Michaels Homepage für extreme Frühgeburten

(Frühchen bis 1000 Gramm Geburtsgewicht)

- Michaels Geschichte -


Vorwort

Frühgeburten sind glücklicherweise in Deutschland die absolute Ausnahme; fast alle Kinder kommen mehr oder minder nach "Fahrplan" zur Welt. Ausgeklügelte und langbewährte Untersuchungsmethoden, auf die jede werdende Mutter in Deutschland ein Recht hat, verhindern auch bei Problemschwangerschaften normalerweise eine schlimmes Ende.

Dennoch mußten wir erfahren, daß es - wie in allen anderen Berufen auch - Ärzte gibt, die ihr Handwerk nicht so verstehen wie es nötig wäre. Ankes Prä-Eklampsie wurde von der behandelnden Frauenärztin trotz regelmäßiger Untersuchungen nicht entdeckt. Die konstant hohen Eiweißwerte im Urin wurden monatelang als "Scheidenpilz" deklariert, die zu geringe Größe des Kindes wurde nicht erkannt und die geringen Kindsbewegungen mit "Schlaf" erklärt. Nur durch Zufall (Anke hatte schwere Migräne, und es war Abend) suchten wir notgedrungen die Entbindungsklinik auf - wenige Tage (vielleicht sogar Stunden), bevor Mutter und Kind am HELLP-Syndrom gestorben wären.

Wir können daher allen werdenden Müttern nur raten, bei allen Beschwerden in der Schwangerschaft sofort einen Arzt aufzusuchen. Findet dieser keine befriedigende Erklärung, dann sollte notfalls auch auf eigene Faust ein zweiter Arzt bzw. ein Krankenhaus aufgesucht werden. Ein guter Frauenarzt wird Verständnis dafür haben, daß Sie eine zweite Meinung hören möchten. Und einen schlechten sollte man schleunigst wechseln...


Michaels Geschichte



     
Seraphin VII.
Seraphin VII. Krankenschwester
Engel in Weiß Ärztin
Halbgöttin in Weiß

Vorgeschichte

Gestatten: Seraphin VII., Beruf: Schutzengel von Michael. Für gewöhnlich fangen wir mit dem Job an, wenn die Geburt kurz bevor steht, so in der 38. Schwangerschaftswoche. Als ich dann bei Michael schon in der 28. anreisen mußte, habe ich bereits das Schlimmste befürchtet. Michaels Mama sah gar nicht schwanger aus und hatte seit Beginn der Schwangerschaft 7 Kilo abgenommen, weil ihr andauernd schlecht war. Ihre Frauenärztin war der Meinung, Anke fehlten nur ein paar Zusatzkalorien. Auch hatte sie in der letzten Zeit Rückenschmerzen - nach meiner Ansicht eher Nierenschmerzen. Das zahlreiche Eiweiß im Urin - ein deutliches Zeichen für höchste Gefahr - außer für ihre Ärztin. Und das alles nur, weil Ankes Schutzengel gerade in Urlaub war...
Am 23. Januar 1996 - in der 30. Schwangerschaftswoche - endete der Urlaub von Ankes Schutzengel, und nachdem der Kerl die Geschichte so gründlich in den Dreck gefahren hatte, fiel ihm nichts besseres ein, als bei Ihr sehr starke Kopfschmerzen zu verursachen. Am folgenden Tag waren diese Schmerzen immer noch da, und nachdem Michaels Papa aus dem Büro kam, war es schon so spät, daß kein Arzt mehr erreichbar war. Daher mußten die werdenden Eltern in die Geburtsklinik. Der Arzt dort verstand sein Handwerk und machte sofort ein Doppler-Ultraschall. Als Fachmann erkannte er sofort, daß es Michael nicht gut ging. Da sich Michas Eltern aber dummerweise den Mutterpaß von der Gynäkologin hatten abnehmen lassen ("ich muß noch Untersuchungsergebnisse nachtragen"), wußte man nichts genaues. Über Nacht blieb Michaels Mama deshalb im Krankenhaus. Sie bekam Lungenreifungsspritzen - leider reichte die Zeit nicht für die komplette Viererserie - und war die ganze Nacht im Kreißsaal an den Wehenschreiber angeschlossen. Am nächsten Tag holte Michaels Papa den Mutterpaß von Ihrer Ärztin ab. Nach einem kurzen Blick auf die letzten Untersuchungsergebnisse wurde Anke direkt von der Klinik in die nahegelegene Universitätsklinik gefahren. Hier wartete eine gut ausgestattete Kinderintensivstation, damit ich mich intensiv um den kleinen Michael kümmern konnte. In der Uniklinik wurde noch ein Ultraschall gemacht, eine Plazentainsuffizienz festgestellt und der Entschluß gefaßt, sofort einen Kaiserschnitt zu machen. Diagnose: Schwere Prä-Eklampsie. Bravo! Michaels Papa wußte noch von gar nichts; er war noch am Morgen in der Geburtsklinik gewesen und hatte den Mutterpaß vorbeigebracht. Ein kurzer Anruf überzeugte ihn davon, daß es besser sei, jetzt einmal schnell in der Uniklinik vorbeizuschauen...



Die Geburt - oder besser: "Entbindung"

So wurde mein Schützling im Beisein von Mama und Papa am 25. Januar 1996 um 16.35 Uhr per Kaiserschnitt geholt. Er wog stolze 570 Gramm und war 30 cm groß; also echtes DIN A4-Format. Wie ich schon wußte, hatte der arme Kerl die letzte Zeit im Mutterleib gehungert. Man ließ ihn einen kleinen Quäker machen und mußte Ihn dann sofort die künstliche Beatmung anschließen. Es war der kleinste Beatmungsschlauch, den es gab. Da hatte ich wieder einmal Maßarbeit geleistet. Nach dieser "Intubation" ging es volle Pulle im Transportbrutkasten auf die Kinderintensivstation. Michaels Papa durfte später nachkommen; man zeigte ihm den Kleinen und sagte, er hätte ein Drittel Chance, geistig und körperlich gesund zu werden. Die restlichen Drittel stünden für tot oder hirngeschädigt. Zum Abschied gab's noch das nebenstehende Polaroid-Foto, quasi als letzte Erinnerung. Aber da kannten die Ärzte mich schlecht! Anke dagegen mußte die Nacht im Kreißsaal verbringen; die Ärzte erwarteten jede Minute ein akutes Nierenversagen. Gottseidank war ihr Schutzengel nach dem langen Urlaub wenigstens erholt genug, um die Nierenfunktion aufrecht zu erhalten.

Michaels erstes Foto
Michaels erstes Foto - 35KB
25.01.1996, 18:00 Uhr (unimttelbar nach der Entbindung)
Michael im Brutkasten
Im Brutkasten - 52KB
Eine Schwester kümmert sich um Michael


Die ersten Tage auf Erden

Michael lag die nächsten Tage regungslos im Brutkasten. Die irdische Schwerkraft ist halt ziemlich brutal. Trotzdem verlor er (wie alle Neugeborenen) dabei sogar noch um die 40 Gramm Gewicht. Ich hatte alle Hände voll zu tun, damit er in dieser Zeit nicht aufgab. Schön war er übrigens zu diesem Zeitpunkt nicht: Das Gesicht sah aus wie das eines Hundertjährigen, sein Bauch dick, seine Arme und Beine dünn, Hände und Füße klein. Die Augen waren, wie bei Hundewelpen, vor dieser brutalen Welt fest verschlossen. Sein Papa kam jeden Tag vorbei, um nach ihn zu sehen und mit den Ärzten zu sprechen. Er hatte in dieser Zeit die "übliche" Neugeborenengelbsucht, die mit Lichttherapie behandelt wurde.



Mutterfreuden...

Es dauerte mehrere Tage, bis Michaels Mama zu ihm konnte. Am 26.1.96 waren enorme Schneemassen gefallen, und abgesehen davon, daß ein Rollstuhl nicht zur Kinderklinik durchgekommen wäre, hätte die kalte Witterung den Tod bedeuten können. Leider sind bei dieser Uniklinik Frauen- und Kinderklinik getrennt. Der Blutdruck war übrigens auch jetzt noch sehr hoch, das hieß: blutdrucksenkende Medikamente. Um den Milchfluß nicht versiegen zu lassen, pumpte Anke mehrmals täglich Muttermilch ab. Dies tat sie noch ungefähr ein halbes Jahr, bis klar wurde, daß die Milch wegen der Medikamente nie für den Kleinen brauchbar würde.

Michael und Anke
Mutter und Kind - 51KB
Völlige Erschöpfung
Völlig erschöpft - 39KB


Der erste Fortschritt

In dieser Zeit machten sich die Ärzte sorgen, weil Michael noch nicht selbständig verdaut hatte; man rechnete mit einem Darmverschluß und war auf eine Notoperation vorbereitet. Zufällig hörte ich davon, als Michaels Eltern zu Besuch waren und man ihnen dies beizubringen versuchte. Ich arbeitete die ganze Nacht daran, und am nächsten Tag konnte Michael das erste "Kindspech" vorweisen. Was für ein Kindsglück!



Gerätemedizin pur

Michael bekam jede Menge Medikamente und wurde weiterhin künstlich beatmet. Elektroden verbanden ihn mit einem schicken Monitor, der auf fünf verschiedene Arten (in Bild und Ton) anzeigen konnte, daß es Micha schlecht ging. Öfters wurde auch Blut abgezapft; wegen Blutarmut (zuwenig rote Blutkörperchen) gab es dann hin und wieder Blut aus der Konserve. Eine "Magensonde" und ein paar Infusionen sorgte dafür, daß der Kleine genügend zu futtern bekam, obwohl er wegen der Beatmung nicht selber essen konnte.
Am meisten machte mir und den Eltern die vielen Alarme zu schaffen - es hörte sich an wie in der Spielhalle. Niemand kam und erklärte die Geräte - bei jedem Alarm mußte man gleich das Schlimmste befürchten. Inzwischen weiß ich, daß die meisten Alarme Fehlalarme sind, aber das Gepiepe nervt trotzdem.

Michael an vielen Geräten
Ganz viel Technik - 38KB
Kurz vor der Extubierung
Michael am 2.3.96, kurz vor dem ersten Atemversuch - 34KB

Kurz vor der Intubierung
Michael am 14.3.96, kurz vor der neuen Beatmung - 35KB



Atemversuch Nummer Eins bis Drei

Am 02.03.1996 war die Kilogrenze erreicht. Elf Tage kam Michael probeweise zum ersten Mal von der künstlichen Beatmung ab. Ich hab ja gleich gewußt, daß das nicht gut gehen konnte: Nach ein paar Tagen wechselte Michael die Farbe ins Bläuliche, und die Beatmung begann wieder. Am 22. März dann der 2. Versuch, der auch nur eine kurze Unterbrechung der Beatmung bedeutete. Die Ärzte gaben nicht auf: Am 29. März der dritte Versuch. Mit meiner Unterstützung schaffte Michael es zwei Wochen, in denen er sogar versuchte, aus dem Fläschchen zu trinken. Am 14. April hatte Micha seinen schlechten Tag und mußte wieder voll intubiert werden. Die Langzeitbeatmung zeigte inzwischen ihre Folgen: Eine bronchopulmonale Dysplasie (BPD) belastete die Lunge. Als kleines Trostpflaster (ich hoffe, Micha sieht das auch so) endete am 15. April die Brutkastenzeit. Das Wärmebett war recht bequem, und Micha gewöhnte sich gut ein. Seine Eltern, die noch immer täglich zu Besuch kamen, freuten sich: War der Kleine doch jetzt im wahrsten Sinne des Wortes "zugänglich" geworden. Man konnte ihn viel leichter auf den Arm nehmen und mit ihm "Känguruh" probieren. Man sah, daß ihm das wirklich gut tat.
Leider war ich zwischendurch krank, so daß Michael sich in einem unbeobachteten Augenblick einen Leistenbruch zuzog. Und den sogar beidseitig. Die Ärzte waren der Ansicht, da es sich um wirklich riesige "Bruchpforten" handelte, wäre eine Operation noch nicht nötig.



Atemversuch Nummer Vier
Der Bruch ist weg!

Am 25. Mai wurde mein inzwischen 48 cm langer Schützling wieder von der künstlichen Beatmung abgenommen, zwei Tage später aber wegen eines Atemkrampfes erneut intubiert. Da die Gelegenheit gerade günstig war, konnte man am 31. Mai die Leistenbrüche verschließen. Ein Virtuose des Skalpells operierte, und heute sieht man die Narben fast gar nicht mehr.

Nach der Operation
Michael kurz nach seiner Leistenbruchoperation - 36KB
Erstmals im Kindersitz
Im Juni darf ein noch mißtrauischer Michael erstmals in sein Tragekörbchen - 60KB


Atemversuch Nummer Fünf

Am 10. Juni kam die Beatmung wieder ab (Ärzte sind ja sowas von hartnäckig), und an Michaels hübschem Näschen wurde ein Sauerstoffschlauch festgeklebt. Drei Tage später folgte der Umzug aus dem Wärmebett in ein normales Kinderbett. Aufgrund des großen Erfolges bat man seine Mutti, ruhig auch außerhalb der regulären Besuchszeiten zu erscheinen. Meine Rede: Das wichtigste im Leben des Frühgeborenen ist, daß es sich angenommen fühlt. Am 9. Juli war ein großer Tag: Michael durfte die Intensivstation verlassen. Erst einmal auf die Frühchenstation, am nächsten Tag auf die Kinderstation in ein Drei-Bett-Zimmer. So viel Kontakt mit anderen Kindern war wohl zuviel: In der Nacht zum 12. Juli kam es zum Rückfall, die künstliche Beatmung wurde trotz heftigster Proteste Michaels wieder eingesetzt. Immerhin hatte der Kleine erreicht, was er wollte, und konnte seine Kumpels auf der Intensivstation wieder besuchen.



Atemversuch Nummer Sechs

Sechs Tage später konnten die Schläuche wieder raus, nur noch Zusatzsauerstoff war nötig. Inzwischen hatte er mit dem kleinen Nestflüchter vom Januar nicht mehr viel gemeinsam (siehe Bild), nur die Narbe unter linkem Auge (durch eine abgerutschte krankenschwesterliche Schere) müßte nicht sein. Am 29. Juli bekam Michael ein möbliertes Junggesellenzimmer auf der Kinderstation, das er allerdings mit seiner Mutter teilen mußte (Rooming-In). Leider zu früh gefreut: Am 7. August wurde eine Atelektase des linken Lungenflügels festgestellt; das Ding war völlig verklebt und der Junge mußte stündlich auf eine andere Seite gelagert werden. Michael haßte diese Umlagerung; außer der flachen Rückenlage lehnte er jede andere Lage als neumodischen Schnickschnack ab. Am 19. August hatte er von dieser Aktion genug und wollte wieder auf seine geliebte Intensivstation.

Rooming In
Michael und Anke auf der Kinderstation - 26KB
Michael im Kinderwagen
Der erste Ausflug mit Michael, Mutter, Vater, Krankenschwester und Sauerstoffflasche - 41KB


Atemversuch Nummer Sieben

Die Intensivstation wurde Michael bald wieder zu langweilig, und am 3. September zogen Michaels Mama, Micha (und ich) wieder in seine Junggesellenbude. Der Beatmungsschlauch wurde gegen einen Sauerstoffschlauch ausgetauscht, und Micha mußte von der Intensivstation Abschied nehmen.
Der erste Spaziergang mit Mama, Papa, Krankenschwester am 7. September gefiel Michael überhaupt nicht. Das viele Licht, die böse Sonne und die frische Luft sorgten dafür, daß Micha die Augen erst wieder im vertrauten Zimmerchen aufmachen wollte.



Atemversuch Nummer Acht

Am 9. Oktober war es dann wieder einmal soweit, daß Michael die Puste ausging: Intensivstation Die Ärzte stellten eine vergrößerte rechte Herzkammer fest; das kam durch die Mehrbelastung bei BPD-Lunge. Mittlerweile hatte ich Michael wohl davon überzeugt, daß dieses hin und her so nicht ewig weitergehen konnte. In der Nacht zum 13. Oktober zog er sich selbst den Beatmungsschlauch aus der Lunge und mußte seitdem nicht wieder beatmet werden. Die künstliche Beatmung wurde gegen eine "Sauerstoffbrille" eingetauscht und der Zeitpunkt für den nächsten Umzug abgewartet.

Michael auf der Kinderstation
Michael beim Lachunterricht - 39KB
Michael im großen Bett
Herr Ober, noch 'ne Milch! - 34KB


Wieder Kinderstation

Am 16. Oktober ging es wieder mit Sack, Pack und Mutter in das Doppelzimmer. Nach seinen ganzen Kapriolen trauten ihm die Ärzte nur noch bedingt, und so dauerte es eine ganze Weile, bis Michael alle davon überzeugt hatte, keinen Blödsinn mehr machen zu wollen. Am 6. November bestellte die Klinik alle nötigen Geräte um Michael auch zu Hause versorgen zu können. In der Zwischenzeit wurde Michas Mutter alles beigebracht, was man so zur Versorgung eines ehemaligen Intensivkindes braucht. Das reichte von der Gerätebedienung bis zu Notfallinstruktionen. Am härtesten war allerdings der tägliche Kontakt mit den Krankenschwestern. Leider fühlte sich manche Oberschwester in Abwesenheit der Ärzte als "Stationskönig" und kritisierte Maßnahmen, die andere Schwestern geradezu empfohlen hatten. Da half oftmals nur "Augen zu und durch".



Going home

Die Entlassungsuntersuchungen zogen sich hin, bis dann endlich - nach tränenreichem Abschied von Intensiv- und Normalstation - am 16. Dezember die Entlassung gefeiert werden konnte. Michael hat den großen Moment allerdings glatt verpennt. Seitdem gab es keinen kritischen Moment mehr. Hier endet meine Erzählung, denn nach mehreren Monaten 24 Stunden Dienst habe ich einen Urlaub dringend nötig. Die weitere Geschichte werden deshalb Michaels Eltern erzählen. Und Tschüß, Seraphin VII.

Michael im Kinderwagen
Mit Leihkinderwagen, Sauerstoffflasche und Pulsoximeter auf dem Weg in die Freiheit - 44KB
Michael zu Hause
Wo bin ich denn hier gelandet? - 50KB


Endlich daheim

Als Michael endlich nach Hause durfte, freuten wir uns in erster Linie riesig, aber wir hatten auch Angst, ob alles so gut klappen würde. In den ersten Wochen erhielten wir Unterstützung durch eine Kinderkrankenschwester der Caritas, der wir an dieser Stelle noch einmal herzlich danken möchten. Diese kam zunächst täglich, um Michael Magensonden zu legen, Pflaster zu erneuern , ihm das Essen beizubringen (erfolglos ) und ihn zu wiegen. Mit der Zeit bekamen wir diese Tätigkeiten aber immer besser selbst in den Griff, so daß die Besuche der Krankenschwester immer weniger wurden und nach zwei Monaten ganz aufhören konnten.



Krankengymnastik

Die im Krankenhaus begonnene Krankengymnastik (nach Bobath) wurde auch zuhause zweimal wöchentlich weitergeführt. Der Erfolg läßt sich sehen:
Zustand bei der Klinikentlassung:
Michael lehnt jede andere Lage außer der reinen Rückenlage, in der er die letzten 11 Monate verbracht hat, ab.
Zustand zuhause:
Am 5. Februar 1997 begann Michael erstmals, sich freiwillig selbst auf den Bauch zu drehen. Am 4. Juni setzt sich Michael das erste Mal selbst hin. Am 7. Juli sind wir sehr erstaunt, als Michael sich plötzlich auf alle Viere begibt und loskrabbelt in Richtung Balkontüre. Gleichzeitig versucht der Junge, sich auf die eigenen Beine zu stellen. Mitte August 1997 lernte Michael, sich auf eigene Beine zu stellen. Ein Jahr nach Entlassung aus der Klinik schließlich kletterte Michael wie ein Profi Treppenstufen herauf; von Laufen allerdings konnte noch keine Rede sein...

Michael läuft gleich los
Ich bin fit - was sonst? - 39KB
Michael mag keine Brille
Diese Brille schmeckt mir nicht! - 38KB


Kinderkrankheiten

An Krankheiten hatte Michael bisher sehr wenige aufzuweisen. Es waren zu keiner Zeit kritische Momente aufgetreten.
In der ersten Zeit waren sich sein Kinderarzt, sein Ohrenarzt und die Uniklinik uneinig, ob und auf welchem Ohr er einen Paukenerguß (=Wasser im Ohr) hat. Wir haben uns jedoch geweigert, überstürzt operieren zu lassen. Mit Erfolg: Das "Wasser im Ohr" war zur Jahresmitte 1997 von selbst weg. Mit dem Sehen war es nich so einfach. Trotz leichten Schielens weigerte sich Michael standhaft, die ärztlich verordnete Brille zu tragen.
Zähne hat Michael seit dem 7. Februar 1997; in kurzem Abstand vervollständigte sich das Gebiß.



Die Lunge - das wundersame Wesen

In Puncto Lungenentwicklung hat Michael ebenfalls ein Tempo vorgelegt, das uns nur staunen ieß. Bei der Entlassung hieß es noch, eine Atmung ohne Zusatzsauerstoff wäre nach frühestens einem halben bis spätestens anderthalb Jahren möglich. Nun, bereits in der Nacht zum 31. Mai 1997 wagten wir es aufgrund anhaltend guter Sauerstoffwerte (Pulsoximeter!), nachts den Sauerstoff ganz abzuschalten. Dies schlug so gut an, daß wir seit dem 17. Juni überhaupt keinen Zusatzsauerstoff mehr gaben. Bei Stichproben stellten wir jedesmal ideale Sauerstoffwerte fest, so daß wir Michael die Sauerstoffbrille abnehmen konnten. So ein Gesicht ohne das ganze Pflaster sieht doch gleich viel besser aus! Bei Ausflügen nahmen wir zunächst eine tragbare Sauerstoffflasche für Notfälle oder zumindest einen Beatmungsbeutel mit. Diese Sicherungen wurden jedoch nie benötigt. Die Herzuntersuchung Anfang Dezember 1997 zeigte ein völlig normales Kind, so daß genau ein Jahr nach Entlassung aus der Klinik alle zur Entlassung erworbenen Geräte zurückgegeben werden konnten.

Michael ohne Zusatzkabel
Guck mal - ohne Sauerstoff! - 30KB
Erste Sozialkontakte
Michael und Cousin - 47KB

Michael motzig
Michael verabscheut Menschenansammlungen - 93KB


Reaktionen anderer

Seitdem wir Michael zu Hause haben, hat es uns immer wieder amüsiert, die Reaktionen anderer auf Michaels Ausrüstung zu beobachten. Insbesondere zu der Zeit, als Michael noch eine Sauerstoffbrille benötigte, waren die Reaktionen sehr stark zu beobachten. Eine Sauerstoffbrille wird mit reichlich Klebeband im Gesicht festgeklebt und sieht im Grunde schlimmer aus, als es ist. Das Kind ist damit schon von weitem als schwerkrank identifizierbar. Die Reaktionen waren je nach Alter unterschiedlich.
Kinder
Kinder bis etwa sechs Jahren hatten die wenigsten Schwierigkeiten mit Michaels Aussehen. Die meisten Kinder kamen völlig unbefangen auf Michael zu und meinten: "Hat der Aua?". Haben Sie schon einmal einem kleinen Kind zu erklären versucht, was eine Sauerstoffbrille ist? Besonders kleine Mädchen zeigten großes Interesse. Ab sechs Jahren trauten sich dann aber die Kinder anscheinend nicht mehr, einfach zu fragen.
Jüngere Leute
Leute jüngeren und mittleren Alters sahen zunächst desinteressiert auf das Kind, gingen weiter, erschraken und warfen noch einen Blick in den Kinderwagen. Jetzt konnte man genau sehen, wie sich die kleinen Rädchen im Gehirn drehten: Was hat der Kleine? Was ist das im Gesicht? Ist es ansteckend? Gottseidank haben meine Kinder das nicht!
Ältere Leute
Leute jenseits der Sechzig trauten sich dann wieder vereinzelt, nachzufragen. Vielleicht ist Medizintechnik in diesem Alter wieder so alltäglich, daß nichts medizinisches mehr schocken kann.
Diese Reaktionen sind nun fast ganz vorbei. Seitdem Michael nur noch eine Magensonde benötigt, ist er nicht mehr so sehr als krankes Kind erkennbar wie vorher, und nur noch wenige Leute riskieren einen zweiten Blick in den Kinderwagen. Seltsamerweise kommen jetzt auch weniger Kinder auf Michael zu als vorher.



Michael - im Sauseschritt!

Der heisse Sommer 1997 war ein echter Glücksfall für Michael. Bisher hatte sich der kleine Halunke stets geweigert, irgend etwas zu sich zu nehmen außer vielleicht ab und an einem kleinen Schluck warmen Badewassers. Temperaturen über dreißig Grad im Schatten ließen ihm aber keine andere Wahl, als zusätzlich Flüssigkeit aufzunehmen. Am liebsten mochte Michael lauwarmes Leitungswasser; zur Not tat es aber auch gekühlter Sprudel. Zwar zog der Kleine dabei ein Gesicht, als müßte er in eine saure Zitrone beißen, aber letztendlich schluckte er doch. Auch flüssige Nahrung nahm er nun zu sich. Leider sah er noch nicht ganz den Sinn ein und hörte nach wenigen Schlucken auf...

Michael als Krabbelkind
Ich bin niedlich - her mit dem Spielzeug! - 54K
Michael voll cool
Ich liebe diese Pose! - 79KB


Laufen oder essen - was klappt zuerst?

Im Herbst 1997 arbeitete Michael kontinuierlich alle Defizite auf. Er lernte, sich an allem hochzuziehen, was greifbar war. Das konnten Stühle, Tische, Sofas oder auch Menschen sein. Im Dezember konnte Micha noch nicht laufen, aber dafür mit affenartiger Geschwindigkeit klettern. Im Kaufhaus ließen wir ihn einmal frei, als er partout nicht im Kinderwagen sitzen wollte. Bevor wir noch richtig wußten, was er vorhatte, war er schon über die Treppe in den zweiten Stock geklettert!
Am 7.12.1997 bestellten wir das erste Mal eigens für Michael in einem Restaurant. Es handelte sich um eine wirklich gute, dicke Tomatencremesuppe. Micha liebt Tomatencremesuppe! Eine Drittel Suppentasse ist wirklich beachtlich für Michas Verhältnisse. Mit dem Löffel brauchten wir es übrigens gar nicht erst zu versuchen; Micha mochte seine Suppe nur direkt aus der Tasse.
Der 13.12.1997 war nun ganz im Gegensatz zum Datum kein Unglückstag, sondern der Tag, an dem Michael das erste Mal völlig frei stand. Es war Abend, und er war schon relativ müde. Ohne sich etwas dabei zu denken, erhob er sich mustergültig aus den Knien und stand ein, zwei Sekunden ganz alleine. Dann merkte er, was er getan hatte, und ließ sich schnell, aber problemlos wieder auf das Hinterteil herab. Verstehe einer diese Kinder...



Mai 1998 - Michael läuft!

Im März/April 1998 entdeckte Micha, daß es sich ganz angenehm läuft, wenn man nur den Finger eines Erwachsenen erwischt. Fortan konnte sich niemand in seine Nähe begeben, ohne gleich einen Finger rausrücken zu müssen. Das war auf Dauer schon ganz schön lästig...
Ende April nun empfahl uns Michas Krankengymnastin, uns nicht mehr am Finger herumführen zu lassen. Und siehe da: zwei, drei Tage später, Anfang Mai 1998, begann Micha notgedrungen ganz alleine zu laufen! Dabei lief er von Anfang an sehr sicher und stürzte praktisch gar nicht.
An der "Essensfront" tut sich dagegen bisher rein gar nichts. Der sture Kerl weigert sich kosequent, selbst zu essen. Und bekommt natürlich in jedem Laden etwas angeboten. Ein Bonbon hier, die obligatorische Scheibe Fleischwurst dort, und am Gem&ujml;sestand immer eine Banane. Das kann nicht so weitergehen. Also haben wir Michael im Einverständnis mit seinem Kinderarzt bei einem Ergotherapeuten angemeldet, der angeblich Erfahrungen mit Eßstörungen hat.

Michael mag Blumen - pflücken!
Diese wunderbaren Blumen... - 48KB



Schlußwort

Soweit bisher Michaels Geschichte. Danke für Ihren Besuch auf dieser Seite. Wir werden die Homepage ständig aktualisieren und können jetzt schon versprechen: Wenn es etwas Neues gibt, erfahren Sie es als Erster. Bis zu Ihrem nächsten Besuch,

Anke + Guido (+ Michael).


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