Frau Kysela
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Mein Alter ist kein Geheimnis, ich bin 45 Jahre. Auf die Frage warum ich Lehrein geworden bin, kann ich nur sagen, daß ich tatsächlich Interesse daran hatte. Ich komme übrigens aus einer weitverzweigten Lehrerfamilie, meine Eltern sind auch vom Fach. Ich wollte nie eine Tätigkeit haben, wo ich im Büro sitzen oder nicht permanent mit Menschen zu tun haben würde. Da habe ich mir gedacht, in der Schule kann ich alle meine Wunschvorstellungen am besten verwirklichen. Ich unterrichte Geschichte, das nenne ich als erstes, dann noch Deutsch, Geographie und Politik, ohne es allerdings studiert zu haben.
Wenn mam einen Kurs übernimmt, hat man eigentlich immer ein Hauptanliegen, vor allem im Fach Geschichte. Geschichte bedeutet mir sehr viel, und ich bin der Meinung, daß man als politischer Mensch Geschichte nur dann begreifen kann, wenn man nicht nur etwas weiß, sondern sich Geschichte immer wieder ganz konkret vor Augen hält. Ich glaube, daß Geschichte zur Persönlichkeitsbildung beiträgt und sie die Fähigkeit zu differenzieren lehrt. Geschichte kann zeigen, daß viele Wege nach Rom führen und es viele Möglichkeiten und auf der anderen Seite natürlich auch Gefahren gibt. Das ist ein ganz wesentlicher Gedanke.
Ich glaube, nicht erst sagen zu müssen, daß sich hier im Kurs ein sehr persönliches Verhältnis entwickelt hat. Das liegt auch daran, daß es ein sehr kleiner Kurs war. Es ist einfach vom Umgangston viel lockerer zu machen. Es gibt Schwierigkeiten in der Form, daß man sich die Trennung zwischen Sympathie und der Leistungsbewertung immer wieder bewußt machen muß, das kann einem persönlich dann schon recht schwer fallen. Aber ich glaube, was das Verhältnis anbelangt, und das habt ihr im Kurs ja gemerkt, daß ich euch sehr gern gehabt habe! Björn weint gleich, das ist aber nicht für's Tonband. Es gibt Schwierigkeiten, daß man ganz klar sagen muß, jetzt muß also eine bestimmte Sache durchgezogen werden, es gibt bestimmte Sachzwänge, die man dann durchsetzen muß, aber im grossen und ganzen hat das gut geklappt.
Für mich persönlich ist eine sehr wichtige Grundidee die, daß man versucht, nicht nur von den täglichen Notwendigkeiten getrieben zu werden, sondern daß man versucht, dem Leben Sinn zu geben. Nicht in einer im Jenseits ausgerichten Form, sondern so, daß man versucht zu leben, um am Ende sagen zu können, ich habe sinnvoll gelebt, und zwar für mich und andere. Als Jugendliche hat mich persönlich sehr stark die existentialistische Philosophie geprägt, vor allem die Richtung von Camus. Ich muß ganz offen zugeben, daß ich kein sehr optimistisches Weltbild habe und die sehr optimistische Aufklärungsphilosophie, daß man dem Menschen nur die Möglichkeit geben muß, sich des Verstandes zu bedienen; das alles ist, auch gerade wenn man Geschichte studiert und als Prozess begreift, einfach zu optimistsch. Auf der anderen Seite sehe ich doch die Möglichkeit, etwas zu veränderen. Daß man eben versucht nicht zu resignieren, und trotz aller Rückschläge weitermacht, das halte ich für ganz wesentlich. Wenn ich meine Schwächen darstellen soll, fällt mir als Problem die Selbstdisziplin und Beherrschtheit ein. Ich bin schon immer ein sehr impulsiver Mensch gewesen, der durchaus dazu neigt, mal in einem Temperamentsausbruch jemanden vor den Kopf zu stoßen. Das mache ich mir hinterher aber auch klar und versuche das zu klären. Ob mir das immer gelingt, weiß ich nicht. Ich stelle aber fest, daß, z.B. bei neuen Klassen, diese Impulsivität mit der Zeit erfahren wird. Das ist sicher im pädagogischen Bereich eine Schwäche, denn man sollte sich durchaus immer in der Hand haben, aber auf der anderen Seite führt eine ständige Kontrolliertheit auch zu einer Distanziertheit, und das bringt doch, so glaube ich, die für Schüler ganz nützliche Erfahrung mit sich, daß er eben keinen Apparat vor sich hat, sondern einen Lehrer mit manchmal sehr dünnen Nerven. Bei der Frage nach den eigenen Stärken würde ich sagen, daß man das zu beurteilen lieber anderen überläßt. Meine eigenen Stärken - das lassen wir mal offen.
Guido
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Abi89/2000 - aktualisiert am 2003-05-30 von Axel