Mein GS 400 Tagebuch

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started on 02.11.1997 - updated on 25.12.1998 and 31.07.2007

Es muß im Jahre des Herrn 1991 gewesen sein, da kaufte sich meine damalige Freundin ihr erstes Motorrad: eine GS 400. Ich fuhr mit zu dem Kauf, denn ich hatte ja schon an der Kreidler immer geschraubt.

Wir stellten dann fest, daß sie mit den 1900 DM teuer bezahlt war, und wechselten Kette (DM200), Auspuff (DM 500) und Reifen (DM 300) aus. Dann machte ich meinen Motorradführerschein und kaufte mir zunächst eine Sport-Awo mit Motorschaden und ohne TÜV und 2 Monate später eine CB 250 RS, auf 17 PS erdrosselt.

Bei der Honda war der Anlasser kaputt und die Batterie immer leer. Später fand ich den Masseschluß in der Lichtmaschine. Außerdem ging sie im Leerlauf immer aus, vermutlich Falschluft.

Mit der Honda rollerte ich der GS 400 nach Stettin und in die südliche Türkei hinterher. Die Suzi jammerte nicht über überzogene Ölintervalle und hielt sich auch ansonsten äußerst tapfer. (Am Reisebericht schreibe ich noch.)

Nun wußte ich, daß ich auch ein Motorrad haben wollte, das nie mit Leistung geizte und einfach nicht kaputtzukriegen war. Zwar war das Lenkkopflager der anderen GS ein bißchen ausgeschlagen, so dass der Lenker in Geradeausstellung einrastete, wenn man ihn spielfrei einstellte, und die Sitzbank unbequem, und die Unterbrecherzündung verlangte gelegentlich Aufmerksamkeit, aber das war's dann auch.

Im März 1992 kaufte ich meine GS400. Von einem Autoschrauber. Er hatte sie gerade durch den TÜV gebracht und sich mit seiner Freundin anschließend auf der BAB langgelegt. Beide hatten noch alle Gliedmaßen, auch der Rahmen schien nicht krumm zu sein. Der Tacho zeigte 1200 km, wieviel sie wirklich runter hatte, wollte der Verkäufer nicht sagen.

Im nächsten halben Jahr hatte ich drei Unfälle damit.

Einmal fuhr ich hinten auf einen Panda, von dem ich dachte, er sei nun endlich auf die Vorfahrtstraße eingebogen. Mein Finger war geplatzt und wurde genäht, der Schalthebel der Suzi wurde in die richtige, nach vorne zeigende Stelung zurückgebogen.

Einmal hinten auf einen schwarzen Honda, der die Frechheit hatte, am Ende einer Schlange im Schatten eines Hauses zu stehen. Wenn ich keine Koffer drangehabt hätte, hätte mir die Brücke des Gepäckträgers den Kopf abgetrennt. Ich muß wohl das Vorderrad überbremst haben, darum ist das Mopped hinter mir hergerutscht statt vorneweg. Schalthebel richten und Schock auskurieren.

Beim dritten fuhr mich eine entgegenkommende Linksabbiegerin mit Pappis Golf platt. Die Suzi hatte fast nix, ich hatte eine Plexusläsion und trug den linken Arm 1/2 Jahr lang in der Schlinge. Vor Gericht bekam ich die Schuld, und die Versicherung schmiß mich raus.

Bei der neuen Versicherung bin ich seit 5 Jahren unfallfrei.

Im Juni 92 war die Kurbelwelle breit, ich hatte nicht genug auf die Zündung geachtet. Es kam eine Kurbelwelle von einem anderen Mopped rein (DM 260).

Im November kaufte ich einen gebrauchten Schalthebel und eine M8-Inbusschraube aus 12.9er Material. Seitdem wackelt der Schalthebel nicht mehr.

Ab März 93 bastele ich an den Vergasern herum. Seit ich sie habe, verfeuert sie mehr als 6 Liter auf 100 km. Alle anderen GS400s, die ich kenne, brauchen stets unter 5.

Ich habe gelernt, die Unterbrecher leicht geschmiert und das Ventilspiel wirklich gut im Auge zu behalten. Bei den Vergasern müssen Schwimmerstand und Nadelkerbe stimmen, alle Düsen frei sein, und Falschluft ist verboten. Die Membranen sind anscheinend immun gegen Löcher größer 2mm.

Ich hatte außerdem einen Ölverbrauch von mehr als 2 l / 100 km. Gelegentlich hatte ich Schwierigkeiten, soviel Altöl zu besorgen, wie die Kleine wegfraß. Mittlerweile habe ich den Ölfilter rausgenommen (das ist ihr egal) und bekämpfe Schaltschwierigkeiten mit dem Überholen der Kupplung, dem Strammhalten der Kette und Nachfüllen von Öl, 3 Liter scheinen ausgezeichnet.

Ich erkannte, daß die drei männlichen Vorbesitzer meiner Karre die Ansaugschlünde mit Silikon gedichtet hatten (leider nur an der Mopped-Außenseite, innen kamen sie wohl nicht dran) und die Ohren des Vergaserstutzens durch zu viel Gewalt beim Festziehen verbogen hatten. Ergo lagen die Ohren am Zylinderkopf an, die Rohröffnung jedoch nicht. Deshalb gab es auch keinen gescheiten Leerlauf.

Im Juni 94 hatte ich die nächste Kurbelwelle breit, beide Pleuelfußlager waren hinüber. Sie hatte auf der Fahrt nach Freiburg mehr Öl verbraucht als ich nachgeschüttet hatte. Diesmal kam ein Motor aus einem Schlachtbock (DM 50, in Worten: fünfzig) hinein.

Im August stellte ich fest, daß sie die Federn vom Vorzündrotor verspeist hatte. Ach deshalb dieser beschissene Leerlauf und Beschleunigungsklingeln.

[Nachtrag 2007: So etwas passiert, wenn man die Schrauben, die die Unterbrecher festhalten, durch ZU LANGE Inbusschrauben ersetzt. - Die Federn müssen spielfrei sein und den Nocken wieder auf Null ziehen können. ]

Der TÜV 93 ging ohne Probleme, ich hatte sie nicht einmal gewaschen.

Das Auslaufen von Öl an Vordergabel und Federbeinen habe ich mit Stoffstreifen in den Griff bekommen. Inzwischen kann ich sogar Zylinderkopfverzug messen. Überschleifen lassen habe ich ihn aber nicht.

Für die Minimierung des Ölaustritts am Schalthebel habe ich mir eine synchronisierende Schaltweise mit minimalen Kräften angewöhnt. Das lag zum Teil auch an der Plexusläsion, denn ich konnte die Kupplung nicht ziehen, nur langsam loslassen.

Ich habe eine unbekannte Anzahl von Drehzahlwellen und Kupplungszügen verbraucht. Da sie über den gesamten Drehzahlbereich ausgezeichnet zieht, fahre ich nach Gehör, das ist sowieso besser. Für den Kupplungszug habe ich inzwischen eine Billig-Lösung, die länger hält als das Originalteil, entwickelt.

Mein Auspuff war durch das viele Öl nicht besonders korrosionsanfällig, aber das Querrohr unter dem Motor war verbogen. Irgendwann habe ich die Stutzen zugeschweißt, das kostet zwar ein bißchen PS, aber schneller als 120 war sie eh nie.

Korrosion führte nach und nach zum Ausfall der verschiedensten Teile: Anlasserrelais, Blinkerrelais, Lampenschalter, Bremsschalter. Zum Glück kann man bei der Kleinen diese Sachen aufschrauben, und große Mengen Fett erzeugen Leichtgängigkeit und verhindern Korrosion!

Sie vertilgt 1 Rücklicht auf 15.000 km. Das ist nicht besonders viel. Aber es nervt, daß sie das besonders gerne nachts auf Autobahnen oder Fernstraßen macht.

Im Oktober 93 bekam sie neue Unterbrecher, weil ich dachte, vielleicht fährt sie dann etwas schneller. Heute weiß ich: Bei dem Schwimmerstand war das Gemisch einfach zu fett, das der Motor bei Vollgas bekam.

[Nachtrag 2007: Motorrad-Motoren laufen Nie Zu Fett. Näheres s. unten. ]

Im Dezember 93 stellte ich fest, daß alle anderen GS400s Zahlen auf dem Ganganzeiger hatten, nur meiner hatte langweilige Leuchtdioden. Ich schraubte das halbe Cockpit ab und erkannte dabei, daß es zum Großteil aus sprödem Plastik bestand. Bei der Ganganzeige selbst handelte es sich um einen Eigenbau aus 6 Leuchtdioden. Das orange Kabel, das sie mit Strom versorgen sollte, begann irgendwo in den Tiefen des Kabelbaums. Von einer GT hatte ich aber noch oranges Kabel übrig und schloß das an eine zuverlässige Stelle an.

Inzwischen hatte ich die meisten Schrauben durch Inbusschrauben ersetzt und eine eigene, zuverlässige Methode der Zündzeitpunkteinstellung entwickelt. Leistung hatte sie trotzdem keine.

Irgendwann kam eine Freundin, die auf meiner Karre partout nicht fahren konnte. Sie beschrieb den Fehler immerhin so exakt, daß ich ihn lokalisieren konnte. Ein Vorbesitzer hatte mal die Kette zu stramm gespannt, so daß das linke Schwingenlager Matsch war und eigentlich nur noch guter Wille die Schwinge im Rahmen hielt. Am Schrottkrad war noch eine andere Schwinge.

Auf der Suche nach den Ursachen des Ölverbrauchs stieß ich auf das Gerücht schwacher Ölabstreif-Kolbenringe. Ich sah mir meine mal an - machte sie mit Kriechöl wieder gängig - baute sie ab und kratzte das ganze verkokte Zeug ab - baute sie liebevoll wieder ein - und bin jetzt bei 1 l / 1000 km.

Bezüglich Ventilspiel wollte ich lange Zeit nicht wahrhaben, daß es nicht reicht, wenn man die Tassenstößel mit dem Finger drehen kann. Heutzutage führe ich ein Stück Alsterwasser-Dose von 0,1 mm Stärke mit.

Das Ventilspiel regelt sich ja zum Teil selber, indem es die Nockenwellen-Lagerlöcher erweitert und anschließend die Halteschrauben samt Gewinde aus dem Zylinderkopf herausoperiert. Aber das ist nicht der Hit.

Weil der Anschlag und die Lager des Mittelständers ungleichmäßig verschlissen, hatte ich Gelegenheit zu lernen, daß man Mittelständer nicht schweißen kann. Aber am Schlachtbock war noch einer.

[Nachtrag 2007: Doch, man kann. Wenn man Karrossie-Schweißer ist. Kost'n Zehner. ]

Eines Tages wollte ich wissen, wieso meine beiden Bremsbeläge so ungleichmäßig verschlissen. [2007 : Natürlich war der Sattel auf den Führungsschrauben festgerostet.] Korrosion und Bremshebelverschleiß, einmal behoben, machten das Entlüften der Bremse anschließemd zum Vergnügen.

Irgendwann fiel die rechte Fußraste ganz ab, und ich durfte mal wieder Phantasie entwickeln.

Stummellenker sind ja ganz witzig (sieh an, jetzt konnte sie auch 140), aber man sieht nix von der Landschaft, durch die man braust. Meine hat einen der letzten originalen Lenker, daß er gerichtet ist, sieht man ja nicht.

Im Juni 95 versagte ein Teil der Kupplungsausrückung. Weil ich die Druckstange abgeflext und umgedreht hatte, damit der Dichtring auch mal auf einen unverschlissenen Teil derselben guckte, hatte ich da eine Kleinigkeit ändern müssen... nun änderte ich noch eine Kleinigkeit.

Im August ersetzte ich die Vergasermembranen durch Plastiktüten. Sie fuhr daraufhin weder besser noch schlechter.

Ein wildgewordener Audifahrer zog mir aus einer Parklücke vor die Kiste, und ich landete auf seiner Motorhaube. Immerhin bekam diesmal er Schuld. Die Gabel mußte ich ersetzen, der Rahmen wurde mit Hilfe einer Winde und eines Hauses gerichtet.

Zum Mittelmeer trug sie mich ohne Probleme, wenn man von einem vertrödelten Ölnachfüllintervall und einem Kurzschluß im Bremslichtschalter absieht.

Zum TÜV 95 schickte ich eine Frau los, die ohne neue Plakette wiederkam. Schließlich war ja auch ein Sprung im Rücklicht und keine Kugel mehr am (rundgefeilten) Handbremshebel.

Im Februar 96 begann ich zu begreifen, daß Stoßdämpfer ohne Öl nicht funktionieren, und fand heraus, wie man die hinteren bis oben voll bekam und dafür sorgte, daß das nicht auf den nächsten 50 km wieder alles verschwand.

[Nachtrag 2007 : sondern erst nach 100km. Ich habe aber gehört, daß die Hagon-Dinger vom Polo okay sein sollen... ]

Irgendwann merkte ich, daß das Rattern im Leerlauf entstand, weil der Steuerkettenspanner am Ende seines Weges angekommen war, und baute mit wenig Aufwand ein längeres Druckstück.

Eines Tages saß ich mal wieder am Ventilspiel, da fiel mir eine Schraube in den Motor. Ich habe sie auch wieder herausbekommen, aber ich hatte keinen Ersatz für die Zylinderfußdichtung da. Also klebte ich das Ganze mit Motoren-Dichtpaste zu, freute mich über die höhere Kompression und fuhr 1/4 Jahr so herum, bis mir die Preise für Superbenzin zu hoch geworden waren.

Ich habe mittlerweile den 3. Spannungsregler drin und herausgefunden, wie man einen Ersatz für den vorderen Bremslichtschalter baut. Und Mopedketten mit Schlössern montiert. Und die Verbindung vom Bremsflüssigkeitsreservoir zum Primärkolben freipopelt. Und Shims dünner und Ventilschäfte kürzer geschliffen. Und endgültig herausgezogene Gewinde im Zylinderkopf durch das Einsetzen einer Stahlmutter reanimiert.

[Nachtrag 2007:

]

Inzwschen sieht auch der TÜV den Sprung im Rücklicht nicht mehr so eng. 19 Jahre sind schon ein schönes Alter.

Die Plastiktüten sind jetzt aus den Vergasern wieder draußen, und gebrauchte Gummimembranen drin. Damit beschleunigt sie unglaublich gut, vermutlich bis in den roten Bereich (wie gesagt, der Drehzahlmesser geht nicht). Trotzdem lief sie nur 120, bis ich herausfand, daß ein Schwimmerventil sich gelöst hatte.

Am 05.07.1998 hatte ich während einer Tour nach 30 km einen Platten. Reifen-Pilot sorgte für ein sofortiges Weiterkommen. - Ich werde den Dauertest nach 500 km abbrechen.

Ob ich mir wieder eine kaufen würde? Blöde Frage. Da meine GS400 kein Lebewesen ist, kann ich sie nicht lieben (sagt meine Freundin), aber sonst mache ich alles mit ihr.

Ich habe in der Zwischenzeit 4 andere GS400s repariert und durch den TÜV gebracht (die waren alle besser erhalten), und ich sehe den nächsten hocherfreut entgegen.


Nachtrag 08/2007. Noch 10 Monate, dann ist sie 30 Jahre.

Ich bin 20000 km mit einem Kolben mit Sprung gefahren. Ich hab draußen auf dem Acker Motoren gewechselt, Zahnradzähne aus dem Kurbelgehäuse gepopelt, Kolben gewechselt und Zylinderköpfe angebohrt. Ich habe zum zweitenmal den Wechsel von 29999 auf 30000 auf dem Tacho gesehen. Ich habe einen Motor 100000km weit gefahren, und er läufe immer noch.

Ich glaube wirklich nicht, daß ich nochmal wechsele.

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Mein GS 400 Tagebuch

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latex2html -no_navigation -show_section_numbers -split 0 -no_parbox_images gs400.tex

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