Real Audio / Real Media                       -->  Mundart-Tonbeispiele
Erfahrungen mit einem revolutionären Medium

von Wolfgang Näser, Marburg

Im Gegensatz zur Verarbeitung von *.mod- oder *.mid-Dateien ist Real Audio ein sog. Kompander- oder codec-Verfahren zur PC-mäßigen, also digitalen Abbildung bzw. Dokumentation und Reproduktion  "wirklicher" oder natürlicher Klänge bzw. Schallereignisse.

Real Audio wird in Form von Broadcasts und Clips im Internet angeboten; RA-Dateien können Sie aber auch selbst erzeugen, und zwar durch durch definierte Kompression in einem sog. Encoder, der, in den neuesten Versionen 5 oder 6, von www.real.com und anderen WWW-Servern zum Download angeboten wird. Als mehr oder weniger professioneller Anbieter können Sie Real Audio mit einem Real Media Server als kontinuierlichen Datenstrom generieren und ins Inter- bzw. ein Intranet einspeisen. In schnellen PC-Systemen läßt sich Real Audio "on the fly" so dekomprimieren, daß, je nach Kompressionsgrad und Bandbreite, ein weitgehend authentisches Klangbild erzeugt wird.

Hochwertige Schallereignise würden als *.wav-Dateien auf Disketten bzw. Server-Laufwerken unzumutbar viel Platz beanspruchen, insofern bietet Real Audio mit zweckmäßigen Kompressionsraten (siehe unten!) eine in bezug auf Wirtschaftlichkeit und Übertragungstechnik optimale Audio-Lösung in professionellen und non-profit-Datennetzen und Arbeitsumgebungen.

Im wissenschaftlichen Rahmen eröffnet dies völlig neue Möglichkeiten für Didaktiker (PC als Sprachlabor), Linguisten (Hörbeispiele zur Pragma-, Soziolinguistik u.a.; Historiolinguistik: gesprochenes Mittelhochdeutsch), Film- und Theaterwissenschaftler, vor allem Dialektologen und Phonetiker ("sprechende" Dialektkarten, Übungen zur Kompensatorik, Demonstrationen zur Lautdistinktion u.a.), relevante Ton-Dateien (oder einfache visuelle Abläufe) der Fachwelt zugänglich zu machen.

Für Real-Audio-Wiedergabe benötigen Sie:

1. als Hardware einen multimedia-fähigen PC (min. 486-DX50, 8 MB RAM) mit
(a) moderner, leistungsfähiger Sound-Karte (Regel: 16-Bit; gut sind die z.Zt. ab ca. 50 DM erhältlichen, auch für Internet Phone verwendbaren Full-Duplex-Karten) sowie
(b) Lautsprecher-(Aktiv-)Boxen;

2. als Software
(a)
einen leistungsfähigen, schnellen WWW-Browser (z.B. Netscape 2.2, optimal wegen des geringen RAM-Verbrauchs!) mit Plug-In(s) für Real Audio (bzw. Video usw.) und / oder
(b) einen eigenständigen (autonomen) Real-Audio-Decoder (s.u.). Werden im Real Media Stream auch visuelle Informationen verarbeitet (in Nachrichten oder als Video-Clips), so läßt sich diese Technologie sehr gut auch didaktisch nutzen, z.B. für kleinere Lehrfilme der angewandten Phonetik, um die Erzeugung der gehörten Laute im Ansatzrohr (bzw. auf die Stimmbänder gesehen) zu veranschaulichen.
(c) eine  für (a) und (b) optimale Konfiguration (Auslagerungs-Datei min. 8 MB [oder höher unter Win95], korrekte Anbindung (Registrierung) der Plugins, passende *.DLLs im Win-Systembereich.

RA kennt folgende Betriebsarten:

1. Streaming Real Audio

(a) Continuous live stream real audio processing: ein Server komprimiert (encodiert) bis zum Abschalten einen fortlaufenden Datenstrom zu Real Audio (*.rpm); das Signal wird im Direct-Connect-Modus mit einem Browser oder eigenständigen Player unverzögert oder gepuffert empfangen (= decodiert) und dabei möglicherweise in eine Datei (*.ra) geschrieben Für den Browser (Netscape, Internet Explorer usw.) benötigen Sie als Plugin das Modul npra16.dll (Win 3.11) bzw. npra32.dll (Win 95); komfortabler arbeitet mit oder ohne Browser der autonome Real (Audio) Player (*.exe + *.dlls) ab V. 3. Der Real Player 6 G2 bietet zudem viele Zusatz-Optionen wie editierbare "Programmspeicher" (für preset stations), verlangt unter identischen Bedingungen (Bandbreiten) jedoch einen höheren Daten-Durchsatz und daher eine schnellere CPU. - Wollen Sie aus dem Internet streaming real audio (audio/x-pn, *.rpm) in reduzierter UKW-Qualität (Mono 11 kHz, 40 kBps) empfangen, so benötigen Sie eine LAN- oder Modem-Anbindung von min. 64-kBit/s. Per Multitasking können Sie Streaming Audio als Internet-Radio empfangen und nebenher einer anderen (PC-) Arbeit nachgehen. In den immer häufigeren Zeiten der Netz-Überlastung (net congestion) kann der Empfang unter- oder gar abgebrochen werden.

(b) Limited audio stream to real audio file processing: am Audio-Eingang wird ein zeitlich begrenztes akustisches Ereignis eingespielt (oder live per Mikrofon erzeugt) und sofort als Datenstrom je nach Modus (gewünschte Bandbreite) mehr oder weniger schnell und vollständig (ggf. bis zum Puffer-Überlauf) zu einer Real-Audio-Datei (*.ra) encodiert. Decodiert wird die fertige RA-Datei mit dem eigenständigen Real Audio Player (realplay.exe + *.dlls) ab V. 3.0.
Es hängt vom CPU-Takt ab, in welcher Bandbreite und Länge Sie einen in den Encoder gegebenen Live-Datenstrom verarbeiten (und später decodieren) können. Mit einer schnellen CPU und geeigneter En-/Decoder-Software können Sie Ihren PC als RA-"Diktiergerät" benutzen und selbst auf kleineren Festplatten Unmengen kürzerer Sprach-Files ablegen.

2. Audio file to real audio file conversion: eine (digitale) Audio-Datei (*.wav) wird zu einer Real-Audio-Datei (*.ra, *.rm) encodiert und kann als solche per RA-Software beliebig oft decodiert und via Soundkarte als natürliches Klangereignis abgespielt werden. Encodieren Sie im Schmalband-Modus (14,4 kbps /2.5 kHz), so sollten Sie die *.wav-Datei mit geeigneter Software (z.B. Cool Edit Pro) so entzerren, daß eine kontinuierliche Anhebung bis zum formantkritischen Bereich um 2-3 kHz erzielt (und das Restspektrum ggf. abgeschnitten) wird.

3. Real audio file streaming on demand: viele Server bieten Real-Audio-Files an, die als Datenströme abgerufen werden können. Je nach Modem-Durchsatz läßt sich dies in Echtzeit bewerkstelligen oder wird die Datei in einen flüchtigen Speicher geladen, von wo aus sie vom RA-Decoder zum einmaligen Anhören verarbeitet wird.

4. Real audio file download and replay: ebenfalls 'on demand' stehen (zum Beispiel in meiner Homepage) komplette RA-Files (*.ra) bereit, die nach dem Download beliebig oft off-line abgehört werden können; erst dazu tritt Ihre Decoder-Software in Aktion.

Zu (3) und (4): Im HTML-Text der jeweiligen URL wird entweder auf eine *.ra-Datei hingewiesen (Audio-File) oder (nur auf Live Stream Servern) eine mit der Extension *.ram (=real audio metafile, Script-Zeile mit Header pnm:// und Pfadangabe für *.ra). Beim Live-Stream-Empfang (s. Status-Zeile unten im RA-Player) werden die *.ram-(Text-)Dateien in den Platten-Cache geladen, die gehörten *.ra-(=Audio)-Clips bleiben "flüchtig" und können, falls intern freigegeben (Copyright!), allenfalls mit dem - kommerziell bei Progressive Networks erhältlichen - Real Audio Player Plus während des Abspielvorgangs aufgezeichnet werden; falls direkt anwähl(- und download)bar, werden *.ra-Files im Browser-Cache (oder dem \tmp-Bereich) "zwischengelagert" und können von dort aus, evtl. umbenannt, auf ein passendes Directory transferiert und - entweder über den Browser oder stand-alone über den Player - beliebig oft "abgespielt" werden.

Probleme und Beobachtungen:

  1. Falls nicht alle *.DLLs zur Verfügung stehen oder der RA-Player in der Version 1 oder 2 verwendet wird, lassen sich nur bestimmte RA-Typen (Modi, s. Tabellen unten) wiedergeben. In der Version 3.0 funktioniert der Encoder nur unter Win 95.
  2. Überflüsssige Leerstellen lassen sich in einer bereits encodierten Datei (*.ra) nicht tilgen, Cut und Paste sind vom Encoder aus ebensowenig möglich; ein entsprechendes Tool steht noch aus.
  3. Je breitbandiger das live-stream-Encoding, desto höhere Prozessor-Leistung brauchen Sie. Dual ISDN Stereo läßt sich daher mit einem Pentium 120 und 16 (oder 32) MB RAM allenfalls 30 Sekunden lang bewerkstelligen, bis der Buffer-Wert gegen 100% tendiert und das Encoding abgebrochen wird; das bis dahin erreichte Ergebnis kann jedoch als Datei verwertet werden.  Die ab Mitte 1997 eingebauten neuen Prozessoren (z.B. Pentium II) mit Taktraten über 200 MHz lassen ein in jedem Modus problemloses live Encoding zu.
  4. Anspruchsvolles Programm-Material (z.B. Klassik, Jazz mit Perkussion) erfordert für Breitband-Encoding erstklassige Sound-Karten, Wiedergabe-Geräte und eine die Modulations-Spitzen berücksichtigende,  feinfühlige Aussteuerung. Fehlt es an nur einer Voraussetzung, so "klingt" das RA-Ergebnis schlechter als es mit herkömmlichen Methoden (analog wie digital!) erzielt worden wäre. Weniger kritisch gestaltet sich schmalbandige Musik-Bearbeitung, wie das aus einer eigenen Live-Dokumentation stammende Beispiel [2a] beweist. Audio-Samples mit 5,5 kHz Bandbreite lassen sich auch mit gutangepaßten älteren Sound-Karten (wie der auch von Windows 95B erkannten und optimal eingebundenen Pro Audio Spectrum 16) sehr gut wiedergeben, besonders wenn die Sound-Karte an eine leistungsfähige Stereo-Abhöranlage gekoppelt wird.
  5. Eine im ISDN-Stereo-Modus encodierte Datei lieferte auf einem 486DX80 mit ISA-Bus und PnP-Duplex-Soundkarte kurze Wiedergabe-"Dropouts", die mit derselben Durchsatzrate (40 kBps) veranschlagte Mono-Datei wurde störungsfrei decodiert - auch mit einem IBM Thinkpad 755 C, dessen 486-CPU mit 50 MHz getaktet wird.
  6. Weigert sich Netscape, die angeklickte *.ra-Datei abzuspielen, erscheint statt dessen der Hinweis, daß Sie im Begriff sind, einen unbekannten Dateityp "downzuloaden" und schaffen Sie es nicht, die Optionen im Browser umzueditieren, so befinden sich in Ihrer netscape.ini widersprüchliche oder überflüssige Angaben oder existieren, sofern Sie mit Win 95 arbeiten, in der Registrierdatenbank Einstellungen aus früheren Installationen bzw. Konfigurationen, die mit der jetzigen nicht harmonieren. Lösungswege: (a) machen Sie eine Sicherungskopie Ihrer netscape.ini, löschen Sie sie dann und testen Sie, ob der Browser jetzt (ohne *.ini und nur gestützt auf die Registry-Angaben) mit den Plug-Ins richtig arbeitet; (b) wenn nicht, gehen Sie in die Registry und prüfen Sie in HKEY_CURRENT_USER / SOFTWARE /  NETSCAPE / NETSCAPE NAVIGATOR / Viewers die entsprechenden Optionen; unerwünschte löschen Sie mit <Del - J(a)>. Sie können dort auch sämtliche Optionen tilgen und müssen dann entweder per DOS-Editor eine neue netscape.ini erstellen oder innerhalb des Browsers unter Optionen diejenigen Helpers auswählen, die dann automatisch in eine neue *.ini eingetragen werden.

Tabelle 1: derzeit verfügbare Real-Audio-Modi

Typ Vers. Modem mono/
stereo
Bandbr
lHz
Buffer P120
(stream enc)
Enc
kbps
Sampl kByte
sec
CPU
(*stream)
Beisp.
  1 5.0 14.4  m   2.5 5%  4.9    0.6 Pentium 1) [13]
  2 5.0 14.4  m   3 5%  6.5    0.8 Pentium 1) [12]
  3 2.0 14.4  m   2.5 -  8  8  1 Pentium [5,6]
  4 5.0 28.8  m   3 -  8  8  1 Pentium  
  5 5.0 28.8  m   4 -  8.5    1 Pentium [14]
  6 5.0 28.8  m 2)   4 - 12   8  1.5 486/50 [9]
  7 2.0 28.8  m   4 - 15.2  8  1.8 Pentium  
  8 3.0 28.8 m nar   4 - 16  8  2 Pentium  
  9 3.0 28.8 m med   4.7 - 16  11  2 Pentium  
 10 3.0 28.8 m full   5.5 - 16  11  2 Pentium [3,7,15]
 11 5.0 28.8 m wide   8 - 16  16  2 Pentium 3) [10]
 12 3.0 28.8 stereo   4 - 20   8  2.5 486/50 [2a]
 13 5.0 56.6 m   8 - 32    4 Pentium 3) [11]
 14 5.0 56.6 stereo   5.5 - 32    4 Pentium [2b]
 15 3.0 ISDN m  11 - 40  22  5 Pentium [4]
 16 3.0 ISDN 4) stereo    8 6 % 40  16  5 P 120 [2c]
 17 3.0 2ISDN m  20 100%/>52" 80  44 10 P >120  
 18 3.0 2ISDN stereo  16 100%/>31" 80  32 10   [1, 2d]

Alle oben angeführten Typen lassen sich mit dem 1997 vorgestellten Real Audio Encoder 3.1 (32 Bit) erzeugen, der auch die neuen, verbesserten und wirtschaftlicheren 5.0-Algorithmen des Typs 1, 2, 5 und 11 verarbeitet. Hierzu wurde das neue Codec-Modul ra32sipr.dll geschaffen. Die übrigen Codecs gelten unverändert für die RA-Versionen 3, 4 und 5 und wurden erst mit der (für AV-Übertragungen konzipierten) Version 6 (G2) durch größere Module abgelöst.
Alle RA-3.1-Codecs sind ferner im brandneuen Cool Edit Pro 1.2 enthalten; das Programm verwendet ferner die RA-Module dnet3260.dll (19.968 Bytes), pncrt.dll (273.408 Bytes), pngu3260.dll (321.024 Bytes), pnrs3260.dll (11.264 Bytes), rnco3260.dll (88.576 Bytes) und sipr3260.dll (16.896 Bytes), die gemeinsam für alle RA-6.0-orientierten Programme in \windows\system unterzubringen sind. Wurden die ursprünglichen *.wav-Dateien nicht gesichert, so lassen sie sich (zwecks Re-Editing) mit ra2wav (Versionen 1.0, 1.5 und 2.0) zurückgewinnen, und zwar mit einer dem jeweiligen RA-Modus entsprechenden Sampling-Rate.
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Anmerkungen zur Tabelle:
1) mit 486/50 nur ca. 1 Minute bis Puffer-Überlauf; Typ 1 z.Zt. wirtschaftlichster Modus mit nur ca. 0.6 kBytes (!) Platzbedarf für 1 Sek. Aufnahmezeit; mit präsenzanhebendem Mikrofon noch befriedigende Sprachverständlichkeit; Typ 2 erbringt leichte Verbesserung, klingt etwas besser als der alte RA 2.0-Typ (3) und liegt mit 0.8 kBytes/sec. dennoch unter dessen Durchsatzrate. 1,2 und 5 lassen sich als constant stream nur mit Pentium-Rechnern generieren.
2) Nur 1.5 kBytes/sec; Stream-Encoding mit präsenzstarkem Mikrofon am Front-End des Real Encoders 3.0 erbringt bei Wiedergabe mit Real Player 5.0 sehr gute Sprachverständlichkeit und funktioniert auch mit CPU 486/50 (Encoding Buffer konstant bei 5-6 %; Tests mit IBM Thinkpad 755C: > 5 Min. OK, 18.10.99, int. Mikrofon; 2'30" OK, 19.10.99, präsenzanhebendes ext. Elektret-Mikrofon m. Pop-Schutz)
3) Werden 11, 13 (und wahrscheinl. auch 14) mit 486/50 generiert, so erbringt dies doppelte Geschwindigkeit beim Abspielen auf 486- und Pentium-Rechnern, die auch nur in der Lage sind, diese Modi korrekt zu verarbeiten. Die mit Typ 13 (8 kHz, 32 kbps, 4 kBytes/sec.) von 577.040 auf nur 26.232 Bytes verkleinerte Win-98-Startmelodie klingt natürlich und voll, die sparsamere 16-kbps-Variante (8 kHz, 16 kbps, 2 kBytes /sec.) dagegen 'rauchig' und unnatürlich.
4) kann auch mit guten 56-kB-Analogmodems (mit nur wenig Pufferung) empfangen werden (z.B. ELSA MicroLink 56k)

Weiteres zum En- und Decodieren

Für Echtzeit- oder audio-stream-Kompression (1b) mit gleichzeitiger Abhör-Kontrolle "hinter Encoder" benötigen Sie mindestens einen Pentium >100. In seiner "wirtschaftlichsten" Form (14,4 kBps mono) gestattet RA die Unterbringung von mehr als 20 Minuten Ton (in reduzierter "Mittelwellen-Qualität") auf einer HD-Diskette von 1,44 MB / 3,5"; der neueste Real Player G2 Plus bietet einen Echtzeit-Equalizer, der mit stetiger Anhebung bis 4 kHz schmalbandige Live-Signale wesentlich 'aufhellt'. Verfügen Sie nicht über diese Software, so können Sie eine abgespeicherte *.ra-Datei zunächst mit dem ebenfalls von real.com erhältlichen separaten 32-Band-Equalizer umeditieren, um sie dann mit der neuen Entzerrung abzuhören.

Zu den Beispielen: [5] Entstand durch Einspeisung des Cassetten-Soundtracks von einem Portabel-Recorder in den auf Mindestbandbreite (14,4 kBps / 2.5 kHz) eingestellten Software-Encoder, bietet auf knapp 101 kB (dem Vierzehntel einer 3,5"-HD-Diskette) immerhin gute 100 Sekunden gesprochener Original-Sprache und beweist (ebenso wie das neuere Bsp. [14] und die noch schmalbandigeren Bsp. [12] und [13]), daß selbst bei reduzierter Telefonqualität noch Dialekt-Eigenschaften übermittelt werden. Im einseitenbandmodulierten Kurzwellenfunk (SSB) hatte sich schon gezeigt, daß  - optimale Entzerrung vorausgesetzt - selbst bei einer Bandbreite von nur 2 kHz (500...2500 Hz) Muttersprache verständlich "herüberkommt", selbst wenn, wie im KW-Mobilfunk, die Bedingungen nicht allzu gut sind (was das mittlerweile über 25 Jahre alte(!), im SSB-Modus entstandene Beispiel [6] eindrucksvoll beweist).

Haupterrungenschaft der RA-Version 3.0 ist der auf 5,5 kHz Bandbreite erweiterte Mono-full-Modus; im Vergleich zum alten 28,8 Bps-4 kHz-Modus der Version 2 bietet er merklich bessere Sprachverständlichkeit und belegt dennoch nur 2 kBytes / Sekunde. Hierzu entstanden, ebenfalls durch live stream oder direct encoding (von TV-Tonmitschnitten aus meinem Archiv), die Beispiele [3], [7] und [8]; sie bieten sehr lebendige akustische "Abbilder" von Atmosphäre (bzw. Akustik) und Spracheigenheiten (Sprachebene, Dialekt) der hier dokumentierten Film- und Theaterszenen und lassen sich auch mit einem 486/50-Prozessor sauber präsentieren. Tabelle 2 zeigt, daß in dieser "guten Mittelwellen-Qualität" rund 95 Stunden monauraler Ton auf einer herkömmlichen CD-ROM (680 MB) unterzubringen wären; mit einem bis 11 kHz reichenden Frequenzspektrum könnten immerhin noch rund 38 Stunden durchaus archivfähiger, also auch für phonetische Analysen geeigneter Ton-Dokumente in Real-Audio-Kompression auf einer solchen CD Platz finden, mit einem schon über das Erwachsenen-Hörspektrum hinaus in meßtechnische Bereiche vorstoßenden Frequenzbereich von 20 kHz (CD-Qualität) wären es noch 19 Stunden Material. Beim derzeitigen Preis von ca. >3 DM pro CD-Rohling (WORM-Verfahren) wäre das weniger als 20 Pfennig pro Stunde im High-End-Modus: eine bislang in der - analogen wie digitalen - Tondokumentationstechnik unvorstellbare Innovation.

Tab. 2: Daten zur Kompression einer 16,3 Sek. langen *.WAV-Datei in CD-Qualität (RIFF 8/Mono, Sampling 44,1 kHz), Länge 1.434.176 Bytes, mittels Real-Audio-Encoding in verschiedene Formate

Vers. Mode mono/
stereo
Bandbr
kHz
Länge
Bytes
Kompr-
Faktor
kByte/
sec
Kapaz
h/CDROM
2.0 14.4 m  2.5   16352  88  1  190
3.0 28.8 m full  5.5   32624  44  2    95
3.0 ISDN m 11.0   81532  18  5    38
3.0 2ISDN m 20.0 162616    9 10    19

Lt. Hilfstext der RA-Erfinder Progressive Networks Inc. belegt der 28,8-kBps-Modus der alten Encoderversion 2 nur 1.8 kBytes/Sekunde. Beide Dual-ISDN-Modi (Mono 20 kHz, Stereo 16 kHz) benötigen bei einem Kompressionsfaktor von 8.8 rund 10 kB/sec., das entspricht ca. 19 Stunden Kapazität pro CD-ROM (680 MB, Preis 3 bzw. 10 DM), > 4 Std. pro Mini-Disk (ca. 130 MB, rewritable, Preis 5 DM) und 3 Std. pro ZIP-100-Diskette (100 MB netto, rewritable, Preis 20 DM).

Audio-Tracks einer (selbstgebrannten oder industriell bespielten) CD lassen sich mit dem sog. CD-Streamer zu allen Real-Audio-Modi verarbeiten, was mit einer schnellen CPU (> PII/300) auch für Stereo/16 kHz (Broadcast-Qualität) nur wenige Minuten beansprucht. Je nach Musik-Genre variieren die Ergebnisse: Big-Band-Jazz wurde fast ohne Einschränkungen, Kirchenorgel mit feinen Mixturen jedoch deutlich schlechter verarbeitet (mit professionellen Systemen könn(t)en die Einschränkungen wegfallen, q.e.d.).

Mono/20 kHz und Stereo/16 kHz lassen sich als Real Audio Stream live via ISDN-Standleitung übertragen, sofern Kanalbündelung angewandt wird. Professionelles Equipment und tontechnische Erfahrung vorausgesetzt, bedeutet das nicht nur stereophonen Hörfunk- und Fernsehton in Studio-Qualität (alter DIN-Norm) über große Entfernungen hinweg via unabgeschirmtem Zweidraht, sondern auch ungeahnte Möglichkeiten wissenschaftlicher oder didaktischer Tonübertragung und -verarbeitung (auch Archivierung) in universitären Bereichen.

Im Internet-Radio ist und bleibt Real Audio vermutlich die zukunftssicherste "Modulationsart"; aus den USA und Europa werden schon zahlreiche RA-Dienste angeboten, die mit dem [Mitte 98 vorgestellten] Real Player G2 zu empfangen sind: z.B. die Deutsche Welle mit 8,5 kBpS, zahlreiche Mittelwellen-Rundfunkdienste mit 16 kBpS, einige Schmalband-Stereoprogramme mit 20 kBpS und HR 3 (Hess. Rundfunk) in ISDN-Stereo-Qualität (8 kHz, 40 kBpS); je größer Bandbreite und Daten-Durchsatz, je öfter Ausfälle wegen 'net congestion'. Der G2-Player besitzt einen Mini-Bildschirm, der auch bescheidenen TV-Empfang ermöglicht. Werden US-Dienste wie CNN angeklickt, so erscheinen bei nur 20 kBpS ab und zu mehr oder weniger undeutliche Bilder, begleitet von schmalbandigem, nur von geschultem Gehör "dekodierbarem" Ton; das Ganze erinnert an erste Fernseh-Versuche Anfang der 30er Jahre.

"Mittelwellen-Stereo" mit 4 kHz Bandbreite (Stereo 5,5 kHz /32 Bps nach V. 5.0 habe ich noch nicht getestet) läßt, wie Beispiel [2a] zeigt, zwar noch die Instrumente anhand ihrer Basis-Formanten auseinanderhalten, bietet jedoch nicht den Hör-Genuß  der breitbandigeren Übertragungen ([1, 2]), die - als Audio oder A/V - vorerst hauptsächlich dem Intranet vorbehalten bleiben, sofern hochwertige Komponenten, schnelle Verarbeitungsrechner sowie der Betriebsart entsprechende Vernetzungs-Strategien und Komponenten zur Anwendung kommen.


Real Audio Samples
VORBEMERKUNG: die längeren Hör-Beispiele werden auch als stream angeboten (*.ram-Links); wollen Sie die Dateien (*.ra) zunächst herunterladen und danach anhören, klicken Sie die jeweils anfangs in [] stehende Zahl an.
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[1] Stereo /  Dual ISDN (16 kHz), 11,2 Sek. / 117 kB: J.S. BACH (1685-1750): Concerto VI F-Dur BWV 1057 nach dem Brandenburg. Konzert Nr. 4, Beginn Satz 1 (Prager Bachorchester, Dirigent Siegfried Heinrich, Stadtkirche Bad Hersfeld 11.4.1998; Aufnahme + Bearb. W. Näser)
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[2] Verschieden encodiert: J.S. BACH, Osteroratorium, Einleitung (Ensemble des RSO Prag, Dirigent Siegfried Heinrich; Sta. Familia, Kassel, 19.4.1995; Aufnahme + Bearbeitung W. Näser); [2a]: live stream mit Encoder 3.0; [2b, 2c, 2d]: Einspielung in Cool Edit 1.2 (amplified x 1.6) und abgespeichert als *.ra
[2a] 28,8 Stereo, 4 kHz / 20 kbps, 1 Min. 12,5 Sek. / 182 kB: abgerundeter stereophoner Gesamteindruck
[2b] 56,5 Stereo, 5.5 kHz / 32 kbps, 16,77 Sek.: Geigen lösen sich aus dem Klangkörper
[2c] ISDN Stereo, 8 kHz / 40 kbps, 16.77 Sek.: Geigen klingen seidig
[2d] Dual ISDN Stereo, 16 kHz / 80 kbps, 16.77 Sek.: Cembalo und andere Feinstrukturen werden hörbar
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[3] Mono, 28,8 full (5,5 kHz - live stream), 1 Min. 13 Sek. / 146 kB: "Nu ha 'ck det allet verstanden, außer de Sprache", aus "Ganoven-Ehre" (1966; G. Froebe, M. Adorf u.a., Soundtrack-Mitschnitt aus eigenem. Archiv)
[4] Mono, ISDN (11 kHz), 11,7 Sek., / 59 kB: "El Canal de las Estrellas" (c) eco
[5] Mono, 14,4 (4 kHz - live stream), 1 Min. 40,5 Sek. / 101 kB: RA-2.0-Variante des erweiterten Beispiels [3]
[6] Mono, 14,4 (4 kHz), 36,2 Sek. / 36 kB: Aus einem Kurzwellen-QSO meiner mobilen Amateurfunkstation DK1KI/m von 1974 (Cassetten-Mitschnitt einer auf der Fahrt zwischen Arolsen und Marburg mit dem modifizierten SR 160 durchgeführten Verbindung: Gegenstation DF 1 BL)
[7] Mono, 28,8 (5,5 kHz - live stream), 2 Min. 27 Sek. / 285 kB: "Nor kaan Fremde" (Hess. Volkstheater, s.o., TV 19.10.1982)
[8] Mono, 28,8 (5,5 kHz - live stream), 1 Min. 53 Sek. / 226 kB, "Heiratskandidat Tegtmeier bei Baron Schönthau" ("Ruhrdeutsch" vs. gehobene Alltagssprache; Idee und Sprecher beider Charaktere: Jürgen von Manger; Schallplattenüberspielung auf Cassette, aus meinem Archiv)
[9] RA 5.0, 4 kHz / 12.5 kbps, 23,6 Sek. / 35,6 kB, Stream-Encoding am Mikrofoneingang des IBM Thinkpad 755 C (Front-End Real Encoder 3.0)
[10] RA 5.0, 8 kHz / 16 kpbs, 6,2 Sek. / 12,58 kB: Win-95-Melodie
[11] RA 5.0, 8 kHz / 32 kbps, 6,2 Sek. / 24,67 kB: Win-95-Melodie
[12] RA 5.0, 3 kHz / 6,5 kbps; 6 Min. 28 Sek. / 312,83 kB: "Der Dienstmann", Sketch mit Hans Moser (bearb. mit Cool Edit Pro 1.2 und generiert mit Real Encoder 3.1)
[13] RA 5.0, 2.5 kHz / 4.9 kbps; 2 Min. 15,2 Sek. / 83,87 kB: Kurt Sigel: Umwelt-Betrachtung (in Frankft. Mundart!)
[14] RA 5.0, 4 kHz / 8.5 kbps; 5 Min. 45 Sek. / 364,9 kB: "Der Münchner im Himmel" (von 9' 05" auf 5' 45" gekürzt und bearb. mit Cool Edit Pro 1.2;  generiert mit Real Encoder 3.1)
[15] RA 3.0, 5.5 kHz / 16 kbps; 2 Min. / 240,3 kB: "Pilze", ostpreuß. Gedicht von Alfred Lau (bearb. mit Cool Edit Pro 1.2, generiert m. RA-Enc. 3.1)
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Beim RA-Encoding verwandtes Equipment:

  1. Modifizierter Cassettenrecorder ITT SL 700 Stereo; KENWOOD KX 9010; an Soundkarte Line in;
  2. [a] Cyrix 150+, 16 (bzw. 32) MB EDO-RAM, HD 2.1 GB (SCSI), MIRO-PCM 1;
    [b] P II/300, 64 MB S-DRAM, HD 8 GB, Soundkarte 16-Bit
    [c] IBM Thinkpad 755 C: 486/50 MHz, 20 MB RAM, HD 350 MB, Sound 16 Bit, ext. ECM mit Präsenzanhebung
    [d] P 166 MMX, 16 MB RAM, HD 2.1 GB, Sound 16 Bit
  3. Windows 95 und 98; Cool Edit Pro 1.0 und 1.2; RA-Encoder 3.0 und 3.1 (32 Bit) und RM-Encoder 5.1

Wird ergänzt. Kommentare sind jederzeit willkommen
(c) Dr. W. Näser, Marburg 12/96 ff.

[36] Stand: 8.11.99

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