|----> Logo Esotrends 2004
Aus der Sicht des LOGO ESOinfo & service &endash;
resultierend aus wissenschaftlichen Recherchen und
empirischen Werten aus dem Arbeitsalltag &endash; lassen
sich im Esobereich für den Zeitraum 2003 / 2004
folgende wesentliche Tendenzen & Trends feststellen
bzw. prognostizieren:
- Jugendsatanismus:
- Deutlich spürbar ist eine qualitative
Änderung hin zu einem intellektuellen Satanismus
bzw. zum Satanismus als neuer Religion, damit
zusammenhängend kann ein neues, vorerst
intellektuelles Interesse am Ordenssatanismus (Kirche
Satans) festgestellt werden.
- Immer wieder kommt es zu einer Diskriminierung der
Jugendkultur der Gothics (ehemals Grufties) als
satanistische Jugendkultur, oft gibt es eine Verkennung
der Bedeutung satanistischer Elemente als Protest und
Abgrenzung Jugendlicher. Der Schutz dieser
Jugendkultur(en) vor vereinfachender Diskriminierung ist
notwendig.
- Die neue LOGO-Fachbroschüre Die schwarze
Szene" des Historikers Roman Schweidlenka und der
Religionswissenschaftlerin Simone Philipp arbeitet
erstmals die genauen Verbindung verschiedener
Jugendkulturen zu Satanismus und politischem Extremismus
heraus und klärt deren Verhältnis zu Esoterik
und neuer Spiritualität.
- Esoterik
- Ständig neue Angebote prägen den Markt,
die meist alter Wein in neuen Schläuchen sind. Jetzt
gibt es bereits einen Lach-Yoga".
- Kinder und Jugendliche werden immer mehr mit Magie
und Esoterik durch Bücher, Fernsehserien und
Jugendzeitschriften konfrontiert. Dabei erhalten sie
meistens zuwenig kritische bzw. ausgleichende
Begleitung.
- Ein Esoterikboom hat die offene Jugendarbeit
erfasst: Visionssuchen, Schwitzhütten, neuer
Schamanismus und Rituale sind im Aufwind, damit verbindet
sich die große Gefahr der Scharlatanerie und auch
der rechtsextremen Vereinnahmung. Die seriöse
Aufnahme außerkirchlicher spiritueller Angebote in
die Jugendarbeit steckt noch in den Kinderschuhen.
- Im Schulwesen gibt es offensichtlich eine
zunehmende esoterische Zwangsbeglückung von
SchülerInnen durch LehrerInnen mit Tarotkarten,
Reiki, Positivem Denken etc. Diese Entwicklung spiegelt
u.a. den steigenden Schulstress, dem LehrerInnen und
SchülerInnen unterworfen sind.
- Die problematische Gegnerschaft esoterischer
Richtungen zur Schulmedizin nimmt zu.
- Die Sektenlandschaft"
- Sie ist gleich bleibend, kein Wachstum ist
erkennbar, dafür aber gibt es eine Zunahme
fundamentalistischer christlicher
Religionsgemeinschaften, deren Mechanismen durchaus mit
jenen vergleichbar sind, die den Sekten"
vorgeworfen werden. Klagen über Konflikte
Jugendlicher mit neu bekehrten Eltern, oft nach einer
Scheidung, werden häufiger. Die rechtliche
Klärung dieses Problemfelds ist ein Gebot der
Stunde. Neue Werbeaktivitäten von Scientology: Mit
dem umstrittenen, von Experten heftig kritisierten
"Drogenrehabilitationsprogramm Narconon" will Scientology
in der Drogendiskussion mitmischen. Unlängst wurde
die Scientology-Unterorganisation Narconon, die dem Kampf
gegen Drogen dienen soll, in Österreich neu
gegründet. In Wien wurde das Scientology-Angebot
öffentlich vorgestellt. Es wird vermutet, dass sich
Scientology mit dem Narconon-Angebot nun auch
österreichweit an Schulen, Jugendzentren und
Jugendverantwortliche wenden wird.
- Die Zukunft: Eine liberale, weltoffene, mit
Demokratie vereinbare Religiosität
- Die Demokratien sind gefordert: Soll der Trend zu
sektoiden, fundamentalistischen, intoleranten Esoterik-
und Religionsformen, die auch dem religiösen
Terrorismus zugrunde liegen, eine vitale Gegenkraft
erhalten, müssen tolerante, mitweltbezogene, die
Vernunft integrierende religiöse bzw. spirituelle
Traditionen gefördert und den Jugendlichen auf
jugendgerechte Weise vermittelt werden.
Dr. Roman Schweidlenka
LOGO ESOinfo & service
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VERTIEFENDER TEXT
Jugendsatanismus
- Der Trend geht tendenziell zu einer eher
intellektuellen Beschäftigung mit dem Satanismus.
Die Internetpräsenz der Kirche Satans trägt
dazu wesentlich bei. Wie der Journalist Rainer Fromm
herausfand, verfügt die Church of Satan auf Grund
der vielen Anfragen von Jugendlichen seit kurzem
über ein Jugendkommuniqué der Kirche
Satans". Hier gibt es Ratschläge für
JungsatanistInnen, wie sie sich gegenüber Freunden
und SchulkollegInnen verhalten und wie sie mit Eltern
umgehen sollen, die dem Satanismus kritisch
gegenüberstehen. Dabei sollen Bücher über
den Satanismus unter das Volk gebracht und
christliche Propaganda" widerlegt werden. Wenn die
Erziehungsberechtigten konsequent gegen den Satanismus
sind, sollen Rituale und sonstige satanische
Betätigungen geheim und alleine durchgeführt
werden.
Fromm dazu: Diese Passagen dokumentieren, wie
wichtig es ist, dass unsere Gesellschaft offen mit
Kindern und Jugendlichen über Neosatanismus
diskutiert. Eine Tabuisierung führt lediglich dazu,
dass satanische Organisationen ihre Ideologien und
Rituale ungefiltert in die Köpfe der Heranwachsenden
bringen können." (Rainer Fromm: Satanismus in
Deutschland. Zwischen Kult und Gewalt, München 2003,
S. 38f)
- Über die anhaltenden Diskriminierungen der
Gothicszene stellt Fromm durchaus berechtigt fest:
Wichtig wäre es, diese Jugendsubkultur vor
einer pauschalierenden Öffentlichkeit zu
schützen, die der Szene nur zu gerne den
Satanismus-Stempel aufdrückt." (Ebd. S. 184)
- Die von Roman Schweidlenka und Simone Philipp
verfasste LOGO-Fachbroschüre
Die schwarze Szene"
entstand auf Grund der Nachfrage von
Jugendverantwortlichen, die der dynamischen Entwicklung
verschiedener Jugendkulturen, vor allem der Metal- und
Gothic-Szenen und den mit ihnen verbundenen Klischees und
Vorurteilen orientierungslos gegenüberstanden.
Erstmals werden neben einer kurzen Charakteristik
einzelner Szenen und Musikrichtungen satanische und
rechtsextreme Verbindungen genau untersucht und
dokumentiert, während auch falsche, ideologisch
gefärbte Zuordnungen enttarnt werden. Dabei gilt die
Analyse &endash; heute unverzichtbar &endash; auch
internationalen Entwicklungen und Trends.
(diese Broschüre ist um 8 Euro im "Jugendinfo
-Logo" zu beziehen: siehe seitliche Spalte)
Esoterik
- Wenn es um die Ausbildung in Lach-Yoga" geht,
dann steckt kein Scherz hinter der ganzen Sache, sondern
ein ernst gemeintes Seminarangebot des Lach- und
AtemForums Austria". (Folder im Besitz des LOGO ESOinfo
& service) Auch die Steiermark wurde damit bereits
beglückt. (Pulsar 5/04, S.29) In einer schelllebig
gewordenen Zeit, in der morgen bereits als überholt
gilt was heute noch in" ist, musste auch der
esoterische Supermarkt auf den Zeitgeist reagieren. Immer
noch neuere, bessere Angebote versprechen Lust,
Erleuchtung, Gesundheit, Erfolg etc.. Dabei geht es meist
nicht um essentiell Neues, sondern um neue Verpackungen
bereits bekannter esoterischer Lehren und Methoden.
- Vor dem Kultstein kniet Gloria. Dahinter steht
Don Julian. Auch er trägt die zeremonielle
Kopfbedeckung des Mayapriesters. Gloria ist in Trance
versunken und atmet schwer. Sie nimmt Verbindung auf mit
den Kräften des Steins. Es sind seltsam fremde
Wesen, die über dem Stein wachen und schon sehr
lange nicht mehr gerufen wurden. ... Das sind keine
Maya-Geister' keucht Gloria erschrocken. Doch dann
entspannt sich ihr Gesicht. Sie hat die Botschaft
verstanden. Keine Kerzen, sondern Blumen will der Stein
...
Ein Beitrag aus einer esoterischen Zeitschrift? Nein.
Gefunden in JÖ &endash; das Jugendmagazin des
Österreichischen Jugendrotkreuzes. Unter Mitwirkung
des Österreichischen Buchklubs der Jugend (Nr.9 /
04). Esoterik everywhere.
In der Zeit unseres religiösen Pluralismus
wachsen Kinder und Jugendliche mit einem oft diffusen,
undurchsichtigen esoterischen Supermarkt auf, der
längst auf Jugendzeitschriften und Fernsehserien
übergegriffen hat. Hier für Gefahren zu
sensibilisieren, ohne zu manipulieren und für
Gespräche und Fragen der Jugendlichen offen und
kompetent zu sein, wird in Zukunft zu einer immer
wichtigeren Aufgabe von Jugendverantwortlichen werden.
Auf dem Gebiet der Sinnsuche geht es um
Weichenstellungen, die für den Menschen ein ganzes
Leben lang prägend sind.
- Mit der Aufnahme esoterischer, vielfach
neoschamischer Elemente in die offene Jugendarbeit
reagieren etliche JugendarbeiterInnen auf ein
unübersehbares Bedürfnis Jugendlicher nach Sinn
und spiritueller Beheimatung. Doch die modernen
Visionssuchen und Schwitzhütten für Jugendliche
sind nicht unproblematisch, ebenso wenig rituelle
Übungen in der Natur, denn leicht können hier
seelische Zustände aufgerissen werden, die nur
erfahrene TherapeutInnen lenken" können. Schon
die Erfahrung, allein in relativ unberührter Natur
zu sein, kann bei Jugendlichen unserer technologischen
Zivilisation zu Angstzuständen führen.
Der Trend wird durch einen Boom von
Ritualanleitungsbüchern bestätigt. (Z.B. Gisula
Tscharner: Werkstatt Zeremonie und Ritual. Feiern,
Festakte und Alltagsrituale gestalten, AT Verlag 2004)
Auch Bücher über die Visionssuche mehren sich.
Oft handelt es sich um dem esoterischen Supermarkt
entnommene Übungen, die in der Natur zusammen mit
Fasten und Einsamkeit durchgeführt werden. Die
Visionssuche wird zum Selbsterfahrungsseminar mit
schamanischen Spurenelementen. Dabei wird suggeriert,
dass jede/r eine Vision haben muss &endash; ganz im
Gegensatz zu indianischen Traditionen, wo man vielleicht
eine Vision haben kann &endash; und dass wer keine Vision
hatte, diese nur nicht wahrgenommen hat. Machbarkeitswahn
ersetzt Demut. (Vergl.: Denise Linn: Praxisbuch Vision
Quest. Selbstfindung in der Einsamkeit der Natur,
Lüchow Verlag 2003, speziell S. 202f)
Problematisch ist auch die starke Vereinnahmung der in
der offenen Jugendarbeit immer beliebter werdenden
Visionssuche durch den rechtsextremen Arun Verlag. Das
Standardwerk Visionssuche" der amerikanischen
VisionssucheanbieterInnen Steven Foster und Meredith
Little erreichte im Arun Velag die dritte Auflage (Arun
Programm Frühjahr 2004), ein Video der School of
Lost Borders ist ebenfalls erhältlich. Im Arun
Verlag konnte der Visionssucheleiter Geseko von
Lüpke sein Buch Politik des Herzens.
Nachhaltige Konzepte für das 21. Jahrhundert mit den
Weisen unserer Zeit" (2003) herausbringen. Fraglich, ob
die darin Interviewten die politische Heimat des Arun
Verlags kennen.
Durch sein Literaturangebot wird der Arun Verlag bei
einigen JugendarbeiterInnen und an der Thematik
Interessierten zur Normalität, Bücher
rechtsextremer Autoren wie Julius Evola und Otto Rahn,
die der Verlag anbietet, erscheinen damit
unverdächtig. Der Arun Verlag gilt als
erfolgreichstes strategisches Projekt der Neuen Rechten
und hat mit seinen Publikationen einige Szenen der
offenen Jugendarbeit und verwandte Kreise erreicht.
- Ganz allgemein ist vor einer esoterischen
Zwangsbeglückung Jugendlicher zu warnen, auch wenn
diese mit besten Absichten erfolgt. Eine
Aurabehandlung" kann ebenso verwirrend auf junge
Menschen wirken wie Orakelspiele und aufgezwungenes
Positives Denken. Die Aufgabenstellungen der LehrerInnen
werden immer umfassender, währen die Schattenseiten
der neoliberalen gesellschaftlichen Entwicklung an den
Kindern und Jugendlichen immer deutlicher werden.
Esoterische Übungen etc. sind oft der gut gemeinte,
manchmal auch verzweifelte Versuch, umfassende Probleme
mit SchülerInnen, vielleicht auch mit der eigenen
Persönlichkeit des / der Jugendverantwortlichen, zu
lösen. Derartige Versuche können aber immer
wieder zu Konfrontationen führen und Unmut erregen,
während ihre Sinnhaftigkeit öfters zu
hinterfragen ist.
- Die Ablehnung der Schulmedizin musste das LOGO
ESOinfo & service aus Klagen über dogmatische
esoterische Gruppen zur Kenntnis nehmen. Kritische
Anfragen gab es z.B. in Bezug auf den auch in der
Steiermark sehr bekannten schweizer Erfolgsautor
René Egli. Er schrieb im Juni 2004:"Jeder Sieg ist
auch immer eine Niederlage. Allein auf der Grundlage der
Gesetzmäßigkeit von Aktion=Reaktion kann man
herleiten, dass immer neue Krankheiten auftreten werden
... Wenn wir gegen eine Krankheit kämpfen,
kämpfen wir gegen das LEBEN. Auf Druck (Kampf) folgt
immer Gegendruck. Das ist der Grund dafür, weshalb
trotz immensen Forschungsanstrengungen immer wieder neue
Krankheiten auftreten. Mit anderen Worten: Wir kommen
keinen Schritt weiter &endash; im Gegenteil: die
Situation verschärft sich." (LOL(2)A IMPULSE, Nr.
59/04, S.2)
Verständlich, dass derartige Weisheiten"
Menschen verwirren können.
Fundamentalismus
Das stärkere Auftreten fundamentalistischer
Gruppen hält die Freude darüber, dass
sogenannte Sekten keinen merkbaren Wachstumsschub
erleben, in Grenzen. Fundamentalistische, intolerante
Gruppen wirken ähnlich wie Sekten.
Wünschenswert wäre eine allgemein anerkannte
Regelung, wann und wie weit sich Kinder und Jugendliche
der religiösen Zwangsbeglückung durch meist
einen Elternteil (z.B. verstärkt nach einer
Scheidung) entziehen dürfen, wie weit hier die
Vollmachten von SozialarbeiterInnen reichen, wenn sie mit
Jugendlichen konfrontiert werden, die gewollt oder
ungewollt in einer problematischen religiösen Gruppe
stecken.
Die Zunahme fundamentalistischer Strömungen
verweist auf eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabenstellung: Die Augen vor antidemokratischen,
intolerant-engstirnig-fanatisierten religiösen und
esoterischen Gruppen nicht zu verschließen, die
nachweislich zu einer wesentliche Gefahr für ein
humanes Leben im 21. Jahrhundert werden. Unsere
Demokratie lebt mit religiösen Wegen und
Einstellungen, die humanitär, egalitär und
weltoffen sind. Eine umfassende Diskussion zu dieser
Thematik wäre wünschenswert, kann hier aber nur
kurz angedeutet werden.
Dr. Roman Schweidlenka
LOGO ESOinfo & service