auch nicht an Kai zweifeln! Weißt du denn nicht, wie sehr er sich um dich sorgt? Welchen Beweis brauchst du denn noch für seine Liebe?" "Quatsch mich nicht voll, ich glaube dir kein Wort!" antwortete Zev und wollte sich auf Vaha stürzen, die ihre Hand abwehrend ausstreckte. Zev ergriff die Hand und wollte sie wegstoßen, doch mitten in der Bewegung hielt sie abrupt inne. "Deine Hand ... ist ja kalt wie Metall." Plötzlich dämmerte ihr die Wahrheit und verblüfft ließ sie die Hand los. Alles was ihr an Vaha so seltsam erschienen war, ergab plötzlich einen Sinn. "Nein, Zev, ich bin kein Mensch. Vielleicht verstehst du nun, daß ich nie eine Gefahr für dich war. Ich bin ein Roboter. Ich habe nicht einmal einen Namen. Vaha bedeutet nichts anderes als "Vollautomatische Hilfsarbeiterin". Ich bin eine Maschine, konstruiert für all die Aufgaben, die die Otnoriter nicht selbst erledigen wollten oder konnten. Doch trotz meiner raffinierten Maschinerie, meiner übermenschlichen Stärke und meiner überragenden Intelligenz war ich nicht fähig, die Otnoriter zu schützen. Ich bin ein Versager." "Das ist nicht wahr. Du hast mich gerettet und ohne dich wären wir vielleicht schon alle tot. Komm mit uns. Wer weiß was du auf anderen Planeten noch alles erreichen kannst!" "Du hast recht, ich werde mit euch kommen."

Vaha und Zev machten sich auf den Weg zur Lexx. Plötzlich blieb Vaha stehen. "Verflucht, die Spinnen versuchen uns einzukreisen. Hier Zev, nimmt meine Pistole und lauf los. Ich werde deine Deckung übernehmen." "Und was ist mit dir?" "Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Lauf endlich!" Zev rannte los, doch insgeheim glaubte sie nicht, daß sie es schaffen würden. Diesmal waren es viel zu viele Angreifer. "Vaha, wir schaffen es nicht." "Oh, doch - ich werde für Ablenkung sorgen." Vaha griff nach dem Metallband, das um ihr Handgelenk führte und drückte entschlossen den Kopf mit der Inschrift Selbstzerstörung. Es gab eine ohrenbetäubende Explosion. Vaha war verschwunden. Ihre Bestandteile brannten lichterloh und ließen die Kreaturen verblüfft innehalten. " Lauf doch endlich!" Kais drängende Stimme erhob sich über das Knistern der Flammen. Sekunden später hatte Zev die Lexx erreicht und warf sich in Kais Arme. "Schnell hier weg!"

Stan gab der Lexx den Befehl zum Starten und sie verließen den Asteroiden, auf dem sie unfreiwillig gestrandet waren.. Zev blickte auf den Bildschirm und verabschiedete sich mit einem traurigen Winken von Vaha, die ihr Roboterleben hergegeben hatte, damit sie weiterleben konnte. "Lebe wohl, Vaha."

Und während die Lexx in den Weiten der Darkzone verschwand, stieg am Sandstrand eine kleine graue Rauchwolke aus - das einzige, was von Vaha, der Frau, die es nie gegeben hatte, übriggeblieben war.

Black Lady

1