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Der verzweifelte Kampf gegen die Selbstverletzung
von Julia

Brief an M., den Menschen, der mich versteht, mir aber trotzdem nicht helfen kann und mit dem ich mich kurz zuvor gestritten habe...

09.02.99        

Ich sitze hier, versuche die "Girl" zu lesen, schiele immer wieder nach der Schere. Ich habe sie schon öfter in der Hand gehabt, schon einmal angeritzt und sie wieder hingelegt. Es kribbelt im Bauch, in der Hand, ich kann kaum stillsitzen.
Ich kann nicht weggucken, an nichts anderes denken.
'Ich habe Musik gehört, gelesen, gebetet... Es hat vorübergehend geholfen, ich hatte mich weitgehend beruhigt. Ich habe Gott um Hilfe gebeten, dass ich die Finger davonlasse.
Ich sehe es als Verrat an, wenn ich es jetzt doch tue. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Es geht wellen mässig. Das Verlangen wird extrem stark, ich sehe die Szene des Schneidens vor mir, dann geht es wieder einigermaßen. Ach scheiße! WARUM???
Ich mag mich nicht. Will ich dir wehtun, M., will ich dich für irgendwas bestrafen? Ich weiß es nicht. Eher wohl mich. Ich schreie mich an, es zu lassen . Ich habe versucht, mich zu streicheln, am Arm, aber dann habe ich mich gekratzt und direkt die Schere angesetzt. Ich habe mich wieder angeschrieen. Bin ich wirklich schon so abgestumpft mir gegenüber?
Wenn ich das tue, dann tu ich das ganz alleine. Nicht mal Gott würde das dann vielleicht mehr inte-ressieren. Ob er mir verzeiht? Garantiert - aber was ist mit dir??? Ich habe es getan, etwa einen Zentimeter nur und die Schere weinend weggelegt. Ich kneife mir in die Wange - das bin doch nicht ICH, oder? Tu doch was dagegen!!! Ruf mich an, M., ganz schnell. Es tut mir leid. Verzeih mir. Ach Mann, es tut mir so leid. Ich habe Angst. Angst, dass du nicht mehr mit mir leben willst. Ich brauche dich! Jetzt. Nimm mich in den Arm...
Ich bin so traurig, so allein... Hilf mir!
Ich tue es nicht. Ich werde es nicht tun!
NEIN!!!
...doch...

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