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Ein Leben gerettet, seinen Glauben bewahrt: Unfallopfer erhält experimentelle Therapie
 
von Dorsey Griffith
The Sacramento Bee - 24. September 2000
 
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José Orduño lag im Sterben. Die Ärzte waren besorgt, denn ihr Handlungsspielraum war stark eingechränkt. Und Orduños Schwester Angelika fragte sich, wie sie ihrer geschwächten Mutter beibringen könnte, dass er eine lebensrettende Bluttransfusion aufgrund seines Glaubens ausgeschlagen hatte.

„Uns sind die Hände gebunden“, sagte der Unfallchirurg Leon Owens vom San Juan Hospital. „Es quält uns sehr.“

Aber Orduño brauchte nicht zu sterben. Nach zwei Wochen im Krankenhaus, während der er durch einen Schlauch in seinem Mund atmete, wurde dem 34-jährigen mit dem Kindergesicht eine gewagte Behandlung angeboten: eine experimentelle Therapiemethode mit einem Blutersatzmittel hergestellt aus Rinderblut.

Am 21. Juli wurde Orduño vor Sonnenaufgang, kurz bevor er mit seinem Fahrrad auf seiner normalerweise 40-minütigen Fahrt seinen Arbeitsplatz im Mc-Donald in der Madison Avenue nahe des Sunrise Boulevards erreichte, von einem Auto angefahren. Er hat keinerlei Erinnerung an den Unfall, ihm wurde aber später mitgeteilt, dass er ungefähr 30 m durch die Luft geflogen sei und dass der verantwortliche Autofahrer Fahrerflucht begangen habe.

Orduño wurde mit einer klaffenden Wunde an seinem Hinterkopf, mitLungenverletzungen und mehreren gebrochenen Rippen einschließlich des Rippenknochens unterhalb des Schlüsselbeins, der nur schwer zu brechen ist, eingeliefert.

„Er ist wie ein hölzerner Donut“, sagte Owens. „Wenn dieser Knochen gebrochen ist, ist das wie ein Signallampe, die uns nachweist, dieser Mann ist wirklich unter die Räder gekommen.“

Orduño verlor Blut, das seinen Brustkorb füllte. Das führte zu einem gefährlich niedrigen Wert an Hämoglobin, dem Proteinmolekül, das in den roten Blutkörperchen Sauerstoff zum Herzen, dem Gehirn, den Nieren und anderen lebenswichtigen Organen transportiert. Ohne Sauerstoff stirbt das Gewebe ab.

Owens ordnete eine Transfusion an.

Nachdem Orduño zwei Einheiten Blut erhalten hatte, erwachte er, nur um die ihn umgebenden Ärzte und Krankenschwestern mitzuteilen, dass er kein weiteres Blut wünsche.

Die Transfusionen wurden gestoppt.

Orduño, der niemals offiziell ein getaufter Zeuge Jehovas gewesen ist, erklärte später, dass er die Doktrin der Glaubensgemeinschaft gutheißen würde und mit ihren Praktiken wohl vertraut sei. „Ich kenne den Text, in dem erwähnt wird, dass wir kein Blut, weder durch den Mund noch durch eine Transfusion, aufnehmen sollten“, sagte er.

Sein Glaube stützt sich auf mehrere Bibelstellen einschließlich 3. Mose 17:12-14: „Keine Seele unter euch soll Blut essen ... wer es isst, der soll ausgerottet werden.“

Das Bluttransfusionsverbot der Glaubensgemeinschaft gibt immer wieder Anlass zu Auseinandersetzungen innerhalb der medizinischen und religiösen Gemeinschaften. Sollte die religiöse Selbstbestimmung eines Menschen ethisch höherrangig sein als der Eid eines Arztes, alles zu unternehmen, um das Leben der betroffenen Person zu retten?

Selbst innerhalb der Zeugen Jehovas gibt es Kontroversen um die Blutfrage. Eine Gruppe, die sich "Vereinigung der Zeugen Jehovas für eine Reform in der Blutfrage" nennt, analysiert auf ihrer Web-Site die „Kein Blut“-Doktrin.

Owens sagte, er habe den Wunsch Orduños respektieren müssen. Aber er hätte es nur zähneknirschend getan.

„Bei Blut hat man einen großen Fehlerspielraum,“ sagte er. „Bei diesem Verletzten ist aber jeder verlorene Tropfen ein endgültig verlorener Tropfen.“

Ein lokaler Vertreter des Krankenhaus-Verbindungskomitees der Zeugen Jehovas wurde herbeigerufen. Owens teilte ihm mit, dass Orduño ohne weiteres Blut sterben würde. Der Hämoglobinspiegel war bereits auf 3 Gramm pro 100 ml gefallen, der Normalwert beträgt 12. Owens hatte noch niemanden mit weniger als 2 Gramm überleben sehen.

„Wir gingen seine medizinischen Parameter, seinen Flüssigkeitsverlust, seinen Hämoglobinwert und seine Atmung durch,“ sagte Gregory Brown, und der Abgesandte Brown schlug Wege vor, wie der Patient ohne weitere Blutzufuhr behandelt werden könnte, stimmte aber einer weiteren Bluttransfusion nicht zu.

Um die Blutung zu stillen, konnte Owens nicht operieren, ohne weitere Blutverluste zu riskieren. Deshalb versuchte er eine neue innovative Methode.

Er verabreichte Orduño als Teil eines klinischen Versuchsprojektes über mehr als eine Woche Stickstoffoxid. Forscher fanden heraus, dass das Gas den Blutgefäßen hilft, Sauerstoff durch verletzte und geschwollene Membranen, wie sie bei Orduño vorlagen, zu transportieren.

Gleichzeitig versuchte Owens, Orduños Knochenmark mit Hilfe eines Medikamentes mit dem Namen Epogen zu vemehrter Hämoglobinproduktion anzuregen. Aber Epogen benötigt mehrere Wochen, um seine Wirkung zu entfalten, eine Zeitspanne, die Orduño wahrscheinlich nicht mehr zur Verfügung stand.

Währenddessen war Orduños Schwester Angelica aus ihrer Heimatstadt Guanajuato, Mexico, angereist. Die Ärzte informierten sie über seine Entscheidung, was sie, die selbst keine Zeugin Jehovas war, tief betrübte.

Sie verbrachte Tage an seinem Krankenbett. Als die Krankenschwestern sie um 4:30 nachts anwiesen, das Krankenzimmer zu verlassen, schlief sie in einem Stuhl in der Lobby. Sie konnte nicht mit José sprechen, der unter schweren Medikamenteneinfluss stand und an ein Beatmungsgerät angeschlossen war.

„Ich hatte große Angst,“ sagte sie, wobei sie sich abwandte, um die Tränen, die in ihre Augen schossen, zu verbergen. „Ich konnte nichts tun.“

Angelika blieb in Verbindung mit ihren Schwestern und Brüdern daheim, schirmte aber die Nachricht von ihrer geschwächten Mutter ab, die nach ihren Worten die Nachricht vom drohenden Tod ihres Sohnes nicht überleben würde.

Orduño hielt gerade so durch, zeigte aber bereits Anzeichen von Herzversagen und Anfälligkeit gegenüber tödlichen Infektionen. „Jeden Tag erwarteten wir, dies könnte sein letzter sein“ sagte Robyn Gough-Smith, der Programm-Manager der Unfallabteilung.

Ungefähr in der zweiten Woche dieser Tortur hörte Dr. Roy Semlacher, ein Schönheitschirurg, zufällig ein Gespräch mit, als ein anderer Arzt den Fall besprach. „Ich weiß genau, was ihr benutzen könntet,“ sagte er zu ihnen.

Semlacher kannte eine Firma in Cambridge, Massachusetts, namens Biogen, die eine Alternativtherapie für Situationen entwickelt, in denen Patienten keine Bluttransfusionen akzeptieren können - oder wollen.

Eine Fallbeschreibung, in dem das Medikament angewandt wurde, war in der Ausgabe des The New England Journal of Medicine vom 1. Juni erschienen. Der Artikel beschrieb, wie die Therapie das Leben einer jungen Frau gerettet hatte, deren Immunsystem ihre eigenen roten Blutkörperchen zerstörte.

Semlacher rief Biopure an. Dr. Edward Jacobs, Vizepräsident für medizinische Angelegenheiten der Firma, sagte, Orduño scheine der Fallbeschreibung nach ein guter Kandidat für ihr Medikament Hemopure® zu sein. Jacobs erhielt sehr schnell die Erlaubnis der Food and Drug Administration [FDA; amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde], das Medikament auf der für solche Fälle vorgesehenen gesetzlichen Grundlage ("compassionate-use") auszuliefern.

Das Krankenhaus rief Brown an, um zu besprechen, ob Hemopure® eine annehmbare Alternative zu Vollblut wäre. Brown stimmte zu, dass die Substanz kein Hauptblutbestandteil ist, wie es bei Plasma oder roten Blutkörperchen der Fall wäre und die deswegen verboten wären.

„Die Medizin hat Methoden entwickelt, die Bestandteile in viele winzige Fraktionen aufzuarbeiten,“ sagte er. „Deren Verwendung ist unserer Ansicht nach eine Gewissenssache, da die Bibel dies so nicht anspricht.“

Hemopure® wird aus den roten Blutkörperchen von Rinderblut hergestellt, die hochgereinigt, verarbeitet und mit einer Salzlösung vermischt werden. Hemopure® kann, ungeachtet der Blutgruppe, jedem verabreicht werden, sagte Jacobs. Die Substanz ist gegenwärtig in der klinischen Erprobung, und die Firma hofft, die Marktzulassung nächstes Jahr zu erhalten. Pakete mit Hemopure® kamen innerhalb von zwei Tagen nach Semlachers Anruf im Krankenhaus an. Nachdem Orduño das Medikament drei bis vier Tage lang intravenös verabreicht worden war, schoss sein Hämoglobinwert in die Höhe, und der Körper war wieder in der Lage, neue sauerstoffbefördernde rote Blutkörperchen zu produzieren.

 
Als Orduño einen Monat nach Beginn seines Martyriums aus seinem medikamenteninduzierten Schlaf erwachte, war Angelica an seiner Seite. Als er ihr Gesicht sah, war ihm nicht klar, ob er sich in Mexiko oder in den Vereinigten Staaten befand, wo er seit 1997 lebt.

Seine Schwester erzählte ihm von dem Unfall, wie er beinahe gestorben wäre, und wie ein Medikament, hergestellt aus Rinderblut, sein Leben gerettet hatte.

Er sagte seiner Schwester, er erinnere sich nicht mehr, dass er eine Transfusion verweigert hätte und es wäre ihm nie bewusst gewesen, dass sein Leben in Gefahr war. Aber er sagte, trotz seiner damaligen Benommenheit stehe er zu seiner Entscheidung.

Die Ärzte, die Krankenschwestern, der Medikamentenhersteller, die Zeugen Jehovas - alle Beteiligten - waren über Orduños Genesung mehr als hoch erfreut.

Orduño verließ das Krankenhaus am 10. September. Seine Atmung ist immer noch eingeschränkt, und er kann seinen rechten Arm nur sehr schwer bewegen, nachdem er sechs Wochen bewegungslos und ans Krankenbett gefesselt verbracht hatte.

Aber er freut sich darauf, wieder in seiner neuen Heimat arbeiten zu können. Angelika plant inzwischen, wieder nach Mexiko zurückzukehren, wo sie die gute Nachricht ihrer Mutter mitteilen kann.


 

Südafrika genehmigt Blutersatz aus Rinderblut

Neue Züricher Zeitung
14. April 2001 (dpa)

Johannesburg, 13. April. (dpa) Als weltweit erstes Land hat Südafrika den medizinischen Einsatzdes Blutfarbstoffs Hämoglobin aus Rindern gebilligt. Er soll nach Medienberichten für frisch Operierte eingesetzt werden, die Blutersatz benötigen. Hämoglobin transportiert den lebenswichtigen Sauerstoff zu den einzelnen Körperteilen. Die Genehmigung für das Hämoglobin-Produkt, das aus Blutkörperchen von Rindern gewonnen wird, sei bereits am Montag vom zuständigen Aufsichtsgremium erteilt worden, hiess es.

Das direkt in die Venen gespritzte Hämoglobin soll mit allen Blutgruppen verträglich sein, kein vorheriges Testen erforderlich machen und eine zweijährige Lagerzeit haben. Anders als Produkte aus Blutbanken soll es auch weniger anfällig für die Verseuchung mit dem Aids-Virus sein. Eine Übertragung des BSE-Erregers durch das Rinderblut wird vom Hersteller ausgeschlossen.

Das vom amerikanischen Biotechnologiekonzern Biopure in Cambridge (Massachusetts) in 17-jähriger Forschungsarbeit entwickelte Präparat namens Hemopure wurde neun Jahre in Kliniktests untersucht. Es soll noch in diesem Jahr inausgewählten Spitälern bei akut blutarmen erwachsenen Patienten zum Einsatz kommen. Offiziell ist die Vermarktung für 2002 geplant.


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letzte Aktualisierung: 15. 4. 2001
Web-Adresse: http://geocities.datacellar.net/athens/ithaca/6236/beepure.htm

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