Lieber Kurt!
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil mich die
(absichtliche?) Vermischung von Themen ärgert:
"Schule von 9-17Uhr" ist nämlich kein
Modell zur Lösung der Betreuungs-Problematik
und ist absolut nicht das, was in Österreich
allgemein unter Ganztagsschule verstanden wird. Da
ändert auch die Verschiebung auf "Schule von
8-18Uhr" nichts daran.
Sie bietet nur Unterricht anders verteilt
über den Tag an, und kann daher bis auf die
Mittagspause keinen zeitlichen Platz für
Betreuung haben.
Dass die Beschlussregelung umgedreht wird und
dann Betreuung der "Normalfall" ist, kann dann
akzeptiert / begrüßt werden, wenn die
Freiwilligkeit der In-Anspruch-Nahme gewahrt bleibt
bzw. ermöglicht wird und zwar entweder
dadurch,
dass Unterrichts- und Betreuungsteil in
getrennter Abfolge angeboten werden, oder
in guter Erreichbarkeit eine
gleichwertige/-artige Schule mit diesem Modell in
Anspruch genommen werden kann.
Die Sicherstellung obiger Forderungen löst
aber noch nicht das (gesellschaftspolitische)
Problem, dass viele Kinder Betreuung
bräuchten, sie aber aus Kostengründen
nicht bekommen. Auch wenn soziale (?)Staffelungen
der Beiträge vorgesehen sind, so gibt es
dennoch viele (andere) Eltern, die diese
(Rest-)Beiträge nicht leisten
können/wollen.
Diese Kinder "in die Betreuung zu bekommen" darf
nicht auf dem Weg passieren, dass alle verpflichtet
werden, ihre Kinder betreuen zu lassen. (Leider
wäre das die billigere Variante, denn je mehr
Zahler es gibt, umso billiger wird das System.)
Ein "Anreizsystem" zu schaffen wäre teuer,
denn dies könnte ja nur heißen, dass
keine Beiträge zu zahlen sind (auch nicht
fürs Mittagessen).
Bedarfserhebungen liefern oft Zahlen, die von
den tatsächlichen Anmeldezahlen erheblich
abweichen. Oft bleiben nur mehr 10% der
"Interessenten" übrig, wenn es "ernst"
wird.
Wer geht schon gerne (fast) nur dafür
arbeiten, dass er sich die Kinderbetreuung leisten
kann?
Subventionnieren wir für die
Berufstätigen die Ganztagsbetreuung, was ist
dann mit denen, die ihre Kinder selbst (gut)
betreuen (wollen/können). Wir haben für
die Kleinsten -deshalb- das Kinderbetreuungsgeld
für alle eingeführt, egal ob sie die
Kinder selbst betreuen oder berufstätig sind.
Die Subventionen der Betreuungseinrichtungen wurden
beibehalten, was wieder als
Vorteil/Begünstigung von Berufstäg-Sein
gesehen werden kann/muss.
Kinderbetreuung ist ja eigentlich
Ländersache. Dass Schule und Betreuung
vermischt wird, ist ein Produkt der
"unglücklichen" Überführung der
Schulversuche Ganztags- und Tagesheimschule ins
System. Für viele so angenehm, dass sie sich
gerne von der Sorge um Betreuung verabschiedet
haben!? Man duldet z.B. für Schulkinder eine
Reihe von Kinderbetreuungsmodellen nebeneinander,
die, weil mit anderen Namen versehen, nicht die
strengen Auflagen erfüllen (müssen), die
im Landesgesetz für Horte vorgesehen sind, was
(nur) die Kosten "günstig" beeinflusst.
Ich ersuche dich, das Prinzip der
Schulgeldfreiheit immer wieder mit Nachdruck
einzufordern.
Liebe Grüße Ilse
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Liebe Ilse,
ich bin in fast allen Punkten deiner Meinung und
habe das sowohl in der schriftlichen Stellungnahme
des Dachverbands als auch bei Anfragen der Medien
so formuliert:
Aus unterschiedlichsten Studien geht klar
hervor, dass etwa die Hälfte der Eltern eine
ganztägige Schulform wünscht. Das Modell
ist den Eltern in der Regel egal. Wenn das Angebot
qualitativ in Ordnung ist, sind Eltern und Kinder
gleichermaßen mit Ganztagsschule,
Nachmittagsbetreuung und Hort zufrieden.
Daher ist es richtig, dass die Schule ein
bedarfsgerechtes Angebot stellen MUSS und nicht die
Eltern mühsam darum mit komplizierten
Abstimmungsmodalitäten kämpfen
müssen.
Völlig klar ist, dass dieses Angebot KEINE
Verpflichtung darstellen darf.
Und weiters ist klar, dass über alle
Modelle bundesweit eine einheitliche Regelung
bezüglich der Elternbeiträge geschaffen
werden muss. Schulgeld kommt nicht in Frage,
unterschiedlich hohe Beiträge für
unterschiedliche Modelle ebenfalls nicht.
Sozial gestaffelte Essensbeiträge bzw.
Beiträge für Angebote, die über die
schulischen Modelle hinausgehen (viele Eltern
suchen Betreuungsangebote bis ca. 18.00 Uhr)
fände ich in Ordnung.
Im Moment deckt die Schule knapp 10% des Bedarfs
ab und die Jugendwohlfahrt (Hort) ca. noch einmal
so viel. Eine Ausweitung des Angebots im Bereich
der Pflichtschulen wird nur in einer gemeinsamen
Kraftanstrengung von Bund, Ländern und
Gemeinden möglich sein, und zwar sowohl bei
den notwendigen baulichen Maßnahmen als auch
beim Betrieb. Ansonsten werden die Gemeinden als
Schulerhalter dieses Projekt auf Grund fehlender
Geldmittel zu Fall bringen.
Bei der Frage des Schulbeginns müssen
mehrere Tatsachen bedacht werden:
Schon jetzt nehmen viele VolksschülerInnen
die Frühaufsicht in Anspruch, bei einem
späteren Schulbeginn erhöht sich diese
Gruppe sprungartig. Der Öffentliche Dienst,
der Handel, die Gastronomie und viele weitere
Sparten haben Dienstbeginn deutlich vor 9.00 Uhr.
Wir waren immer gegen Schlüsselkinder am
Nachmittag und sollten auch in der Früh
dagegen sein.
Die Schülertransporte sind regional derart
schwierig zu organisieren (aus verschiedensten
Gründen), dass bereits jetzt die Schule
mancherorts ab 7.30 beginnt.
Wenn wir zu der Überzeugung gelangen, dass
9.00 Uhr der bessere Zeitpunkt für die Kinder
wäre, muss die Frage der Frühaufsicht
für jene Berufsgruppen gelöst werden, die
damit ein Problem haben.
Wir müssen ebenfalls die Frage diskutieren,
inwieweit eine Mittagspause mit einem
qualitätsvollen, ausgewogenen Mittagessen
sinnvoll wäre und wir müssen
überhaupt alle diese Fragen getrennt nach den
Altersstufen betrachten.
Herzliche Grüße
Kurt
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