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HowTo Maschinenbau

oder Welche Fähigkeiten von einem Dipl.-Ing. erwartet werden

started on 23.06.1998 - updated on 03.10.1998

Index


An Stelle eines Vorworts

"Der Maschine ist es einerlei, ob sie Werkskittel-Arbeit oder Stehkragen-Arbeit tut. Die neue industrielle Revolution wird daher wahrscheinlich in sehr viele Gebiete eindringen und sich jede Arbeit, die in der Ausführung einfacher Entscheidungen besteht, erobern, in ähnlicher Weise, wie die frühere industrielle Revolution auf allen Gebieten die menschliche Kraft verdrängte. [...]
In erster Linie wird wohl die Nachfrage nach demjenigen Typ von Arbeitskräften, der rein repetitive Aufgaben erfüllt, plötzlich und endgültig aufhören... Es ist völlig klar, daß das eine Arbeitslosigkeitslage herbeiführen wird, mit der verglichen die augenblicklichen Rückgänge und sogar die Depression der dreißiger Jahre als harmloser Spaß erscheinen werden."

Norbert Wiener, 1949


Wo geht's denn hin?


Soviel zu lernen...

Zu jedem Listenpunkt im Bereich Wissen gibt es 1-5 MByte Literatur. Sinn und Zweck einerIngenieursausbildung kann es mithin niemals sein, alles über alles zu wissen.
Leider sagt ihm niemand, welches Handwerkszeug wirklich wichtig ist, und welches eher eine Art Professorenhobby darstellt. Das ist für die Prüfung auch nebensächlich - im Berufslebenallerdings ist es entscheidend.

... und so viel Spezielles dabei...

Zu jedem Sondermaschinenkapitel gibt es ausufernde Mengen Literatur. Sinn und Zweck einerIngenieursausbildung kann es aber auch niemals sein, alles über fast nichts zu wissen.
Gerade Spezialwissen veraltet in unserer Zeit rasant.

... und wozu das alles?

Der angehende Ingenieur sollte sich stets klar darüber sein, daß er seine Fähigkeiten einesTages zu Markte tragen muß. Hierbei wird in erster Linie seine Wirtschaftlichkeit, neben anderenaußeruniversitären Kriterien, beurteilt. Nur durch genaue und frühestmögliche Kenntnis und Anwendung dieser Kriterien auf seinen Werdegang kann sich der spätere Ingenieur auf eine berufliche Karriere vorbereiten.

1. Was man an der Uni lernt

1.1 Mathematik

Grundrechenarten, natürliche, ganze, rationale, transzendente, komplexe ZahlenVektoren, Skalar- und Vektorprodukt.
Matrizen und Determinanten. Meßwerte auswertenRechnen

1.2 Mechanik

Kräfte zerlegen, Gewichtskräfte, Schwerpunkt
Reibung
x(t), v(t), a(t) - kinetische und potentielle Energie, Massenträgheitsmoment
Freie gedämpfte Schwingung mit 1 und 2 Körpern
Laminare und turbulente Strömung

1.3 Festigkeitslehre

Spannung und Steifigkeit
Biegemoment und Widerstandsmoment
Knickung

1.4 Thermodynamik

Druck, Temperatur, Dichte; Spez. Volumen, Enthalpie, Entropie, An- und Exergie
Gasgesetze
Umwandlung der Aggregatzustände
Wärmeleitung
Verbrennung
Aus Wärme wird Arbeit
Aus Wärme wird Kälte

1.5 Werkstofftechnik

Werkstoffe: Stahl, NichtEisen, Glas, Kunststoff, Beton, Holz
Werkstoffaufbau
Werkstoffeigenschaften
Belastbarkeit, Versagensmechanismen
Verarbeitung
Prüfung

1.6 Konstruktion

Lastenheft
Von der Aufgabe zum Teil
Fertigungstechnisch günstiges Gestalten
Normung
Schweißen - Löten - Kleben - Klemmen - Nieten - Schrauben
Federn - Achsen und Wellen - Kupplungen und Bremsen - Wälzlager - Gleitlager - Getriebe - Ketten und Riemen - Rohre
Baukastensysteme
Hydraulik und Pneumatik

1.7 Fertigungstechnik

Gießen, Schmieden, Schneiden, Spanen, Fügen, Fabrikbetrieb

1.8 Elektrotechnik

Strom, Spannung, Widerstand, Leistung
Wechselstrom, Kapazität, Induktivität, Blind- und Wirkleistung
Drehstrom, Transformatoren, Umrichter
Elektrische Antriebe
Drehfelder und komplexe Zeigerdiagramme
Verstärker

1.9 Meßtechnik

Sensoren
Statistische Behandlung der Meßwerte

1.10 Regelungstechnik

Regelung vs. Steuerung
Zusammenwirken von Regler und Strecke

1.11 EDV

1.12 Sondermaschinen

Kessel mit Heizschlangen
Kondensator
Feuerung
Kernkraftwerk
Wärmepumpe
Transformator
Heizkraftwerk
Kolbenmaschinen
Kraftfahrzeuge
Strömungsmaschinen
Werkzeugmaschinen
Fördermaschinen

2. Was an der Uni nicht drankommt


2.1 Sich verkaufen

ist der marktgängige Begriff. De facto werden Sie Ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt anbieten, um sie zu vermieten. Dazu lernt man schließlich einen Beruf: um durch die eigene Arbeit soviel Kohle zusammenzukratzen, daß es fürs Leben, fürs teure Hobby, für Wohnung, Auto, Frau und Kinder reicht.
Der Studienanfänger sieht sich mit solchen Planungen möglicherweise überfordert: was weiß er denn schon darüber, welchen Lebensstandard er in 5 Jahren führen wird. Ich möchte hier auch nicht mit demZeigefinger wedeln, sondern nur sagen:

Es ist vernünftig, sich diese Chancen nicht zu verbauen.

Sehen Sie, wenn Sie in fünf Jahren aus der Uni kommen, werden Sie in eine merkwürdige Welt geraten: wo Schlipsträger über die Rentabilität der ihnen anvertrauten Produktionsfaktoren wachen. Und dann passen Sie als Rädchen ins Getriebe wie ein Schlüssel ins Schloß - oder eben nicht.

Sich verkaufen bedeutet, sich hinstellen und sich ausschreien: Ich bin dies, ich kann das, ich hab dasunddas schonmal daundda gemacht. In seriösem Ton.
Ausschließlich die Vorteile - und zwar diejeingen Vorteile, die Ihr Kunde (Ihr Arbeitgeber) hören will. Darauf zu achten, daß er mit Ihnen nicht ins Verderben rennt, das ist seine Aufgabe.
Und deshalb fangen Sie relativ klein an, um am Ende der Leiter, entsprechend Ihren Fähigkeiten, maximal groß rauszukommen.
Jeder Beruf - auch der des Ingenieurs - ist wirtschaftlich gesehen eine Chance zum Broterwerb. Falls Sie das Ganze nur als Hobby sehen, lassen Sie's besser sein, und machen Sie Ihren Studienplatz frei für jemand, der das Studium mit Ernst und Spaß und Lust angeht.


2.2 Selbst-Motivation

Auf ein Ziel hinarbeiten können Sie nur, wenn Sie ungefähr wissen, wo Sie ungefähr hinwollen.
Als besonders schlau gelten diejenigen Leute, deren Ziele von anderen honoriert werden. Ziele und Leistungen müssen natürlich dementsprechend sein.
Es ist zwar schön, wenn Sie wissen, wo Sie NICHT hinwollen, aber es reicht nicht.
Selbst bei perfekter Planung (mit einem unverantwortlichen Overhead) können niemals alle Ihre Projekte klappen. Das macht nix. Sie habe immer mehrere Eisen im Feuer und können so ruhig abwarten, wohin der Markt Sie trägt.

2.3 Herausforderungen annehmen und bestehen

Gelegentlich wird man von Ihnen verlangen, daß Sie Sachen machen, die Sie so noch nie gemacht haben.
  1. Sie können dies ignorieren.
    Dann erhalten Sie auch kein Schulterklopfen, keine weiteren Aufträge und haben den Rest IhresLebens das blöde Gefühl, vor etwas davongelaufen zu sein.
    Das ist schlecht für Ihre Kasse, und schlecht fürs Selbstbewußtsein.
  2. Sie können die Herausforderung annehmen und in Bausch und Bogen versieben.
    Das ist minimal besser als die vorige Variante: nun wissen Sie wenigstens, wovon Sie in Zukunftbesser die Finger lassen.
  3. Sie können die Herausforderung annehmen und etappenweise erledigen.
    Dazu brauchen Sie sowohl Überblick als auch einen Vorrat an Details. Und alle paar Wochenkönnen Sie zu Ihrem Auftraggeber gehen und sagen: A ist fertig, B ist fast fertig, C klemmt an ...
    Selbst wenn Sie nicht bis E kommen, wissen Sie und Ihr Auftraggeber danach Wesentlich Wichtiges über Sie. Der Auftraggeber kennt Ihre tatsächlichen Fähigkeiten, und Sie kennen Ihre tatsächlichen, dringend verbesserungswürdigen Mankos.
    Und am Schluß stehen Sie da: A, B und C kann ich, habe ich schonmal daundda gemacht. D und E klappt nicht so gut, ich arbeite aber bei F daran...
    Dürfte ein ausgeglichenes Selbstbewußtsein schaffen. Die Kasse mag zwar nur verhalten klingeln, aber Sie wissen nun, wo's weitergeht.

2.4 Selbständiges Einarbeiten in neue Zusammenhänge

Ingenieure tragen Erfahrungswissen aus Mathematik, Physik, Chemie, Betriebswirtschaft, Produktion und EDV in veränderlichen Gewichtsanteilen zusammen und machen daraus etwas Neues, Marktfähiges. Die richtige Balance zwischen Wissenstiefe und Wissensbreite zu finden ist immer schwer - Ihre Aufgabenwerden Sie Ihnen aber zeigen, wenn Sie nur aufmerksam hingucken.

2.5 Effizientes Arbeiten im Team

Ingenieure arbeiten nicht nur mit der Technik zusammen. Ein wesentlicher Teil Ihrer Tätigkeit wirdvon Menschen gemanagt. Das ist zwar lästig, läßt sich aber nicht vermeiden. Mit einer akzeptablen Kinderstube und dem gelegentlichen Einfühlen in die Gedanken- und Gefühlsgänge Anderer überstehtman 80% der Zusammenkünfte.
Normale Menschen haben Schwierigkeiten mit besonderen Menschen, wie z.B. Ingenieuren. Sie denkensich nichts Böses, wenn sie gelegentliches Interesse an Fußball oder Kino verlangen.
Wer sein profundes Wissen in eine charismatische, sympatische, überzeugende Persönlichkeit verpackenkann, ist auf dem Weg nach oben.

2.6 Knüpfen und Halten von Kontakten

Der Mensch ist ein soziales Wesen - denken die normalen Menschen. Also kommen sie gelegentlich zusammen und verhalten sich, wie die Mehrzahl es von ihnen erwartet.
Das ist nicht immer schön, zumal wenn Drogen im Spiel sind. Doch durch Ihre Präsenz können Sie immerhin vermeiden, daß schlecht über Sie gesprochen wird, indem aus Mücken Elefanten gemacht werden.

2.7 Allgemeiner Betriebsablauf

Ingenieure weisen (gemessen an einem Schlosser oder einer Bürokraft) ein ziemlich hohen Grad an Spezialisierung auf und sind deshalb in Kleinbetrieben selten zu finden - außer als Chef, vielleicht.
Bei Mittelständlern sorgen sie für den Ablauf von Konstruktion, Entwicklung und Fertigung. Dabei treffensie auf ein bestehendes System, dessen Grundstruktur so aussieht:Varianten dieser Struktur, mit Töchtern, Stabs- und Sonderabteilungen gibt es ungefähr so vielewie es Firmen gibt.
Für den Absolventen ist es gut, wenn er in die Denkschablonen der Mitarbeiter paßt. Denn Passen istseine Hauptaufgabe: an seinem Platz seine Arbeit zur Zufriedenheit seines Chefs machen.

2.8 Umgangsformen, Weltläufigkeit


2.9 Die Erfordernisse des Marktes

sind eingentlich die Erfordernisse der Märkte. Wenn Sie sich als Produkt sehen, das vermietetwerden soll, haben der Chef, Ihre Kollegen, Ihre privaten Freunde und Bekannten und Ihr Produkt ganzverschiedene Anforderungen an Sie. Ihre Aufgabe ist es,
  1. diese Erfordernisse einzusammeln;
  2. nach Priorität zu sortieren;
  3. und dann abzuarbeiten.
Natürlich klingt das banal. Und natürlich ist es unvernünftig, wenn jemand Ihren Dreitagebart nicht leidenkann und dabei nicht nach der Qualität Ihrer Leistung fragt. Aber 50% der Leute sind so, und die hieven diejenigen, die sich stets passend verhalten, in die höheren Etagen...

2.10 Projekte verfolgen, betreuen, leiten

Ingenieure tragen Erfahrungswissen aus Mathematik, Physik, Chemie, Betriebswirtschaft, Produktion und EDV in veränderlichen Gewichtsanteilen zusammen und machen daraus etwas Neues, Marktfähiges.

Das Problem dabei ist, daß selbst eine von der Firmenleitung geförderte Idee am Ende nicht völlig so ist, wie man sich das vorher gedacht hat. Wer etwas neues, Innovatives baut, weiß ja nämlich noch gar nicht, was dabei am Ende herauskommmen wird.
So machen Sie's richtig:


2.11 Soziale, wirtschaftliche, ökologische Aspekte neben den technischen Aspekten betrachten

Ihre Umwelt will gewisse Aufgaben von Ihnen erledigt haben.
Sie dürfen gewisse Prioritäten greingfügig anders setzen, als es von Ihnen erwartet wird. Wenn man Siedarauf anspricht, verteidigen Sie sich nicht, sondern versuchen Sie Ihren Gesprächspartner von IhrenGedanken zu begeistern. Naja - wenigstens zu überzeugen.

2.12 In einem äußerst dynamischen Umfeld überleben

Lebensarbeitsplätze und Rentenversicherung gibt es nicht mehr. Gestern kam die Widervereinigung, heute kommt Laserschweißen, die 2000er Wanze und der Euro. Alte Firmen gehen ein, neue erschaffen und erobern nagelneue Marktsegmente.
Durch Weiterbildung in den richtigen, harten und weichen, Fähigkeiten, steigern Sie Ihren Wert aufdem Arbeitsmarkt.

2.13 Kundennähe und Kundensichtweise

Für jedes Problem gibt es mindestens eine technisch optimale Lösung.
meistens wird man von Ihnen jedoch die eierlegende Wollmilchsau haben wollen. Es gibt nun einmal keine Autos, die Schallgeschwindigkeit fahren, nix wiegen, kaum Sprit schlucken und fürchterlichsicher sind. Die leicht zu fertigen, benutzerfreundlich, gut reparierbar, langlebig, zuverlässig und billigsind. Deren Form das Herz erfreut, während die Ladefläche andere Organe stimuliert.

Der Kunde hat immer Recht.

Wenigstens versuchen müssen Sie, das ganze mit seinen Augen zu sehen. Manche Kunden geben ohne vernünftigen grund Wahnsinnsbeträge für Sachen aus, die sie woanders nicht oder nicht sobekommen. Was Sie machen, soll auch diese Kunden ansprechen.


2.14 Entscheidungen fällen

Vieles, was nach Entscheidungen aussieht, kann mit einem Kompromiß erledigt werden. Achten Siedarauf, daß Sie niemand Unzumutbares zumuten, im Leben trifft man sich immer zweimal.
Ich persönlich fälle Entscheidungen am liebsten aus der Distanz. Entscheidungen, die mich betreffen, zeichnen sich häufig durch weitreichende Folgen aus: die Aufgabe liebgewonnener Hobbies oderWohnsitze...
Wenn Sie wissen, wo Sie hinwollen, springt der Weg oder zumindest die Richtung oft sofort ins Auge. Wenn Sie sich tatsächlich für eine Alternative entscheiden müssen,
  1. sehen Sie zu, daß Sie sich verbessern;
  2. machen Sie etwas, das ins Bild paßt (ins Bild des fleißigen, aufrechten, erfolgreichen Ingenieursnämlich);
  3. machen Sie lieber irgendetwas als gar nichts.

2.15 Termin- und Kostenpläne halten

Der beste Plan nützt nichts, wenn Sie Ihre Produktivkräfte nicht davon überzeugen können. Sprechen Sie von den Vorteilen, die Ihr Projekt mit sich bringt, und hören Sie sich freundlich, aber nicht aufopfernd, die Sorgen Ihrer Mitstreiter an.
Hinter jeder Sorge steckt irgendwo ein Problem - und Sie sitzen hier, um Probleme zu lösen!

2.16 Der Unterschied zwischen funktionierenden und marktreifen Produkten

Die Leute lieben Systeme, die auf Anhieb so funktionieren, wie sie sich das vorgestellt haben. Es interessiert sie normalerweise überhaupt nicht, was sich hinter der schimmernden Oberfläche verbirgt.
Ein kleines, leichtes, leichtgängiges Getriebe ist eine feine Sache. Der Verbindungsweg vom Getriebe zum Schaltknüppel kann die Benutzung dieses Getriebes aber für den Anwender zur Torturmachen. (Setzen Sie sich in ein altes japanisches Auto, um zu lernen, wie sich das nach 150 Tkm anfühlen soll).

2.17 Der Ingenieur als Systemlieferant gegenüber seinem Chef und dessen Kunden

Wenn Sie Ihre Konstruktionszeichnungen abgeben oder die Produktivität nach einem Jahr mit derneuen Maschine berechnen, haben Sie sich stets weit mehr Gedanken gemacht, als da in den nüchternen Zahlen auf dem Papier steht. Ihre Teile, Ihre Prozesse dienen dazu, Abläufe effizienter, geschmeidiger zu machen. Sie müssen sie aber erst verstehen, bevor Sie sie optimieren können.
Gehen Sie nicht von sich aus! Nur weil Sie wissen, wie's besser geht, wissen das die anderen noch längst nicht. Nur aus Ihren Berechnungen sehen Ihre Kunden noch lange nicht den nennenswerten Vorteil.
Gehen Sie vom Kunden aus! Sie brauchen ein Problembewußtsein, bevor Ihre Lösungsvorschläge auf fruchtbaren Boden fallen.
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