Mutual Societies consumers' co-operative society cooperatives Kooperativ cooperativo coöperatie koöperatie inkooporganisatie coöperatieve verbruiksvereniging coöperatieve vereniging verbruikscoöperatie cooperativa cooperativa d'acquisto cooperativa di consumo societ… cooperativa società cooperativa Genoßsame Kooperativ Kooperative cooperativa de compradores cooperativa de consumo sociedad cooperativa

(Aus der Brockhaus Enzyklopädie, 60er Jahre)

Genosse [ahd.], l) ursprünglich wohl diejenigen, die auf der gleichen Weide Vieh hielten. Als allgemeiner Ausdruck rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Gemeinschaft wurde G. dann zum Hauptbegriff des alten deutschen Rechts erhoben, das O. v. GIERKE als deutsches Genossenschaftsrecht darzustellen suchte. Dieser Sinn hat sich bis heute im Genossenschaftswesen erhalten. In neuerer Zeit ist GIERKES Lehre nicht unangefochten geblieben. Die von ihm entwickelte Genossenschaftstheorie hat aber doch die Auffassungen von Staat und Gesellschaft stark beeinflußt. Das 19. Jahrh. brachte eine Einengung auf das Politische. Damals entstanden Wörter wie Volksgenosse und Parteigenosse, die später von dem Nationalsozialismus monopolisiert wurden.

Das Wort Genosse ist seit 1879 (FR.MEHRING) Anrede der Marxisten untereinander und gleichbedeutend mit Sozialist geworden. Aufs Ganze gesehen hat das Wort Genosse das ältere Wort Bruder verdrängt und bestimmt das gemeinsame Ziel,das gemeinsame Parteiprogramm, die gemeinsame Weltanschauung (siehe Brüderlichkeit).
2) Prozeßrecht: siehe Streitgenossenschaft.

Genossen der Ehre, engl. Order of the Companions of Honour, ein zusammen mit dem Order of the British Empire am 4.6.1917 gestifteter Orden mit nur einer Klasse und höchstens 50 Mitgliedern (Männern und Frauen), die hinter ihren Namen die Buchstaben C. H. setzen und im Range unmittelbar hinter den Großkreuzrittern des Order of the British Empire stehen. Das Ordenszeichen wird nur bei großen und feierlichen Anlässen und nie in Miniatur, sondern nur im Original am Halsband oder an der Damenschleifc getragen.

Genossenschaft, 1) im mittelalterlich-deutschen Recht eine Vereinigung von Stammes- oder Berufsgenossen zur gemeinsamen Wahrnehmung religiöser, gesellschaftl., wirtschaftl. und polit. Aufgaben. Die älteste Genossenschaft ist die Geschlechts-Genossenschaft (Sippe) gegenüber der Haus-Genossenschaft und Familie im eigentl. Sinne. Als wirtschaftl. Verbände entstanden die Mark-Genossenschaften mit gemeinschaftl. Nutzungsrecht an der Flur, die Weide-Genossenschaften., die Wald-Genossenschaftendie Wasser-Genossenschaften,ie Deich-Genossenschaften u. m. Die herrschaftl. G., Hof-G., dienst- und lehnsrechtl. G. sind auf bestimmte Dienst- und Besitzverhältnisse an Grund und Boden zurückzuführen. Auch die Verfassung der mittelalterl. Städte war eine genossenschaftliche, wobei sich bei den Kämpfen um die Bürgerrechte die aus den Geschlechts-G, hervorgegangenen Gilden und die genossenschaftl. Zünfte der Handwerker gegenüberstanden. Dem Staat gegenüber nahmen die G. oft eigenständige Rechte, Verbandsautonomie und eigene Gerichtsbarkeit in Anspruch. Auch die geistl. Orden (Kongregation) sowie die Lehrenden und Lernenden an Universitäten bildeten im Mittelalter Körperschaften im genossenschaftl. Sinne.

2) Genossenschaften, Gesellsch. von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlicher Geschäftsbetriebe bezwecken (§ l Genossenschaftsges. v. 20.5.1898 i.d.F.v.1961). Die Mitglieder, meist kleinere Gewerbetreibende, Handwerker und Landwirte, bleiben selbständig. Gemeinschaftlich betrieben werden der Einkauf zur Erlangung der Vorteile des Großabnehmers, der Verkauf durch eine zentrale Absatzorganisation, die Maschinenhaltung u.a. Eine besondere Rolle spielen die G. in der Kreditversorgung (Kreditgenossenschaften), im gemeinnützigen Wohnungsbau (Baugenossenschaften) und in der Verbraucherorganisation (Konsumgenossenschaften). - Bürgschaftsgenossenschaften sind genossenschaftl. Einrichtungen, die für direkt oder indirekt angeschlossene Mitglieder bei der Kreditaufnahme Bürgschaft leisten, bes. in der Schweiz in Form der gewerbl. Bürgsehafts-G.

In der Bundesrep. Dtl. gab es (Ende 1966) 25332 G. mit rd. 11 Mill. Mitgl. Die gewerbl. G. sind im Deutschen Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) e. V., die landwirtschaftl. G. im Deutschen Raiffeisenverband e. V., die Konsum-G. im Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e. V., die Bau-G. im Gesamtverband gemeinnütziger Wohnungsunternehmen e. V. zusammengefaßt. Zentrales Bankorgan ist die Deutsche Genossenschaftskasse, Frankfurt a. M.

Genossenschaften in der Bundesrep. Dtl.(1966)


Art                                        Zahl         Mitglieder
                                                        (Millionen)

Ländliche Genossenschaften                 19413           4,7

Gewerbliche Genossenschaften                2109           2,6
    davon: Kreditgenossenschaften            701
           Warenkreditgenossenschaften        32 
        Sonstige Kreditgenossenschaften       54 
 Waren- u. Dienstleistungsgenossenschaften  1251
           Verkehrsgenossenschaften           71

Konsumgenossenschaften                       193           2,4
Baugenossenschaften                          508           1,3

Insgesamt                                  25332          11,0

In der Dt. Dem. Rep. bestehen gewerbliche Produktions-G. und landwirtschaftl. Produktions-G., in die die Mitglieder ihren Landwirtschaftsbetrieb eingebracht haben.

GENOSSENSCHAFTSRECHT

Erwerbs- und Wirtschafts-G. im Sinne des Ges. v. 20.5.1898 sind Vereinigungen mit nicht geschloss. Mitgl.-Zahl zur Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die G. ist Jurist. Person. Als Kaufmann im Sinne des Handelsrechts führt sie eine Firma. Sie entsteht durch Eintragung im Genossenschaftsregister. Die Mitglieder (Genossen) haben eine Einlage (Geschäftsanteil) zu leisten, deren Höchstbetrag und Mindestsumme in der Satzung zu bestimmen sind. Die Mitglieder haften der Genossenschaft gegenüber für deren Verbindlichkeiten entweder unbeschränkt (eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht, e.G.m.u.H.) oder beschränkt auf eine Haftsumme (eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht, e.G.m.b.H,). Eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern gibt es seit der Novelle v. 20,12.1933 nicht mehr. Geschäftsführung und Vertretung liegen beim Vorstand» der aus mindestens zwei Genossen bestehen muß und ebenso wie der mindestens dreiköpfige Aufsichtsrat von der Generalversammlung gewählt wird. Die Generalversammlung ist das oberste Organ, das über den Jahresabschluß, die Gewinn- und Verlustverteilung, die Grundsätze der Geschäftsführung und die Entlastung beschließt. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Hat die Genossenschaft mehr als l 500 Mitglieder, so kann, hat sie mehr als 3000, so muß an die Stelle der Generalversammlung eine Vertreterversammlung treten. Die Vorschriften über den Jahresabschluß entsprechen dem Aktienrecht von 1937.

Die Genossenschaften unterliegen einer regelmäßigen Pflichtprüfung durch Prüfungsverbände, zu denen sich die Genossenschaften frei zusammenschließen. Sie haben die Rechtsform eines e. V. und erhalten das Prüfungsrecht durch staatliche Verleihung. - Eine Reform des Gesetzes ist geplant.

Der Rechtszustand in Österreich (Genossenschaftsges. v. 9.4.1873 mit Novellen von 1920 und 1934) und in der Schweiz (Rev. Obligationenrecht v. 18.12.1936 Art. 828ff.) ist ähnlich. Die z. T. sehr alten Allmendgenossenschaften der Schweiz unterstehen kantonalem (privatem oder Öffentlichem) Recht.

O.v.GIERKE: Das dt. G.-Recht, 4 Bde. (1868-1913); R. DEUMER: Das Recht der G. (1912); A. EGGER in: Ztschr. für schweizer. Recht, 66 (1922); W. ROTTLÄNDER in: Rechtsvergl. Hwb., 3 (1931); M. GERWIG: Schweiz. G.-Recht (1957); TH. GUHL: Schweiz. Obligationsrecht(1944); H.HÄMMERLE: Handelsrecht, 2 (1959); G.HAUPT: Gesellschaftsrecht, bearb. V.R. REINHARDT (1952); H. PAUUCK : Die eingetragene G. (1954);

F. v. STEIGER: Grundriß des Schweiz. G.-Rechts (1963); A. HULCK: Gesellschaftsrecht (1965). - Kommentare zum Genossenschaftsgesetz von J. LANG u. L. WEIDMÜLLER (1965), von E. H. MEYER u. G. MEULENBERGH (l1965).

GENOSSENSCHAFTEN IM AUSLAND

Im Ausland liegen die Schwerpunkte im allgemeinen auf den Konsum-G. oder den ländl. G.

In Österreich sind die ländl. G. im "Österreich. Raiffeisenverband", die Konsum-G. im "Konsumverband", "Zentralverband der österr. Konsum-Gen6ssenschaften", die gewerbl. G. im "österreich. G.-Verband" und die Bau-G. im "österr. Verband gemeinnütziger Bau-, Woh-nungs- und Siedlungsvereinigungen" zusammengeschlossen. - In der Schweiz waren (1967) im Verband schweizer. Konsumvereine (VSK) 450 Konsum-G. und Zweck-G. (Tochtergesellschaften des VSK, an denen teilweise auch einzelne Konsum-G. beteiligt sind) mit rd. 850000 Mitgliedern zusammengefaßt. Daneben bestanden 1106 Raiffeisenkassen (1965). Eine anfänglich umstrittene, heute aber anerkannte genossenschaftl. Erscheinung ist in der Schweiz die Migros (siehe Duttweiler) mit 809000 Mitgl. (1967).

In Großbritannien hat die Konsumgenossenschaftsbewegung eine besondere Bedeutung, die in der Zahl von 680 Konsum-G. mit 13 Mill. Mitgl. (1966) deutlich wird. Daneben gibt es mehr als 30 Produktiv-G., die in der "Cooperative Productive Federation" zusammengeschlossen sind, rd. 700 Bau-G. oder Bauspar-G. und 275 landwirtschaftl. G. mit 305000 Mitgl. (1965).

In Frankreich waren (1966) rd. 450 Konsum-G. mit 3.5 Mill. Mitgl. der "Federation Nationale des Societes Cooperatives de Consommation" (Zentralverband der französ. Konsum-G.) angeschlossen. Eine besondere Bedeutung besitzen die rd. 500 Arbeiter-Produktiv-G. Das landwirtschaftl. G.-Wesen umfaßt (1966) insgesamt 22000 Einzel-G. mit 1,7 Mill. Mitgl.;

sie sind in zwei Spitzenverbänden, der "Fedération Nationale de la Coopération Agricole" und der "Confédération Génerale des Coopératives Agricoles", zusammengeschlossen. Ferner gibt es noch 5800 ländl. Kredit-G. und 50000 Versicherungs-G. (1960).

In Belgien waren im Jahre 1963 rd. 25 Konsum-G. mit 270000 Mitgl. im sozialistischen G.-Verband, >Societe Generale Cooperative<, vereinigt. Daneben besteht eine neutrale Richtung ("Societe Cooperative Federale de Belgique") mit 250000 Mitgl. und eine christl. Richtung ("Federation Nationale des Cooperatives Chretiennes" und "Economie Populaire", Ciney) mit 197000 Mitgl. Von großer Bedeutung für das landwirtschaftl. G.-Wesen ist der katholisch ausgerichtete Bauernverband ("Boerenbund") als Träger der flämischen G.; ihm waren (1961) rd. 90000 Landwirte angeschlossen. Im wallonischen Landesteil ist das landwirtschaftl. G.-Wesen schwächer entwickelt. aber auch hier stehen die G. zum großen Teil in enger Verbindung mit dem dortigen Bauernverband "Alliance Agricole Belge". - In den Niederlanden gab es (1966) 18 Konsum-G. mit 400000 Mitgl., die dem Spitzenverband "Centrale van Nederlands Verbruikscooperatives" angehören; daneben ist das landwirtschaftl. G.-Wesen sehr gut ausgebildet.

Ein weiterer Schwerpunkt des Konsumgenossenschaftswesens liegt in Schweden, wo die im "Ko-operativa Förbundet" zusammengefaßten 297 Konsum-G. 1.4 Mill. Mitgl. (1966) besaßen. Von den umgesetzten Waren wurden rd. 50% in konsumgenossenschaftl. Eigenproduktionsbetrieben erzeugt. Femer besteht in Schweden ein hochentwickeltes landwirtschaftl. G.-Wesen. - In Norwegen sind die meisten Konsum-G. in der "Norges Kooperative Landsforening" vereinigt, der (1966) 837 G. mit 359000 Mitgl. angehörten. Die landwirtschaftl. G. zählten (1965) rd. 360000 Mitgl. Von Bedeutung sind außerdem die zum großen Teil auf Grund staatl. Initiative entstandenen Fischer-G.

Dänemark ist die Hochburg des landwirtschaftl. G.-Wesens, und die Intensivierung der dän. Landwirtschaft wird nicht zuletzt auf die genossenschaftl. Organisation zurückgeführt, die (1965) rd. 800000 Mitgl. umfaßte. Die meisten Bauern sind Mitglieder mehrerer G., und auch die Konsumgenossenschaftsbewegung ist in Dänemark mit Ausnahme der Konsum-G. in den Städten als Bestandteil der bäuerl. G.-Bewegung anzusehen.

In Finnland besitzen landwirtschaftl. G. und vor allem Konsum-G. eine starke Stellung im Wirtschaftsleben. Den in zwei Richtungen gespaltenen Konsum-G. gehörten (1967) 1,1 Mill. Mitgl. an.

In Italien gibt es zwei G.-Verbände, die G. aller Sparten als Mitglieder aufweisen. Es sind dies die politisch linksstehende "Lega Nazionale delle Cooperative e Mutue" und die katholisch ausgerichtete "Confederazione Cooperativa Italiana"- Insgesamt bestanden in Italien (1966) 46734 G., davon waren 27112 Wohnungsbau-G.. 7336 landwirtschaftl. G., 4719 Produktiv- und Arbeits-G., 4690 Konsum-G. und 2877 sonstige G.

In den osteurop. Staaten ist das G.-Wesen, ähnlich wie in der Sowjetunion und der Dt. Dem. Rep., zum Mittel der staatl. Wirtschaftspolitik geworden.

Auch in den anderen Erdteilen sind G. zu finden, die bes. für die landwirtschaftl. Erschließung in Asien und Afrika mehr und mehr an Bedeutung gewinnen.

Das Genossenschaftswesen der Verein. Staaten zeichnet sich durch große Vielseitigkeit aus. Besonderes Gewicht kommt den verschiedenen Kredit-G. zu, deren Zahl sich (Ende 1966) aufrd. 20000 mit insges. 11.5 Mill. Mitgl. belief, sowie den landwirtschaftl. G. Letzteren gehörten (1963) etwa 9000 Waren- und Dienstleistungs-G. mit rd. 7,1 Mill. Mitgl. an; sie verteilten sich auf 5600 Verwertungs-G. mit 3,58 Mill. Mitgl., 3200 Ein- und Verkaufs-G. mit 3,48 Mill. Mitgl. und 200 Dienstleistungs-G. mit 50000 Mitgl. Außerdem bestehen noch Konsum-G., deren Tätigkeit sich aber in ländl. Gebieten teilweise mit derjenigen ländl. Bezugs-G. deckt, Elektrizitäts- und Telefon-G., genossenschaftl. Versicherungsgesellschaften, Gesundheitsfürsorge-G., Wohnungs-G. und Studenten-G. Als ideelle Zentrale für alle G.-Arten in den Verein. Staaten wirkt die "Cooperative League of USA". - Einen Internat. Zusammenschluß der G. verschiedener Art und der verschiedenen Länder stellt der Internationale Genossenschaftsbund (IGB), London, dar.

GESCHICHTE

Das moderne G.-Wesen entstand im Zusammenhang mit der Industrialisierung. Seine Auswirkungen auf die Arbeiterschaft, ebenso wie auf Handwerker und Bauern, führten zu sozialreformator. Plänen und Versuchen, die Notlage dieser wirtschaftl. schwachen Volksschichten durch genossenschaftl. Zusammenschluß zu beheben. - C.H. DE SAINT-SIMON und C. FOURIER entwickelten in Frankreich den Gedanken der Produktiv-G. (Association). Die Verbraucher-G. haben ihren Ursprung in England, wo die Ideen von W. KING und R. OWEN 1844 zur Gründung eines Konsumvereins in Rochdale führten, die "Rochdale Society of Equitable Pioneers" ("Die redlichen Pioniere von Rochdale"). Das gewerbl. G.-Wesen in Dtl. hat seinen Gründer in H. SCHULZE-DELITZSCH, das landwirtschaftl. in F. W. RAIFFEISEN.

H. G. SCHACHTSCHABEL: G. Ihre Gesch. und ihr Wesen (1949); ders. in: Hwb. der Sozialwiss., 4 (1965); E. HASSELMANN: Der Internat. G.-Bund (1951); G. DRAHEIM: Die G. als Unternehmungstyp ('1955); R- HENZLER: Die G. (1957); ders.: Betriebswirtschaftl. Probleme des G.-Wesens (1962);
A. G. GHAUSSY: Das G.-Wesen in den Entwicklungsländern (1964); H. FAUST: Gesch. der G.-Bewegung (1965); E. BOETT-CHER (Hg.): Selektion im G.-Wesen (1966).

Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, gegr. 1871 von dem "Ersten allgem. dt. Bühnenkongreß" in Weimar. Sie ist dem Dt. Gewerkschaftsbund angeschlossen (Sitz Hamburg. Fachblatt: Die Bühnengenossenschaft, seit 1949). Die G.D.B.-A. ist Tarifpartner bei Abschluß von Tarifverträgen mit dem Verband der Arbeitgeber (Dt. Bühnenverein). Die Bühnenschiedsgerichte sind paritätisch aus beiden Verbänden zusammengesetzt. - In der Dt. Dem. Rep. ist die G.D.B.-A. in der Gewerkschaft Kunst des FDGB aufgegangen.

Genossenschaftliches Eigentum, in der Dt. Dem. Rep. eine Spezialform des Sozialist. Eigentums, das nicht dem Staat, sondern einem Kollektiv von Produzenten oder Verbrauchern gehört.

Genossenschaftsregister, das beim Amtsgericht zu führende öffentliche Register, in dem die Genossenschaften bei ihrer Gründung eingetragen werden und die Genossenlisten offengelegt sind.

Genossenschaftstheorie, die Lehre von den menschl. Verbänden in jederlei Gestalt - bis zu Vereinen und Gesellschaften im bürgerl., Gemeinde und Staat im öffentl. Recht -, von ihrem rechtl. Wesen und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft. Sammelbegriff war die deutschrechtl. Genossenschaft als Vereinigung mehrerer zu gemeinsamen Zwecken. Im german. Recht wurde ihr noch keine eigene Rechtspersönlichkeit zugestanden. Erst im Mittelalter wurde die Vermögens-, Handlungs- und Deliktsfähigkeit der Körperschaft unter dem Einfluß des röm. Rechts anerkannt. Die G. wurde begründet durch G. v. BESELER (* 1809, f 1888) und O. v. GIERKE (* 1841, + 1921).

Genossenschaftswald, ein Wald im Gesamthandseigentum mehrerer Privatpersonen, die zum Zwecke gemeinsamer und planmäßiger Ordnung und Führung des forstwirtschaftl. Betriebes eine Genossenschaft {Waldgenossenschaft) bilden. Zum G. werden alle Körperschaftsforsten (außer Gemeinde- und Stiftungswald) gerechnet sowie die Gemeinschaftswaldungen öffentlich-rechtlicher Art (Waldungen von Markgenossenschaften, Haubergsgenossenschaften, Real-und Nutzungsgemeinden u.a.). Die G. in der Bundesrep. Dtl. umfassen etwa 240000 ha (rd. 3,5% der Waldfläche).

In der Regel werden Eigentumsgenossenschaften, volle Wirtschaftsgenossenschaften und eingeschränkte Wirtschaftsgenossenschaften unterschieden. Bei der Eigentumsgenossenschaft bestehen die Anteile der Genossen am G. nur ideell; der G. ist in seiner Gesamtheit gemeinschaftliches Eigentum. Bei der vollen Wirtschaftsgenossenschaft bleibt das reale Einzeleigentum an Boden und Bestand bestehen. Die Bewirtschaftung erfolgt dagegen gemeinsam, und der Überschuß wird nach einem Maßstab verteilt, der sich aus dem Verhältnis der Boden- und Bestandswerte ergibt. Von einem eingeschränkten Genossenschaftsverhältnis spricht man, wenn in einem forstl. Zusammenschluß öffentlich-rechtlicher Art nicht nur das reale Einzeleigentum an Boden und Bestand erhalten bleibt, sondern auch das Verfügungsrecht des einzelnen über die Erträge aus seinen Waldflächen grundsätzlich nicht angetastet wird.

Die alten G. (Körperschaftsforsten oder Gemeinschaftsforsten) stammen vorwiegend aus der Zeit der alten Dorfgenossenschaften oder wurden zu Anfang des 19. Jahrh. bes. durch Ablösung alter Forstnutzungsrechte gebildet (Interessentenforsten). Ihre Rechtsnatur richtet sich nach dem alten Recht

(Art. 164 Einführungsgesetz zum BGB.). Sie unterliegen der gleichen staatl. Einwirkung (vorwiegend Beförsterung) wie der Gemeindewald (z. B. Preuß. Ges. von 1881, Preuß. Haubergsordnungen, Bayer. Forstges. von 1852). Erfahrungen negativer Art führten vielfach zur Abschaffung der G.

Die neuen G. sind entweder auf gesetzl. Grundlage freiwillig oder bedingt freiwillig gebildet (z. B. nach dem Preuß. Ges. von 1875) oder völlig freiwillig entstanden, wie bes. in neuerer Zeit die Waldwirtschaftsgemeinschaften (bes. in Nordrhein-Westfalen). Die Forstpolitik strebt diese freiwilligen Zusammenschlüsse privater kleinerer Eigentümer zur Hebung der Ertragsleistung des Waldes an.

B. DANCKELMANN : Gemeindewald und Genossenwald (1882); A. SCHWAPPACH: Forstgeschichte, in: Hb. der Forst-wiss., 4 Bde. (1925-27); H.WEBER: Forstpolitik, in: ebd., 4 Bde. (1925-27); R. MASCHER: Der kleine Waldbesitz Nordwestdeutschlands (1954); Forstwirtschaftl. Kleinwaldzusammenschlüsse, hg. v. H. TRAMMER (1956),



Schulze-Delitzsch, Hermann, Genossenschaftsführer, *Delitzsch 29.8.1808, +Potsdam 29.4.1883, Richter, kam 1848 als Demokrat in die preuß. Nationalversammlung, dann in das Abgeordnetenhaus und wurde Mitgründer des Dt. Nationalvereins und der Fortschrittspartei. 1849 schuf er in Delitzsch die erste Rohstoffassoziation der Schuhmacher und Tischler. Die größte Verbreitung fanden seine Kreditgenossenschaften (Volksbanken), deren erste er 1850 als Vorschußverein in Delitzsch gründete und die das Rückgrat des Genossenschaftswesens im gewerbl. Mittelstand bilden. Als Ideal zur Lösung der sozialen Frage schwebte ihm urspr. die vollkommene genossenschaftl. Selbsthilfe in Form der Produktivgenossenschaft vor. Jede Form der Staatshilfe lehnte er im Gegensatz zu Raiffeisen ab. 1859 schloß er die ihm nahestehenden Genossenschaften zum "Allgemeinen Verband der dt. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften" zusammen. Als dessen Anwalt gab er u. a. das Fachblatt "Innung der Zukunft" (1866ff.) heraus (seit 1897 "Blätter für Genossenschaftswesen" des "Deutschen Genossenschaftsverbandes e,V."). Maßgeblich arbeitete er auch an der Gestaltung des Genossenschaftsrechts mit.

H.S.-D.s Schriften und Reden, hg. v. F.THORWART, 5 Bde. (1909-13). A.BERNSTEIN: S.-D., Leben und Wirken (1883); E.WEHRLE in: Dt. Genossenschaftswesen, hg. v. G. JAHN (*1937); H. FAUST: S.-D. und sein genossenschaftl. Werk (1949); TH. HEUSS: S.-D. (1956); M. CONZE: Möglichkeiten und Grenzen der liberalen Arbeiterbewegung in Deutschland. Das Beispiel S.-D. (1965).


Henri de Saint-Simon (Lithographie von E. Perrot)

Saint-Simon Claude Henri de Rouvroy Graf von, französ: Sozialtheoretiker, *Paris 17.10.1760, + ebd. 19.5.1825, kämpfte im amerikan. Unabhängigkeitskrieg, erwarb zu Beginn der Französ. Revolution ein Vermögen durch Spekulationen mit Nationalgütern, verarmte jedoch bald wieder. Seine Gedanken wirken sich auf die Entwicklung der Soziologie, den Sozialismus, die Idee eines vereinten Europas und den Pazifismus aus.
Sein Hauptanliegen war, den beginnenden Industrialisierungsprozeß zu analysieren, um daraus die Konsequenzen für die gesellschaftl. Ordnung zu ziehen ("savoir pour prevoir").


Saint-Simonismus (nach C.H.de Saint-Simon), die erste französ. Sozialistenschule, in der Nachfolge von Saint-Simon von S.-A. BAZARD (*1791, +1832) und B. P. ENFANTIN (*1796, +1864) gegründet. Ihr gehörten u. a. auch P. LERAUX, P. J. Buchez, S. Carnot, O. RODRIGUES und anfangs auch A. Comte an. Der in entscheidenden Punkten von der Lehre Saint-Simons abweichende S.-S. stellte in den Mittelpunkt die Kritik des Privateigentums an Produktionsmitteln, forderte die Abschaffung des Erbrechts, Überführung der Produktionsmittel an die Gesamtheit und ihre Verwaltung durch eine Zentralbank, die die Kapitalien nach den Fähigkeiten und Leistungen der einzelnen verteilt. Die Kritik des Eigentums wurde wissenschaftlich unterbaut durch eine Geschichtsphilosophie, die in der Geschichte einen stetigen Fortschritt zu stärkerer "Assoziation" erblickte, die an die bisherige "Ausbeutung des Menschen durch den Menschen" tritt. Im Unterschied zum Marxismus erwarteten die Saint-Simonisten alle Verbesserungen der Gesellschaft von der Fachausbildung und dem gebildeten Bürgertum. Die Schule hatte ihre größte Wirksamkeit nach der Revolution von 1830. Ende 1831 spaltete sie sich durch das Eintreten Enfantins für die freie Liebe, jedoch hat sie u. a. entscheidend zur Entfaltung des modernen Bank- und Verkehrswesens beigetragen.

W.SPÜHLER: Der S.-S. (1926); ELIZA M. BUTLER: The Saint-Simonian religion in Germany (Cambridge 1926); E. DURKHEIM: Le socialisme (Paris 1928); H.-R. D'ALLEMAGNE: Les Saint-Sirnoniens (ebd. 1930); S. CHARLÉTY: Histoire du Saint-Simonisme (ebd. 1931); G.D.H. COLE: A history of socialist thought, l: The forerunners 1789-1850 (London 1953); G. STAVENHAGEN in: Hwb. der Soziatwiss., 2 (1953); J. WALCH: Bibliographie du Saint-Simonisme (Paris 1967); W. SUHGE: S.-S. u. Junges Dtl. Das Saint-Simonist. System in der dt. Lit. der ersten Hälfte des 19. Jahrh. (Nachdr. 1967); P. P. FEHLBAUM: Saint-Simon u. die Saint-Simonisten (1970);



  Raiffeisen, Friedrich Wilhelm, Begründer des dt. landwirtschaftl. Genossenschaftswesens, *Hamm a. d. Sieg 30.3.1818, +Neuwied 11.3.1888, war Bürgermeister in Weyersbusch, Flammersfeld und Heddesdorf. Wie die Notlage des gewerbl. Mittelstandes für das Wirken von H. Schulze-Delitzsch den Anstoß gab, so führte die Not der Landwirtschaft um die Mitte des 19.Jahrh. (Überschuldung, Wucherzinsen, Zwangsversteigerungen) R. zum Genossenschaftsgedanken. Für Raiffeisen, der aus streng konservativer, betont christlich-sozialer Richtung kam, war das Genossenschaftswesen eine religiös-sittlich fundierte Einrichtung. Seine ersten Vereinsgründungen (Flammersfelder Hilfsverein von 1849) bauten stark auf dem Prinzip der Wohltätigkeit auf, jedoch betonte er bei späteren Gründungen (Heddesdorfer Spar- und Darlehenskassenverein von 1864) den Selbsthilfegedanken stärker, ohne ihm, wie Schulze-Delitzsch, eine ausschließlich wirtschaftl. Zielsetzung zu geben. Grundsätze für seine Genossenschaftsgründungen waren: örtliche Beschränkung auf das Nachbarschaftsgebiet, ehrenamtliche Leitung durch Ortsansässige, unbeschränkte Haftung und Vereinigung des Geld- und Warengeschäfts. Für den überregionalen Ausgleich der örtl. Genossenschaften wurden Zentralkassen auf Provinzebene gegründet (1872 im Rheinland, 1874 in Westfalen und im Großherzogtum Hessen), die ihrerseits als Mitglieder einer "Landwirtschaftlichen Generalbank" (gegr. 1874 in Neuwied) miteinander verbunden waren. Ihre Funktion übernahm 1876 die in der Rechtsform einer AG. in Neuwied gegr. "Landwirtschaftliche Zentral-Darlehenskasse für Deutschland". 1877 gründete R. zur Revision und Betreuung der Genossenschaften den "Anwaltsverband ländl. Genossenschaften" Bei seinem Tode 1888 bestanden 423 R.-Vereine, und das Organisationsschema mit örtl. Kreditgenossenschaften, Zentralkassen und Revisionsverband war in seinen Grundzügen angelegt. Daraus entwickelte sich ein landwirtschaftl. Genossenschaftswesen, das heute für viele Länder, insbes. Bntwicklungsländer, als beispielhaft gut (Raiffeisenvereine, Raiffeisenkassen, Kreditgenossenschaften; Raiffeisenverband, Deutscher Raiffeisenverband e.V.).

Hauptwerke. Die Darlehenskassenvereine als Mittel zur Abhilfe der Noth der ländl. Bevölkerung 1866, 1895, gek. Ausg. erl. v. A. DRÜSEDAU u. J. KLEINHANS, 1966); Instruktion zur Geschäfts- und Buchführung der Darlehenskassenvereine (1884). M. FASSBENDER: F. W. R. in seinem Leben, Denken und Wirken (1902); W.KREBS: Aus dem Leben F. W. R.s (1925); E. L. SEELMANN-EGGEBERT: F.W.R., sein Lebensgang und sein genossenschaftl. Werk (1928); E. WEHRLE: Dt. Genossenschaftswesen (1937); F. W. R. zum Gedächtnis, hg. v. der Stiftungsgeeinschaft des Reichsverbandes der dt. landwirtschaftl. Genossenschaften, bearb. v. W. HENZLEB. (1938, H. FAUST: Gesch. der Genossenschaftsbewegung (1965, mit Lit.); INGRID BAUERT-KEETMANN; R. ... (1970).



Raiffeisenbanken, Abk. für die im Deutschen Raiffeisenverband e. V. zusammengefaßten ländlichen Kreditgenossenschaften. 1