6. Erziehungsverhalten, das sich bewährt hat
Grundsätzlich kann gesagt werden: Hinter alle den Klagen über
Kinder, die Erziehung der Kinder und der Schule steht oft ein unnatürliches,
unmenschliches Bild von Perfektion und Machbarkeit, von Patentrezepten,
die allzeit gültig sind. Jeder von uns wird in seinem Bemühen
zu erziehen Fehler machen, auch die vielen allwissenden Dauerkritiker.
Fehler sind vielmehr etwas Gutes und zum Lernen Notwendiges. Haben Sie
ruhig Mut zur Unvollkommenheit, sie ist der Ausgangspunkt dafür, besser
zu werden und Fehler überwinden zu können. Schlimm wäre
es eher, wenn man, da man nicht die perfekte Erziehung schafft, verzweifelt,
aufgibt und überhaupt nicht mehr erzieht.
Wir müssen
uns aber auch darüber bewusst sein, dass Erziehung immer etwas mit
unserer eigenen Person, unseren Vorstellungen von dem, wie wir sein wollen
und wie andere sein sollen, zu tun hat. Wenn wir mit uns selbst nicht im
Reinen sind und mit uns selbst schlecht umgehen, können wir auch nicht
erziehen. Manchmal ist es daher notwendig, bei sich selbst im Sinne einer
- lebenslangen - Selbsterziehung anzufangen, bevor wir einen Erfolg unserer
Erziehungsbemühungen mit anderen erwarten dürfen.
Bewährte Erziehungsweisen sind:
-
Kinder wollen von ihren Eltern gefordert werden, sie haben ein Bedürfnis
nach Leistung, das herausfordernd, für sie angemessen und erfüllbar
ist. Und sie wollen spüren, dass ihre Eltern ihnen Leistungen zutrauen.
Ihre Eltern sollten dabei in den Forderungen an ihre Kinder beständig
und berechenbar sein, ihnen vorbehaltlos Zuneigung schenken können
und sie loben und ermutigen, ihnen Ruhe, Entlastung und freie Zeit gewähren.
Auch der offene und ehrliche Meinungsaustausch begünstigt die Entwicklung
hin zu Selbständigkeit, Selbstsicherheit und hoher Selbstwertschätzung.
-
Gelegentlich benötigen Kinder Unstetigkeit („Explosionsmethode“),
damit ihnen ein Fehlverhalten schlagartig und überdeutlich bewusst
wird.
-
Kinder brauchen die Autorität ihrer Eltern. Eltern sollen sich ruhig
trauen, sich ihrer Autorität bewusst zu werden. Autorität ist
etwas grundsätzlich Positives, wenn sie mit Zustimmung des Kindes
geschieht. Sie ist notwendig, damit ein Kind Grenzen und Normen aufbauen
kann und Verhaltenssicherheit gewinnt. Autorität umfasst neben dem
eigenen elterlichen Vorbild Deutlichkeit und Konsequenz im Verhalten, Grenzsetzungen
und nicht zuletzt ein Aushalten von Launen und Krisen.
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Kinder brauchen feste Gewohnheiten, Rituale und Grenzen. Aus ihnen ziehen
sie Halt, Vertrauen und Verlässlichkeit. Durch die Grenzsetzungen
können Kinder erfahren, was passiert, wenn sie Grenzen überschreiten.
Auch durch Sanktionen und Konsequenzen spüren sie, dass sich jemand
ihrer annimmt und dass sie jemand zu schützen versucht. Das Setzen
von Grenzen fordert von den Eltern, dass sie klare Anweisungen und Befehle
geben können, dass sie auch gegen den Widerstand ihrer Kinder standhaft
bleiben können und Durchhaltevermögen aufweisen. Kinder müssen
Grenzen erläutert bekommen, aber durch ununterbrochenes Wortschwall-Duschen
erreicht man keine Einsicht. Besser sind eindeutige Ich-Botschaften („Weil
ich es nicht möchte ...“), hinter denen der Erwachsene auch als Person
steht. Was gut und schlecht ist, erfahren Kinder nicht durch Moralpredigten,
sondern nur durch Rückwirkungen des eigenen Handelns. Kinder brauchen
Strukturen, sie können noch nicht unter 20 Alternativen sinnvoll wählen.
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Kinder brauchen die Väter als Erzieher, sie müssen sich in Familie
und Erziehung einmischen. Die Väter stehen für gröbere Umgangsformen,
für mehr Deutlichkeit und Konsequenz, für mehr Härte und
Kälte im Ton, für höhere Forderungen und engere Grenzen.
Es wird ihnen aber von den Kindern eher verziehen, ihnen wird das Strengere
und Distanziertere eher zugestanden, weil sie spüren, dass es ihnen
auf dem Weg zu ihrer Lebenstüchtigkeit hilft. Entsprechend müssen
die Mütter lernen, sich bewusst aus einigen Erziehungsfragen herauszuhalten
und sie an die Väter zu delegieren.
-
Mehr als durch jede pädagogische Theorie lernen Jungen und Mädchen
von Beispielen, die ihnen ihre Eltern vorleben. Eltern können ihren
Kindern Modell im täglichen Leben sein in der Art und Weise
-
wie sie bewusst leben;
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wie sie ihre Stärken und Schwächen selbst annehmen können;
-
wie sie Verantwortung in Familie und Gesellschaft übernehmen;
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wie sie sich selbst im Leben behaupten können;
-
wie sie ihr eigenes Leben auf Ziele ausrichten;
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wie sie selbst als Person rechtschaffen und ehrlich sind (Integrität).
Und schließlich muss Erziehung mehr denn je Beziehung sein. Es
geht also darum, den Mut aufzubringen, mit seinen Kindern ein intensives,
gefühlsmäßiges Zusammenleben zu beginnen.
Weiter mit Erziehung und Schule!