Der Weg aus der Arbeitslosigkeit
Sachverstand2 @ Geocities.com,
08.04.1998
Index
0. Einleitung
1. Der Weg in die Arbeitslosigkeit
2. Der Weg in der Arbeitslosigkeit
3. Der Weg aus der Arbeitslosigkeit
3.0 Was das kostet?
3.1 Schriftliche Bewerbung
3.1.1 Anschreiben
3.1.2 Lebenslauf
3.1.3 Zeugnisse
3.1.4 Drumherum
3.2 Telefonische Bewerbung
3.3 Das Vorstellungsgespräch
4. Motivation
0. Einleitung
Deutschland hat 7 Millionen Arbeitslose (offen + verdeckt) - und die Regierung guckt
seit Jahrzehnten tatenlos zu.
7 Millionen Leute, die nicht in die Sozialversicherung einzahlen - und die Pläne, die
Sozialversicherung einzustampfen, werden jeden Tag konkreter.
7 Millionen Leute, die nicht am BIP mitarbeiten können - mit allen häßlichen Folgen:
- Rentner, die am Lebensabend von einem Apfel und einem Ei leben dürfen;
- Umverteilung des Volksvermögens von unten nach oben;
- Millionen Menschen, die sich eigene Kinder nicht mehr leisten können;
- nutzlose Förderung von Euro-Währung, Euro-Fighter, Gentechnik und Expo2000.
Nun, Sie haben diese Regierung auch gewählt. Sie sind Täter. Übrigens: Sie sind
(von Ihnen aus gesehen) der wichtigste Täter.
Unsere Verfassung garantiert, daß Sie innerhalb der FDGO tun und lassen können, was Sie
wollen. Sie werden lernen, dieses Recht als Pflicht zu begreifen:
- für sich,
- für Ihre Lieben,
- und für unsere Republik!
1. Der Weg in die Arbeitslosigkeit
Wir haben in Deutschland einen ArbeitsMARKT.
Markt bedeutet, daß die Kunden (in diesem Fall: die Arbeitgeber) sich aussuchen, für welche
Leistungen sie ihr Geld ausgeben. Sofern Sie diese Wünsche nicht erfüllen können - oder falls
sie jemand anders besser erfüllen kann -, ist Ihre Leistung nicht gefragt.
- Während Ihrer Schulzeit haben Sie sich nicht für Dreisatz und Rechtschreibung,
sondern für brandneue CDs und hippe Klamotten interessiert?
- Während Ihrer Ausbildung haben Sie sich nicht durch Fleiß und Präzision, sondern
durch Mofatouren und Lifestyle-Exzesse profiliert?
- Während Ihres Studiums sind Sie den Weg des geringsten Widerstandes gegangen, statt
zu üben, Ihre Arbeitskraft zu verkaufen?
- Während Ihrer letzten Tätigkeit haben Sie die Signale von Umstrukturierung und Reorganisierung
übersehen?
- Waren Sie jemals nicht bereit, etwas dazuzulernen?
Mich interessiert das Schema nicht, nach dem Sie ausgesiebt wurden. Sie sind nicht Opfer des
Schemas, sondern Täter: Sie paßten auf die Kriterien des Schemas.
Mich interessiert nicht, warum Ihr Chef Sie haßte. Sie sind nicht Opfer des Chefs, sondern Täter:
Sie haben nach dem Eindruck des Chefs zu oft die falschen Prioritäten gesetzt.
Mich interessiert nicht, wer an Ihrer Misere die Schuld trägt. Wenn Sie von 2 Cassettenrecordern
einen nicht kaufen - und sei es, weil Ihnen die Farbe nicht gefällt -, dann ist es die Schuld des
stehengelassenen Cassettenrecorders, daß er weiterhin den Laden hütet. Sie hatten die
falschen Eigenschaften - Ende der Debatte.
Es sind immer Sie. Sie tun und lassen, was Sie wollen. Sie werden
für Ihre Taten und Unterlassungen zur Rechenschaft gezogen. Genau so, wie Sie das von
jedem anderen auch erwarten.
Es sind immer Sie.
2. Der Weg in der Arbeitslosigkeit
Sie waren beschäftigt oder in Ausbildung. Das ist jetzt vorbei.
Machen Sie nicht den Fehler, den viele andere machen: Blicken Sie nicht zurück. An der
Vergangenheit können Sie nichts mehr drehen.
Gegenwärtig sind Sie aufgrund eines Fehlers, den Sie zu verantworten haben, aus dem Arbeitsmarkt
herausgefallen.
Sie wollen da wieder hinein: Blicken Sie nach vorne, in die Zukunft.
Akzeptieren Sie Ihre Täterrolle.
Sie waren Täter, Sie sind Täter, Sie werden Täter sein. Unsere Urgroßväter haben sich
gegenseitig die Köpfe eingeschlagen, um unsere heutige Handlungsfreiheit zu verwirklichen.
Diese Chance darf man nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Ich wünsche Ihnen und uns allen, daß Sie Ihre Täterrolle eines Tages genießen werden.
3. Der Weg aus der Arbeitslosigkeit
WIE Sie tätig werden können, darüber gibt es massenhaft Bücher zu kaufen; es sind auch gute
darunter.
Fakt ist, daß Sie einen Arbeitgeber überzeugen müssen,
- daß Sie die anfallenden Arbeiten erledigen können und
- daß Sie keine Fehler haben, die ihn jemand anders bevorzugen lassen.
Er muß Sie kaufen wollen. Machen Sie ihn heiß auf Sie.
- Werden Sie heute tätig.
- Jeder Tag später treibt Sie weiter von Ihrem Ziel weg.
- Sie müssen sich vorbereiten.
-
- Termin bei Frisör und Fotograf (in dieser Reihenfolge).
- Umschläge, Papier, Mäppchen und ein uralter 386er mit funktionierendem Diskettenlaufwerk.
Niemand verlangt die Anschaffung eines teuren Druckers. Viele Kopierläden
halten gute Drucker für Sie bereit - da müssen Sie schon sehr viel drucken, bevor sich ein
teures Exemplar rentiert.
- Finden, Sortieren und Kopieren Ihrer Zeugnisse.
- Suche nach den besten Quellen für die besten Zeitungen.
- Damit ist die erste Woche herum.
- Am Wochenende: Lesen, auswählen, schreiben. Wo waren Ihre Vorbereitungen löcherig?
- Samstag und Sonntag.
- Sie ärgern sich mit den Unzulänglichkeiten Ihres Textprozessors herum. Sie installieren
3mal neu, und dann stirbt die Festplatte. Zum Glück haben Sie Backup-Disketten.
- Montag morgen.
- Sie sind fix und fertig. Eine Woche Hektik, und das Ergebnis halten Sie nun in der Hand
und bringen es zur Hauptpost.
- Nächste Woche
- werden Sie 2 Bewerbungen machen, in der 3. drei, und ab der 5. fünf.
3.0 Was das kostet?
Ab der 5. Woche:
50 Kopien | 5,00 |
5 Mäppchen | 17,50 |
5 Umschläge | 5,00 |
Porto | 15,00 |
5 Zeitungen | 10,00 |
Zwischensumme | 52,50 |
Sonstiges (20%) | 10,50 |
Endsumme | 63,00 pro Woche |
| |
3.1 Schriftliche Bewerbung
Die schriftliche Bewerbung enthält ein Anschreiben, einen Lebenslauf und Ihre Zeugnisse.
Auf dem engen Arbeitsmarkt von heute muß auch das Drumherum stimmen. Darum machen
Sie Anschreiben und Lebenslauf selber; Sie kleben Ihr Foto selber ein, und Sie packen das
Ganze in die Mappe, die Ihnen gefällt.
- Verwenden Sie Bankpost-Papier.
- Nehmen Sie einen Klemmhefter.
- Gehen Sie zu einem guten Fotografen.
Der kostet zwar DM 200, das haben Sie mit dem ersten Monatsgehalt schon wieder herein.
- Verwenden Sie kräftige DIN-A-4-Umschläge, die sich zuverlässig schließen lassen.
- Machen Sie das Ganze so, daß es wertvoll aussieht, und daß Anfassen Spaß macht.
3.1.1 Anschreiben
Das Anschreiben ist nicht eine trockene Aufzählung Ihrer Stärken und Schwächen, sondern
Ihr Verkaufsprospekt.
Sie verkaufen übrigens nicht Ihre Arbeitskraft, sondern Sie sind ein aufgeschlossener,
munterer, konstruktiver, loyaler Mensch, mit dem es eine Freude ist zu arbeiten.
Deshalb schreiben Sie auch einen fröhlichen Aufsatz mit folgenden Unterpunkten:
- warum diese Stelle zu Ihnen paßt;
- wann, bei wem und mit wieviel Spaß Sie die Sachen, die im Anzeigentext verlangt werden,
schonmal gemacht haben;
-
Hier sagen Sie, was gesagt werden muß, und nicht mehr:
- als was Sie sich bewerben;
- wie Sie auf das Unternehmen aufmerksam geworden sind;
- in welchen Punkten Sie das Anforderungsprofil ganz oder teilweise erfüllen;
- was Sie noch zu bieten haben, das Ihrer Meinung nach auch sehr nützlich für das
Unternehmen ist;
- wenn Sie eine Muß-Voraussetzung nicht erfüllen: daß, wo und wie Sie bereits erste
Einblicke in die entsprechenden Bereiche gewonnen haben;
- und daß Sie sich über eine Einladung sehr freuen würden.
Und jetzt ein paar Tips (alle gleich wichtig!):
- Sie wollen sich verkaufen. Also erzählen Sie das von sich, was der Empfänger lesen will.
- Erzählen Sie nicht von Ihren Fehlern - die muß der Empfänger selbst herausfinden.
- Erzählen Sie nichts, was nicht dazugehört - verschwenden Sie die Zeit des Empfängers nicht.
- Das Anschreiben ist so eine Art Brief an Maria M.: Willst du mich heiraten?
Auch Maria M. müssen Sie erzählen, was sie in Ihren Augen so erstrebenswert macht.
Erzählen Sie ihr aber nix über ihre kurzen Beine.
- Falls nicht ersichtlich ist, daß Ihre einst ausgeübte Tätigkeit BB in etwa der Anforderung B
entspricht, müssen Sie das vorkauen. Rätselraten ist out.
- Erzeugen Sie eine positive Haltung beim Empfänger, indem Sie selber positiv wirken.
Ein positiver Satz wäre: B kann ich, das habe ich schon mal gemacht.
Noch positiver: B kann ich, das habe ich schon immer gerne gemacht.
Geht noch: B werde ich schnell lernen, das hat mich schon immer interessiert.
- Lassen Sie niemals durchblicken, daß Sie sich einer Teilaufgabe nicht gewachsen fühlen.
Besser: Halten Sie den Mund.
Noch besser: Sie haben bereits etwas eng Verwandtes gemacht.
- Äußern Sie keine Zweifel an sich. Treten Sie selbstbewußt auf.
- Sehr schön wäre eine Klimax, d.h. eine Steigerung:
Teiltätigkeit A gefällt mir, habe ich schon mal gemacht.
Teiltätigkeit B gefällt mir sehr, mache ich seit Jahren mit wachsendem
Vergnügen.
Teiltätigkeit C finde ich rasend interessant, wollte ich schon immer mit
A und B verbinden.
Insgesamt berauscht mich Ihr Angebot. Wollen Sie mich nicht auch
heiraten?
- Zeigen Sie Gefühle. Aber ausschließlich positive: Spaß, Engagement, Blick nach vorn.
Stellen Sie sich vor, der Personalverantwortliche hat zwei Anschreiben:
In einem weist Bewerber 1 trocken und sachlich nach, daß er der Aufgabe gewachsen ist.
Im anderen zeigt Bewerber 2, daß er so viel Spaß an der Sache hat, daß er richtig Energie
hineinstecken würde. Welches gefällt Ihnen besser?
- Begründen Sie Ihre offiziellen Macken (z.B. Löcher im Lebenslauf) en passant. Machen Sie
deutlich, daß es sich um einmalige Ausrutscher handelte.
- Rechtfertigen Sie sich nicht dabei: Wer sich verteidigt, klagt sich an. (Das ist nicht von mir,
aber bildet die Realität ab.)
- Verkauftstrick 1: Der Empfänger will Sie nicht kaufen. Der Empfänger ist nicht
scharf auf noch einen aufsässigen, teuren Angestellten.
Er ist aber scharf auf den Nutzen, den seine Firma von Ihrer Präsenz hat. Es ist Ihre Aufgabe,
daß er das auch so sieht.
- Sie sehen Ihren eigenen Nutzen nicht? Dann setzen Sie sich hin, und verklickern Sie sich
selbst, daß Sie enorm nutzbringend wären. Sie können anderen nur Sachen verkaufen, die Sie
sich selber auch verkaufen können.
- Verkaufstrick 2: Unter X Cassettenrecordern nehmen Sie den mit der witzigen Zusatzfunktion.
Jeder Mensch hat auch Zusatzfunktionen. Finden Sie Ihre, und werben Sie damit.
- Versetzen Sie sich dabei in den Personalverantwortlichen. Der soll ein gutes Gefühl haben,
wenn er Ihre Sachen zur Hand nimmt, während des Lesens immer glücklicher werden und Sie
gegen Ende unbedingt persönlich kennenlernen wollen.
Mit anderen Worten: Nehmen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen zur Hand, lesen Sie sie wie ein
Personalverantwortlicher und entscheiden Sie dann, ob Sie den Bewerber (nämlich sich selber)
einladen würden.
Muster
Thomas Muster Wolkenkuckucksheim, xx.xx.xxxx
Musterweg 1
xxxxx Wolkenkuckucksheim
Tel.: tagsüber: (0xxxx) xx xx xx x
abends: (0xxx) xx xx xx
Eastern Europe Beauties, Inc.
Frau Maria Maier
Schifferstr. 13
13131 Mannheim
Bewerbung als Bräutigam
Ihre Anzeige vom xx.xx.xxxx in der Musterzeitung
Sehr geehrte Frau Maier,
du hast es noch nicht gemerkt, aber ich liebe Dich. Und deshalb schlage
ich Dir vor, mich zu heiraten, und zwar bald, d.h. in 1 bis 2 Monaten.
{Nun fragts du dich: Warum sollte ich Hans heiraten? Das kostet nur Geld,
nimmt mir einen Gro0teil meiner Freiheit und kettet mich auf Gedeih und
Verderb an den.
Sieh aber einmal genauer hin, was du dafür bekommst:}
Du bekommst einen athletischen, knackigen Körper in den besten Jahren,
der Dich beim Sex verrückt macht, Deine Leidenschaft zum
Briefmarkensammeln teilt, mit Dir in eine große Zukunft starten will und
ansonsten durch Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit glänzt.
Überleg einmal: Wir könnten einen Sack voll Kinder haben, Eigentum
erwerben, und wenn dann eines Tages die private Rente fließt, gucken
wir uns den Rest der Welt an.
{Das sind die Vorteile. Natürlich solltest Du dann nicht mehr mit Jedem
rumficken, und sowohl für eigene Kinder als auch eigenes Eigentum
erwarte ich ein gewisses Verantwortungsbewußtsein. Du weißt, welche
Richtung ich damit meine: Meine. Du weißt auch, daß ich Dir
entgegenkomme, wenn Du mir entgegenkommst, und an gutem Willen,
sich in der Mitte zu treffen, soll's bei mir nicht fehlen.}
Insgesamt überwiegen die Vorteile für Dich. Ruf mich bald an, damit
wir das in Ruhe besprechen können. Über jede Haltung, die keine
krasse Ablehnung ist, würde ich mich sehr freuen.
Dein Thomas
Achtung!
Ins echte Bewerbungsschreiben kommen nur die Absätze, die Ihre Vorzüge aufzeigen,
und die, die aus Ihren Fehlern Vorzüge machen.
Aufzählungen von Nachteilen dagegen, wie sie im obigen Text in {geschweiften Klammern}
stehen, kommen NICHT hinein.
An einem guten Anschreiben kann man 4 bis 6 Stunden arbeiten, dann ist es 99% perfekt.
3.1.2 Lebenslauf
Aus dem Lebenslauf soll ohne Kenntnis des Anschreibens erkennbar sein, daß Sie zu der
angestrebten Position passen.
Nach rechts oben kommt Ihr Foto. Gucken Sie in die Seite hinein; d.h. das Foto zeigt Ihre
linke Gesichtshälfte.
Lebenslauf
Hans Muster
Musterweg 1
xxxxx Wolkenkuckucksheim
Tel.: tagsüber: (0xxxx) xx xx xx x
abends: (0xxx) xx xx xx
Geburt: am xx.xx.xxxx in xxxxxxxx
Religion: keine
Familienstand: verheiratet, zwei Kinder
Schulischer Werdegang
07/56 bis 06/60 Grundschule
07/60 bis 06/66 Aufbauschule (Name) in Hallelujahausen
Abschluß: Erweiterte Realschule (Sek. II)
07/66 bis 06/69 Ausbildung zum Musterer bei Firma Z, Amenberg
Abschluß: Musterergeselle (Note: befriedigend)
Bundeswehr
07/69 bis 12/69 Gruppenführer im Landsturm der GSG 9
25.12.69 Ausscheiden als Generalmajor
Beruflicher Werdegang
Monat/Jahr Firma A als Praktikant
Tätigkeiten: Assistent bei Musterentwurf,
telefonische Kundenbetreuung
(wenn das nicht aus dem Zeugnis hervorgeht oder sehr
wichtig für die angestrebte Position ist!)
Monat/Jahr Firma C als D
Monat/Jahr stellungsuchend; Weiterbildung in Musterbewertung
Monat/Jahr Firma E als Fleischfachverkäufer
seit Monat/Jahr stellungsuchend; Nebentätigkeit im Innenausbau und als
Elektroinstallateur und Gärtner
3.1.3 Zeugnisse
Schicken Sie unbeglaubigte Kopien. Zum Bewerbungsgespräch nehmen Sie dann die Originale
mit.
3.1.4 Drumherum
Personalleute sind heutzutage sehr verwöhnt. Selbst auf eine Schrauberanzeige kommen 100
Bewerbungen. Da muß gesiebt werden:
- Zerknittertes oder Kaffeebeflecktes fliegt raus.
- Unübersichtliches und Unvollständiges fliegt raus.
Nun wird stellenweise gelesen:
- Rechtschreibfehler (besonders im Namen der Firma oder des Ansprechpartners) oder
zu alt: fliegt raus.
- Keine Berufspraxis (nicht mal nebenberuflich) oder dumm aufgefallen (chronische Krankheit,
schwanger, Trinker, Labertasche, Serienbrief) fliegt raus.
Natürlich ist das nicht immer fair! Aber stellen Sie sich mal vor, Sie hätten einen Berg von Arbeit,
den Sie nach nachprüfbaren Kriterien ausdünnen sollen.
So, bis jetzt sind 5 übriggeblieben.
Die kommen auf einen Echtholzschreibtisch, zu einem Herrn mit gepflegten Fingernägeln und
einem analytischen Blick für Aufmüpfigkeit, Unpünktlichkeit, Faulheit, Schluderei, Unruhestifterei,
Drogensucht und sonstige Vergehen.
- Der Herr greift zur ersten Mappe: ein PVC-Schnellhefter, Preisschild DM 0,60 klebt noch
dran, Anschreiben und Lebenslauf auf grauem Öko-Papier, Lichtbild aus dem Automaten,
Zeugniskopien mit Schatten und schief, in Plastikhüllen, damit die Sachbearbeiter sie nicht mit
Kaffee bekleckern.
- Die zweite Mappe: Bessere Qualität, violett, Anschreiben auf rosa Papier mit Azteken-Graffiti am
Rand. Er versucht, den vielen kleinen Text in einer schwungvollen Computerschrift zu entziffern.
- Die dritte Mappe: Gute Qualität, stabiles Papier, akkurat gefaltet, der Bewerber lächelt. Der Herr
findet alles sofort, was er finden will, und findet nichts, was auf die o.g. Nachteile hinweist.
- Vierte Mappe: Schweres Leder mit zwei Klappdeckeln, Kalligrafie auf handgeschöpftem
Büttenpapier, das Lichtbild könnte man als Titelbild für das TimeMagazin nehmen.
Keiner weiß, wen der Herr denn nun nehmen wird. Aber uns dürfte nun klar sein, welche Mappe er
mit welchen Empfindungen in die Hand nimmt.
3.2 Telefonische Bewerbung
Eine Firma, die Mitarbeiter sucht, muß mit Rückfragen rechnen. Insbesondere, wenn sie ihre
Telefonnummer mit in die Anzeige setzt.
Prinzipiell suchen alle Firmen ständig gute Mitarbeiter: die wissen, was sie wollen und
wie sie das zum Nutzen der Firma umsetzen können.
Also spricht nichts dagegen, dort mal anzurufen. In diesem Fall sollten Sie den Namen des
Verantwortlichen kennen und eine Liste mit Fragen vorbereitet haben. Die Fragen sollten alle
in sichtbarem Zusammenhang mit Ihrer ggf. späteren Tätigkeit stehen.
H.M.: | (wählt) |
Sekretär: | Firma Z-Muster, mein Name ist Gabriel von Birkenstöcker-Wellheimer, was kann ich für Sie tun? |
H.M.: | Guten Tag, Herr von Birkenstöcker-Wellheimer, mein Name ist Hans Muster... |
Sekretär: | Guten Tag, Herr Muster. |
H.M.: | ... und ich würde gern mit Ihrem Herrn Müller sprechen. |
Sekretär: | Erwin Müller oder Edwin Müller? |
H.M.: | Das weiß ich nicht, in der Stellenanzeige stand nur ein E. |
Sekretär: | Augenblick, ich verbinde... |
Chef: | Müller! |
H.M.: | Guten Tag, Herr Müller, mein Name ist Hans Muster... |
Chef: | Guten Tag, Herr Muster! |
H.M.: | Sie suchen einen Mustermusterer. Ich wollte mich erkundigen, ob die Stelle schon vergeben ist? |
Chef: | Ja, also, wir haben schon einen Haufen Bewerbungen bekommen... aber vergeben ist sie noch nicht. |
H.M.: | Der Entscheidungsprozeß läuft also noch. Fein, dann bin ich ja noch rechtzeitig. In der Anzeige steht, Sie legen besonderen Wert auf Musterologie? |
Chef: | Ja, auch, natürlich. Haben Sie in dieser Richtung schon gearbeitet? |
H.M.: | Ja, bei meinem derzeitigem Unternehmen habe ich für meinen Chef immer die entsprechenden Präsentationen ausgearbeitet. |
Chef: | Schön, schön. (Pause) |
H.M.: | Wann kann ich denn mal vorbeikommen und Ihnen meine Bewerbungsunterlagen überreichen, Herr Müller? |
Chef: | Hmmm. Heute is' schlecht. Kommen Sie mal nächsten Dienstag um halb vier. |
H.M.: | Dienstag, das ist der 14., nicht wahr? Dann sehen wir uns Dienstag um halb vier. Fein. Bis dann, Herr Müller. |
Chef: | Ja. Auf Wiedersehen, Herr Muster. |
3.3 Das Vorstellungsgespräch
Damit ist das Fachliche zum Großteil erledigt. Im Vorstellungsgespräch wird getestet, ob Sie
tatsächlich der sind, der die Bewerbungsunterlagen geschickt hat, und ob Sie zum
soziokulturellen Klima der Firma passen.
Seien Sie nicht steif, und seien Sie nicht flegelhaft. Seien Sie einfach, offen, freundlich und
natürlich.
Natürlich ist das schwer! Insbesondere wenn Sie sich Sorgen machen, daß Ihre
Gesprächspartner Vorbehalte gegen Sie haben. Man hat aber keine Vorbehalte.
Sonst hätte man Sie nicht eingeladen.
Ihre Gesprächspartner sind Menschen. Menschen sitzen am liebsten in
angenehmer Atmosphäre herum, trinken Kaffee und unterhalten sich. Tragen Sie dazu bei.
Üben Sie vorher! Gehen Sie allein oder mit Partner irgendwo hin, wo Sie keiner kennt,
und sorgen Sie dafür, daß man nachher anerkennend über Sie spricht. Was Sie verifizieren.
4. Motivation
Noch (1998) haben wir ein soziales Netz. Was, glauben Sie, haben wir in 10 Jahren? Dabei ist
es mir völlig egal, welche Partei unsere Republik runterwirtschaftet.
Wofür arbeiten Sie?
- Brauchen Sie ein dickeres Auto, um besser Schnecken angraben zu können?
- Wollen Sie in den nächsten Jahren eine Familie gründen, und brauchen dafür Geld auf
der hohen Kante?
- Beabsichtigen Sie gar, 60 zu werden, und wollen trotzdem noch mit dem eigenen Auto
gelegentlich in Urlaub fahren?
Ja, dann brauchen Sie Geld. (Und einen oder zwei Anti-Waigel-Berater.)
Sie werden nicht heute und auch nicht morgen schon Erfolg haben.
Aber wenn Sie nicht heute anfangen, wenigstens zum Üben, schaffen Sie's nie.
Back to home page
This page hosted by Get your own Free Home Page