Maturaarbeit Stefanie Simonet

Die Sitcom

Ein Beispiel visueller Trivialliteratur





Vorwort

 A)  Theoretischer Teil
 

1. Einführung
2. Die Trivialliteratur

2.1. Begriff und Definition
2.2. Kennzeichen der Trivialliteratur
2.3. Wirkung und Funktion
3. Die Sitcom
3.1. Definition von Begriff und Typus
3.2. Die verschiedenen Gattungen
3.2.1. Die Domcom
3.2.2. Die Singlecom
3.2.3. Die SciFiCom
3.2.4. Die Couplecom
3.3. Der Handlungsort
3.4. Die Figuren
3.4.1. Der Hauptdarsteller
3.4.2. Der Nebendarsteller
3.4.3. Der Gastdarsteller
3.5. Der Aufbau einer Episode
3.6. Die Geschichte der Sitcom
4. Das Sitcom-Wörterbuch
 



 

Vorwort

Beinahe jede grosse Fernsehstation strahlt regelmässig Sitcoms aus, ob aus Amerika importiert oder selbst produziert.
Ich setzte mich jeden Tag nach der Schule vor den Fernseher, um zu entspannen und um mich ein bisschen zu amüsieren. Am besten kann ich dies, wenn ich „Friends“ schaue, mein absoluter Favorit unter den Sitcoms. Schnell einmal war mir klar, dass meine Maturaarbeit in irgendeiner Weise etwas mit Sitcoms zu tun haben muss. Ich habe mich dann auch entschlossen, die Sitcom als Genre der Fernsehproduktionen einmal etwas genauer betrachten und zu versuchen, diesen Typus klar zu definieren und einzuordnen.
Geholfen haben mir bei dieser Arbeit insbesondere meine Betreuerin, Frau Kully und meine Familie, die mich stets motivierte. Einen grossen Dank möchte ich dem SF DRS aussprechen, welches mir bereitwillig Material zu den von ihm produzierten Sitcoms zur Verfügung stellten. Dann möchte ich mich noch bei Frau Egger bedanken. Ihre Führung durch das Kabinett für sentimentale Trivialliteratur war sehr spannend.
 
 

1. Einführung

„Die Sitcom, ein Beispiel visueller Trivialliteratur“. So lautet der Titel meiner Maturaarbeit. Aber was ist eine Sitcom? Wie ist sie definiert und wo kann man sie einordnen? Was sind ihre Merkmale und ist es möglich, dass ich selbst eine Sitcom schreiben kann? Mit diesen Fragen habe ich mich auseinander gesetzt und versucht, sie so gut wie möglich zu beantworten. Zuerst musste ich dabei aber den Begriff „Trivialliteratur“ genau definieren. Dann habe ich weiter die Sitcom unter die Lupe genommen und zum Schluss, im praktischen Teil, versucht, selbst eine Episode einer, von mir erfundenen Sitcom, zu schreiben.
Da die meisten Sitcoms aus Amerika kommen, habe ich mich besonders auf diese konzentriert. Auch die Geschichte der Sitcoms bezieht sich in meiner Arbeit nur auf amerikanische Produktionen.

2. Die Trivialliteratur

2.1. Begriff und Definition

Trivialliteratur setzt sich aus den Wörtern Trivial und Literatur zusammen. Trivial stammt vom lateinischen Wort „trivialis“ ab, was soviel bedeutet wie auf der Strasse befindlich, allgemein zugänglich, gewöhnlich. Heute wird Trivial als Synonym für platt, abgedroschen, seicht und alltäglich gebraucht.
Trivialliteratur wird häufig als Synonym für die Unterhaltungsliteratur verwendet. Man muss jedoch mit der Verwendung dieses Begriffes vorsichtig umgehen, denn Trivialliteratur ist ein Bereich innerhalb der Unterhaltungsliteratur.
Die Trivialliteratur gilt heute als Sammelbegriff für alle fiktionalen Texte, also erfundene Geschichten, die den ästhetischen, formalen und funktionalen Kriterien der Hochliteratur nicht entsprechen.
Jeder Fortsetzungsroman, jeder Comic und jedes Romanheft zählt zur Trivialliteratur. Behandelt werden populäre Themen wie Abenteuer- oder Liebesgeschichten, wobei es sich meistens um Klischees handelt. Die Trivialliteratur umfasst alle Textarten, vor allem Erzähltexte, aber auch Lyrik, anspruchsloses Unterhaltungstheater oder Fernsehproduktionen (Soap Operas, Sitcoms) gehören dazu.

2.2. Kennzeichen der Trivialliteratur

Aus sprachlicher Sicht lässt sich feststellen, das bei Erzählungen der Trivialliteratur die Wortwahl und der Satzaufbau banal und primitiv ist. Es kommt zu einer Häufung von Adjektiven und Superlativen. Daraus folgen überladene Bilder und gekünstelte Sprachformen. Ein weiteres sprachliches Merkmal ist die oberflächliche, eintönige Atmosphärenschilderung. Bei der Darstellung der Personen erkennt man deutlich das „Gut – Böse“ Darstellungsschema. In einer Geschichte gibt es die Seite der guten Menschen und der bösen Menschen. Dabei ist die Rollenverteilung konstant. Es kommt zum Aufbau von Scheinproblematiken und zur Zwangsharmonisierung der Umwelt. Die Figuren in einer Erzählung „leiden“ an übertriebener Sentimentalität. Beim Handlungsaufbau lässt sich auch ein typisches Schema feststellen. Der Autor verwendet sozusagen vorgefertigte Handlungsschablonen. Als Leser erkennt man daher schon früh, wo die Handlung „hingeht“. Es herrscht daher Spannungslosigkeit. Was sind aber die Intentionen ,also die Absicht des Autors, wenn er so einen Roman schreibt? Zum einen sicherlich die Berechnung auf die Erwartungen des Lesers, d.h. er weiss genau, was der Leser lesen will und schreibt deshalb dementsprechend. Zum anderen beabsichtigt er, Tod, Krankheit, menschliches Leid, soziale Konflikte, Gewalt und Krieg zu verharmlosen. Warum liest jemand denn einen solchen Roman? Sentimentales Einfühlen oder Selbstbestätigung in Klischees könnten Gründe sein, aber auch Trägheit und Kritiklosigkeit. Man will während des Lesens nicht zu viel denken, sondern einfach unterhalten werden.

2.3. Wirkung und Funktion

Jede Literatur, die von einer Person gelesen wird, hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Leser und dazu noch eine beträchtliche Wirkung auf ihn. Der Leser wird nicht nur beeinflusst, sondern auch geprägt in seinem Denken und Handeln. Dabei ist es sehr wichtig, das er stets ein bewusstes und möglichst kritisches Verhältnis zur Literatur entwickelt.
Die Trivialliteratur hatte schon zu Beginn vielerlei Funktionen. Ich versuche die wichtigsten hier kurz zusammenzufassen. Zum einen füllte sie die Freiräume aus, die durch das Industrie- und Massenzeitalter geschaffen wurden. Dazu kommt, dass sie unzufriedene und unausgefüllte Menschen mit Wunschbildern erfüllte. Weiter ermöglichte sie und tut dies eventuell noch immer, ein Ausspannen vom Arbeiten und dem Leistungsdruck und unterstützt die Suche und das Verlangen nach einer besseren Anderswelt. Die Trivialliteratur vermochte die geheimsten Wünsche der Menschen zu ertasten und zu erfüllen, allerdings nur in einer Scheinerfüllung. Ein weiterer Punkt ist das Durchleben von Abenteuer. Menschen, welche in einer Welt ohne Abenteuer leben, können dank der angeregten Fantasie und der Trivialliteratur solche durchleben. In ihr finden wir auch alle elementaren menschlichen Gefühle wie Liebe, Hass, Glück, Heimweh und Sehnsucht. Sie werden bewusst noch verstärkt. Letztlich ist noch zu erwähnen, dass sie uns zur Flucht in die Geborgenheit und Idylle verhilft. Die Trivialliteratur erfüllt natürlich noch weitere Funktionen, doch sie hier alle zu erwähnen würde den Rahmen meiner Maturaarbeit sprengen.

3. Die Sitcom

3.1. Definition von Begriff und Typus

Sitcom ist eine Abkürzung für „Situation Comedy“, was dem Begriff Situationskomödie gleich kommt.
Zwei Zitate sollen kurz zusammenfassen, was eine Sitcom überhaupt ist:
„Situationskomödie, eine humorvolle, episodische Folge von Programmen, in denen wohldefinierte Charaktere sich auf einen Handlungsort oder einen Katalog von Umständen beschränken und auf neue Vorkommnisse vorhersehbar reagieren.“
„Eine Sitcom ist eine halbstündige Serie, deren Augenmerk sich auf Episoden mit wiederkehrenden Charakteren unter denselben Prämissen richtet. Das heisst, wir begegnen jede Woche denselben Menschen am im wesentlichen immer gleichen Handlungsort. Die Episoden sind abgeschlossen; was in einer Episode passiert, ist am Ende der halben Stunde gewöhnlich veranschaulicht, erklärt, versöhnt, gelöst. Sitcoms werden generell vor einem Live-Publikum aufgeführt, ob sie nun live übertragen oder gefilmt oder aufgezeichnet werden...“

Die Sitcom gehört in die Sparte der visuellen Trivialliteratur und man ordnet sie den Fernsehproduktionen zu. Es gibt noch weitere Fernsehproduktionen, die zur Trivialliteratur gehören. Ein Beispiel wäre die Soap Opera. Sie widmet sich jedoch den ernsteren Themen des Lebens zu. Im Gegensatz zu der Sitcom, wo, wie der Name schon sagt, die Comedy im Zentrum steht. Anders formuliert, die Sitcom bringt uns zum Lachen. Die dabei behandelten Themata sind meist banal und aus dem Leben gegriffen. Sie basieren auf den Fehlern, Missgeschicken, Erlebnissen, Gefühlen und Situationen, die wir, das Publikum, alltäglich erleben oder durchmachen. Eine Sitcom ist eine Serie. Sie ist fortlaufend, doch basieren die einzelnen Episoden nicht auf die vorausgegangene. Demnach hat jede Episode ihre eigene Handlung, unabhängig von der, der vorherigen Episode. Die Folgen sind in sich abgeschlossen und gehen stets von der gleichen Ausgangssituation aus. Die einzelnen Handlungen werden durch Störungen der Normalsituation vorangetrieben, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Die Episoden einer Sitcom kehren am Schluss immer wieder zu ihrem Ursprung zurück. Ganz anders bei der Soap Opera, bei der die Folgen einen langfristig unvorhersehbaren Verlauf annehmen und sich daher fortlaufend weiterentwickeln. Voraussetzung dafür ist, dass man die Personen und die vorausgegangenen Handlungen einigermassen kennt, damit man begreift und nachvollziehen kann, warum was geschieht. Dies ist auch der grosse Unterschied zur Sitcom. Man kann sich eine Episode ohne genauere Vorkenntnisse der jeweiligen Sitcom anschauen, da die Ereignisse stets auf eine Folge beschränkt sind. Es ist natürlich hilfreich , wenn man mit den Charakteren der Figuren und der Ausgangssituation ein wenig vertraut ist.
Im Zentrum einer Sitcom stehen nicht unbedingt die Situationen, wie man es wegen des Titels vermuten könnte, sondern vielmehr die Charaktere der Hauptfiguren. „The best situation comedy isn’t about situations at all; it’s about vulnerable people … comedy springs from character.“  Dies übersetzt heisst soviel wie: In der besten Situationskomödie geht es keineswegs um Situationen; es geht um verwundbare Menschen … Komödie entspringt Charakteren. Dementsprechend ist also die Stärke der Charaktere auch die Stärke der Sitcomserie selbst. Dabei ist wichtig, dass der Zuschauer möglichst schnell mit den Charakteren vertraut ist.
Dass die Episoden in sich abgeschlossen sind, ist eine hilfreiche Eigenschaft der Sitcoms. Damit aber die Konfliktproblematik logisch und nachvollziehbar ist, muss man die Charaktere der Figuren schnell und mühelos erfassen können. Hilfreich sind dabei das Auftreten und Kleiden einer Person, wie auch Gestik und Mimik. Schon anhand des äusseren Erscheinens sollte man den Typus einer dargestellten Person einschätzen können. Die wiederkehrenden Handlungsmuster geben uns Aufschluss über die Lebensziele und der Einstellung der jeweiligen Person. Um glaubwürdig zu sein, muss die Handlung der Person entsprechen. Zum einen muss dabei beachtet werden, dass die Eigenarten jeder einzelnen Figur deutlich herausgearbeitet werden und noch viel wichtiger, dass die Beziehung zu den anderen Figuren klar definiert sind. Schliesslich sind die Verhältnisse dazu da, um neue Motive für Konflikte zu kreieren. Ein weiterer Punkt ist die Vorhersehbarkeit. Es ist wichtig, dass die Figuren uns real und schlüssig erscheinen, also möglichst plastisch wirken. Nur wenn der Zuschauer weiss, was und wie die Figur denkt, fühlt und wie sie sich schwierigen Situationen annähert, kann er die sich allmählich entwickelnde Spannung der Handlung nachvollziehen. Wie er sich dann in einer Konfliktsituation verhält und sich daraus befreit gibt uns wiederum weitere Informationen über den Charakter der jeweiligen Figur und hilft somit, das Erscheinungsbild zu vervollständigen. Dabei ist spannend zu sehen, wie die Figur aus einer prekären Lage wieder heraus kommt. Dass sie den Weg zurück findet, ist wiederum vorhersehbar.

Entscheidend für das Funktionieren einer Sitcomidee ist also eine gewisse Stereotypie der Figuren, die Transparenz ihrer Charaktere und die Vorhersehbarkeit ihrer Handlungen in bestimmten Situationen. Oder anders formuliert, die Sitcom darf den Zuschauer nicht überfordern, denn der will sich unterhalten lassen.
 

3.2. Die verschiedenen Gattungen

Es gibt viele verschiedene Gattungen der Sitcoms, wie z.B. Domcoms, Kidcoms, Couplecoms, Singlecoms, SciFiComs, Ethnicoms, u.v.m. Sie alle unterscheiden sich in der jeweiligen Thematik, die sie behandeln, wenn auch der Übergang fliessend sein kann. Dabei sind manche Sitcoms auf eine dominierende Person zugeschnitten, andere auf eine Gruppe gleichwertiger Personen. Die häufigsten Gattungen der Sitcom möchte ich hier etwas genauer betrachten.

3.2.1. Die Domcom

Domcom ist eine Abkürzung für „domestic comedy“. Sie befasst sich mit dem Familienleben, wobei die Hauptfiguren Mutter, Vater und meistens Kinder sind. Der Schwerpunkt liegt vor allem beim Wachstum und der Entwicklung der Charakteren. Es werden die wichtigsten Dinge, die sich im Leben des Protagonisten abspielen, porträtiert, d.h. alle Ereignisse, die in irgendeiner Form Einfluss auf das Leben haben. Beispiele für eine Domcom sind „Full House“, „Who’s the Boss“ und „Fertig luschtig“ als Schweizer Domcom.

3.2.2. Die Singlecom

Die Singlecom befasst sich mit dem Leben von Singles, wie der Name schon sagt. Thematik bei dieser Gattung ist dann auch Liebe, Beziehung und Sex. Es werden Singels porträtiert, die auf der Suche nach einem Partner sind und dabei viele Krisen, Probleme und Konflikte überwinden müssen. „Friends“ aber auch „Seinfeld“ sind wohl die berühmtesten und bekanntesten Singlecoms.

3.2.3. Die SciFiCom

Science Fiction Comedy würde die SciFiCom ausgeschrieben heissen. In diesen Sitcoms geht es vor allem um das Übernatürliche und Erfundene. Magische und fanatische Elemente bestimmen diese Sitcoms, die auch Magicoms genannt werden. Zu dieser Gattung gehört „Alf“, wie auch „Bezaubernde Jeannie“.
 

3.2.4. Die Couplecom

Die Couplecom befasst sich mit der Beziehung eines Protagonistenpaares. Dabei werden auch die Probleme und Krisen porträtiert, die ein Paar alltäglich durchlebt und meistern muss. Thematik hier wäre auch die Liebe und die Beziehung, wie bei der Singlecom, doch kommt hier noch Familie und Job dazu. Beispiel dafür ist „Dharma & Greg“.

3.3. Der Handlungsort

Die Handlung einer Sitcom bewegt sich an einem Ort, den die Hauptfigur bzw. die Hauptfigurengruppe im Alltagsleben regelmässig aufsucht. Zudem trifft sie hier auf andere Figuren, mit denen sie auf beruflicher oder privater Ebene verbunden ist. Der jeweilige Schauplatz wird von den Figuren dominiert, d.h. deren Beruf, Familienstand, Geschmack oder Vorlieben. Beispiel dafür wäre „Friends“. Die sechs Mitglieder der „Friends-Gang“ halten sich bevorzugt in ihren Appartements oder ihrer Stammkneipe, dem Central Perk auf. Der Aufenthaltsort der Figuren hilft uns, die alltägliche Situation und die potentiellen Konflikte zu erkennen und verstehen. Zusammengefasst könnte man sagen, dass der Handlungsort einer Sitcom meistens der Wohnraum oder der Arbeitsplatz ist.

3.4. Die Figuren

Bei einer Sitcom unterscheidet man zwischen drei Figuren: dem Hauptdarsteller (main character), dem Nebendarsteller (supporting character) und dem Gastdarsteller (transient oder guest star).

3.4.1. Der Hauptdarsteller

Der Hauptteil der Geschehnisse dreht sich vor allem um die Darsteller, die im Mittelpunkt stehen, also den Hauptdarstellern. In der Regel hat jede Sitcom nur einen Hauptdarsteller, doch wie schon erwähnt, können auch mehrere Personen als Hauptdarsteller auftreten. Sie treten in jeder Folge auf und sind stets in die Konflikte verwickelt.
3.4.2. Der Nebendarsteller

Der Nebendarsteller gehört ebenfalls zur festangestellten Besetzung. Ihre Aufgabe ist es, den Hauptdarsteller zu unterstützen, selber aber im Hintergrund zu bleiben. Die Anzahl der Nebendarsteller ist bei jeder Sitcom äusserst klein und das aus zwei wesentlichen Gründen. Zum einen aus Kostengründen; je mehr Schauspieler angestellt sind, desto mehr Leute müssen bezahlt werden. Der andere Grund betrifft jedoch die Zuschauer. Damit sie das Interesse an einem Geschehen nicht verlieren, müssen sie die Nebendarsteller sofort identifizieren und sich an ihre Persönlichkeit erinnern können. Sind zu viele Darsteller involviert, erfordert dies mentale Anstrengung und dieser Anstrengung weichen die meisten Zuschauer aus.

3.4.3. Der Gastdarsteller

Gastdarsteller werden häufig gebraucht und zwar in drei verschiedenen Formen: als Gaststar (guest star), als kleine aber wichtige Rolle oder aber als wichtige, aber nicht immer gebrauchte Rolle. Der Gaststar hat immer eine grosse Rolle in genau einer Episode, wobei daraus ein Problem entsteht. Der Gaststar braucht weder ein wirklicher Star zu sein, noch sich selbst zu spielen. Es kann irgendein Schauspieler sein, der eine grosse Rolle in einer einzigen Episode spielt.
Kleine, aber wichtige Rollen haben meist die kurzzeitig auftretenden Personen, wie z.B. der Postbote, Verkäufer und Kunde, oder aber der Pizzalieferant. Sie sind wichtig für den Fortbestand der Handlung, weil sie selbst etwas für das Problem oder die Komplikationen beitragen, jedoch steuern sie wenig oder gar nichts von sich selbst als Figur bei.
Dann gibt es noch die wichtige, aber nicht ständig gebrauchte Figur. Sie dient als Nebendarsteller, wird jedoch nicht in jeder Episode gebraucht. Sie treten drei bis vier mal pro Staffel auf, doch ihre Funktion ist ausgedehnt und notwendig für diverse Handlungen. Ein Beispiel dafür wären die Eltern einer Hauptfigur.

3.5. Der Aufbau einer Episode

Eine Episode besteht aus drei Teilen, auch Akte genannt: Anfang, Mitte, Ende.
Der Anfang zeigt uns auf, um was es in der Handlung gehen wird. Eine oder mehrere Personen stehen einem Problem, einem Konflikt, einer Neuigkeit oder einer bevorstehenden Entscheidung gegenüber. Um die Neugier des Zuschauers zu wecken und ihn nicht zu langweilen, wird wenn möglich nicht von der eigentlichen Handlung abgeschweift. Der Anfang nimmt etwa ein Viertel der gegebenen Zeit, also ca. 5 Minuten ein.
In der Mitte kommen zunehmend Probleme dazu und die Situation wird immer komplizierter, bis es schliesslich zum Eklat kommt. Um nun den Konflikt oder das Problem zu lösen, sind Entscheidungen oder Taten gefragt. Die Mitte dauert etwa zwei Viertel der Sendezeit.
Am Ende kehrt die Handlung wieder zur Ausgangssituation zurück, wie es Sitcom-typisch ist. Dabei wird gezeigt, wie die Grundstabilität, die Normalsituation oder auch das Gleichgewicht wiedererreicht wird.

3.6. Die Geschichte der Sitcom

Die Sitcoms zählen zu den ersten und ältesten überlebenden Formaten der Fernsehgeschichte. In der USA hatten sie bereits in den 50-er Jahren einen unumstrittenen Platz im TV-Programm. In dieser Zeit strahlte der amerikanische Fernsehsender CBS eines der erfolgreichsten Programme der Fernsehgeschichte überhaupt aus: „ I love Lucy“. Diese Sitcom gilt noch heute als die populärste Fernsehshow aller Zeiten. Es war der erste Sitcomerfolg und für die einen ist sie die Mutter aller Sitcoms, die Ursitcom. „I love Lucy“ setzte neue Standards. So wurde beispielsweise die Serie vorproduziert und nicht live übertragen. Man zeichnete mit drei Filmkameras und ohne Unterstützung von Lachkonserven, also „Lacher ab Band“ vor Studiopublikum auf und fügte später im Schneideraum das Bildmaterial zu einer Sendefassung zusammen. Während sonst bei Live-Sitcom-Übertragungen die Kamera stets auf die sprechende Person gerichtet war, konnte man mit diesem System auch die Reaktionen der anderen Personen einfangen und so weitere komische Momente hinein bringen. Thematik bei „I love Lucy“ war die Konfliktsituation der zeitgenössischen Gesellschaft. Die Frauen, die während des Krieges lange Zeit auf sich alleine gestellt waren und ihre Selbstständigkeit behauptet hatten, sollten sich nun, da die Männer wieder das Regiment übernehmen wollten, den traditionellen Rollenmustern fügen. So rebellierte Lucy stellvertretend für eine Generation von Frauen gegen die Unterdrückung des weiblichen Emanzipationsstrebens. Der grosse Erfolg hing sicher auch damit zusammen, dass man nach der langen Kriegszeit nun etwas suchte, bei dem man sich entspannen, nicht anstrengen und einfach nur lachen kann und soll. Natürlich gab es noch andere Sitcoms, die während dieser Zeit im TV gezeigt wurden, aber keine war so erfolgreich wie „I love Lucy“.
In den 60-er Jahren richteten sich die Sitcoms vermehrt nach der Tradition und dem Surrealen aus. Zur ersten Variante zählt man „Leave it to Beaver“ (Mein lieber Biber). Diese Sitcom ist eine Domcom, die den „Schwachpunkt“ der US-amerikanischen Gesellschaft, also die glückliche, funktionierende Familie, idealisierte und dieses Idealbild ins Zentrum der Episoden rückte. Die zweite Variante, also die „Fantasy-Sitcom“, tauchte vermehrt in der Mitte der 60-er Jahre auf. Die märchenhaften und surrealen Gestalten waren damals vom Bildschirm nicht wegzudenken. In Europa waren vor allem „Bewitched“ (Verliebt in eine Hexe) und „I Dream of Jeannie“ (Bezaubernde Jeannie) sehr beliebte Serien. Die weiblichen Hauptfiguren beider Serien waren mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet und verfügten daher über ein für die Männerwelt bedrohliches Machtpotential. Eine weitere, auch sehr bekannte und erfolgreiche Sitcom aus dieser Zeit ist „The Addams Family“. Mit „The Flintstones“ (Familie Feuerstein) wurden dann im TV die ersten Zeichentrickhelden in Situationskomödienformat ausgestrahlt.
In den 70-er Jahren übernahmen die Sitcoms die Rolle der Aufklärer. Zumindest in der „Mary Tyler Moore Show“. Sie sollte die Entwicklung von Frauenrollen im Fernsehen entscheidend verändern. Mary Tyler Moore spielte Mary Richards, eine etwa dreissigjährige, alleinstehende Frau, die als Produktionsassistentin in der Nachrichtenredaktion eines Senders tätig und damit finanziell unabhängig ist. Am Arbeitsplatz zeigt sie den Männern wo es lang geht und zu Hause führt sie ein zufriedenes, unabhängiges Singledasein. Die Show wurde ein Erfolg, vor allem war sie beim jüngeren Publikum beliebt. 1971 startete „All in the Family“. Eine Sitcom, die das Leben zeigte, wie es ist, zumindest in der Unterschicht. Nichts blieb unantastbar und die Macher wagten sich auch an Tabu- Themen wie Impotenz, Fehlgeburten, Wechseljahre oder Vergewaltigung heran. Diese Serie wurde über zwölf Jahre produziert und erzielte stets hohe Einschaltquoten.
Während in den 70-er Jahren die Themen der Sitcoms mehr sozial-realistischen Bezug hatten, wandte man sich in den 80-er Jahren von den kritischen Stoffen ab, da das Interesse an solchen Themen abnahm. Überhaupt schien es, als ob das Publikum das Interesse an Sitcoms langsam, aber sicher verlor. Darunter litten natürlich die Fernsehnanstalten, denen die sinkenden Quoten zu schaffen machte. Die Kabelsender setzten ihren Schwerpunkt nunmehr auf Themenbereiche wie Nachrichten, Sport oder Musik. Immer mehr kamen auch die Soap Operas auf, mit welchen man versuchte, das Publikum wieder vor den Bildschirm zu bringen. Damals sagten die Kritiker dem Sitcomgenre den baldigen Untergang voraus. Trotzdem gab es ein paar Sitcoms, die sich durchsetzen konnten, nämlich „Family Ties“ (Familienbande) und „The Cosby Show“ (Die Bill Cosby Show). Beide repräsentierten das harmonische Familienideal. Überhaupt gab es während den 80-er Jahren viele Sitcoms, die noch heute den meisten Jungendlichen bekannt sind, weil sie immer noch im TV zu sehen sind. Dazu gehörten „Who’s the Boss?“ (Wer ist hier der Boss?), „Golden Girls“, „Alf“, „Roseanne“ und „Married...with Children (Eine schrecklich nette Familie). Sie alle konnten den Untergang der Sitcoms erfolgreich verhindern. Mit Alf wurde erstmals eine Puppe zum Star einer Sitcom, was vor allem hinsichtlich der Studioproduktionspraxis vor Publikum eine weitere Herausforderung darstellte und trickreich in Szene gesetzt werden musste.
Thema der Sitcoms in den 90-er Jahren waren dann die Singles und „andere Kuriositäten“. Die „Simpsons“, noch heute eine der meistgesehensten Sitcoms, dienten anfangs nur als Pausenfüller einer Unterhaltungsshow. Das Publikum war von den Cartoon-Männchen jedoch so begeistert, dass der Sender FOX ihnen ab 1989 eine eigene halbstündige Sendung gewährte. Die Sitcoms sind bis heute sehr beliebt und das nicht nur, weil die Comicfiguren so niedlich sind, sondern auch wegen ihrer Sozialkritik. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Sitcom setzte die 1990 erschaffene Sitcom „Seinfeld“. Die Thematik: Das Singledasein. Vier Personen, die um die dreissig Jahre alt sind und in New York leben, müssen sich mit banalen Alltagssituationen herumschlagen. Was die Figuren zusammenführt ist Freundschaft und Nachbarschaft und nicht, wie beim bisherigen Konzept, die Familie. Auch eine „domestic sitcom“, also Domcom, konnte 1991 Erfolge feiern und zwar „Home Improvement“ (Hör mal, wer da hämmert!). Diese Sitcom widmete sich den familiären Verpflichtungen, der Ehe und den Kindern.
„Friends“ heisst die Sitcom, die 1994 startete und bis heute noch produziert wird. Sie ist die erfolgreichste Sitcom aller Zeiten und keine andere spielt soviel Geld ein wie sie. „Friends“ handelt von drei Frauen und drei Männern, die in New York wohnen und in einer etwas orientierungslosen Lebensphase stecken. Sie sind um die dreissig Jahre alt, single und sind ständig in ihrem Stammcafé zu finden. Gelegentlich wird untereinander geflirtet und manchmal kommt es gar zu einer ernsteren Beziehung zwischen zwei der sechs Figuren. Themen sind Freundschaft, Liebe, Sex, Job und die damit verbundenen Probleme. Man ist füreinander da, hilft sich gegenseitig und übersteht so diverse persönliche sowie berufliche Pleiten und Krisen. „Friends“ ist eine typische Singlecom. Weitere erfolgreiche Sitcoms aus den 90-er Jahren sind „Frasier“, „The Fresh Prince of Bel Air“ (Prince of Bel Air), „Will and Grace”, „Sex and the City”, „Sabrina, the Teenage Witch” (Sabrina, total verhext!), Dharma & Greg, u.v.m.

Natürlich fällt auf, das sich die Geschichte der Sitcoms in meiner Arbeit auf amerikanische Daten und Sitcoms bezieht. Aus Deutschland habe ich leider keine Informationen und auch aus der Schweiz sind mir keine Daten, geschweige denn Namen bekannt. Ausnahmen sind vier Sitcoms: „Fascht e Familie“ (1994 - 1999), die Schweizer Sitcom, die sich über Jahre in die Herzen der Zuschauer spielte und jeden Freitag dementsprechend hohe Einschaltquoten erzielen konnte. Als die Produzenten dieser, beim Publikum sehr beliebten Sitcom nach vielen Jahren die Produktion einstellte, war auch schon eine neue Situationskomödie auf Sendung. Mit „Mannezimmer“ (1997 - 2001) versuchte man an den Erfolg von „Fascht e Familie“ anzuknüpfen, was aber nicht gelang. Sie wurde nach 6 Staffeln abgesetzt und musste einer neuen Sitcom, „Fertig luschtig“, Platz machen. Auch diese Sitcom wurde nach nur wenigen Staffeln abgesetzt, wobei der Entscheid jedoch beim Schweizer Fernsehen lag, welches sich aus Kostengründen von solchen Serien distanzieren wollte. Die neuste Sitcom, die 2002 das erste Mal auf Sendung ging, heisst „Bürgerbüro“. Von dieser Sitcom fehlen mir aber jegliche Informationen und Daten. Was man noch dazu sagen kann ist, dass alle hier aufgeführten Schweizer Sitcoms, bis auf „Mannezimmer“ vom gleichen Autor geschrieben wurden, nämlich von Charles Lewinsky.
 

4. Das Sitcom-Wörterbuch
 

Da der Begriff ‚Sitcom’ und auch dieses Fernsehsendungsformat aus dem amerikanischen stammt, ist es verständlich und nur allzu logisch, dass die wichtigsten Ausdrücke in englisch sind. Damit die Verständlichkeit optimal ist, habe ich versucht, die Begriffe zu übersetzen und sie zu erklären.

Writer: Autor: Er ist verantwortlich für die Geschichte einer Episode, d.h. er ist der Verfasser.

Director: Regisseur: Er ist für den Dreh einer Episode zuständig. Eine Sitcom kann mehrere ‚directors’ haben, d.h. nicht jede Episode wird vom gleichen Regisseur produziert.

Cast: Besetzung: Die Schauspieler, welche für eine Episode gebraucht werden, d.h. einen Auftritt haben. Die Grundbesetzung, also die Hauptdarsteller, die in jeder Folge einen Auftritt haben, nennt man „Regular Cast“.

Season: Staffel: Alle Episoden zusammengefasst ergeben eine Staffel. Sie besteht meistens aus ca. 24 Episoden.

Episode: Folge: Sie dauert zwischen 22 – 30 Minuten.

Pilot: Pilot: So wird die erste Episode einer Serie genannt. Pilots werden in der Regel von Sendern in Auftrag gegeben, um zu sehen, ob sie ihren Erwartungen entspricht und ob das Publikum gut darauf reagiert.

Cliffhanger: „Klippenhänger“: Eine Szene, die uns quasi im spannendsten Moment hängen lässt. Bei Sitcoms kommt dies meistens in der letzten Episode einer Staffel vor, damit das Publikum gespannt bleibt und die erste Folge der nächsten Staffel auf keinen Fall verpassen will.

Season Opener: Eröffnungsfolge: Wird gespielt, wenn eine neue Staffel beginnt und ist meist eine Folge auf den vorab gesendeten Cliffhanger. In der Regel muss man ein paar Monate auf diese Folge warten.

Storyline: Handlung: Auf etwa einer halben bis ganzen Seite wird die durchlaufende Handlung einer Episode beschrieben.

Plot: Handlung: Beschreibt in 2–3 Sätzen den eigentlichen Konflikt, also die Grundidee einer Geschichte.

Teaser: “Appetitanreger”: Eine kurze witzige Szene vor dem Vorspann, die “Appetit” auf die Geschichte macht. Sie ist etwa 1–2 Minuten lang und fehlt meistens bei der Pilot-Folge.

Opening und Ending Credits: Vorspann und Abspann: Beim Vorspann wird meistens ein kleines Filmchen gezeigt, in welchem die Hauptdarsteller gezeigt oder aufgeführt werden. Beim Abspann werden dann die im Hintergrund mitwirkenden Personen, also den Autoren, Produzenten, usw. aufgelistet.

Tag: Anhänger: Eine Szene, die nach dem Abspann noch gezeigt wird, nur hat sie nichts mehr mit dem eigentlichen Problem der Geschichte zu tun.

Commercial Break: Werbepause: Meistens vor dem Höhepunkt der Folge. Eine Werbepause kann aber auch schon nach dem Teaser gezeigt werden.
 
 

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