Sachverstand2 @ geocities.com:
Ein Nachmittag bei den Modellfliegern
Intro
Sommerferien 2005 in Rodgau. Gewitterambosse türmen sich westwärts.
Ich krame das beste und schönste Mopped der Welt (eine GS400, versteht
sich) hervor und starte gen Woolworth Frankfurt, ein 7cm
langes Bootsmodell der Firma Nikko für 7,99 Euro abzugreifen.
Vorher schaue ich noch kurz beim Modellflugplatz Rödermark vorbei.
Anmerkung: Ich kenne die Namen nicht und habe sie daher frei erfunden.
Rödermark
Ein Hyundai Bus mit einem Modell-Rumpf darin. Horst (ca. 50-60) sitzt in
der Laube.
Horst erfüllt sich gerade einen Traum: ein Modell im Maßstab 1:1. So'n
Quatsch, sage ich, das würde ja Originalgröße bedeuten. Ja, genau.
Er zeigt mir Fotos der französischen Cree. Ca. 2m Rumpflänge, 2-3m
Spannweite, und obendrauf ein ziemlich häßlicher Buckel. Für den
menschlichen Pilot.
Auf einem der Fotos sitzt der Pilot drin. Das Flugzeug wiegt flugbereit
180kg.
Ein Haufen Probleme gelöst, ein Haufen noch am Kochen, sagt er:
- Modelle dürfen nur 25 kg wiegen, sonst sind sie von der
Versicherung nicht mehr gedeckt. Mit seinem ist er, fahrfertig
und aufgetankt, jetzt bei 24,5 kg.
- Er will selber drinsitzen während des Rollens (= Fahren
am Boden von der Motor-Anwerf-Position zur Abhebestelle). Das
Fahrwerk grätscht aber weg unter seinem Gewicht. Jetzt hat er
ein 2mm-Draht zwischen den Rädern gespannt, das ist besser.
- Es kommen zwei 4-PS-Motoren dran.
- Den ganzen Rumpf hat er selber gebaut, aus 3mm-Sperrholz. (Wenns
leichter werden muß, nimmt man halt Balsaholz.) Die Kiele auf
einer Hallig (Brett mit hölzernen Positionsmarkern) selbst hohl
zusammengeklebt. Die weiße Plastikfolie selbst geschnitten, geklebt
und glattgefönt. Die Nase aus Styrofoam (eine Art feinporiges
Styropor) selbst mit warmem Draht ausgeschnitten. Die Seitenwände
selbst mit einer selbstgebastelten Lehre ausgeformt.
- Zuerst die linke Seite, dabei die Lehre an den Rumpf angepaßt.
- Dann die Lehre herumgedreht und die rechte Seite an die Lehre
angepaßt - dann wird's symmetrisch.
- Vorne drin sitzt ein kleiner Servo fürs Vorderrad. Der Servo hat
einen Hebel von 1cm. Das Vorderrad hat einen von 12cm.
Ein Servo ist ein Kasten 2x2x4cm bis 3x4x5 cm. Drei Kabel gehen
rein: Masse, Betriebsspanung, Steuerspannung. Der Servo hat einen
Schwenkwinkel von ca. 80 Grad und folgt proportional dem Ausschlag
an der Fernbedienung.
Das heißt: Hebel auf Anschlag - Servo auf Anschlag. Hebel auf 0,5
- Servo auf Mitte. Hebel auf 0,2 - Servo 0,2 * Schwenkwinkel vom
einen Anschlag entfernt.
Das Ganze klein, schnell, hochgenau und mit Bärenkräften.
(Funktionsweise: im Hebel ist ein Poti, der die Soll-Spannung
abgreift. Diese wandert drahtlos zum Modell. Der Empfänger
(2x4x8cm bis 1x1x4cm) gibt die Sollspannung zum Servo weiter.
Der Servo hat intern auch einen Poti und gleicht die Ist-Spannung
(vom Servo-Poti) mit der Soll-Spannung (vom Empfänger ab.)
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- Ich frage mich, wie er die punktuellen Kräfte der
Flügelbefestigung, der Fahrwerksbefestigung und der Sitzbefestigung
in das extrem zerbrechliche Chassis einbauen will, halte aber meinen
Mund.
- Damit könnt man was für die Jugend tun, meint Horst. Die sollten
lieber aus Sperrholz oder Balsa selber Flugmodelle ausscneiden,
zusammenkleben und fliegen lassen, statt mit nem Handy in der
Hand die Idiotenmeile von Ober-Roden (von der Kirche zum Bahnhof
und zurück) auf und ab zu laufen. Gerade jetzt in den Ferien.
Und immer den Spruch dabei: "Bitte bitte ruf mich an, damit alle
Welt sieht, wie wichtig ich bin!"
Modellflugzeugbau nach Postkarten - da ist alles dabei: Dreisatz,
Motortechnik, Flügel, Anstellwinkel, Ruder, Elektronik, Vergaser,
Sicherheit und Zuverlässigkeit.
Besser als wenn sie nächtelang vorm Rechner sitzen und sich
gegenseitig abknallen, denke ich.
Beim Erklären kommt er ins Stolpern. "Das Wichtigste ist der Faktor
- wenn ich weiß, es sind 16-Zoll-Räder, und auf der Postkarte
sinds 8mm, und 300mm Spannweite - dann sinds in echt halt
300:8*16/(2,54 Zoll pro cm)."
Bisher haben seine Hand-Konstruktionspläne immer geklappt.
- Natürlich sind sie ein eingeschworenes Völkchen, die
Flugmodellbauer. Das ist der Unterschied zwischen einem begeisterten
Was-Auch-Immer - und einem Zuschauer.
Wer hätte gedacht, daß es innerhalb der Gruppe noch Grabenkämpfe
gibt?
"Diese Idioten, die losgehen und sich ein Chassis kaufen und in
1 bis 2 Stunden selber bauen, die machen ja keinen richtigen
Modellbau. Das kann ja jeder. Neinnein, nur wenn man das selber
ausschneidet, selber klebt, selber tariert und sich selber Gedanken
über den Anstellwinkel macht, dann gildet's."
- "Können Sie erklären, wieso ein Flugzeug fliegt?"
"Öhm - äh -" - woher zum Teufel soll ich wissen, was er
hören will?
Warum ein Flugzeug fliegt
Flugzeuge sind schwerer als Luft. Ohne Geschwindigkeit fallen
sie vom Himmel.
Die Gewichtskraft wird aufgehoben durch die Tragkraft, die
an den Tragflächen entsteht. Sie werfen jede Sekunde eine gewisse
Menge Luft nach unten, die Gegenkraft hält sie oben. So wie
der Luftzug, den ein auf der Hand landender Nymphensittich
erzeugt.
In der Schule lernen wir, daß die Luft an der gewölbten
Vorderkante schneller strömt und daher lt. Bernoulli in
Unterdruck verfällt. Drum ist Über dem Flügel weniger Druck
als Unter dem Flügel, ergo wird er nach oben gesaugt.
"Hier! Hier müssen Sie gucken, die Sehne!" - "Sehne?" - "Sehne!
Nicht die Unterseite vom Flügel (an diesem war sie eben) zählt,
sondern die größte Länge. Also von hier hinten (wo der
Flügel messerscharf ausläuft) nach hier vorne (die Mitte der
vorderen Flügelrundung). Und das sind 1,5 Grad. Hab ich selber
ausgerechnet."
Ich überschlage den Tangens - hm, die Unterseite hat 0 Grad zum
Boden - die Mitte der Rundung liegt 2cm höher bei 50cm
Flügellänge - ja, kommt hin.
Also - für normale Modellbauzwecke ist der Bernoulli Quatsch.
Hauptsache, der Flügel ist ein bißchen gegen die anströmende Luft
geneigt. - 1,5 Grad ist nicht viel, das braucht große
Luftgeschwindigkeiten zum Abheben - dazu später mehr.
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- "Und Rückschläge einstecken. Man kann sich noch so viel
Mühe geben - manchmal ist es ein Loch im Boden, manchmal ein
Luftloch, dann setzt er mit dem Flügel zuerst auf, und man kann
nur noch die Brocken einsammeln.
Oder er verreckt in der Luft. Braucht manchmal nur drei Sekunden
bis zum Boden. Da ist dann nicht mehr viel einzusammeln."
Hier fliegt heute nix. Ich sag tschüs und mach mich auf den Weg, zum
Woolworth.
Dietzenbach
Als ich am Industriegebiet vorbeibrettere, fliegt links ein kleines
Motorflugzeug herum. Die beißen nicht, das weiß ich inzwischen, also
biege ich ab.
Hecken. Sie grenzen die Bastel-Zone vom Flugfeld ab. Auf dem Flugfeld
soll man nicht spazierengehen.
Tom 1
Ich stell mich neben den Typen mit Schlabberhut, Sonnenbrille und
Fernbedienung und guck ihm mal über die Schulter. Nennen wir ihn Tom.
Ich: 4 Kanäle?
Tom: Acht, glaube ich. Drei Ruder und ein Vergaser, jeweils vorwärts und
rückwärts.
Ich: Sind für mich vier.
Tom: Ist mir egal. Dies ist mein Jungfernflug mit dieser Maschine. Mein
erster Motorflug. Hatte bisher nur Motorsegler.
Ich verstehe die Warnung und halte den Mund.
Der Flieger fliegt von links nach rechts, Kurve, von rechts nach links,
Kurve, von links nach rechts...
Ich: Sieht gut aus. Kann der auch auf dem Kopf fliegen?
Tom: Das Modell schon. Ich nicht.
Die Fernbedienung piepst. Tom dreht den Flieger gegen den Wind und
versucht zu landen.
Zu hoch. Gas geben und nochmal versuchen. Touchdown! Sanft. Er will
wenden und das Flugzeug zu sich herfahren lassen. Gibt zuviel Gas -
bupp, liegt der Flieger auf der Nase, und der Motor ist aus.
Tom spaziert rüber und zieht ihn zu seinem Tank- und Startplatz. Er hat
zwei Metallbügel in den Rasen gesteckt und stellt den Flieger mit den
Rädern davor.
Tim
Tim kommt mit seinem Segelflieger an. "Biste fertig?" - "Ja. War mein
erster Motorflug." - "War ne klasse Landung!"
Ich schaue einen Moment nicht hin, da hat Tim seinen Segelflieger schon
waagrecht weggeworfen, und mit ordinärem Sirren startet der Segler seine
Schraube. Er steigt, stetig schneller werdend, mit 45 Grad hoch.
4 Sekunden später seh ich ihn nicht mehr.
Ich: "Verdammt! Wo isser?"
Tom: "Da." (Zeigt. Ich seh ihn aber nicht.)
Das Sirren hört auf, vermutlich segelt er jetzt. Ich suche den Himmel
nach einem majestätischen Gleiten ab. Leider steht die Sonne ziemlich
tief.
Ich: Ich seh ihn immer noch nicht.
Tom: Da wo's pfeift.
Es pfeift wie ein unfallbeschädigter Opel mit 120 Sachen auf
Konfrontationskurs. Ah! - jetzt seh ich ihn - wusch - mit ungefähr
80km/h macht der Segler in 10m Höhe einen Bogen und steigt in die
Gegenrichtung, 40m hoch.
Bin ich froh, daß ich nicht im Weg stehe, der würde mich halb
durchschneiden am Bauch oder am Hals, bei der Geschwindigkeit.
Da kommt er schon wieder, pfeift und saust wieder nach oben. Kurz vorm
Wendepunkt zeigt er uns eine Rolle (= Drehung um die Längsachse), wofür
er ca. 1 Sekunde braucht.
Jetz fliegt er ruhiger, zieht so in 10 bis 20m Höhe ein paar Kreise und
gleitet majestätisch. Wie's sein soll (finde ich). Komischerweise sinkt
er dabei nicht sichtbar.
Aber ach, schon ist's vorbei mit der Majestät, und der infame
Propeller zieht den Segler fast senkrecht nach oben, bis fast außer
Sichtweite. Wenigstens weiß ich, was jetzt kommt... jau, da ist das
Pfeifen wieder... und wusch ist er vorbei.
Tom hat währenddem seinen Vogel wieder aufgetankt und wartet jetzt mit
brabbelndem Zweitakter. Der Segler saust noch ein paarmal vorbei und
legt dann eine Bilderbuchlandung hin.
Tom 2
Ich: Hat er jetzt mit dem Propeller gebremst?
Tom: Nee. Das geht nicht.
Ich: Wieso geht das nicht, braucht man doch bloß rückwärts laufen zu
lassen.
Tom: Nicht diesen Propeller.
Jetzt wo der Segler am Boden liegt, kann ich ihn besser sehen. Er hat
gar keine Schraube. Aber dafür zwei dicke Barthaare, die aus seiner Nase
sprießen und seitlich am Flieger liegen...
Ich: Ach so, eine Klappschraube. Genial! Wenn man den Motor anschaltet,
klappt sie wegen der Fliehkraft aus und treibt den Flieger voran. Und
wenn man ihn ausmacht, legt sie sich an den Rumpf und stört nicht beim
Segeln. Genial.
Tim nimmt seinen Segler und trägt ihn zum Tisch. Er macht die vier
Inbusschrauben M4x30 ab, die die Flügel am Rumpf halten, trennt die
Kabel und trennt die Flügel in der Mitte.
Nanu? in jedem Flügel ein Servo?
Mann! Mit Elektromotoren dieser Leistung kann man WasAuchImmer ja
senkrecht steigen lassen!
Tom ist währenddessen schon wieder gestartet und fliegt von links nach
rechts und von rechts nach links... und erzählt ein bißchen.
"Das letzte Mal hab ich das vor zwanzig Jahren gemacht. Jetzt bin ich
nur dabei, weil meine Söhne auch damit angefangen haben. Mittlerweile
haben wir 15 Modelle zu Hause.
Nö, die Servos bauen wir nicht jedesmal um, dazu sind wir zu faul. Jedes
Modell hat seine drei oder vier Servos, seinen Empfänger und sein
Akkupack. Stückpreis etwa 500 Euro, die Zeit nicht gerechnet.
Letzte Woche hatte ich Pech. Da ist wohl so eine Kuhle im Platz,
jedenfalls ist mir der Flieger in die Luft gehopst und kam mit dem
Flügel zuerst runter. War nicht mal einen Meter hoch. Kernschrott. Na,
wenigstens die Servos haben wir noch.
Keine Ahnung, was der trinkt. 350ml Tank, müßte für 15min reichen. Kauf
ich so. (Auf dem 5-l-Kanister steht: Methanol, 15% Öl.)
Das ist ein 10ccm-Zweitakt-Motor. Man hörts nicht sofort, ist ein
guter Schalldämpfer. Man kriegt alles, von 1 bis 150 ccm. Dieser hat
inclusive Schalldämpfer 60 Euro bei ebay gekostet. Tom sagt, das war ein
Schnäppchen, normal kostet der Motor alleine 150 Euro, und ich hab den
guten erwischt, mit Kugellager.
Dieses Modell hier fliegt sich anders als die Dickie-Dinger. Ich bewege
hier fast nichts (das sind ca. 2mm Weg am Ende des Fernsteuerhebels),
und schon geht er in die Kurve.
Das Modell ist ausgelegt für 7,5 bis 10ccm. Steht auf der Packung. Ich
hab jetzt den große Motor dran, aber ist trau mich noch nicht mit
Vollgas. Das hier ist ungefähr Halbgas.
(Wäääääh, mit 30 Grad steigt das Modell in den Himmel.)
Wenn man ein Resonatorrohr dran macht, kommt da richtig Leistung raus.
Viertakter gibts auch. Ja, beim Basteln nicht niesen, sonst suchste die
Ventile ewig. Einzylinder, Reihenvierer, Boxer, Achter-Stern... klingt
gut, und die lassen wir auch meist nur mit 6000 rpm laufen. Ja, das
klingt vom Drehzahlniveau ungefähr wie's Original.
Ja, theoretisch kann das Modell auch auf dem Kopf fliegen. Hat einen
Pendelrüssel im Tank. Aber ich kanns nicht - jedenfalls nicht am Modell
- am Flugsimulator gehts.
Ja, kein Problem, hier unten an der Fernbedienung ist ein Stecker, da
kommt ein Kabel rein, das andere Ende in die USB-Buchse am Rechner, und
dann kann man da ein Flugzeugmodell mit der eigenen
Fernbedienung fliegen. Es gibt Freeware-Flugsimulatoren im Internet,
aber wenn man was richtiges will, muß man schon ein paar Mark hinlegen.
Zum Lernen ist das aber nichts, da stöpseln wir lieber zwei
Fernbedienungen zusammen, über die DIN-Buchse da, dann ist der eine
Lehrer und zieht das Flugzeug erstmal auf eine gewisse Höhe, und dann
kann der Schüler mal probieren. Mit Geradeausfliegen fangen wir an, ist
schon schwer genug.
Und wenn er dann abschmiert, übernimmt halt der Lehrer, fängt ihn und
zieht ihn wieder hoch oder landet. Neulich stand ich mit meinen Söhnen
hier, verkabelt, da kam einer vorbei und sagte: Ah, Papa lehrt dem Sohn
was, nee, sag ich, ich lern Loopings von meinem Sohn hier.
Ja, da sind viele Schalter an dieser Fernbedienung. Ich hab
aber nur zwei belegt: dieser hier für MotorAus, und dieser hier für
Landeklappen.
Die Reichweite? Ist weiter, als ich gucken kann.
Ja, der braucht nicht viele Kühlrippen, sonst kommt er nicht auf
Betriebstemperatur. Bei den Modellauto-Dingern ist das was anderes, die
sind ja ringsherum zu.
Nein, es sind tatsächlich keine Landeklappen an dieser Maschine. Ich
nehm die Querruder dafür. Ich stell sie beide etwas hoch - das gibt mehr
Auftrieb, und gleichzeitig hebt der Flieger die Nase hoch - und stell
gleichzeitig das Höhenruder auf Runter, dann nimmt er die Nase wieder
runter. Hab ich so programmiert. Ich kann insgesamt 12 verschiedene
Modelle in dieser Fernbedienung mit 5-zeiliger Dot-Matrix-LCD-Anzeige
programmieren.
Ja, wir haben Öffnungszeiten: Mo-Fr, 09-12 und 14-20 Uhr. Am Wochenende
bis 18 Uhr."
Joe
Joe und Jim kamen und packten ihre Helikopter aus, d.h. sie holten sie
aus dem Kofferraum und stellten sie auf die Tische.
Dann bereitete Joe seinen zum Fliegen vor: Er klappte die Rotoren aus,
schaltete die Elektronik an und überprüfte die Servos auf Funktion.
Dann trug er ihn aufs Flugfeld, schaltete den Motor ein und gab dem
Rotor einen Schubs. Mit metallischem Sirren fingen die Rotoren an zu
laufen, bis nur noch ein 1,5m großer Kreis über dem 90cm langen Modell
zu sehen war.
Ich konnte noch sehen, daß der große Rotor (mit der senkrechten Achse)
über zwei Drähte gesteuert wird, die unterhalb des Rotors einen
Kreisring bewegen, und der hindere durch einen einzelnen Draht, der den
Anstellwinkel der hinteren Rotorblätter bestimmt. Der hintere Rotor
wurde beim einen Helikopter durch einen langen Zahnriemen, beim anderen
durch eine Welle direkt vom großen Rotor aus angetrieben.
Ich staunte, was man heutzutage an Leistung aus Akkus holen kann. Auch
wenn sie ringsherum passive Kühlelemente tragen.
Dann blieb mir der Mund offen stehen, denn Joe begann zu fliegen.
Erstmal hopste der Heli 1m in die Luft und stand dort wie angenagelt.
Einen nennenswerten Drehzahlabfall bemerkte ich nicht. Dann schwenkte er
den Heli um je 60 Grad nach links - und ließ ihn in der Luft stehen -
und um 120 Grad nach rechts - und ließ ihn in der Luft stehen.
Dann flog er ihn ruckelig und in konstanter Höhe aufs Flugfeld, riß ihn
10m in die Höhe und wieder runter. Mit dem Schwung aus dem Sturz drehte
er sofort einen Looping von 20m Durchmesser und ließ den Heli
anschließend wieder 2m über der Erde stehen.
Und setzte ihn wieder ab. Es dauerte zwei Minuten, bis der Rotor stand.
Der Flug kam mir vor wie 90 Sekunden.
Tom 3
Tom guckte nach dem Wind, ich guckte mit. Wir waren gerade im
Wolkenschatten, 200m weiter war Sonnenschein.
"Ich hoffe", sagte ich, "wenn wir auch in der Sonne sind, flaut der Wind
ab, daß das nochmal geht."
"Hoffentlich", sagte Tom, "viel Wind ist auch viel ruckeliger Wind."
2 Minuten später tankte er mit einer handbetriebenen Benzinpumpe seinen
Flieger wieder auf. Der Tank ist druckdicht. Eine Leitung geht zum
Vergaser, die andere zum Auspuff. Der Auspuffdruck drückt das Benzin aus
dem Tank.
Der Vergaser ist wenig mehr als ein Röhrchen mit servobetätigter
Drosselklappe und regelbarer Düse, ungefähr so groß wie das oberste
Glied vom kleinen Finger.
Tom zog die Kabel ab und schloß eins an die Punpe an.
Kurbelkurbelkurbel. "Und woran erkennst du, daß der Tank voll ist?" -
Supp. - "Daran, daß er überläuft."
Starten. Der Flieger stand, Schraube zu Tom, vor seinen Metallbügeln.
Tom schloß die Glühkerze an einen mitgebrachten 9-V-Akku an.
Eine Glühkerze ist ein hohler Zylinder mit Außengewinde, in dem ein
dünner Draht aufgewendelt ist.
Der Draht wird warm, wenn man Strom hindurchschickt. Im Betrieb, wenn
der Motor läuft, bleibt er von alleine warm.
Einen gescheiten Zündzeitpunkt bringt man damit nicht hin, aber es
reicht zB für 700Watt bei 18000rpm aus 3,5ccm.
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Dann nahm er ein altes Stück steifen Gartenschlauch und drehte den
Propeller. Nach fünfmal werfen war der Motor an.
Er hielt die Hand davor. "Aha", sagte ich, "um zu sehen, ob er
richtigherum läuft." - "Ja", sagte Tom, "in 50 Prozent der Fälle springt
er falschherum an."
Wenn die Metallbügel nicht gewesen wären, wäre die Maschine auf Tom
zugefahren und hätte ihm die Eier zerfetzt. - So aber nahm er sie am
Schwanz, zog sie zum Flugfeld und rollte zur Startposition.
Mit dem Schwung vom Rollen gab er etwas mehr Gas. Das Flugzeug legte zu.
Vollgas durfte er nicht geben, sonst wäre es aufs Gesicht gefallen.
Es wurde langsam schneller. Gegen Ende des Platzes hörten die
Vorderräder auf zu arbeiten - bißchen mehr Gas - und da hob er ab. Ging
gar nicht erst in die Waagrechte, sondern surrte in 30 Grad in Schleifen
hoch.
Und dann flogs wieder von rechts nach links ... und zurück ... und
wieder hin...
Ich fuhr nicht zum Woolworth. Ich fuhr zum Modellbauladen in Urberach.
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