zzmat-O-graph
an den grenzen der taeglichen verfuegbarkeit.
22.02.2007
Heute habe ich mich ein wenig mit Ingo Günthers Arbeit "Refugee Republik" und der dazugehörigen Site www.republik.com beschäftigt. Grundlage war der Katalog der Düsseldorfer Ausstellung gleichen Titels, die anlässlich der Preisverleihung der Stankowski-Stiftung an den Künstler, vom 28. März bis 10. Mai in der Düsseldorfer Kunsthalle stattfand. Die Relationen sind wieder einmal aus den Fugen. Der Katalog - eine Verheißungsmaschine, die Ausstellung war gigantisch. Das ist auf den ersten Blick nun recht positiv, vor allem für den Künstler, der nicht nur für sein Werk mit einem bekannten Kunstpreis geehrt wurde, sondern auch noch einen opulenten Papierblock aus dem Hause Cantz im Portfolio hat. Aber wie sieht es mit dem aus, worum es dort ging? Was ist aus dem Projekt geworden, das doch so etwas wie ein virtuelles Zuhause, eine Nation für Flüchtlinge im Internet sein sollte. Vom refugee.net aus bin ich zur digitalen Republik gewandert und zurück. Das Fazit: Der Zustand ist trostlos. Nichts von den hehren Zielen spiegelt sich dort. Ich habe den Eindruck, dass es sich um einen Krippentod handelt.
Warum? Im Katalog wurde Partizipation versprochen. Die gibt es aber nicht. Der Besucher findet zwar E-Mail-Adressen als Kontakte vor, aber selbst die verprochene Realisierung einer Aktiengesellschaft steht noch aus, und wenn man spenden möchte, landet man auf genau den Seiten, die bereits im Katalog, der immerhin fast neun Jahre alt ist, angegeben wurden. Auf der Site steht dann noch lapidar, dass man ein wenig Geduld haben solle:

"December  2001 please re-visit for update in Jan 2002"

Nun, auch dies ist Geschichte. Nichts ist seitdem passiert. Zwar ist der Künstler weiterhin im Ausstellungsgeschäft tätig - zur Zeit sehen wir in Marl im Skulpturenmuseum Glaskasten seine Globen (http://worldprocessor.com) und eine daraus abgeleitete Videoarbeit. In Jena sind neue Arbeiten zu sehen. Aber die Versprechen der symbolischen Stärkung von Flüchtlingen über die oben erwähnte Site sind nicht eingelöst worden. Warum nicht? Sicher wird es an finanziellen Mitteln gefehlt haben. Vielleicht aber auch an echten Benutzern der Seite. Denn wer hat in den Ländern der so genannten dritten Welt überhaupt Internetzugang? Und von dort stammen nun ja die meisten Flüchtlinge, ob's die Boat People oder die Nordafrikaner sind, welche sich immer wieder auf den Weg machen, um der Unbill und den Todesbedrohungen in ihren Ländern zu entkommen. Das stimmt traurig, denn eigentlich ist die Vorstellung einer solchen Arbeit als lebendige Plattform zur gegenseitigen Hilfe, zum virtuellen Sich-Aufhalten, zur sprachen- und barrierenüberwindenden Gemeinschaft faszinierend. Aber das ist das traurige Los vieler Internetkunstprojekte. Sie sterben einfach, ohne Spuren zu hinterlassen. Besäße ich nicht den Katalog zur Ausstellung, warum sollte ich noch an Ingo Günther denken, wenn auch das www.medienkunstnetz.de seit Monaten down ist? Die Wüste im Internet breitet sich aus, kontinuierlich. Selbst so umtriebige Künstler wie Günther haben dem anscheinend nichts entgegen zu setzen. Das ist sehr schade. RIP republik.com, let's stay in economical totalitarism forever...
2007-02-22 07:47:56 GMT
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