Löpa Berlin: Linksökologische pazifistische Anarchisten

Leserbriefe

 

Im folgenden einige der Zeitungsartikel, die wir nicht unkommentiert in der Medienlandschaft gedeihen lassen wollten. Dazu dann unsere Leserbriefe mit eventuellen Dokumentationen.

Artikel vom 20.08.1998 in der Berliner Zeitung (Lokales)
Autor: Matthias Gebauer

DVU-Ortsvorsitzender André Otto von der Polizei festgenommen

Der 27jährige und vier weitere Berliner DVU-Mitglieder stehen im Verdacht, am Sonntag einen Farbigen verprügelt zu haben

Drei Tage nach dem brutalen Angriff auf einen 35jährigen Farbigen an der Bismarckstraße in Charlottenburg hat die Polizei am frühen Mittwoch morgen fünf Berliner DVU-Mitglieder festgenommen. Unter den Festgenommenen sind der 27jährige André Otto, Ortsvorsitzender der DVU in Lichtenberg, und der Berliner DVU-Geschäftsführer Peter Schröder.

Wie berichtet, war der Architekt Pablo D. gemeinsam mit seiner 31jährigen Freundin Cornelia B. aus Mitte am Sonntag nachmittag an der Bismarckstraße von vier jungen Männern und einer jungen Frau aus einem grünen Mietlieferwagen heraus beschimpft worden. Die beiden saßen in einem Rover. An der Kreuzung Kaiser-Friedrich-Straße stiegen einige Männer aus dem Lieferwagen aus und schlugen auf Pablo D. ein. Später folgten Tritte und eine Reizgas-Attacke. Noch am Sonntag hatte Pablo D. dies angezeigt.

Bei der Polizei jedoch zogen sich die Ermittlungen in die Länge: Erst am Dienstag übernahm der Staatsschutz, zuständig für ausländerfeindliche Übergriffe, den Fall. Während die Beamten am Dienstag jedoch lediglich herausfanden, daß der Lieferwagen von der DVU gemietet worden war, konnten die Insassen angeblich nicht ermittelt werden obwohl der Münchner Sprecher der DVU, Olaf Herrmann, die Namen der Insassen noch am Dienstag gegenüber der "Berliner Zeitung" genannt hatte.

Die Partei-Version des Vorfalls stellt sich zudem anders dar: Danach seien die DVU-Wahlhelfer von Pablo D. zuerst beschimpft und dann angegriffen worden. Schließlich habe man sich nur noch mit Tränengas wehren können. Bei den Vernehmungen wiederholten die Verdächtigen diese Version. Trotzdem erließ ein Richter gegen den 27jährigen André Otto Haftbefehl, die anderen Verdächtigen wurden auf freien Fuß gesetzt. Weil keine Fluchtgefahr besteht, wurde auch der Hauptverdächtige André Otto unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt: Er muß sich viermal pro Woche melden und auch seine Fahrerlaubnis abgeben.

Die DVU reagierte auf die Festnahmen mit Unverständnis. Olaf Herrmann sprach von einer Verleumdungskampagne gegen die Partei: "Wir sind grundsätzlich gegen jede Gewalt und würden niemals auf andere losgehen."

Unser Leserbrief auf obigen Artikel am 20.08.1998 von Arthur Müller für LÖPA Berlin

Berliner Zeitung                                                         Berlin, den 20. August 1998
Redaktion Leserbriefe
Karl-Liebknecht-Straße 29
10178 Berlin

Sehr geehrte Leserbrief-Redaktion der Berliner Zeitung,

im folgenden möchte ich Stellung nehmen zu dem Artikel
"DVU-Ortsvorsitzender André Otto von der Polizei festgenommen"
in Ihrer Ausgabe vom 20. August 1998 (Nummer 193).

In oben genanntem Artikel spricht Olaf Herrmann im Rahmen der Festnahme von André Otto von einer Verleumndungskampagne gegen die Deutsche Volks Union (DVU). Sein Zitat: "Wir sind grundsätzlich gegen jede Gewalt und würden niemals auf andere losgehen."

Dazu fällt mir folgender Zwischenfall ein.

Anfang dieser Woche stieg ich am S-Bahnhof Hohenschönhausen aus, um von dort mit der Tram weiterzufahren. An ausnahmslos allen dortigen Bus- und Tramhaltestellen fielen mir DVU-Aufkleber, wie z. B. "Deutschland den Deutschen", und vereinzelte NPD und JN-Aufkleber auf. Davon abgesehen, daß diese Aufkleber eine Sachbeschädigung darstellten, empfand ich diese teilweise stark rassistischen und diskriminierenden Parolen beleidigend. So nahm ich mir ein Herz und begann, besagte Aufkleber einfach zu entfernen. Nach einigen entfernten Aufklebern fiel mir ein junger kahlköpfiger Mann mit Springerstiefeln auf. Ich setzte meine Arbeit fort, bis keine Aufkleber mehr an der Haltestelle prangerten.

Daraufhin begab sich dieser junge Mann im schnellen Schritt zu mir und stellte sich provokativ nur Zentimeter von mir entfernt auf. Er fragte mich, ob ich Langeweile hätte. Ich verneinte und fragte nach dem Grund seiner Frage. Er wiederholte seine Frage und fügte hinzu: "wegen der Aufkleber". Ich sagte nochmals, daß ich keine Langeweile hätte.

Daraufhin fiel ihm sichtlich nichts mehr ein, konnte sich aber nicht verabschieden, ohne eine Drohung auszusprechen. Während er verächtlich an mir herunterschaute, sagte er: "Wenn ick Dich noch mal bei sowas erwische, hau ick Dir die Rübe ein. Is det klar? Oder ick ruf ´nen Funkwagen."

Das gab mir doch zu denken. Springerstiefel und Glatze sind noch lange keine sicheren Zeichen einer DVU-Mitgliedschaft. Doch alleine diese öffentliche Verteidigen einiger faschistischer Aufkleber zeigt deutlich das Selbstverständnis, mit dem junge Nazis ihr Gedankengut verbreiten können. Die unverhohlene Gewaltandrohung deckt die Realität auf, die Olaf Herrmann so rosig einfärbt. "Wir sind gegen jede Gewalt"? Der Mann muß nicht unbedingt ein DVU-Mitglied gewesen sein. Doch falls er keines war, sondern nur ein Sympathisant oder Mitläufer, ist das nicht viel schlimmer? Wenn schon Sympathisanten sich gewaltbereit für die Öffentlichkeit der Parteiparolen einsetzen, wie würden dann echte DVU-Mitglieder reagieren?

Auch die Drohung, „den Funkwagen zu rufen", ist bezeichnend für die verquere Denkart dieses Mannes. Sachbeschädigung ist das Kleben -egal welcher- Aufkleber, und nicht das Abreißen derselben. Wollte er wirklich das Klebenlassen des DVU-Aufkleber polizeilich durchsetzen lassen?

Ich habe mir meine Meinung über die DVU, deren Mitglieder und Sympathisanten und Ansichten zur Gewaltbereitschaft gebildet und weiß, wie ich über den Verdacht des Angriffes auf einen Farbigen von einem DVU-Mitglied zu denken habe.

Ich habe zwei Konsequenzen aus dem beschriebenen Vorfall gezogen.

Ich werde mein Wahlrecht nutzen und weiß, wo und was ich bei meinen Abendspaziergängen jetzt machen werde.

In diesem Sinne,
Arthur Müller
LÖPA Berlin

 
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Diese Seite wurde zuletzt am 21.03.2004 aktualisiert.
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