Interpretation

10.1.2005

LANDESSCHULRAT

FÜR STEIERMARK

Sachbearbeiter: HR Dr. Perko

Tel.: (0316)345/125

Fax.: (0316)345/438 e-mail: klaus.perko@lsr-stmk.gv.at

Bei Antwortschreiben bitte Geschäftszeichen (GZ) anführen

GZ.: I Schu 1/46 -2005

Graz, am 10. Jänner 2005

An die Direktionen der
mittleren und höheren Schulen
an die Direktionen der
Berufsschulen
an alle Bezirksschulräte
 
in Steiermark

 

Bundesgesetzblatt

Frühwarnsystem

 

Betreff:

Information der Erziehungsberechtigten und

der Lehrberechtigten gemäß § 19 SchUG;

Interpretation der geltenden Rechtslage

Wenn die Leistungen einer Schülerin oder eines Schülers auf Grund der bisher erbrachten Leistungen in einem Pflichtgegenstand zum Ende des 1. oder des 2. Semesters mit "Nicht genügend" zu beurteilen wären, ist dies gemäß § 19 Abs. 3a SchUG den Erziehungsberechtigten unverzüglich mitzuteilen und der Schülerin bzw. dem Schüler sowie den Erziehungsberechtigten von der Klassenvorständin/dem Klassenvorstand oder von der unterrichtenden Lehrerin/dem unterrichtenden Lehrer Gelegenheit zu einem beratenden Gespräch zu geben (Frühwarnsystem). Bei diesem Gespräch sind insbesondere Fördermaßnahmen zur Vermeidung dieser negativen Beurteilung (z.B. Analyse der Lerndefizite unter Einbeziehung der individuellen Lern- und Leistungsstärken, Fördermöglichkeiten, Förderunterrichtsangebote, Leistungsnachweise) zu erarbeiten und zu beraten.

Zweck der Verständigung ist es, durch entsprechendes Zusammenwirken zwischen Lehrerinnen/Lehrern, Erziehungsberechtigten und Schülerinnen/Schülern, einer bevorstehenden negativen Beurteilung eines Pflichtgegenstandes möglichst frühzeitig entgegenzuwirken. Die vorgesehenen Maßnahmen sind somit sowohl im ersten als auch im zweiten Semester immer dann umgehend einzuleiten, sobald ersichtlich ist, dass die Leistungen auf Grund der bisher erbrachten Leistungen in einem Pflichtgegenstand im ersten oder zweiten Semester insgesamt mit "Nicht genügend" zu beurteilen wären. Die Wendung "zum Ende" des 1. oder des 2. Semesters bedeutet nicht, dass mit der Mitteilung bis zum Ende des Semesters zugewartet werden dürfte (sonst wäre es keine "Frühwarnung" und Fördermaßnahmen kämen bereits zu spät); gemeint ist vielmehr, dass im jeweiligen Zeitpunkt der Gesamtleistungsstand, wie er "zum Ende" eines Beurteilungsabschnittes zu ermitteln wäre, auf "Nicht genügend" lautet.

Die Verständigung bezieht sich auf den Leistungsstand im Zeitpunkt der Information, nicht aber auf eine "voraussichtliche Semester- oder Jahresnote". Sogenannte "prophylaktische Mahnungen" sind zu vermeiden.

Ein Endtermin für eine spätestmögliche Verständigung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es wäre jedoch mit dem Zweck der Regelung unvereinbar, die Verständigung zu einem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem eine Leistungsverbesserung nicht mehr möglich ist.

Wenn der Leistungsstand das ganze Semester hindurch (bis knapp einige Wochen vor Ende des 1. Semesters bzw. vor der Klassenkonferenz gem. § 20 Abs. 6 SchUG) laufend positiv war und demnach kein Grund für eine Mitteilung gemäß § 19 Abs. 3a SchUG bestand, können einzelne nachfolgende negative Leistungen nicht mehr so stark ins Gewicht fallen, dass die Semester- oder Jahresnote "Nicht genügend" gerechtfertigt wäre (§ 20 Abs. 1 SchUG).

In welcher Form die Mitteilung an die Erziehungsberechtigen zu ergehen hat, ist im Gesetz nicht geregelt. Grundsätzlich wäre daher auch eine formlose mündliche oder telefonische Mitteilung zulässig, sofern die Schule nicht generell für alle Fälle eine schriftliche Mitteilung (Formblatt) vorsieht. Wenn die Erziehungsberechtigten jedoch auf eine formlose Mitteilung nicht alsbald reagieren, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren, sollte jedenfalls eine Wiederholung in schriftlicher Form erfolgen.

Das beratende Gespräch soll den Erziehungsberechtigten einen umfassenden Einblick in die Lern- und Leistungssituation der Schülerin bzw. des Schülers ermöglichen und die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Methoden der Förderung der Schülerin bzw. des Schülers ersichtlich machen. Für die Lehrerin/den Lehrer bietet ein derartiges Gespräch die Möglichkeit, einen Einblick in die psychische Situation der Schülerin bzw. des Schülers zu gewinnen, sodass pädagogische, unter Umständen auch schulpsychologische Maßnahmen gezielt zur Anwendung gebracht werden können.

Besondere Aufmerksamkeit und Sorge sollte jenen Schülerinnen und Schülern gewidmet werden, deren Erziehungsberechtigte das Gesprächsangebot nicht aufgreifen.

Der Landesschulrat für Steiermark ersucht, in den beratenden Gesprächen auch auf die folgenden Situationen und Probleme einzugehen, sofern sie im Einzelfall vorliegen, und entsprechende Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen:

  • - Allfällige Notwendigkeiten von Aufnahmsprüfungen bei beabsichtigtem Übertritt in eine mittlere oder höhere Schule nach der 8. Schulstufe: Hinweis auf allfällige Reihungskriterien, die bei der aufnehmenden Schule in Erfahrung zu bringen sind;

    - Beendigung des Schulbesuches und fehlende Wiederholungsmöglichkeit, wenn eine Schülerin/ein Schüler die erste Stufe einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule oder einer höheren Anstalt der Lehrerbildung und der Erzieherbildung mit vier oder mehr "Nicht genügend" in Pflichtgegenständen abschließt (siehe hiezu auch den Erlass vom 17. Juni 2002, GZ.: I Schu 1/50 &emdash; 2002).

  • Eine besondere Dokumentation der Mitteilung bzw. Einladung und der Durchführung der beratenden Gespräche ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dennoch wird empfohlen, entsprechende zumindest schlagwortartige Aufzeichnungen in geeigneter Form zu führen, um bei späteren Rückfragen, insbesondere in Beschwerde- und Berufungsfällen, Auskunft über Zeitpunkt und Inhalt der beratenden Gespräche geben zu können.

    Sonderbestimmungen für Berufsschulen:

    § 19 Abs. 3a gilt für Berufsschulen mit der Maßgabe, dass die Verständigung auch an den Lehrberechtigten zu ergehen hat und an lehrgangsmäßigen Berufsschulen an die Stelle des 1. bzw. des 2. Semesters die 1. bzw. die 2. Hälfte des Lehrganges tritt; diese Verständigungspflicht besteht nicht an lehrgangsmäßigen Berufsschulen mit einer geringeren Dauer als acht Wochen.

    § 19 Abs. 3 SchUG, wonach mit den Erziehungsberechtigten Verbindung aufzunehmen ist, wenn die Leistungen einer Schülerin oder eines Schülers allgemein oder in einzelnen Unterrichtsgegenständen in besonderer Weise nachlassen, gilt unabhängig von § 19 Abs. 3a SchUG, bei einem Leistungsabfall innerhalb des positiven Bereiches (z.B. Verschlechterung um zwei Stufen, etwa von "Gut" auf "Genügend").

    Bereits im ersten Semester möge bei Schülerinnen und Schülern, die das neunte Jahr ihrer allgemeinen Schulpflicht an einer mittleren oder höheren Schule absolvieren, erforderlichenfalls in geeigneter Weise rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht werden, dass ein Übertritt in die Polytechnische Schule nur bis zum 31. Dezember zulässig ist.(§ 29 Abs. 8 SchUG).

    Hervorzuheben ist, dass die in § 19 Abs. 3, 3a und 4 SchUG vorgesehenen Verständigungen eine Verpflichtung der betreffenden Lehrerinnen und Lehrer darstellen. Es ist daher nicht deren Belieben überlassen, ob sie diese Verständigung vornehmen.

    Andererseits besagt allerdings § 19 Abs. 7 SchUG, dass diese Verständigungen ausschließlich Informationscharakter haben. Dies bedeutet, dass ein Unterlassen der vorgeschriebenen Verständigungen einer Semester- oder Jahresbeurteilung mit "Nicht genügend" in den betreffenden Gegenständen nicht entgegensteht. Eine Nichtbeachtung der Vorschriften der Absätze 3 und 3a durch die Lehrerin bzw. durch den Lehrer stellt jedoch eine Pflichtverletzung dar.

     

    Verständigungspflicht im Zusammenhang mit der Verhaltenssituation:

    Wenn das Verhalten einer Schülerin oder eines Schülers auffällig ist, wenn die Schülerin oder der Schüler ihre/seine Pflichten gemäß § 43 Abs. 1 SchUG in schwer wiegender Weise nicht erfüllt, oder wenn es die Erziehungssituation sonst erfordert, ist dies gemäß § 19 Abs. 4 SchUG ebenfalls den Erziehungsberechtigten unverzüglich mitzuteilen und der Schülerin bzw. dem Schüler sowie den Erziehungsberechtigten von der Klassenvorständin/dem Klassenvorstand oder von der unterrichtenden Lehrerin/dem unterrichtenden Lehrer im Sinn des § 48 SchUG Gelegenheit zu einem beratenden Gespräch zu geben (Frühinformationssystem). Bei diesem sind insbesondere Fördermaßnahmen zur Verbesserung der Verhaltenssituation (z.B. individuelles Förderkonzept, Ursachenklärung und Hilfestellung durch die Schulpsychologie-Bildungsberatung und den schulärztlichen Dienst) zu erarbeiten und zu beraten. Diese Mitteilung hat immer unverzüglich zu erfolgen, sobald die Voraussetzungen gegeben sind. Dies gilt für Berufsschulen mit der Maßgabe, dass die Verständigung auch an den Lehrberechtigten zu ergehen hat; diese Verständigungspflicht besteht nicht an lehrgangsmäßigen Berufsschulen mit einer geringeren Dauer als acht Wochen.

    Ist ein Fernbleiben einer Schülerin oder eines Schülers vom Unterricht in besonderer Weise gegeben, ist gemäß § 19 Abs. 9 SchUG mit den Erziehungsberechtigten Verbindung aufzunehmen.

    Dieser Erlass tritt an die Stelle des Erlasses vom 3. Feber 2004, GZ.: I Schu 1/29 - 2004.

    Die SchUG-Novelle BGBl. I Nr. 172/2004 ist zur Information angeschlossen.

    Für den Amtsführenden Präsidenten:

    Dr. Perko

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