Slowakische Republik 1995 Regie: Martin Sulik,
Buch: Martin Sulik, Martin Loscak, Ondrej Sulaj,
Musik: Vladimir Godnar,
Kamera: Martin Strba,
Schnitt: Dusan Milko,
Darsteller: Roman Luknar, Marian Labuda, Zuzana Sulajova, Jana Svandova, Katarina Vrzalova, Dusan Trancik Kinostart: 25/4/1997
Jakob ist dreißig Jahre und mitten in einer Krise. Sein Job als Aushilfslehrer ödet ihn an, und seine Beziehung zu einer verheirateten Frau überfordert ihn. Sein Vater, bei dem er lebt, wirft ihn aus der Wohnung, schenkt ihm aber das verrottete Gartenhaus des Großvaters, irgendwo in der tiefsten Provinz.
Jakob verschiebt sein Vorhaben, das Haus so schnell wie möglich zu verkaufen, und beginnt, das verwunschene Anwesen herzurichten und den verwilderten Garten in Ordnung zu bringen. Eine Menge Arbeit wartet auf ihn. Der Schuppen kann jederzeit über ihm zusammenbrechen, der Gartenzaun liegt mehr, als er steht, es muß gejätet werden, und die Obstbäume sind abzuernten.
Jakob findet das in Spiegelschrift verfaßte Tagebuch des kauzigen Großvaters und entziffert es mit wachsender Faszination: Er erfährt vom Geschlechtsleben der Fledermäuse und Wissenswertes über Wespennester, er lernt Brot zu backen und Bäume zu fällen, Pflaumenschnaps zu destillieren und die Abläufe der Natur zu begreifen.
Allerlei mysteriöse Besucher tauchen auf. Unter ihnen das schöne Mädchen Helena, das unter seiner tyrannischen Mutter leidet und als verrückt gilt. Sie scheint offensichtlich übernatürliche Fähigkeiten zu haben und stürzt Jakob in zunehmende Verwirrung. Hin und hergerissen zwischen dem Mystischen und dem Realen läßt er sich von dem Mädchen in eine faszinierende Märchenwelt hineinziehen. Jakob lernt, die Welt auf eine neue Weise zu erfahren. Er verliert schließlich alles, was er hat, aber er findet das Glück...
"Martin Sulik ist eine so souveräne und leicht erzählte Parabel gelungen, daß dem Zuschauer dasselbe passiert wie Jakob: Die übersinnlichen Kräfte, über die Helena verfügt, nimmt er für voll, und der Zustand subtiler Harmonie ... ist Ausdruck eines so filigranen Happy-Ends, wie man es im Kino nur selten zu sehen bekommt." (Alexander Musik)
"Die Geschichte einer allmählichen Verzauberung, erzählt in ebenso schnörkellosen wie beeindruckenden Bildern. Jakob ist ein in die slowakische Gegenwart versetzter Candide ... Einen Regisseur, der einen verwilderten Garten zum Mittelpunkt seines Films macht, darf man wohl mutig nennen. Und kein schreckliches Geheimnis, keine vergrabene Leiche braucht die Geschichte, um über 100 Minuten zu faszinieren und sich für das Verhältnis zwischen Jakob und der hexenhaften Helena zu interessieren - sowie für wilde Wespen, Ameisenhügel, Fallobst und eine seltsame Schafherde ... Herausragend!" (Tip Berlin)
"Von einem, der auszog, das Staunen zu lernen ... Ein lichtdurchflutetes Märchen im Countrystyle, traumhaft schöne Bilder aus der heilen Welt mit amüsant-ironischen Brechungen ... so wunderbar abgehoben kann Kino sein. Martin Sulik ist ein Lichtblick im düsteren Zeitgeist." (Mannheimer Morgen)
Jury-Preis Karlovy Vary 1995 / Publikumspreis Intemationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg 1995
(INFO FILMLADEN)
(...) "Dieser stille Film umgarnt den Zuschauer allmählich mit schrägem Humor, unterminiert aber jeden Versuch, ihn als Reklame für das natürliche Leben mißzuverstehen." (...) schrieb Thomas Klingenmaier in der Stgt. Zeitung, 20.12.96
(...) Seit seiner Entstehung 1995 hat der Film zahlreiche Preise (in Mannheim, Turin, Bologna, Karlovy Vary) gewonnen und wurde von Kritikern ebenso oft als kurz- wie als langweilig bezeichnet. Am Ende von Suliks Geschichte hat Jakob, ohne das Paradies preiszugeben, zurückgefunden zu den Menschen. Versöhnt mit seinem Vater, ist er wieder als Lehrer tätig und lernt von Helena, seiner Schülerin. (H.G. Pflaum, SZ, 27.2.97)
Schlechte Zeiten für Aussteiger: Wer glaubt noch an die Wiederentdeckung der Langsamkeit? Wer macht sich noch auf die Suche nach der verlorenen Unschuld? Figuren wie der dreißigjährige Jakob (Roman Luknár) in Der Garten sind, so scheint es, dreißig Jahre zu spät dran: Ein stattlicher Mann, ein Lehrer, dem sich verheiratete Frauen an den Hals werfen, wird plötzlich von der Sinn-dieses-Daseins-Frage überrascht.
Also läßt er Beruf, Liebschaft und Stadtleben hinter sich, um sich auf dem Land - im Gartenhaus seines Großvaters - niederzulassen. Dort lernt er aus den geheimen Aufzeichnungen des Verstorbenen, wie man - ganz im Stil der ersten Bio-Bauern-Generation - Brot bäckt, Obst verwertet, Schnaps brennt und andere Dinge, die die ganzheitliche Gesundheit von Körper und Seele fördern. Der slowakische Filmemacher Martin Sulík ist freilich so naiv nicht. Wenngleich in betörend sommerfarbene Bilder gekleidet, inszeniert er Jakobs märchenhaftes Landleben als skurrilen Streich eines liebenswert dummen Buben.
Wer wollte diesen Jakob auch uneingeschränkt ernst nehmen, dessen Erlebnisse im "Garten Gottes" von einer Märchen-Erzählerstimme vorausgesagt werden? So macht es einem der Regisseur einerseits leicht, den netten Narren um dessen Naturfrieden zu beneiden; zugleich aber verhindert er die Identifikation mit dieser Figur, die einem 68er-Märchen entsprungen sein könnte. Und der Sonntagsausflügler namens Rousseau, der Jakob über das notwendige Zurück-zur-Natur aufklärt, um in der Folge seine Schrott-Ente gegen dessen komfortablen Kleinwagen einzutauschen, verkörpert auf treffliche Weise die absurde Facette dieser Stadtflucht.
Auf ansprechende Weise anachronistisch (wie die Aussteiger-Legende) wirken die Figuren des Films auch in ihrer Art, als leicht schematisierbare, aber schwer zu durchschauende Typen zu agieren. Das erinnert ein wenig an die Schelmenkomödien aus unseren Kindheitstagen, als man Figuren wie Jakob sehr ernst genommen hat - und doch herzlich über sie lachen konnte. Das ist es auch, was Sulík mit diesem heiteren Märchen erreicht: daß man über jemanden lachen kann, den man irgendwann vielleicht einmal ernst genommen hätte. (Robert Buchschwenter, DIE PRESSE, 26/4/1997)
USA 1996 Regie: Robert Harling,
Buch: Robert Harling nach Larry McMurty,
Musik: William Ross,
Kamera: Don Burgess,
Schnitt: Priscilla Nedd-Friendly,
Darsteller: Shirley MacLaine (Aurora Greenway), Bill Paxton (Jerry Bruckner), Juliette Lewis (Melanie Horton), Miranda Richardson (Patsy Carpenter), Ben Johnson (Arthur Cotton), Scott Wolf (Bruce), George Newbern (Tommy Horton), Marion Ross (Rosie Dunlop), MacKenzie Astin (Teddy Horton), Donald Moffat (Hector Scott), Jack Nicholson (Garrett Breedlove) Kinostart: 25/4/1997
Seit dem Tod von Aurora Greenways Tochter Emma sind 15 Jahre vergangen. Dennoch ist in Auroras Leben fast alles beim alten geblieben. Da sind ihre drei Enkelkinder, die alle nicht so recht das aus ihrem Leben gemacht haben, was sich Aurora für sie ausgemalt hat, obwohl sie sie liebevoll und nach bestem Wissen und Gewissen großgezogen hat. Da ist Emmas einstige beste Freundin Patsy, die Aurora immer wieder unerwünscht ins Handwerk pfuscht und um die Zuneigung der Enkel buhlt. Und da ist vor allem der junge Seelenklempner Jerry Bruckner, der Aurora eine ganz besondere Therapie verpaßt, die ihr Leben nachhaltig verändert. (Verleihprogramm)
Wie die Zeit vergeht! Schon sind wieder gut fünfzehn Jahre vergangen, seit Shirley MacLaine als Aurora Greenway dem unerbittlichen Zeitpfeil eine Zeit der Zärtlichkeit abgetrotzt hat. Heute gilt neuerlich: Frau MacLaine sieht jünger aus, als sie ist, weil sie so alt ist, wie sie sich fühlt. Sie fühlt sich fit für ein Sequel. Sie findet, es sei diesmal Zeit für gleich ein paar Jahre der Zärtlichkeit.
Wir erinnern uns: Es ging damals um relativ späte Liebe, um viel Familie und um Herz, Schmerz und dies und das. Diesmal geht es um späte Liebe, sehr viel Familie und um Herz, Schmerz und dies und das. Aurora Greenway lebt mit Personal, Clan und ein paar pragmatisierten Dauerverehrern in Houston, Texas. Jack Nicholson, damals als Galan mit einem Oscar für den besten Nebendarsteller bedacht, ist dieses Mal, no na, der Galan von damals.
Bill Paxton, damals noch nicht dabei, ist dieses Mal als Gesprächstherapeut dabei. Twister war nichts dagegen: Er heißt Jerry Bruckner, trägt die entsprechend intellektuelle Brillenfassung und vernachlässigt seine Berufspflicht (Äquidistanz!) zugunsten seiner Neigung zur Nächstenliebe. Sein Vorteil: Er hat einen Mutterkomplex. Seine Mutter tanzte in Vegas. Er ist ein Showgirls-Söhnchen.
Dazu gesellt sich noch ein Rrrrrriot Girl (allerdings eine sehr texanische Ausgabe), gespielt von Juliette Lewis mit Mut zur häßlichen Perücke. Bei so viel Personal sind entsprechend viele Kalamitäten garantiert, die Lösung nicht immer – die Geschichte hier ist schließlich ganz besonders lebensnah und wahr. Ihre (Roman-)Vorlage stammt übrigens von Larry McMurty (The Last Picture Show).
Regiedebütant und Drehbuchautor Robert Harling machte daraus einen Film, der wie Strafverschärfung für Golden Girls aussieht. SitCom-Elemente sind im Drehbuch noch als Spurenelemente auszunehmen, Identifikationsmomente für die geistige Altersvorsorge werden nicht hochkonzentriert und homöopathisch, sondern als Breitbandantibiotikum gegen Altersmißmut dargereicht. Sollten Sie zur Zielgruppe gehören: Schlagen Sie den Strategen ein Schnippchen. Sehen Sie sich einen guten Film an. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 24/4/1997)
So viele Tränen wie in Zeit der Zärtlichkeit werden bei der Ansicht von Jahre der Zärtlichkeit wohl nicht vergossen werden. In der Fortsetzung des MacLaine-Melodrams von 1983 erschüttert eher die Beiläufigkeit, mit der hier gestorben wird, als die eindringliche Inszenierung von Trauer. In Jahre der Zärtlichkeit kann einen der Schlag buchstäblich jeden Moment treffen. Beim Abendessen oder im Kreis der Liebsten. Shirley MacLaine, hier nicht am Höhepunkt ihrer Karriere, opfert sich noch vierzehn Jahre nach Zeit der Zärtlichkeit als Heilige Großmutter Aurora für ihre mißratenen Enkel auf. Auch nach dem Tod ihrer Tochter in Teil eins ist sie damit das narzißtische Zentrum der Familiengeschichte geblieben.
Allerdings bescheidet sich die Mini-Saga inzwischen endgültig mit einer Mischung aus Sentimentalität und Soap-Opera-Konflikten. In breitem Südstaatenakzent streitet MacLaine mit Miranda Richardson um die Gunst der Enkel, trägt Freunde zu Grabe, erholt sich in den Armen eines mutterfixierten Psychotherapeuten. So vergeht ein Leben im Flug. Interessant ist nur der Kurzauftritt Jack Nicholsons, der noch einmal in seine Rolle als verführerischer Ex-Astronaut geschlüpft ist. Offensichtlich hat er sich nicht der Regie Robert Harlings unterworfen und liefert mit knarrender Stimme eine dramatische Miniatur ab, die die Bemühungen aller Mit-Akteure als mittelmäßiges Theater entlarvt. wei (DIE PRESSE, 3/5/1997)
In einer Zeit der Fortsetzungen wird der Abklatsch zum Stilmittel. Das risikolarmselige Hollywood beweist uns dies momentan Schlag auf Schlag, indem es erprobte Helden, Stories und Themen von zweiten bis sogar sechsten Teilen zum Erbrechen ausreizt. Im billigen Straßkollier freilich strahlt der synthetische Diamant kostbar wie ein Solitär. Womit wir bei Shirley MacLaines alt, aber keineswegs weise gewordener Aurora wären. Die ist zwar nicht mehr die alte, kann sich aber immer noch sehen lassen - und das zumindest künstlerisch völlig ungeliftet Vierzehn Jahre nach "Zeit der Zärtlichkeit", dieser einst oscarüberschütteten Tragödie zum Lachen und Komödie zum Weinen, läßt man jetzt das Leben dort weitergehen.
Aurora ist die Sonne im bunten Planetensystem aus Restfamilie und Freunden, aber allen brennt sie zu heiß. Immer noch ebenso temperamentvoll wie neurotisch, kümmert sie sich weiterhin um die mutterlosen Kinder ihrer verstorbenen Tochter. Nur daß diese knapp erwachsen gewordenen Sprößlinge es gar nicht mehr schätzen, von einer dominanten Glucke bedrängt zu werden, als wären deren Fittiche aus Stahl und ihre Liebe nur Hysterie. Enkeltochter Melanie flüchtet mit Liebhaber Bruce von Houston nach L.A.; Enkelsohn Tommy gestaltet Auroras Besuche im Gefängnis, wo er bereits zum dritten Mal einsitzt, als Psycho-Showdown.
Perle Rosie geht sogar so weit, ihre dadurch dem Gemütsgelenk gesprungene Arbeitgeberin durch einen Therapeuten wieder einrenken zu lassen. Wobei sich allerdings der junge Mann in die Großmutter allen Ernstes verliebt. Wie schon das in sämtlichen Fernsehkanälen gnadenlos ersäufte Original liebenswert hemmungslos in Ironie und Sentimentalität, erreicht die mittlerweile senior geworden Frauenbiografie an - selteneren - Höhepunkten die gratwandernde Gefühlsqualität des Jugendteils. Deshalb mochte sich wohl auch Lachender Grauer Wolf alias Jack Nicholson zu einem Kurzauftritt bequemen. Also eine echte Folgeerscheinung. Das heißt natürlich: Taschentücher sind obligat. (Rudi John, KURIER)
DIE RÜCKKEHR DER JEDI-RITTER (THE RETURN OF THE JEDI)
USA 1983 Regie: Richard Marquand,
Buch: Lawrence Kasdan, George Lucas,
Musik: John Williams,
Kamera: Alan Hume,
Schnitt: Sean Barton, Marcia Lucas, Duwayne Dunham,
Darsteller: Mark Hamill (Luke Skywalker), Harrison Ford (Han Solo), Carrie Fisher (Prinzessin Leia), Billy Dee Williams (Lando Calrissian), Anthony Daniels (c-3PO), Kenny Baker, Peter Maynew, Alec Guinness (Ben >Obi Wan< Kenobi), Sebastian Shaw, Frank Oz (Koda), David Prowse Kinostart: 25/4/1997
Der Kommandant Luke Skywalker und Prinzessin Leia Organa bemühen sich, ihren Freund Han Solo zu retten. Er wurde auf dem Wüstenplaneten Tattuin von dem Unterwelt-Herrscher Jabba the Huff eingefroren. Unterdessen hat ihr Gegner Darth Vader eine neue, noch tödlichere Raumstation gebaut - dem "Todesstern II". Luke und Leia erhalten jedoch tapfere Unterstützung von den bärenähnlichen Ewoks, deren Planet vom Imperium als Basis mißbraucht
USA 1996 Regie: Rob Reiner,
Buch: Lewis Colock,
Musik: Marc Shaiman,
Kamera: John Seale,
Schnitt: Robert Leighton,
Darsteller: Alec Baldwin (Bobby DeLaughter), Whoopi Goldberg (Myrlie Evers), James Woods (Byron De La Beckwith), Craig T. Nelson (Ed Peters), Susanne Thompson (Peggy Lloyd), Lucas Beck (Burt DeLaughter), Joseph Tello (Drew DeLaughter), Alexa Vega (Claire DeLaughter), William H. Macy (Charlie Crisco), Lloyd "Benny" Bennett (Benny Bennett), Darrell Evers, Yolanda King, James Van Evers, Jerry Levine, Sky Rumph, Margo Martindale, Zoaunne Leroy, Michael O'Keefe, Bill Smitrovich, Terry O'Quinn, Rex Linn, Bill Hendersen, James Pickens jr. Kinostart: 25/4/1997
Im Juni 1963 stirbt der schwarze Bürgerrechtler Medgar Evers durch die Kugel des KluKluxKlan-Mitgieds Byron De La Beckwith. Eine Jury aus zwölf weißen Männern erreicht vor Gericht keinen Urteilsspruch. Der Revisionsprozeß endet ebenso. De La Beckwith wird 'in dubio pro reo' wieder auf freien Fuß gesetzt. Nachdem in den Akten eines Untersuchungsausschusses Hinweise darauf gefunden werden, daß auf die Jury bei den Prozessen vor 25 Jahren Einfluß genommen wurde, wird der Evers-Fall im Oktober 1989 erneut aufgerollt. (Verleihprogramm)
Das Böse existiert ganz leibhaftig auf Erden. Anfaßbar. In Gestalt von Durchschnittstypen, die nur berühmt werden, wenn sie sich zu einer Gewalttat entschließen. Daran glaubt der Schauspieler James Woods, der in Rob Reiners Das Attentat ein solches Monster darstellt: Byron De La Beckwith, der sehr spät verurteilte Mörder des schwarzen Bürgerrechtlers Medgar Evers. Am 12. Juni 1963 wurde Evers in Jackson, Mississippi vor seinem Haus aus dem Hinterhalt erschossen. Beckwiths Motiv: rassistischer Haß auf einen Mann, der für Gleichberechtigung kämpfte. Wirkungen bis in die jüngste Gegenwart hat diese Tat, weil das KuKluxKlan-Mitglied Beckwith in den sechziger Jahren zweimal (von rein weißen Jurys) nicht verurteilt wurde.
Noch im Gerichtssaal schüttelte ihm der Gouverneur von Mississippi demonstrativ die Hand. Als freier Mann zieht Beckwith wenig später wieder in sein Kleinstädtchen ein, um dort als Volksheld willkommen geheißen zu werden. So beginnt Rob Reiners Film (Originaltitel: Ghosts of Mississippi), in dem Geister wie Beckwith auch noch die Gegenwart heimsuchen.
Das Südstaatendrama, das sich um die Wiederaufnahme des Beckwith-Verfahrens dreht, hat sich hohe Ziele gesetzt. Ein ganzer Bundesstaat soll in Das Attentat für die liberale Zivilgesellschaft zurückgewonnen werden, gegen alle Widerstände ("Was hat Amerika damit zu tun? Das ist Mississippi!"). Dafür wollen der weiße Anwalt Bobby DeLaughter (Alec Baldwin) und Evers' Witwe Myrlie (Whoopi Goldberg) sorgen.
Gegen alle Widrigkeiten wird hier nach der Wahrheit gesucht, unter der Erde, in muffigen Truhen, zwischen verstaubten Aktendeckeln. Entdeckt werden Lügen, falsche Alibis, Interventionen der Regierung und zwei krasse Fehlurteile. Doch für die Wahrheit ist es ja nie zu spät. Auch wenn sie in Mississippi, siehe auch Die Jury oder Mississippi Burning, vielleicht schwerer zu finden ist als anderswo. Schlecht beraten war Regisseur Reiner, als er beschloß, den Film um seinen Staatsanwalt herum zu bauen. DeLaughter, von Alec Baldwin schmerzhaft schlecht interpretiert, ist die mit Abstand hohlste Figur im Drama. Ob Bombendrohung oder Scheidung: Widrigkeiten können ihn nicht beeindrucken.
Die Gerechtigkeit ist des untadeligen Mannes höchstes Ziel. In Das Attentat wird aus dem authentischen Stoff ein unterdurchschnittliches Recherche- und Gerichtssaaldrama, an dessen Ende wieder das Funktionieren des Systems bejubelt wird. Und das Böse? Während die Kollegen ihre Kunstfiguren bis zum Platzen aufpumpen dürfen, wird James Woods in Das Attentat der Statisterie zugeschlagen. Nur in ein paar seltenen Momenten darf er unter seiner Latexmaske, die ihn dreißig Jahre hat altern lassen, ein wenig vom banalen Bösen erkennen lassen. Aber in diesem Film ist alle seine Kunst verschwendet. (Robert Weixelbaumer, DIE PRESSE, 26/4/1997)
Wahren Geschichten muß man am meisten mißtrauen. Darum, weil es tückischerweise nicht nur auf den Wahrheitsgehalt einer Geschichte an sich ankommt. Sondern vor allem darauf, wer sie erzählt und wie. Genau darin aber liegen die Mängel dieser Geschichtsverfilmung made in USA; die mißtönen wie ein Manhattaner Opernsopran aus einem Harlemer Gospelchor. Weil sich - anstelle des ermordeten schwarzen Bürgerrechtskämpfers Medgar Evers und seiner Jahrzehnte um die Verurteilung des freigesprochenen Mörders kämpfenden Familie - in diesemVergangenheitsbewältigungsthriller vor allem ein weißer Anwalt profiliert.
Als gäb's Heiligenscheine einzig in Weiß im Fundus. Zur unbestreitbaren Courage des als Unterstaatsanwalt tätigen Schwiegersohns eines rassistischen Richters gibt bei der Neuaufnahme des Mordprozesses nach 26 Jahren Whoopi Goldberg als resolute Witwe nur den passenden Ebenholzrahmen ab. Der Fall des Menschenrechtlers - der 1963 in Jackson, Mississippi, von einem Ku-Klux-Klan-Mitglied in Heckenschützenmanier ermordet wurde, den eine Südstaatenjury erst einmal freisprach - hat Spannung, Intensität; läßt es auch an Integrität nicht durchwegs fehlen. Das nicht nur klimatisch schwüle Lokalkolorit der Südstaaten zeichnet sich aber nur in Schraffuren ab. An politischer Korrektneß, die hier einmal wirklich angebracht wäre, fehlt's auch. Damit wurde Medgar Evers zum zweiten Mal ein Opfer. (Rudi John, KURIER)
USA 1996 Regie: Robert Mandel,
Buch: Roy Frumkes, Rocco Simonelli, Alan Ormsby,
Musik: Gary Chang,
Kamera: Bruce Surtees,
Schnitt: Alex Mackie,
Darsteller: Tom Berenger (Shale), Ernie Hudson (Direktor Claude Rolle), Diane Venora (Jane Hetzko), Glenn Plummer (Darryl Sherman), Marc Anthony (Juan Lacas), Richard Brooks (Wellman), Rodney A. Grant (Johnny Glades), William Forsythe (Hollan) Kinostart: 25/4/1997
Jane Hetzko, Lehrerin an der Duke High School in Südflorida, wird von ihrem Schüler Juan Lacas, einem Latino, bedroht. Ihr Freund Shale ist Söldner und hartgesottener Kämpfer - gerade aus Havanna zurück, wo er mit seinen Leuten eine Drogenfabrik ausgehoben hat. Jetzt auf Arbeitssuche, übernimmt Shale heimlich Janes Posten als Ersatzlehrer um an ihrem Angreifer Rache zu nehmen und findet sich bald in mehr verwickelt. Der Schuldirektor und korrupte Expolizist Claude Rolle ist Teil eines tödlichen Drogenkartells. (Verleihprogramm)
Nie mehr Schule! Schon gar nicht mit Tom Berenger. Als Klassenlehrer wäre der Mann mit der Mimik einer zerquetschten Gurke gerade noch auszuhalten. Aber zur pädagogisch wertlosen Doppelstunde gibt's noch Actionballerei, die ungefähr so abwechslungsreich ist wie ein Wandertag auf der Donauinsel. Vergessen geglaubte Schulerinnerungen werden wach, man sehnt sich nämlich nach erlösendem Pausenläuten. Dabei wirkt der Ex-Söldner auf Jobsuche, der als Pauker in einer Highschool landet, irgendwie sympathisch, charismatisch.
Zählt mehr Narben am Körper als Moby Dick. Ein desperater Rambo, der meint, in Vietnam schon alles gesehen zu haben. Aber Zustände wie an seiner High School, die er von adoleszenten Drogendealern säubern soll, sind ihm neu. Worauf er die lehrermassakrierenden, koksenden Rüpel ins Gebet nimmt und sie Mores lehrt. Der ganz normale amerikanische Schulalltag, inklusive Handgranaten, Panzerfäusten und ähnlichen Lehrmitteln. Berenger tauscht den Dschungel- gegen den Papierkrieg und räumt so gründlich auf, daß sich das nächste Klassentreffen erübrigt. Und wann läutet's endlich? (Monika Vanecek, KURIER)
GB 1996 Regie: Kevin Allen,
Buch: Kevin Allen, Paul Durden,
Musik: Mark Thomas,
Kamera: John Mathieson,
Schnitt: Oral Norrie Ottey,
Darsteller: Rhys Ifans (Jeremy), Llyr Ifans (Julian), Dorien Thomas (Greyo), Dougray Scott (Terry), William Thomas (Bryn), Rachel Scorgie (Adie), Huw Ceredig (Fatty), Sue Roderick (Lucy), Jenny Evans (Bonny), Morgan Hopkins (Chip), Brian Hibbard (Dai Rees), Di Botcher (Jean) Kinostart: 25/4/1997
Schauplatz der schwarzen Komödie ist das kleine Kaff Swansea im Süden von Walses. Ein eigentlich harmloser Sturz von einer Leiter wird hier zum Auslöser einer Kette absurder Ereignisse. Weil nämlich dem körperlich Geschädigten nicht die erhoffte finanzielle Wiedergutmachung von seinem Arbeitgeber zuteil wird, treten seine Söhne, ein ebenso skuriles wie eigenwilliges Zwillingsbruderpaar, vehement und mit reichlich unkonventionellen Mitteln für den Vater ein und lösen damit einen lokalen Kleinkrieg aus. (Verleihprogramm)
Kevin Allens "Twin Town" probt die schwarze Komödie, bleibt aber im farblosen Trauerspiel hängen: eine neue, tödlich verunglückte britische Film-Farce.
Wer sich am schlechten Geschmack versucht, sollte auch die notwendige Kunst dazu parat haben. Ohne eigenen Stil, das zeigt die Arbeit etwa John Waters' oder Peter Jacksons, ist bad taste im Kino - keine Ausnahmen zu dieser Regel - wirklich nur schlecht. Im Kino kann man sich nun auch bei uns, wieder einmal, von den Untiefen dessen, was leichthin "schwarze Komödie" genannt wird, überzeugen. Twin Town verbreitet ab sofort erneut die Lehre vom schlechten Scherz hinter den modischen Oberflächen.
Es war einmal ein Film namens Trainspotting. Das ist gar nicht lange her, und nun gibt es schon wieder einen Film, der sich in forciert zynischer Manier über die Jugend(drogen)kultur Großbritanniens hermacht. Twin Town, nach gängigem Rezept hergestellt von den Trainspotting- Produzenten, wurde in Swansea, im Südwesten von Wales, im vergangenen Sommer gedreht: Nun ist es ja schön, daß man neue Tendenzen und sichere Ankommer so schnell wiederzuverwerten weiß. Daß aber große fashionable Filmvorbilder in den allermeisten Fällen zu eher kleinmütigen Stil-Nachbildungen führen, beweisen derzeit nicht nur die Legionen minder bemittelter Tarantino-Jünger (siehe etwa Deutschlands lukrativen Knockin' on Heaven's Door), sondern eben auch Filme wie Twin Town.
Regiedebütant Kevin Allen erzählt eine Geschichte, die man eigentlich, hat man das Gefühl, gar nicht erzählen müßte: Drogenumnebelte Kleinkriminelle nehmen Rache an dummen lokalen Gangstern und korrupten Cops, während nostalgische Schlagermusik ("Downtown") das zunehmend blutige Treiben lustig begleitet. Mit einem durch die Luft segelnden, an geparkten Vehikeln entlangschrammenden Auto springt man gewissermaßen in die Story von Twin Town , in der ein schwer ruinöses Brüderpaar auf Rache sinnt, weil keiner für ihren verunglückten Daddy bezahlen will.
Der Stil der Komödie macht auf knallbunt und superschnell, ohne aber dabei über den gedanklichen Stillstand und die totale formale Farblosigkeit des Unterfangens hinwegtäuschen zu können. Zwischen Klebstoffschnüffelei und Tablettenmißbrauch, zwischen Autodiebstahl und endlosen Schlägereien macht Twin Town den sorgenfreien Lebensstil seiner Protagonisten kurzerhand zum eigenen Stil, zum Primat der formalen Gestaltung: Lustig ist, was antibürgerlich klingt - und jugendlich ist, was Opas Kino (sagen wir: der Film der achtziger Jahre) bislang nicht zu bieten hatte.
Die kreisenden Dialoge hat man sich daher aus Pulp Fiction geborgt, die Weitwinkel aus schlechten Fernsehjugendmagazinen; und die besonders "artistische" Kamera verfolgt offensichtlich, bei aller Hyperaktivität, keine besonderen Ziele, vom schnellen Eindruckmachen abgesehen. Regisseur Allen quält sich also durch seine bemüht bunte, bemüht bizarre und bemüht britische Farce, die so überladen ist mit Freaks und Sprüchen zum Nachsprechen in der Schule ("pretty shitty city"), daß sich selbst der adoleszente Betrachter daran schnell überfressen müßte.
Als proletarische Komödie ist Twin Town nicht intelligent genug, als soziale Satire ein paar Dezibel zu laut: Mehr als ganz falsch verstandenes Popkino ergibt sich da bis zuletzt nicht. Gegen Ende interessiert längst niemanden mehr, wohin diese kleine ohrenbetäubende Komödie geht: Es gibt eben, wie gesagt, Geschichten, die man im Kino nicht unbedingt erzählen muß. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 26/4/1997)
Da muß einer "Max und Moritz" ins Walisische übersetzt haben; aber falsch. Proletisch ist ja wirklich nicht gleichbedeutend mit poetisch, und wer Schwarzgeld verdient, besitzt nicht zwangsläufig schwarzen Humor. Derlei Unverständnis gleich einmal damit zu ahnden, indem man "Underdog-Comedy" mit "Lustspiel unterm Hund" dolmetscht, um diesen anarchischen Blödelhorror als unbuschmäßige Mißgeburt anzuprangern, scheint nur recht, ist aber vor allem billig. Fairerweise muß nämlich angemerkt werden, daß man es nicht ganz ohne Lachen schafft, wenn die maxundmoritzschen Zwillinge Jeremy und Julian, die eigentlich die Namen Rachesüß und Schadenfroh verdient hätten, ihre Heimatstadt in Anarchie stürzen. So geschmacklos und ungustiös sie sich dabei auch benehmen.
Und der Hund, unter dem sich das Niveau der hier gezeigten Streiche befindet, spielt schwanzwedelnd gleich selber mit. Aber der Reihe nach: "Trainspotting" hieß der fragwürdige Filmerfolg, der drogensüchtige, renitente Provinzler aus Schottland nur deshalb straflos zu zweifelhaften Heldenfiguren stilisieren durfte, weil alles mit zynisch-trockenem Überlebenswitz unterlegt war. Nun beuten dieselben Produzenten die bösen Streiche zweier ausgerasteter Eineiiger im Provinzkaff Swansea in Südwales aus. Weil ein krimineller Baulöwe am Tod ihres arbeitslosen Dads und aller anderen Angehörigen Schuld trägt, kommt es zum furiosen Schlagabtausch zwischen den brüderlichen Klebstoffschnüfflern und Krawallmachern mit ihren Feinden, unter denen sich auch ein korrupter Polizist und Liebhaber ihrer Schwester befindet.
Hals-, Bein- und Tabubruch inklusive. Die mehr auf Shocking denn Sozialkritik abzielende Abschaumschlägerei in einem fast ausschließlich von Graumiesen bewohnten Landstrich, der sich als Strichland profiliert, zerrt nicht alle Lacher auf ihre Seite; die Spott- und Hohnlacher allerdings gewiß. Und damit kann dann doch noch auf den Busch geklopft werden, der Wilhelm heißt... (Rudi John, KURIER)
ZEICHENTRICKFILM, USA 1995 Regie: Simon Wells,
Buch: Cliff Ruby, Elana Lesser, David Steven Cohen, Roger S.H. Schulman,
Musik: James Horner,
Kamera: Jan Richter-Friis,
Schnitt: Nick Fletcher, Sim Evan-Jones,
Darsteller: Miriam Margolyes (Großmutter Rosy), Lola Bates-Campbell (Enkelin); mit den Stimmen von:, Kevin Bacon (Balto), Bob Hoskins (Boris), Bridget Fonda (Jenna), Jim Cummings (Steele), Phil Collins (Muk und Luk) Kinostart: 25/4/1997
Balto ist der Name des vierbeinigen Helden, ein mutiger Hund, der auch den größten Gefahren der Natur trotzt, um lebenswichtige Medizin in den hohen Norden Alaskas zu bringen. (Verleihprogramm)
Lange vor der Gründung seines Dreamworks-Studios hat sich Steven Spielberg mit allerhand Firmen im Filmgeschäft selbständig gemacht. Eine davon, "Amblin Entertainment", ist dafür zuständig, dem Disney-Konzern auf dem Zeichentrickweltmarkt Konkurrenz zu machen. Dabei entstanden immerhin so rasante Cartoons wie Feivel oder Roger Rabbit. Aber nicht mit jeder Spielberg-Produktion läßt sich ein Blumentopf gewinnen. Balto, Amblins jüngste Fabel, verfolgt die Heldentaten eines Wolfshundes in Alaska, der 1925 eine ganze Kleinstadt vor den Folgen einer Diphtherie-Epidemie bewahren muß. Die Bilder sind zum größten Teil im Computer (Schneegestöber) zusammengerechnet worden, und der pfeilgerade erzählten Story vom Heldenhund hätte ein wenig Handarbeit nicht geschadet. Zum Schmunzeln sind in Balto einzig zwei runde Eisbärchen und eine herumgammelnde russische Gans. Die wenigen guten Slapsticknummern gehen auf ihr Konto. Der Rest ist Routine fürs Kinderfernsehen. (DIE PRESSE, 26/4/1997)