KAPITEL 11

 

 

DATA CRYSTAL ENTRY: ULTRION

SUBENTRY: ALLGEMEINER ÜBERBLICK

Der Ultimatenpalast, auch Ultrion genannt, ist das grüßte, von

Menschenhand errichtete Gebäude im gesamten Wellshire. Es beherrbergt neben dem Wohn- und Arbeitstrakt des Ultimaten ebenfalls die Mitglieder der Regierung, große Teile der Zentralverwaltungsbehörde, sowie Vertretungen sämtlicher Archanate.

Das Ultrion wurde auf einer Grundfläche von 4 mal 6 km errichtet und ragt mehr als 1 km in die Höhe. Es beherrbergt in den unteren Ebenen mehrere Geschäftszentren und Bürokomplexe, sowie drei Rapidbahnhöfe.

Im Mittelteil ist ein großer Start- und Landeplatz für Atmosphärengleiter untergebracht. Ab Etage 250 beginnt der nichtöffentliche Regierungskomplex

...

 

 

 

Gil hatte sich bei den Aktionen bisher sehr diszipliniert verhalten, doch langsam wurde sie unruhig, während der Turbolift durch die Stockwerke schoß. Ran mußte mehrmals schlucken, um den Druck von den Ohren zu bekommen. Gils Unruhe steckte ihn an, doch er versuchte es zu verbergen. Er warf einen Blick auf die Stockwerksanzeige. Gerade hatten sie die ersten hundert Etagen unter sich gelassen. "Sie werden uns kriegen." murmelte Gil vor sich hin. "Sie warten nur da oben auf uns." - "He, reiß Dich zusammen." Dana legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, doch Gil schüttelte sie ab. "Ihr wißt doch ganz genau, daß wir keine Chance haben. Ran, warum sagst du nicht den anderen, wie unsere Chancen stehen?" Ihre Stimme wurde immer schriller und auch die Männer der kämpfenden Zellen traten nun unruhig von einem Fuß auf den anderen, ihre Blicke fragend auf den Schmuggler gerichtet. "Gil!" - "Verdammt, Ran, sie werden uns umbringen. Halt den Lift an!"

Sie fing an zu schreien und wollte gerade an den Nothalt springen, doch Dana konnte sie im letzten Moment noch daran hindern. Die kleine Gil schrie hysterisch und wand sich in Danas Griff und als sie auch noch zu beißen anfing, schlug Dana ihr mit der flachen Hand einige Male ins Gesicht und plötzlich war Ruhe im Aufzug. Endlich flossen die Tränen und Gil vergrub ihr Gesicht in Danas Arme, die sie sanft und tröstend an sich drückte.

Ran sah sich um. Die vier anderen Männer taten so, als ginge sie das Ganze nicht an, aber das war nur oberflächlich. Er konnte sehen, wie der eine oder andere nervös die Verschlüsse seines Overalls öffnete und schloß, oder an seiner Armbanduhr herumfingerte. "Wir müssen unbedingt hier heraus." knurrte er und schluckte erneut. Gerade hatten sie die zweihundertste Etage passiert.

Der Lift fing an zu bremsen. Als die Tür aufsprang, wurden sie von einer Gruppe Protektoren erwartet. Ran konnte mit einiger Mühe verhindern, daß Gil laut aufschrie. "Wo wollen sie denn hin?" wandte sich der Anführer der Protektoren an Ran. "Wir sollen die Reinigungstrupps in der Botschaft des Archon der Venus unterstützen." Der Protektor überlegte kurz. "Das Beste wird sein, ich gebe Ihnen drei meiner Leute mit. Damit ihr auch den Weg findet." sagte er ohne Regung. Und mit einem seltsamen Blick in Rans Richtung fügte er hinzu: "Es soll sich hier im Palast merkwürdiges Gesindel herumtreiben." Daraufhin bedeutete er drei seiner Leute, sich Rans Truppe anzuschließen und betrat mit dem Rest seiner Mannen den Lift. "Herzlichen Glückwunsch." zischte Dana Ran ins Ohr.

Der Unteroffizier der Protektoren ging voraus und seine beiden Untergebenen bildeten die Nachhut der Gruppe. "Wir sind gleich da." sagte der Protektor und deutete auf einen schummerig beleuchteten großen Raum, von den mehrere Gänge in verschiedene Richtungen abzweigten. "Hier geht es zu dem Versorgungstrakt der Botschaftsetagen." Er öffnete eine Tür. Ran blieb fast das Herz stehen, als er weitere orangerote Uniformen der Protektoren erspähte.

"Ein weiterer Reinigungstrupp, Topan" meldete der Unteroffizier dem ranghöheren Protektor. Der beugte sich über eine Liste. "Ich weiß nichts von weiteren Reinigungstruppen. Geben sie mir ihre Ausweise." Der Unteroffizier wandte sich an die Gruppe: "Die Pässe!" Die Männer der Kämpfenden Zellen blieben wie angewurzelt stehen und Ran nestelte ungeduldig in seinen Taschen und in seinem Kopf suchte er fieberhaft nach einer Lösung. "Jetzt haben sie uns!" schrie Gil, riß sich von Dana los und sprang den nächsten Protektor an. Der war so verblüfft, das er nicht mehr dazu kam, seine Waffe zu ziehen. Der Aufprall warf ihn auf den Boden. Die Erstarrung fiel von den anderen ab und sofort hatten die Rebellen ihre Waffen in der Hand und auch Ran hatte seinen Revolver gezogen. Aber die Protektoren waren keine Anfänger. Geistesgegenwärtig warf Dana zwei Rauchbomben und die große Halle war sofort erfüllt von stickigem, schwarzem Qualm.

"Eindringlinge!" Prokatorgeschosse sirrten durch die Luft und Ran und er Topan schrien um die Wette Befehle. Dana hatte bereits den ersten Protektor ausgeschaltet, während Ran versuchte, an Gil heranzukommen. Der Knall seines Revolvers zerriß die Luft und der Protektor ließ das Mädchen fallen. Auch die Männer der Kämpfenden Zellen begannen, wild um sich zu schießen. Gil wollte schon aufstehen, doch Ran riß sie zu Boden und gemeinsam versuchten sie, in dem allgemeinen Durcheinander einen Seitengang zu erreichen. Die Schreie der Verletzten mischten sich mit dem metallischen Klicken, wenn die Spitzen der Prokatorgeschosse gegen die Wände schlugen. Das Chaos war perfekt. Ran hörte Fußgetrappel. Weitere Einheiten Protektoren rückten an.

Plötzlich hob sich der Qualm etwas und er konnte den Eingang zum nächsten Gang sehen. Dort standen Aaskir und Teak und starrten fassungslos auf die Szene. Gil sprang auf. "Aaskir hilf uns!" - "Bleib hier, Gil!" Ran kam zu spät. Er konnte das Mädchen nur noch auffangen, als sie mit einem erstickten Schrei zusammenbrach, ein Prokatorgeschoß hatte ihr die Kehle durchschnitten. "Verdammt, Gil! Gil!" Ran hielt sie fest an sich gedrückt und strich ihr über die Haare. Er sah den Prokatorkolben nicht, der ihn am Hinterkopf traf.

"Wir können hier nicht helfen!" herrschte Aaskir Teak an. "Du läßt deine Freunde da draußen sterben!" schrie ihn der Informer an. "Ja, verflucht, wir haben etwas wichtigeres zu erledigen, als von ein paar Protektoren abgeschossen zu werden. In diesem Durcheinander wären wir heil keine zwei Meter gekommen! Und jetzt verschwinden wir von hier!"

Aaskir drehte sich ohne ein weiteres Wort um und begann zu laufen. Die Kämpfenden Zellen sahen sich an, doch dann folgten sie dem Beispiel des Bruders. Schließlich schloß sich Teak an. Sie rannten den Gang zurück, den sie gekommen waren, denn bald würde es nur so von Protektoren wimmeln und sie hatten noch einige Stockwerke vor sich. Für die nächsten Etagen wollten sie aber erst einmal die Treppen bemühen.

Sie hasteten die Stufen hinauf, eine Ewigkeit, wie es Teak schien und schließlich blieb er völlig ausgepumpt stehen. "Ich...ich kann nicht weiter.. weiter." japste er. Die anderen hielten an. Auch sie waren am Ende ihrer Kraft, ausgenommen Aaskir. "Wir haben gerade dreissig Stockwerke geschafft." zischte er und in seinen Augen zeigte sich wieder dieser Glanz, den Teak überhaupt nicht möchte, die Droge hörte auf zu wirken. "Ihr... müßt ohne mich weiter." stöhnte Teak. "Das kommt nicht in Frage." Aaskir hob den Informer mit einer Hand hoch und stellte ihn auf die Füße. "Gehen wir eben wieder hinein." Er zog den keuchenden Mann hinter sich her zum Eingang der Etage. In breiten Lettern stand ´332´ darüber. "Der private Bereich der Botschafter." murmelte Teak. "Der Zugang ist bestimmt elektronisch gesichert." Und so war es auch, die Tür ließ sich mit Gewalt nicht öffnen. "Wozu haben wir dich mitgenommen" fuhr Aaskir Teak an. "Ich bin ein Analyzer." protestierte der schwach, als er aber Aaskir ansah, zuckte er zusammen und machte sich mit zitternden Händen daran, das Schloß zu untersuchen. Er holte aus einer verborgenen Tasche einige kleine Geräte hervor und murmelte dabei leise vor sich hin. Aaskir trappelte ungeduldig von einem Bein auf das andere, während die Rebellen ihn mit gesenkten Köpfen beobachteten. "Geht das nicht schneller!" - "Mach es doch selber." murmelte Teak so leise, daß nur er es hören konnte.

Zwei Sicherungen hatte er schon geknackt, die dritte bereitete ihm einiges Kopfzerbrechen. Mit einem Anschluß an den Hauptrechner von Irind wäre das überhaupt kein Problem gewesen, so aber... Mit einem sanften Zischen öffnete sich die Tür. "Na also." meinte er sehr zufrieden. "Weiter!"

Sie stürmten durch die menschenleeren Gänge. Man merkte, daß dies private Räume für privilegierte Schichten waren, denn der Fußboden war überall mit echten Teppichen ausgelegt und die mit Bildern geschmückten Gänge wurden mit sanften, gelblichem Neonlicht erhellt, die den Gängen eine behagliche Atmosphäre gaben. Doch darauf achteten sie überhaupt nicht, es galt, den nächsten Turbolift zu finden, der sie in die Regierungsetagen bringen würde. Aaskir wunderte sich, daß hier keine Protektoren patrouillierten, aber wenn er es sich richtig überlegte, warum sollten sich die Botschafter mit einfachen Protektoren schützen lassen, wo hier doch so viele" er schrak zusammen. Und bevor er den Gedanken zu Ende führte, wurde er zur Gewißheit. Sie bogen gerade um eine Ecke, als ihnen mehrere schwarzgekleidete Gestalten gegenüber standen. "Packt sie" rief einer.

Aaskir konnte noch die Streifen des Meisters an dessen Revers sehen, dann sah er schon die Kämpfstäbe aufblitzen und er hatte Mühe den ersten Hieben auszuweichen. Bevor die Kämpfenden Zellen dazu kamen, mit ihren Waffen anzulegen, lagen zwei von ihnen tot oder verletzt am Boden. Aaskir hatte seinen Kampfstab gepackt und drang mit blinder Wut auf seinen Widersacher ein, der etwas überrascht war, von einem der ihren angegriffen zu werden. Das gab Aaskir die Chance, ihm mit einem gezielten Tritt gegen den Unterarm zu entwaffnen und dann ließ er seinen Kampfstab kreisen.

Als er sich nach dem nächsten Gegner umsah, bemerkte er das die vier Männer der Kämpfenden Zellen am Boden lagen und Teak gegen die Wand gesunken war, die Hände auf eine stark blutenden Wunde an seiner Hüfte gepreßt. Von ihren Widersachern hatte lediglich Aaskir einen besiegt, nun kamen die anderen drei auf ihn zu und mit einem leisen Schauder sah Aaskir, das ihr Meister ein Terminator war. Die zwei Brüder griffen ihn gemeinsam an. Katzenhaft und mit dem Mut der Verzweiflung wich ihnen Aaskir nach unten hin aus und schlug selbst nach den Beinen seiner Gegner. Einer schrie auf und ging in die Knie, aber bevor Aaskir daraus Nutzen ziehen konnte, zuckte ein gleißendes Ende nach seinem Hals. Mit Mühe hieb er den Stab zur Seite und sprang nach hinten.

Seine Hände krampften sich um den Kampfstab, als eine jäher Schmerz durch seinen Körper wogte, doch er war nicht getroffen, die Droge hörte auf zu wirken. Nein, nicht schon jetzt, dachte Aaskir und Wut stieg in ihm auf. "Ich bin Aaskir, der Renegat!" schrie er seinen Widersachern entgegen. "Ich bin hier, um die Bruderschaft zu zerstören, und mit euch fange ich an!" Und ohne jede weitere Warnung sprang Aaskir zwischen den beiden verdutzt dreinblickenden Brüdern hindurch direkt auf den Terminator zu. Der federte lässig zur Seite und ließ so Aaskirs Stoß ins Leere gehen. Dann entzündete er seinen Kampfstab. Seine Bewegungen waren so fließend und elegant, daß Aaskir fast vergaß, den Angriff zu parieren. Ein erneuter Krampf ließ ihn zusammenzucken. Er schrie auf und schlug gleichzeitig mit aller Kraft nach dem Terminator, doch seine Faust traf auf keinen Widerstand.

Aaskir konnte gerade noch sehen, wie der Meister seinen Untergebenen befahl, sich zurückzuhalten. Er gestattete sich ein dünnes Lächeln. Zusammen mit der Totenkopfmaske sah dieses Lächeln noch überheblicher aus. Zu überheblich. Aber im direkten Duell hatte er keine Chance.

Aaskir konnte vor Schmerzen kaum denken, doch sein Körper gehorchte ihm noch einigermaßen. Er warf seinen Kampfstab nach dem Terminator, der wehrte ihn mit seinem eigenen Stab ab, aber in diesem Moment sprang ihn Aaskir an, packte ihn an der Hüfte und riß ihn zu Boden. Mit beiden Fäusten schlug Aaskir alle Regeln und Lektionen der Bruderschaft vergessend blindlings nach dem Kopf des unter ihm liegenden Terminators. Er hörte es knirschen aber konnte es nicht mehr zuordnen. Aus den Augenwinkeln sah er etwas kommen, etwas großes, schweres, aber er konnte nicht mehr ausweichen und eine freundliche Dunkelheit empfing ihn.


Letzte Änderung 22. January 2001 / Bei Fragen und Anregungen Mail an nazkor@gmx.de

 

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