Jodie Foster in AMICA

Hey Boy - ich will jetzt deinen Stuhl!

Regie ist eines der letzten maennlichen Reservate in Hollywood. Aber ich finde, es ist an der Zeit, daß Frauen sich dort mehr hineindraengen. Denn Regisseure haben Macht. Sie bestimmer, wie gut, wie kreativ ein Film wird. Sie legen den Schnitt, die Rollen fest. Sie entscheiden, warum man dieses Licht bevorzugt und jenen Ton. Und sie haben durch ihre Arbeit und ihre Aussagen in Interviews den Einfluss, das Bewusstsein, gar das Gewissen der Welt zu veraendern. Das habe ich begriffen, als ich elf Jahre alt war. Seither wollte ich nicht mehr nur Schauspielerin sein, sondern auch Regisseurin.

Unter weiblicher Leitung haetten einige der aktuellen Filme anders ausgesehen. Das Denkmuster der meisten Regisseure ist naemlich sehr machomaessig: "Leute, lasst uns so drehen, dass sich die Zuschauer erst einmal um die Frau sorgen, damit sie sich am Schluss um so mehr ueber den Mann freuen koennen, der die Frau rettet." Frauenpower ist selten Maennersache. Vermutlich, weil viele Regisseure wenig von Frauen wissen. Deshalb koennen sie einer Schauspielerin auch gar nicht bei der Entwicklung einer lebendigen, wirklich menschlichen Filmfigur helfen. Als Schauspielerin kannst du leider gar nichts dagegen tun. Da sieht dein Alltag so aus: Du klopfst an eine Tuer, traegst ein figurbetontes Kostuem, stellst dich vor und sagst: "So bin ich, so sehen meine Augen aus, so sieht mein Arsch aus." Als Akteurin muss ich mich damit abfinden, dass ich ein Objekt bin, dass ich meine Gesten, jeden Zentimeter meines Koerpers und meines Gesichts verkaufe, ebenso wie meine Persoenlichkeit.

Ich selbst mache Filme, in denen Frauen nicht nach zwanzig Sekunden einen multiplen Orgasmus haben muessen. Und ich weiss genug ueber das Geschaeft, um den Film, den ich mache, und das Team, mit dem ich arbeite, beschuetzen zu koennen. Womit ich nicht behaupten will, dass Frauen automatisch die besseren Regisseurinnen sind. Kathryn Bigelow zum Beispiel macht Actionfilme: mit viel Dreck und Gewalt. Hingegen halte ich Jonathan Demme fuer den verstaendnisvollsten Regisseur, mit dem ich jemals gearbeitet habe, Er ist einer der wenigen, die Filme aus der Sicht von Frauen machen koennen.

Filme machen heisst: Morgens um sechs Uhr aufstehen, miesen Kaffee zu trinken und Probleme loesen mit und zwischen Menschen. Regisseure muessen stark und autoritaer sein. Ich bin es. Weniger mit der Haerte eines Chefs als mit der Zuneigung einer Mutter. Doch Hollywood ist eine Maennerwelt, wie ja eigentlich jede Art von Geschaeftswelt maennlich ist. Und da liegt das Problem: In diesen Welten traut man Frauen keine Fuehrungsqualitaeten zu. Wenn Hollywood die Wahl hat zwischen zwei Anfaengern, der ein ist Mitglied im Boys Club, die andere mangels maennlicher Attribute eben nicht, dann entscheiden sich die Geldgeber lieber fuer ein Mitglied aus dem Club der Maenner. "Ich kenne dich zwar nicht, aber ich habe den Eindruck, dass ich dir vertrauen kann. Du hast Talent, ich gebe dir fuenf Millionen Dollar, dreh einen Film." Das kriegen Maenner zu hoeren, Frauen nicht.

Einspruch! Meine Generation lebt mit der Tatsache, das Maenner und Frauen gleichberechtigt sind. Andere Ueberlegungen sind nicht fortschrittlich. Gerade Schauspielerinnen bringen gute Regieeigenschaften mit: Sie haben Erfahrung. Mit drei Jahren stand ich das erste Mal vor der Kamera, ich habe in lausigen Fernsehproduktionen und ueber sechzig Werbespots gespielt. Ich habe Sachen gesehen, die ich heute verwerten oder verwerfen kann. "Dieser Dialog laeuft nicht gut. Ich habe eine bessere Idee", dann vertraut mir das Team.

Eigentlich gibt es bei meiner Regiearbeit nur ein Problem: Die Doppelaufgabe, Akteurin und Reggisseurin zu sein, ist ungeheuer ermuedend. Als Jodie, die Filmemacherin, bin ich mit einer durchschnittlichen Leistung von Jodie, der Schauspielerin, nicht zufrieden. Umgekehrt bin ich als Schauspielerin nur mit einer Regisseurin gluecklich, die mich in jeder Szene herausfordert. Dieses Problem hatte ich vor allem bei meiner ersten Regiearbeit Wunderkind Tate. Zwei Jahre meines Lebens habe ich da reingehaengt, um dann zu erleben, wie das Werk auf Hollywoods riesigem Muellberg der ungeliebten Filme landet. Weil das Marketing falsch lief und auch noch das Studio bankrott ging.

Man muss sich Einfluss erkaempfen und sichern in Hollywood. Nur so kann ich es vermeiden, Opfer von den Fehlern anderer zu werden. Seit ich meine Produktionsfirma Egg Pictures habe, versuche ich immer alle Faeden in der Hand zu halten - von der Wahl der Schauspieler bis zum letzten Werbeschachzug. Ich glaube, bei meinem neuen Film Home for the Holidays, der gerade in Deutschland anlaeuft, ist mir das gelungen. Ich bin jetzt seit vier Jahren mein eigener Manager. Das gibt Frauen wie mir Freiheiten, die Maenner ihnen sonst ungern einraeumen. Wenn ich eine Szene schmeissen will und finde, sie sollte noch einmal gedreht werden, muss ich keinen der Herren Produzenten mehr fragen: §Reicht das Geld und die Zeit?" Ich entscheide.

Noch bin ich eine Ausnahme im Boys Club. Damit mehr Frauen Produktionen leiten und Regie fuehren koennen, braucht es mehr Maenner Hollywoods, die Vaterfiguren. Diese Leute kannten mich seit meiner Kindertagen, sie wussten, dass ich zuvferlaessig bin, und sagten deshalb: "Jodie, ich gebe dir eine Chance. Wenn es nicht gleich klappt, mach dir keine Sorgen, es wird einen zweiten Film fuer dich geben." Ich hatte eben Glueck. Jetzt habe ich die Verpflichtung, und jetzt will ich auch anderen Frauen in den Club verhelfen.

This page hosted by Get your own Free Home Page