Von den Mädchen, die keinen Mann mehr bekommen
Autor: François Villon

Kinskis Fassung basiert auf der Nachdichtung von Paul Zech:
Die Ballade von den Mädchen, die keinen Mann mehr finden



Sie haben alle eine Nacht mal ohne Hemd
so fleischern aufgeschwemmt
im grünen Gras gelegen
und haben da in solcher Nacht
den Mann um seinen Schlaf gebracht,
sie wussten wohl weswegen.
Das war im Sommerjahr ihr schönster Traum,
denn in der Winterzeit da grünt kein Pflaumenbaum.

Im Pflaumenbaum da sang die Nachtigall
noch manches Mal das Lied vom Sündenfall.
Und oben bei den Schafen
da stand ein fetter Mond und liess
den Knaben, der so schön die Flöte blies,
die ganze Nacht nicht schlafen.
Der Knabe hat wohl an das Kind, das kommt, gedacht
und sich am Morgen aus dem Staub gemacht.

Da banden sich die Mädchen einen Kranz ins Haar
und klopften an bei Jesu Engelschar,
dass er sie von den bösen Schleichen im Männermeer
erlöse für und für.
Doch Petrus stand mit seinem Sarrass vor der Tür
und zeigte auf den See, da schwammen sie, die Leichen,
da schwammen viele Kinder aus der Pflaumenzeit
und taten dem Gewürm so leid.

Sie tragen jetzt ein schwarzes Witwenkleid,
und auf ihr Haar der böse Winter schneit.
Die ganze Nacht brennt in der Kammer Licht
und aus dem Spiegel grinst ein Tiergesicht.
Da möchten sie das Bild zerschmeissen.
Doch Glück und Glas, das reimt sich nie
auf Pflaumenbaum und Zitterknie.

Auch Pflaumenbäume wachsen ihre Zeit
und welken hin und werden abgehaun.
Was in der Früh noch trug ein Purpurkleid
fault abends schon im schwarzen Dreck am Zaun.


Klaus Kinski 1926-1991 | E-Mail (c) Michael 1998-1999
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