Löpa Berlin: Linksökologische pazifistische Anarchisten

Peter Kropotkin (1842-1921)

 

Während seiner Rückkehr nach Russland schloss er sich einer revolutionären Gruppe an, die Propaganda unter den Arbeitern in St. Petersburg und Moskau verteilte. Er wurde 1874 bei einer Polizeiaktion festgenommen, doch machte zwei Jahre später einen sensationellen Ausbruch und flüchtete nach Westeuropa. Sein Name wurde dort schnell berühmt. Die nächsten Jahre verbrachte er meist in der Schweiz, bis er auf die Bitte der russischen Regierung aus dem Land verwiesen wurde, nachdem Revolutionären 1881 ein Attentat auf den russischen Kaiser Alexander II. gelang. Nach einem Aufenthalt in Frankreich zog er nach England, wo er blieb, bis ihm die Revolution 1917 wieder erlaubte, nach Russland zu gehen. Mittlerweile 75 Jahre alt und über 40 Jahre im Exil wird ihm von der neuen provisorischen Regierung in Russland ein Posten als Erziehungsminister angeboten, den er harsch ablehnte. In Russland entstanden überall spontan Kommunen und Soviets (ArbeiterInnen- und Soldatenräte), die die Basis für eine staatslose Gesellschaft legen könnten. Seine Hoffnungen für eine libertäre Zukunft waren nie stärker. Die neue Regierung jedoch war für ihn ein Beispiel, wie eine Revolution nicht gemacht werden sollte, autoritär statt liberal. Kropotkin starb 1921 in Dmitrov, einem Dorf bei Moskau. An seinem Begräbnis nahmen über zehntausend AnhängerInnen teil. Es war der letzte Anlass, zu dem die schwarze Flagge des Anarchismus in der russischen Hauptstadt wehte.

Kropotkin hatte in seinem Leben stets seinen hohen moralischen Standard und die Kombination von Gedanken und Aktionen beibehalten, die er in seinen Büchern gepredigt hatte. Er war einer der bedeutendsten Gründer der russischen und englischen anarchistischen Bewegung und beeinflusste stark den Anarchismus in der Schweiz, Frankreich und Belgien. Er zeigte keinen Egoismus und keine Lust auf Macht wie viele andere Revolutionäre. Gerade deswegen wurde er nicht nur von seinen Kameraden sondern auch von Leuten bewundert, für die Anarchismus nur Gewalt und Bomberei bedeutete.

Kropotkin und seine Theorien der Evolution, Erziehung und des anarchistischen Kommunismus

"Gegenseitige Hilfe"
Während seines Exils in Europa schrieb er mehrere Bücher, darunter zum Beispiel "Paroles d'un révolté" (1885: "Wörter eines Rebellen"), "Die Eroberung des Brotes" (1892) und "Memoiren eines Revolutionäres" (1899). Sein bekanntestes Werk wurde "Gegenseitige Hilfe" (Originaltitel: "Mutual Aid"), ein Buch, mit dem er seinem Ziel, dem Anarchismus eine wissenschaftliche Basis zu geben, sehr nahe kam. In diesem Buch widerspricht er der Theorie von Charles Darwin, dass nur die Stärksten und Mächtigsten mit der Evolution Schritt halten können (Darwinismus). Nach seiner Ansicht ist nicht Rivalität sondern das gegenseitige Helfen der Hauptfaktor für das Überleben. Anhand vieler Beispiele zeigt er, dass Sozialisierung, nicht Rivalität, in der Tierwelt überwiegt. Auch in der menschlichen Welt ist gegenseitige Hilfe eher die Regel als die Ausnahme. Kropotkin verfolgt die gegenseitige Hilfe zurück von den primitiven Stämmen, über Dörfer, Kommunen bis hin zu Gewerkschaften, dem Roten Kreuz und so weiter. Er glaubte daran, dass der Trend der modernen Welt zurück zu dezentralisierten, unpolitischen, koorperativen Gesellschaften gehen wird, in denen Menschen selbst kreativ werden können ohne den Einfluss von Chefs, Soldaten, Priestern und anderen Machthabern.

"Anarchistischer Kommunismus"
Kropotkin entwickelte den wirtschaftlichen Gedanken des Anarchismus entscheidend weiter und stellte seine Theorie des "Anarchistischen Kommunismus" auf. Privatbesitz und ungleiche Einkommen würden abgelöst durch die freie Verteilung aller Güter und Dienstleistungen. Anstelle des Prinzips des Lohnes setzte er das Prinzip des Bedürfnisses. JedeR solle selbst entscheiden, wieviel er/sie braucht und sich soviel aus dem Laden nehmen, wie er/sie für nötig hält, egal, wieviel Arbeit er/sie investiert hat. Kropotkins Vision war, dass alle Mitglieder einer kooperativen Gemeinschaft ca. vom 20. bis zum 40. Lebensjahr vier bis fünf Stunden am Tag als das arbeiten sollten, was sie am liebsten tun. Dies sollte für ein zufriedenes Leben ohne Engpässe ausreichen.

Erziehung und Strafrecht
Um Leute für diese Art von Leben vorzubereiten, setzte er seine Hoffnungen in die Jugend. Er wollte eine Erziehung schaffen, die mentale und mechanische Fähigkeiten schult und den Schwerpunkt in Humanismus, Mathematik und Wissenschaft hat, ohne nur aus Büchern zu lernen. Das Lernen sollte aus aktiver Beschäftigung draußen und reellen Erlebnissen bestehen, einer Empfehlung, wie sie heute von vielen modernen Erziehungswissenschaftlern empfohlen wird. Durch seine eigenen Erfahrungen in Gefängnissen sprach er sich für eine Umstellung des Strafsystems aus, denn Gefängnisse bezeichnete er als "Verbrechensschulen", die, anstatt den/die VerbrecherIn zum Guten zu verändern mit brutalen Strafen belegen und ihn/sie in seinen/ihren kriminellen Einstellungen erhärten. In seiner Vorstellung von Gesellschaft würden VerbrecherInnen nicht durch Gesetze und Gefängnisse geändert, sondern durch menschliches Verständnis und den moralischen Druck der Gesellschaft.

Quellen u.a.:
- Martin A. Miller "Kropotkin" (1976)
- George Woodcock und Ivan Avakumovic "Der Anarchistische Prinz" (1950)
- Encyclopedia Britannica "Kropotkin, Peter Alekseyevich"

weitere Informationen über Kropotkin:
sein Werk "Mutual Aid" im Volltext
einige seiner Essays

 
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Diese Seite wurde zuletzt am 21.03.2004 aktualisiert.
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