KAPITEL 12
DATA CRYSTAL ENTRY: DER GOLDENE PFAD
SUBENTRY: HIERARCHIE
An der Spitze der Bruderschaft steht der Hochmeister, der innerhalb der Gemeinschaft praktisch unumschränkte Macht genießt. Ihm zur Seite steht der Rat der Großmeister, etwa zwölf bis fünfzehn Männer, die den Hochmeister aus ihren Reihen auf Lebenszeit wählen. Den Großmeistern unterstehen mehrere Meistergrade, die zusammen mit den einfachen Brüdern die Hauptlast der Aufgaben der Bruderschaft tragen, den Außendienst versehen etc.
...
Es war ein äußerst schmerzhaftes Erwachen. Sein Kopf pochte wie wild, doch das war nicht das Schlimme. Seine Fäuste ballten sich unter dem erneuten Anfall zusammen. Es fühlte sich an, als würde jemand ein glühendes Stück Eisen in seinen Eingeweiden hineinstoßen. Er wollte um sich schlagen, doch etwas hielt seine Hände fest. Er schrie, schrie und bäumte sich auf. Ganz am Rande seines Bewußtseins hörte er eine Stimme. "Ich glaube, er ist wach." In der Stimme schwang Sarkasmus mit, und sie veranlaßte Aaskir, seine wenigen Kräfte zu sammeln, um genauer hören zu können. Er blinzelte, konnte aber nichts erkennen, entweder war der Raum so düster, oder... Er hörte, wie jemand von draußen sich an einem altertümlichen Schloß zu schaffen machte. Eine Tür schwang auf und grelles, blendendes Licht flutete in den Raum. Es war so grell, daß er die Augen fest zusammenpressen mußte. "Genau rechtzeitig." sagte eine zweite, rauhe Stimme. "Dann brauchen wir ihn ja nicht zu wecken."
Aaskir spürte, wie an seinem Mantel gepackt und grob in die Höhe gezogen wurde. "da ist ja gar nichts mehr dran. Und vor diesem Häufchen Elend haben sie alle Angst!" Aaskir blinzelte erneut und sah in die von einer Totenkopfmaske bedecktes Gesicht eines Terminators, der ihn gerade abschätzig angrinste. Er war einen guten Kopf größer als Aaskir und ließ es ihn auch merken, als er ihn an seinem Arm in der Luft zappeln. Aaskir versuchte sich zu wehren, doch Plastikfesseln banden seine Hände auf den Rücken und die Schmerzen drohten, ihm die Besinnung zu rauben.
Aaskir zog sein Knie an, doch bevor er es seinem Widersacher in den Bauch rammen konnte hatte dieser ihn schon mit einer fast lässigen Bewegung gegen die Zimmerwand geworfen. "Versuch´ das nicht noch mal!"
Der zweite Mann trat ein. Ein weitere Terminator, wie Aaskir mit Mühe feststellte. Etwas schmächtiger gebaut, als sein Kamerad aber bestimmt nicht ungefährlicher. "He, Aarud, laß ihn in Ruhe, wir sollen ihn nur abholen." - "Was ist denn jetzt schon wieder?" Aarud betrachte Aaskir mißtrauisch, als der sich vor Schmerzen zusammenkrampfte. Verdammt, Aaskir, bleib wach. sagte er sich immer wieder. Wenn er jetzt der Ohnmacht nachgab, so wird es möglicherweise kein weiteres Erwachen geben. Er brauchte Zellaktivatoren und zwar schnell, sehr schnell. Die beiden Terminatoren packten Aaskir an den Oberarmen und stellten ihn auf die Füße. Aaskir biß die Zähne hörbar zusammen, doch er konnte alleine stehen. "so, jetzt vorwärts, man erwartet uns bereits!"
Mehr stolpernd und von seinen Begleitern gezogen und gestützt als selber gelaufen durchquerte Aaskir die Gänge. Er war zweifellos noch im Ultrion, doch der zunehmenden Pracht nach mußten sie sich auf eine der obersten Etagen befinden. Wohin wollte man ihn bringen. Wenn man ihn hätte töten wollen, wäre das schon längst passiert. Was hatten sie also vor?
Die Gänge und Korridore waren menschenleer und Aaskir war nun sicher, daß sie sich in den Regierungsetagen des Ultimaten befanden. In diesem Moment bogen sie von einem Nebenkorridor auf einen weiten Gang ein, dessen Boden mit weißem und schwarzem Marmor ausgelegt war. Ziersäulen aus dem gleichen Marmor flankierten den Gang und führten zu einer mächtigen Portal mit zwei großen Eichtürflügeln. Davor standen vier Terminatoren mit gezündeten Kampfstäben Wache. Aaskir konnte sich keinen Reim darauf machen. Außerdem begannen sich, seine Gedanken zunehmend in dem Nebel zu verirren, der sich vor seinen Augen verdichtete. Er schüttelte den Kopf, doch es wurde nicht besser.
"Der Renegat!" sagte der Begleiter von Aarud und zwei der vier Terminatoren traten zur Seite und öffneten das Portal. "Der Hochmeister Uultron erwartet euch bereits ungeduldig. In Aaskirs Kopf begann es zu wirbeln. Er versuchte, die Schmerzen zu ignorieren und ein paar klare Gedanken zusammenzubekommen. Der Hochmeister? Sie wollten ihn zum Hochmeister bringen. Aber warum? Vielleicht gab es ja doch noch eine Chance. Doch das letzte Fünkchen Hoffnung zerstob, als die Flügel aufgestoßen wurden und er einen Blick nach innen werfen konnte: es schien, als hätte die Bruderschaft sich komplett versammelt. Noch nie hatte Aaskir so viele seiner ehemaligen Brüder und so viele Meistergrade beieinander gesehen. Es mochten fünf bis sechshundert der Schwarzgekleideten sein, die sich leise tuschelnd unterhielten und die nun ihre Augen auf Aaskir richteten. Aaskirs Beine gaben nach, doch seine Bewacher hielten ihn unbarmherzig fest.
Aaskir warf Aarud einen bösen Blick zu und in diesem Moment sah er, wie der große Terminator an seiner freien Hand ganz beiläufig Zeigefinger und Mittelfinger spreizte. Er war ein Konservat!
Zu dritt schritten sie durch ein Spalier von Meistern und Großmeistern der Bruderschaft. Aaskir hielt vorsichtig Ausschau nach Erwiderung des Konservatengrußes und hier und da sah er tatsächlich eine Entgegnung, doch nur von sehr wenigen. Bei dem Spähen bekam Aaskir gar nicht mit, wohin er gezerrt und getragen wurde. Erst als seine Begleiter stehenblieben, schaute er wieder nach vorne. Noch abgewendet stand ein paar Meter entfernt eine in strahlendem Weiß gekleidete Gestalt, die sich angeregt mit Großmeistern der Bruderschaft unterhielt. Aaruds Begleiter räusperte sich. "Ehrwürdiger Hochmeister, der Renegat Aaskir!" Daraufhin beugten die beiden Terminatoren das Knie und zogen Aaskir ebenfalls mit, was ihnen keine Probleme bereitete.
"Wie, oh ja, richtig!" Eine dunkle Stimme, fast tonlos. Die Gestalt drehte sich um und Aaskir traf fast der Schlag. Es war ihm, als blickte er in einen Spiegel. "Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt." meinte sein Gegenüber.
Es war totenstill in der Halle. Alle Augen waren auf ihn und den Hochmeister gerichtet. Die Schmerzen wurden immer unerträglicher, doch Aaskir konnte den Blick nicht vom Hochmeister abwenden. Vor ihm stand die Person, die er für das Sinnbild des Bösen betrachtete, in strahlendem Weiß, das Licht strahlte ihn von hinten an und formte so etwas wie eine Art Heiligenschein. Sein Gesicht, fast identisch zu seinem eigenen.
Die gleichen Augen, Nase und Mund doch älter, asketischer, strenger. Die Stirn hatte mehr Furchen als seine eigene und im Haar waren einige graue Strähnen zu sehen.
Er bedeutete Aaskirs Begleitern ihn loszulassen. "Nun, hast Du Deinem Hochmeister nichts zu sagen?" Aaskir senkte den Kopf und atmete tief durch. So nah, so dicht vor dem Ziel. Er sprang auf, mit einer einzigen, flüssigen Bewegung auf der knienden Position hechtete er auf Uultron zu. Doch etwas traf ihn mit der Wucht von mehreren Tonnen zwischen die Schulterblätter und schleuderte ihn platt auf den Boden.
Aarud riß Aaskirs blutenden Kopf an den Haaren hoch, so daß er den Hochmeister anschauen mußte. "Ist das dein Dank, für das, was Dich die Bruderschaft gelehrt hat. Nun gut, heute ist ein großer Tag, ich werde Gnade vor Recht ergehen lassen." Die beiden Terminatoren zogen Aaskir wieder in die Höhe. Die Schmerzen verstärkten sich und der Hochmeister verschwamm vor seinen Augen. "Wie heißt du?" Aaskir kam die Frage sinnlos vor. So sinnlos, wie sein Angriff, wie das ganze Unternehmen.
"Aaskir" antwortete er. "Gut! Deinen Namen kennst du, aber weißt du auch, wer du bist?" Kam ihm die erste Frage noch überflüssig und sinnlos vor, so war er nun endgültig verwirrt. "Ich bin Aaskir!" - "Nein, ich werde dir sagen, wer du bist, und warum du hier bist."
Damit zog Uultron alle Aufmerksamkeit auf sich. Ein knapper Wink und vier Terminatoren traten durch die Reihe von Brüdern, eine schmächtige Gestalt in ihrer Mitte. Es war ein Junge von etwa zwölf Jahren und das Gesicht kam Aaskir bekannt vor. In seinem Zustand brauchte Aaskir eine Weile, bis er ihn erkannt hatte. Es war der Ultimat!
Sie brachten den Jungen zu Uultron, er ihm väterlich die Hand auf die Schulter legte. Ohne jedes Anzeichen von Furcht blickte der Junge erst den Hochmeister und dann Aaskir an. "Heute ist ein wichtiger Tag für das gesamte Wellshire" sagte Uultron mit seiner tonlosen Stimme.
"Was habt ihr mit meinen Freunden gemacht?" Aaskir brachte die Worte nur mit Mühe heraus. "Dana überließen wir ihrer Bruderschaft. Die anderen waren ohne Interesse für uns. Ein berüchtigter Schmuggler, ein rebellischer Informer und ein paar Terroristen!" Er machte eine abfällige Handbewegung. "Doch nun zu dir!" Noch immer den Arm um die Schultern des Ultimaten gelegt, trat er einen Schritt näher an Aaskir heran. "Du hast sicher bemerkt, daß wir uns ähneln, zumindest äußerlich. Das ist kein Zufall." Aaskir fühlte sich mehr und mehr beunruhigt. Die Schmerzen, die Entzugserscheinungen verblaßten vor dem, was er langsam zu ahnen begann.
"Vor vielen Jahren begann die Bruderschaft damit, das beste Menschenmaterial für ihre Zwecke nicht mehr durch Suche unter den Stadtbewohnern zu finden, sondern es selbst zu erzeugen. Nach vielen Fehlschlägen gelang es ihnen, die Zellen zu teilen, Menschen zu klonen. Doch sie gingen noch weiter. Seit der Zeit der Genkriege war es verboten, an menschlichen Genen Veränderungen durchzuführen, doch die Bruderschaft wollte den idealen Menschen, den loyalen, unbesiegbaren Kämpfer." Uultron hatte seine Stimme soweit gesenkt, daß ihn praktisch nur noch Aaskir verstehen konnte. "Vor etwa 25 Jahren gelang den Gentechnikern der entscheidende Durchbruch mit Hilfe von fünfhundert Jahre alten Aufzeichnungen. Sie wählten das geeignetste Material aus und begannen mit der Produktion. Du wirst Dich fragen, wozu ich dir das erzähle. Nun ich gehörte auch dazu.!"
Diese letzte Bemerkung schien einen Damm in Aaskir zu brechen. Seine Gedanken rasten fieberhaft. Vor mehr als zwanzig Jahren, konnte es sein...? "Sie hatten zwanzig Klone gezüchtet, doch nur einer überlebte bis heute, nämlich du. Du bist ihr Meisterstück!"
Um Aaskir begann sich alles zu drehen, und die Terminatoren mußten ihn nun stützen. "Ja, du bist mein Fleisch und Blut! Du bist ich!" - "Aber meine Erinnerungen." widersprach Aaskir schwach. "Man hat dir natürlich meine eigenen Erinnerungen eingepflanzt." Das sprach er völlig ohne emotionelle Regung, als wäre es völlig selbstverständlich, während Aaskir das Gefühl hatte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Uultron sprach jetzt wieder lauter. "Bis zu diesem lächerliche Unfall bei einem Einsatz auf Irind vor einem halben Jahr lief alles wie geplant, man hatte dich unter Beobachtung. Und dann gab es ein paar unvorhergesehene Zwischenfälle. Die Erinnerungen kamen zu früh, die Genveränderung zeigte ihre üblichen Nebenwirkungen und du hast dich gegen die Bruderschaft gestellt." - "Das hat nichts mit Genmanipulation zu tun." erwiderte Aaskir. "Sondern mit gesundem Menschenverstand." - "So?" Uultron zog halb amüsiert eine Augenbraue in die Höhe. "Ich glaube, es ist an der Zeit, dir die Augen zu öffnen." Der Hochmeister redete nun wieder so laut, daß er in der letzten Ecke der Halle zu verstehen war.
"Das Wellshire steht vor dem Abgrund. Das Band, der Ultimat, der das Wellshire zusammengehalten hat ist zerbrochen, die Archon der Planeten rüsten ihre Kriegsflotten aus und machen ihre Streitkräfte mobil. Nach unseren Berechnungen wird es in spätestens einen Monat zu einem Krieg kommen, der selbst die Verwüstungen des Infernos als harmlos aussehen lassen wird. Nichts wird übrig bleiben, als Asche und Staub!" Zustimmendes Gemurmel erhob sich. "Nichts kann die Menschheit vor dem Untergang retten." Er machte eine kleine Pause. "Es gibt nur noch eine winzige Chance: die Bruderschaft des goldenen Pfades übernimmt selbst die Herrschaft über das Wellshire!"
Für einige der anwesenden Meister schien dieser Vorschlag neu, ja ungeheuerlich und sie murrten laut, doch waren sie in der Minderzahl. "Hat jemand etwas einzuwenden, dann möge er jetzt vortreten und reden!" Er blickte durch die Reihen, doch die, die noch eben dagegen votierten, blickten stumm vor sich auf den Boden. Niemand würde offen dem Hochmeister widersprechen. "Nun denn, an den wichtigen Positionen des Wellshires warten unsere Brüder auf mein Zeichen, und dieses Zeichen wird die Herrschaft der Ultimaten ein für allemal zu beenden!" Damit trat er einen Schritt von dem Jungen zurück. Der schaute ihn mit großen Augen und völligem Vertrauen an. Er begriff überhaupt nicht, was um ihn herum vor sich ging. Aaskir tat ihm fast leid.
"Was ich eben erzählt habe, ist die Wahrheit, Aaskir. Du hast jetzt die Wahl, Aaskir, komme zurück zu deinen Brüdern und rette das Wellshire!" Uultron ließ sich einen Kampfstab reichen und entzündete ihn, dann streckte er ihn Aaskir entgegen. "Schlag ihm den Kopf ab!" zischte er.
In Aaskirs Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Konnte es sein? Hatte der Hochmeister recht, wenn er nicht gehorchte, würde das Wellshire wirklich untergehen. Seine so festgelegte Meinung begann zu bröckeln. Langsam streckte er seine Linke nach dem Stab aus. Die Waffe fühlte sich vertraut an, und die gleißenden Enden zischten als eine Art Begrüßung. Er ließ den Stab durch die Luft kreisen. Die Stimme des Hochmeisters hallte in seinem Kopf wider. Er war das Meisterstück, der letzte, der Überlebende. Aaskir stellte sich breitbeinig vor den jungen Ultimaten hin, der ihn offen und ohne Zeichen von Angst anstarrte.
"Der letzte Überlebende"- Eine neue Woge von Schmerzen überrollte seinen Körper. - "Das Meisterstück" - Aaskir holte aus und die Finger krampften sich um den Stab. - "Der Retter des Wellshire" Die glühende Spitze des Stabes zischte durch die Luft. - "Sein Fleisch und Blut!" Mit einem Aufschrei ließ er den Kampfstab an den Ultimaten vorbeistreichen. "Ich bin Aaskir!" schrie er, sprang über den noch immer ruhig dastehenden Ultimaten hinweg auf Uultron zu und selbst die Terminatoren waren diesmal zu langsam. Er hieb mit unglaublicher Geschwindigkeit nach dem Hochmeister. Mit Mühe konnte der erstaunte Uultron dem Stab ausweichen und noch in dieser Bewegung riß dem nächstbesten seinen Kampfstab aus der Hand und entzündete ihn. Die Terminatoren wollten einschreiten, doch Uultron hielt sie zurück.
"Nein, er gehört jetzt mir." Aaskir hatte sich entschieden und damit kehrte die Kraft und die Schnelligkeit zurück. Die Schmerzen die von dem Entzug des Zellaktivators herrührten, störten ihn kaum, er zog regelrecht Kraft daraus. Die Schmerzen, die in seinen Eingeweiden tobten, stachelten seine Wut nur weiter an. So griff er erneut an, furios, so schnell wie noch nie und mit ungezügelter Kraft, doch sein Gegenüber war kein niemand, nicht irgendein Mitglied der Bruderschaft. Es war der Hochmeister selbst. Zwar dreißig Jahre älter, aber auch dreißig Jahre mehr Kampferfahrung. Die körperlichen Voraussetzungen waren fast gleich.
Wieder ließ Aaskir seinen Stab wirbeln und drängte Uultron quer durch die Halle. Die umstehenden Meister machten den beiden Kontrahenten eiligst Platz. Stumm umlauerten sich die beiden, dann sah Aaskir die Lücke und stieß zu. Mit unglaublichem Tempo wich Uultron der vorschnellenden Spitze aus, doch einen winzigen Moment zu spät. Die Spitze schrammte am Oberarm entlang und hinterließ eine klaffende Wunde. Uultron schrie auf. Seine weiße Robe wurde von roten Flecken verschmutzt. Uultron ging nun zum Angriff über. Nach einer schnellen Attacke warf er seinen Kampfstab nach Aaskir und sprang hinterher. Aaskir konnte den Stab noch abwehren, doch die Wucht des Zusammenpralls mit dem Hochmeister riß ihn von den Beinen. Eine Faust landete in seinem Magen, eine zweite brach ihm den Unterarm. Bevor er wieder etwas sehen konnte, sprang Uultron auf und griff einen Kampfstab. Er hieb nach Aaskir und der Schlag riß ihm den Stab aus der linken und die Knie gaben nach. Triumphierend und keuchend vor Anstrengung stand der Hochmeister vor ihm. "Es scheint, daß unsere Gentechniker von der Natur noch allerhand zu lernen haben." Damit holte er aus.
Da erhob sich ein Stimmengewirr aus einer Ecke des Saales und Uultron hielt inne. Schüsse fielen. Schreie mischten sich in das Krachen der Explosivgeschosse. "Was geht da vor?" Wenige Augenblicke vergingen, dann hörten die Schüsse auf und mehrere Meister und Terminatoren traten vor, einen wild zappelnden, recht kleinen Mann mit sich schleppend. Sie warfen ihn neben Aaskir auf den Boden. "Seine Begleiter sind tot." berichtete ein Meister lakonisch. "Habicht." Auch der Ultimat hatte den Neuankömmling erkannt und lief auf ihn zu, wurde aber von einem Bruder festgehalten. "Eure Hoheit!" Habicht nickte dem Jungen zu. Uultron wandte sich dem zweiten Gefangenen zu. "Ich hätte es wissen müssen." - "Da bin ich ja gerade noch im richtigen Moment gekommen" antwortete Habicht mit einem schiefen Lächeln." - "Ja, im richtigen Moment, um mit deinem Freund zu sterben. Du hättest hier im Palast bleiben sollen, damals. Ich habe nie verstanden, warum du deinen Posten als Geheimdienstchef vor drei Jahren aufgegeben hast." - "Dann sind wir ja mal einer Meinung." erwiderte Habicht ungerührt. "Ich habe dich nämlich auch nie verstanden!" Aaskir blickte seinen Freund erstaunt an: Habicht, Chef des Geheimdienstes! Das erklärte vieles. "Das wird auch nicht mehr nötig sein."
Erneut holte Uultron aus, während Aaskir halb kniend vor ihm seinen gebrochenen Arm festhielt. Der Stab sauste durch die Luft, Aaskir schloß die Augen. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Das Zischen wandelte sich zu einem häßlichen Sirren und Aaskir wartete auf den Schlag.
Doch er blieb aus. Er öffnete vorsichtig die Augen. Vor ihm stand der Hochmeister, in der Schlagbewegung verharrt, ungläubig auf die Dolchspitze starrend, die aus seiner Brust herausragte. Der Stab fiel scheppernd auf den Boden und erlosch. Blut floß über die weiße Robe, und noch immer völlig überrascht schauend, brach Uultron in die Knie und fiel dann auf den Bauch, der Dolchgriff ragte aus einem Rücken. Der Griff eines Dolches, der Aaskir bekannt war. Gudos Dolch!
Fassungslos blickten die umstehenden Meister und Großmeister auf ihren regungslosen Hochmeister, während Gudo sich von der Galerie herunterschwang. Wie so oft schaltete Habicht als erster und rief: "Konservaten, schützt den Ultimaten!" Aus der erstarrten Menge der Brüder lösten sich einige und liefen zu dem verschreckten Jungen.
Aarud war als erster zur Stelle und zog seinen Stab. Ein regelrechtes Inferno brach über die Halle herein. Jeder fing an, mit seinem Nachbarn zu kämpfen und erst nach einigen Minuten teilten sich die beiden Gruppen und es wurde deutlich, die Konservaten waren im Verhältnis zehn zu eins unterlegen und hätten sicher den folgenden Kampf verloren, wenn nicht Habicht erneut mit seiner Stimme das Kampfgetümmel übertönt hätte. "Großmeister der Bruderschaft! Euer Hochmeister ist tot aber der Ultimat lebt!" Die beginnenden Kämpfe hielten inne. "Ihr habt dem Ultimaten den Treueid geleistet!" Dann blickte er den jungen Ultimaten an. Zur Überraschung Aaskirs schien sich der Junge rasch aus seiner Erstarrung gelöst zu haben und seine helle, klare Stimme hallte durch den Raum. "Ich bin der Ultimat! Ich fordere die Treue der Großmeister!" Die Kämpfe hatten völlig aufgehört und eine ungeheure Spannung legte sich über Halle.
Dann folgte ein Scheppern. Ein Großmeister der Konservaten warf seinen Kampfstab zu Boden, schritt vor den Ultimaten und beugte das Knie. Und das Unglaubliche geschah, die anderen vierzehn Großmeister folgten seinem Beispiel, einer nach dem anderen ließ seinen Stab fallen und beugte sich vor dem Ultimaten nieder. Der Konservat erhob seine Stimme: "Wir, die Fünfzehn Großmeister der Bruderschaft des Goldenen Pfades bezeugen dem Ultimaten unsere Ehrerbietung und erneuern unseren Treueid!" Die anderen Großmeister rezitierten den Wortlaut des alten Treueids: "Wir, die Großmeister der Bruderschaft des Goldenen Pfades geloben unserem Herrn ewige Treue und schwören, alles Unheil von ihm fernzuhalten." Habicht atmete erleichtert auf. "Erhebt Euch, ich nehme Euren Eid an!" sprach der Junge. "Ein jeder in dieser Halle möge vortreten und den Treueid leisten." rief Habicht. Die Brüder zögerten. "Ihr habt meinen neuen Kanzler gehört. Gehorcht ihm, wie ihr auch mir gehorchen werdet!" Er blinzelte Habicht zu. Darauf gab es Bewegung in der Halle. Ein Meister trat vor: "Niemals werden wir diesem Kind den Eid leisten, wir sagen uns los von der Bruderschaft."
Sofort flammten die Kampfstäbe auf, doch der Ultimat gebot Einhalt. "Nein, heute ist schon zuviel Blut vergossen. Laßt sie gehen!" - "Doch wisset! sprach nun der Konservat-Großmeister, "wer jetzt diesen Raum verläßt, verläßt die Bruderschaft!" Daraufhin verließen etwa ein Drittel der Anwesenden den Raum, ohne dem Ultimaten den Treueid zu leisten.
Habicht half dem schmerzverzerrten Aaskir auf die Beine. "Wir haben es tatsächlich geschafft, Aaskir." Aaskir nickte düster. "Ja, aber zu welchem Preis." er blickte sich um und sah auf die Erschlagenen. "Eure Hoheit." wandte sich Habicht an den Ultimaten. "Ihr müßt Eure zu Euren Untertanen sprechen!" Der Junge nickte und zusammen mit Habicht und einigen Brüdern verließ der Ultimat die große Halle. Nach einer Weile konnte Aaskir die Stimme des Jungen über Lautsprecher hören, es war jener Kanal, der es dem Ultimaten erlaubte, sich zu jeder Zeit an das Volk des Wellshire zu wenden, und man hörte schon aus diesen Worten, daß Habicht bereits seinen Einfluß geltend machte: "Männer und Frauen des Wellshire, ich, der Ultimat, muß euch von einem großen Verlust sagen, den das Wellshire erlitten hat. Heute ist der Hochmeister meiner Leibwache gestorben. Die Großmeister des Ordens haben heute ihren Treueid erneuert und ich erwarte von den Archon der einzelnen Planeten das gleiche..."
Letzte Änderung 22. January 2001 / Bei Fragen und Anregungen Mail an nazkor@gmx.de