Ich bin nach deinem roten Mund so krank
Autor: François Villon

Kinskis Fassung basiert auf Paul Zech's Nachdichtung
Eine neue Ballade, gedichtet für Mira l'Ydolle.



Am Abend standen alle Bäume grau und krank
im Wald herum, weil in dem Wiesengrund der Tag ertrank.
Du aber warfst die Kleider fort vom Leib
und hast ein weisses Licht
mir angezündet, Abendweib,
mit Wurzelhaar und Tiergesicht.
Und immer werden meine Augen hell und weit,
wenn in dem Wald der weisse Mond erscheint.

Die Bäume wuchsen in den Mai hinein
und wollten nicht mehr grau und einsam sein.
Ich aber weiss nicht, wo du weilen magst,
ich weiss nur, wie du hautnacktheiss
an meinem Munde lagst.
Und über uns der Mond zog seinen Kreis
die lange Nacht
und hat mich krank gemacht.

Ich bin nach deinem roten Mund so krank,
der sich an meinem Blut betrank.
Das werd ich manche Nacht im Wald
noch wissen... du, warum kommst du nicht mehr
zurück, im weissen Kleid. Bald bin ich alt
und wie die Bäume krank und leer...
Und könnte sein wie einst im weissen Licht,
dein Nachtgemahl mit Wurzelhaar und Tiergesicht.


Klaus Kinski 1926-1991 | E-Mail (c) Michael 1998-1999
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