DIE REGENSCHIRME VON CHERBOURG (LES PARAPLUIES DE CHERBOURG)
F / D 1963 Regie: Jacques Demy,
Buch: Jacques Demy,
Musik: Michel Legrand,
Kamera: Jean Rabier,
Schnitt: Anne-Marie Cotret,
Darsteller: Catherine Deneuve (Geneviève Emery), Nino Castelnuovo (Guy Foucher), Anne Vernon (Madame Emery), Marc Michel (Roland Cassard), Ellen Farmer (Madeleine), Mireille Perrey (Tante Elise) Kinostart: 27/6/1997
Jacques Demy (1931-1990) hatte nach LOLA (1960) und LA BAIE DES ANGES (Die blonde Sünderin) mit Jeanne Moreau (1962) in Mag Bodard eine risikofreudige Produzentin gefunden, die ihn einen Traum verwirklichen ließ: einen Film zu drehen, in dem jedes Wort gesungen wird, in Farbe, mit prächtigem Dekor. Es sollte aber keine großangelegte Historienverfilmung werden, sondern eine kleine, alltägliche Geschichte von der großen Liebe. Der damalige Verleih (20th Century-Fox) blieb trotz hymnischer Kritiken reserviert und wollte den Film nur in der Provinz starten. Im Frühjahr 1964 gewann er dann beim Festival in Cannes die Goldene Palme und wurde zum international erfolgreichsten Film Jacques Demys, der 1982 mit UNE CHAMBRE EN VILLE (Ein Zimmer in der Stadt) diese ganz besondere Kombination von Musical und Tragödie noch einmal meisterhaft zu wiederholen wußte.
Es ist das Verdienst der Filmemacherin Agnès Varda, daß LES PARAPLUIES DE CHERBOURG, der wunderbarste Film ihres Mannes Jacques Demy, wieder ins Kino gebracht wurde: in neuen Kopien, deren (Eastman-)Farben leuchten wie am ersten Tag, klanglich ,erweitert um den Dolby-Stereo-Ton. Wir zeigen den Film erstmals in OmU-Fassung im regulären Kinoeinsatz.
Guy (Nino Castelnuovo) ist Automechaniker, die 17jährige Geneviève (Cathérine Deneuve) verkauft im Geschäft ihrer Mutter Regenschirme. Das junge Liebespaar wird durch die Einberufung Guys in den Algerienkrieg auseinandergerissen. Die erste und einzige Liebesnacht vor Guys Abreise hat Folgen. Als ein von der Mutter sehr geschätzter, höflicher und vermögender Verehrer Genèvieve trotz ihrer Schwangerschaft heiraten will, stimmt sie zu. Als Guy nach zwei Jahren verletzt aus Algerien heimkehrt, ist Geneviève fortgezogen. Nur mühsam findet er Halt und Trost bei Madeleine, einer jungen Frau, die in seiner Abwesenheit seine alte Tante aufopferungsvoll gepflegt hatte. Einige Jahre später, zur Weihnachtszeit, führt der Zufall Geneviève und Guy für einen Moment wieder zusammen... (Info Filmladen)
"Wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen Michel Legrands Musik bekannt vorkommt: einige der Lieder, z. B. ,Je ne pourrai jamais vivre sans toi', wurden von Sarah Vaughan, Frank Sinatra oder Nana Mouskouri gesungen und sind inzwischen Klassiker..." (Journal du Dimanche)
"...ein ergreifendes Jazz-Musical, in dem jeder Dialog gesungen wird und dessen farbenfrohes Dekor die traurige Geschichte eines Liebespaares, das durch den Algerienkrieg getrennt wird, umso dramatischer erscheinen läßt." (tip, Berlin)
"Man verliebt sich in LES PARAPLUIES..., wie man sich in ein Gesicht verliebt." (Candide, 1964)
"Dieser gesungene Film läßt die Herzen singen!" (Le Monde)
"lch ziehe es vor, die Realität zu idealisieren - wozu sonst sollte man ins Kino gehen?... LES PARAPLUIES..., das ist ein Film gegen den Krieg, gegen die Abwesenheit, gegen alles, was man verabscheut und was Glück zerstört." (Jacques Demy) (Info Filmladen)
Die Regenschirme von Cherbourg (1963) war der dritte Spielfilm des 1990 verstorbenen französischen Regisseurs Jacques Demy. Er machte die knapp zwanzigjährige Catherine Deneuve in ihrer ersten Hauptrolle zum Star. Seither ist dieser besondere Film, in dem kein einziges Wort gesprochen, sondern ausschließlich gesungen wird, ein Liebhaberstück.
Musik, Farbe und Gesang bestimmen die Liebesgeschichte von Guy (Nick Castelnuovo) und Geneviève (Deneuve). Leichtigkeit strahlt einem hier nur scheinbar entgegen: Die romantischen Treffen zwischen dem Traumpaar Geneviève und Guy müssen heimlich stattfinden.
Das beschauliche Familienleben von Mutter und Tochter Emery und ihre unabhängige Existenz als Inhaberinnen des kleinen Ladens, in dem sie die "Regenschirme von Cherbourg" verkaufen, sind in Wahrheit durch Geldmangel und Isolation gekennzeichnet. Die Tante von Guy ist todkrank ans Bett gefesselt. Die Ehen, die am Ende geschlossen werden, verdanken sich nicht der großen, leidenschaftlichen Liebe, sondern vernünftiger Überlegung.
"Les parapluies ist weder eine Oper, noch eine musikalische Filmkomödie, noch eine Operette", sagt Jacques Demy. Aber er bewegt sich mit seinem "Jazz-Film" im Kontext einer anderweitig verwandten Gattung, des Melodrams: Die Musik ist eine Ebene melodramatischer Kommunikation, die etwas ausspricht von dem, was die Körper bewegt. Für Musicals gilt das in diesem Ausmaß nicht immer, für die "gesungenen Filme" von Demy schon. Lieder im eigentlichen Sinn gibt es keine (nur das Abschiedsthema der Regenschirme hat sich unter dem Titel I Will Wait For You als solches verselbständigt).
Vielmehr hat Michel Legrand – Arrangeur und Filmkomponist für Agnès Varda, Norman Jewison, Joseph Losey – Demys Dialoge für die Regenschirme vertont. Sehr melodiös und kein bißchen angestrengt singen die Personen alltägliche Texte. Bisweilen singen sie unerhörte Dinge, die durch ihre gesungene Form nur einen Moment lang harmlos wirken.
Der ganze Film, in dem fortwährend sehr dezent und weich starke Kontraste zueinander geschichtet werden (die große Liebe, der Algerienkrieg und der Tod), ist zwar ein wirklicher Buntfilm, von Claude Evein ausgestattet in den merkwürdigsten Tapeten- und Stoffmustern, voller Blüten und Ranken in Rosa, Orange und Türkis.
Aber das Märchen entwickelt in all seiner Künstlichkeit und Dramatik einen beachtlichen Realismus. Wenn Catherine Deneuve während eines kleinen Essens, geplagt von Schwangerschaftsübelkeit und innerer Unruhe, mit einer Papierkrone zur Königin des Abends gekrönt wird, dann ist sie die traurigste und schönste Königin der Welt.
"Nur im Kino stirbt man aus Liebe." Nur bei Demy hat dieser Satz seinen eigenen Klang. Im Votivkino Wien. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 1. Juli 1997)
Jacques Demy, französischer Filmemacher, inszenierte 1964, mit der jungen Catherine Deneuve, ein unvergleichliches kleines Musical: "Les parapluies de Cherbourg" läuft nun als Wiederaufführung in Wien.
Nie, notierte einst ein Kritiker, habe eine Esso-Tankstelle sinnlicher ausgesehen als in diesem Film: Das wird leichten Herzens jeder zugeben, der Jacques Demys Les parapluies de Cherbourg / Die Regenschirme von Cherbourg kennt - und es bleibt keineswegs die einzige Leistung dieses Films, der sein kleines Liebesmelodram in ausschließlich gesungenen Dialogen zu erzählen versucht.
Die Spezies Film-Musical, geboren selbstverständlich in Hollywood, USA, genoß unter den jungen Wilden der Nouvelle Vague bekanntlich immer schon einen guten Ruf. Den farblich und kompositorisch berauschenden Arbeiten etwa Vincente Minnellis und Stanley Donens aber etwas von Bedeutung entgegenzusetzen, gestaltete sich für das alte Europa, das die Dinge des Trivialen ja stets mit Mißtrauen angefaßt hat, schwierig. Godard immerhin hatte schon drei Jahre vor Demy versucht, das Nachdenken über das Kino mit dem süßen Luxus des Hollywood-Musicals zu verbinden: Sein La femme est une femme blieb 1961, in reicher Farbe und breitestem CinemaScope, ein unebener, wenn auch exquisiter erster Versuch über das Thema.
Demy arbeitete sich an das Musical-Problem anders heran, mit einer kleineren Geschichte, weniger reflexiv, dafür emotioneller, im besten Sinn oberflächlicher : Wie sich in Les parapluies de Cherbourg , in Demys stilisiertem Studiostädtchen, die arme Regenschirmverkäuferin Catherine Deneuve in den mittellosen Automechaniker Nino Castelnuovo verliebt, und wie sich ihre Liebe, bis zum zartbitteren Ende, durch widrige soziale Umstände im Keim ersticken läßt, davon erzählt Demy in so luxuriösen Farben und einer so ausgeklügelten Kamera-Choreographie, mit dem schwelgerischen Prachtkitsch der Kompositionen Michel Legrands, daß sich die melodramatische Effizienz erneut erst im Zusammenspiel aus Trivialität und Noblesse, aus Kolportage und Kunst ergibt.
Und Demy leugnet, bei aller Liebe zu den Großen Gefühlen des Groschenromans, die Wirklichkeit nicht: Deneuves Liebster wird in den Algerienkrieg geholt - und sie selbst durch den höheren sozialen Status eines anderen Mannes erpreßt. Demys Kino der Banalitäten und Binsenweisheiten, das sich erst in der emotionalen Aufrichtigkeit und der Künstlichkeit der mise-en-scène selbst veredelt, ist tatsächlich - wie Frieda Grafe schreibt - ein Kino der Exzesse: Nirgendwo ist das deutlicher spürbar als in Les parapluies, dieser raffinierten kleinen Hymne an die Nostalgie und die Cinephilie. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE)
USA 1996 Regie: Joel Schumacher,
Buch: Akiva Goldsman, Christopher McQuarrie (uncredited),
Musik: Elliot Goldenthal,
Kamera: Stephen Goldblatt,
Schnitt: Dennis Virkler,
Darsteller: Arnold Schwarzenegger (Victor Fries/Mr. Freeze), George Clooney (Bruce Wayne/Batman), Chris O'Donnell (Dick Grayson/Robin), Uma Thurman (Pamela Isley/Poison Ivy), Alicia Silverstone (Barbara Wilson/Batgirl), Michael Gough (Alfred Pennyworth), Pat Hingle (Commissioner Gordon), Elle Macpherson (Julie Madison) Kinostart: 27/6/1997
Nach zwei düsteren, monumentalen Visionen, mit denen Regisseur Tim Burton die in den 30er Jahren enstandenen "Batman"-Comics von Bob Kane fürs Kino wiederentdeckt hat, nimmt sich nun auch Joel Schumacher bereits zum zweiten Mal des als Fledermaus verkleideten Helden an. Sein "Batman Forever" (fd 31 471) war eine Achterbahn für die Sinne, ein atemloses, groteskes Spektakel, das zwar tausend Ideen beinhaltete, eine einheitliche Vision aber vermissen ließ. In "Batman & Robin" behält Schumacher das einmal eingeschlagene Tempo bei, überhöht aber die Vielfalt zum Konzept. Batman selbst mußte dabei zurückstecken: gegenüber der schillernden Präsenz und der charakterlichen Komplexität der Bösewichter verblaßt seine Figur, deren stetige Verwandlung vom Millionär zum nächtlichen Retter und deren psychologische Ursachen bereits in den vorangegangenen Filmen abgehandelt wurden. Das Einstellen der Batman-Rolle in ein gleichstarkes Figurenensemble ist auch als Tribut an die Popularität der übrigen Darsteller zu sehen - schließlich wird Batman vom erst jüngst zum Star aufgestiegenen George Clooney gespielt, dessen Rolle ihm kaum mehr abfordert als souveränes Lächeln und Kämpfen: Arnold Schwarzeneggger spielt "Mr. Freeze", einen Wissenschaftler, der über den Tod seiner Frau zum "mad professor" wird und ganz Gotham City für seine Zwecke einfrieren will; Uma Thurman spielt "Poison Ivy", die ein größenwahnsinniger Kollege im Boden versinken läßt, woraufhin sie als fanatisch-mörderische Naturschützerin aufersteht; Chris O'Donnell ist wieder als Robin zu sehen; Alicia Silverstone ("Clueless") wird zum Batgirl und Topmodel Elle MacPherson zu Bruce Waynes Geliebter, deren Rolle allerdings verschwindend klein bleibt.
Die Charakteristik der Figuren bestimmt nicht nur das Aussehen, sondern auch die Handlung des Films maßgeblich. Die Set Desings sind, ganz nach Vorgabe der Comics, jeweils spezifisch auf die Figuren abgestimmt, die in zahllosen Episoden miteinander konfrontiert werden, neue Koalitionen schließen oder alte aufkündigen (vgl. Artikel Seite 36). Der Wille zum Zitat wurde dabei wie in den vorangegangenen "Batman"-Abenteuern zum Stilprinzip erhoben, geht hier aber weiter denn je. Poison Ivy bezeichnet der Verleih sehr hübsch als "Femme-Fatale-Ableger der Flower-Power-Generation", und dies im Wortsinn, denn ihr Kostüm gleicht dem Ableger einer Schlingpflanze, so wie ihr Labor einem botanischen Garten. Ihr Vorhaben, die Menschheit zugunsten der Natur zu töten, karikiert den Umweltschutz natürlich aufs Böseste. Ivys Begleiter, ein zum tumben Muskelprotz aufgeblasener Hänfling, scheint wiederum Bodybuilder nach Art von Schwarzenegger zu karikieren und entstammt einem Labor, das dem von Dr. Frankenstein in James Whales 30er-Jahre-Filmen nachempfunden ist; folgerichtig wirkt Mr. Freezes Ehefrau wie "Frankensteins Braut". Batmans Höhle ist mit schwungvollen Formen ausgestattet und entspricht heutigen Visionen einer nahen Zukunft, während Gotham City, neben dem namensgebenden Gotik-Stil, mehr denn je dem Futurismus und der Gigantomanie der 20er und 30er Jahre verpflichtet ist - bis hin zu einer Abart der im Dritten Reich beliebten Lichtdome, die den Film feierlich beschließt. Unten aber, auf Gothams Straßen, herrschen die 70er Jahre: Punks, Motorradfreaks und "Clockwork Orange"-Kostüme stehen neben Autos und Polizeikostümen aus derselben Zeit. Die Zukunft ist Vergangenheit, oder umgekehrt: Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen scheint auf ein vorzeitiges Ende des Fortschritts hinzuweisen, von jeglicher Utopie, sei sie positiver oder negativer Art. Nichts wird sich geändert haben im Gotham City des Bruce Wayne. So gesehen weist die universelle Tragik der Figuren auf die machtvolle Kontinuität menschlicher Urkräfte hin, auf denen auch Gotham City gebaut ist - die die Stadt aber zugleich in ihren Grundfesten erschüttern.
Gut und Böse sind in allen Figuren verankert, den "guten" wie den "bösen" - außer in Batman, dem, wie gesagt, für so etwas kaum Zeit bliebe. Mr. Freeze geht es letztlich nur um die Erweckung seiner Frau, Poison Ivy sowohl um die Liebe von Mr. Freeze als auch um die Rache an der Menschheit; auf der anderen Seite entbrennt Robin in Eigen- und Eifersucht, und selbst das brave Schulmädchen Barbara entpuppt sich nachts als draufgängerische Rockerbraut und neugierige Schnüfflerin. Eine Uneindeutigkeit, die immer wieder auftaucht in den Filmen Schumachers und Figuren zu Helden macht, die auf dem Papier keine sind: seien es die Untoten in "The Lost Boys" (fd 26 629), die selbsternannten Herrscher über den Tod in "The Flatliners" (fd 28 605) oder der außer sich geratende Kleinbürger in "Falling Down" (fd 30 246). Eine Menge Holz jedenfalls, die Schumacher und sein bewährtes Autoren- und Ausstatterteam da in zwei Kinostunden gepackt hat. Aber anders als im Vorgänger, letztlich einer Two-Men-Show für Jim Carrey und Tommy Lee Jones, macht das alles miteinander Sinn, ist dynamisch verpackt und sorgsam dosiert, mit viel Computertechnik aufwendig generiert, gerade in den oft absurd-spektakulären Actionszenen, dazu von einem symphonischen, aber unaufdringlichen Soundtrack begleitet - und unterhaltsam genug, um als comichafte Unterhaltung durchzugehen. Dazu trägt auch ein unerwartet scharfer Wortwitz bei, der sich wie bei der sophisticated comedy vor allem aus Zweideutigkeiten nährt und wohl unübersetzt bleiben wird. Dennoch darf nach wie vor Tim Burton als derjenige gelten, der die Tragik der Figur des Batman und seiner Stadt, die stets kurz davor steht, an das Böse zu fallen, am eindrucksvollsten erfaßt und dargestellt hat. (Oliver Rahayel, filmdienst)
Klirrender Frost läßt Gotham City erstarren. Mit arktischen Temperaturen nähert sich ein Tiefausläufer der hartgeprüften Metropole. Kriminalität der eiskalten Art erweist sich fiir die Bewohner als bisher schlimmste Heissuchung. Wieder müssen sie sich in höchster Not an ihren einsamen Schutzengel wenden, um das Eis zu brechen: Das Bat-Emblem am Nachthimmel alarmiert Batman (GEORGE CLOONEY) - in der renovierten Bat-Höhle steht das grundüberholte Bat-Mobil bereit, und schon braust er los in Richtung Stadt...
Regisseur JOEL SCHUMACHER hat nach "Batman Forever", dem Kinochart-Führer 1995, mit "A Time to Kill" (Die Jury) 1996 einen weiteren Kassenhit inszeniert. Mit "Batman & Robin" garantiert er auch diesmal ein farbenprächtiges, actiongeladenes Hochspannungs-Spektakel um Amerikas Heldenlegende, die Warner Bros. jetzt im vierten Teil der gigantischen Erfolgsserie präsentiert.
ARNOLD SCHWARZENEGGER gehört zu den Superstars unter den beliebtesten Kinoheroen, doch diesmal übernimmt er die Rolle des durchtriebenen Mr. Freeze, der sich als Erzfeind des maskierten Helden-Duos entpuppt. Dr. Victor Fries war einst ein genialer Molekularbiologe, der seine kranke Frau vor dem sicheren Tod bewahren wollte, indem er sie einfror. Dabei wurde er selbst Opfer eines furchtbaren Unfalls. Seitdem muß er bei Minusgraden in einem Spezialanzug leben - Diamanten in der Laserapparatur garantieren den Kühlschrankeffekt. Im Alleingang will er nun die Tresore von Gotham leerräumen, um seine Forschungen zu beenden: sie sollen seiner tiefgefrorenen Frau das Leben retten. Mit eisiger Faust bringt er deswegen die ganze Stadt in seine Gewalt.
Die Rolle des Dr. Douglas Ross in der Dauerbrenner-Serie "ER" (Emergency Room) hat GEORGE CLOONEY Nominierungen für den Emmy, den Golden Globe und den SAG Award eingebracht. Jetzt wirft er sich erstmals das schwarze Cape über und porträtiert den milliardenschweren Philanthropen Bruce Wayne ebenso wie sein nächtliches Alter-ego Batman.
Wie schon in "Batman Forever" übernimmt CHRIS O'DONNELL die Rolle des Waisenknaben Dick Grayson, der Batman als todesmutiger Robin zur Seite steht.
UMA THURMAN war mit ihrer Rolle in Quentin Tarantinos "Pulp Fiction" für den Oscar nominiert. Diesmal spielt sie die engagierte Botanikerin Dr. Pamela Isley, die ein makabres Schicksal in die unwiderstehlich verführerische und absolut tödliche Poison Ivy verwandelt.
ALICIA SILVERSTONE katapultierte sich mit dem Hit "Clueless - Was sonst?" in Hollywoods Starhimmel. Sie spielt das scheinbar zurückhaltende Schulmädchen Barbara Wilson, das sich nachts auf ihr PS-starkes Motorbike schwingt und tollkühne Rennen fährt. Barbara wird als "Batgirl" von Batman und Robin in das unschlagbare Team aufgenommen, und sehr schnell erweist sie sich als unschätzbare Partnerin beim Kampf gegen die Finsterlinge von Gotham. (kinoweb)
Der Flattermann als neurotischer dunkler Ritter hat vorläufig wieder ausgesorgt. "Batman und Robin", am Freitag im Beisein von Regisseur Joel Schumacher, George Clooney und Arnold Schwarzenegger in Graz präsentiert, kehrt zurück zu markigen Comics-Sprüchen und heiterem Familiensinn.
So hatten wir uns das eigentlich nicht vorgestellt. Als Tim Burton Ende der 80er Batman für die Leinwand revitalisierte, war der Rächer von Gotham City für viele Kritiker zu plump.
Michael Keaton als neurotischer, von einer traumatischen Kindheit gezeichneter Flattermann: Sein Kostüm mit nicht gerade sehr beweglichem Gummi-Cape evozierte Vergleiche mit Ganzkörper-Präservativen. Auch wenn Burton in Batman und später Batman Returns mitunter sehr schlüssig einen schizophrenen Helden gegen ebenso zwiegespaltene Bösewichte antreten ließ, und so die Comics-Fröhlichkeit der 50er und 60er Jahre durchaus demontierte, wünschte man sich doch graphisch elegantes, körperbetontes Actionkino.
Joel Schumacher, zuletzt mit Batman Forever immens erfolgreich, trägt dieser Sehnsucht nun in Batman und Robin vorerst recht lustvoll Rechnung. In der allerletzten Einstellung etwa laufen die Titelhelden (George Clooney und Chris O’Donnell) gemeinsam mit Batgirl (Alicia Silverstone) in einem zu Zeitlupe verzerrten Comics-Standbild auf den Betrachter zu: Muskulöse Schemen im Gegenlicht, wehende Umhänge – ein kindlicher, naiver, sehr verspielter Traum.
Auch sonst bedient sich der Regisseur eher bei den frühen Strips und der trashigen TV-Serie als bei den düsteren Relektüren des Superhelden-Mythos, die uns die vergangenen Jahre bescherten. Zwar ist auch Batman und Robin in einer nächtlichen Phantasiewelt angesiedelt, aber selbst die kraß bedrohliche Architektur von Gotham City hellt hier mittlerweile auf in den Couleurs des konventionellen Vierfarbdrucks.
Blau strahlt der von Arnold Schwarzenegger verkörperte Mr. Freeze: Ein Wissenschafter, erfroren über der Liebe zu seiner todkranken Frau, der nach einem Unfall in seinem Labor nur noch in einem Kühlanzug überleben kann. Rot und grün ist die Welt der Naturliebhaberin und giftigen Menschenhasserin Poison Ivy (Uma Thurman). Gelb wärmt schließlich das Sonnenlicht, das eine gefrorene Großstadt wieder auftauen läßt bzw. dem Spuk ein Ende bereitet – bis zur nächsten Fortsetzung.
Gegen diese Rückführung auf naivere Formeln, der auch Clooney in seinem ersten Auftritt als Batman sehr markant entspricht, wäre wenig einzuwenden. Aber naiv ist nicht gleichzusetzen mit dümmlich oder gar oberflächlich, und hier setzt leider das ganze geballte Unvermögen des Regisseurs und Erzählers Schumacher an. Der Kosmos rund um die Fledermaus-Hightech-Höhle des Millionärs Bruce Wayne ist für ihn nicht mehr als eine Spielwiese für teure Tricks und Namen. Er will schon auf der Leinwand Produkte bewerben – vom Spielzeug-Batmobil bis zum szenigen Soundtrack –, anstatt wirklich ein faszinierendes Szenario, geschweige denn ein Drama zu entwickeln.
Arnold Schwarzeneggers Mr. Freeze ist also nicht nur keine tragische Figur, sondern ein weiterer Arnie – extravaganter aufgeschminkt, aber mit exakt jenen Onelinern, die den Star in jedem Film auf den massigen Leib geschrieben werden. Sogar Imagepflege wird mitbedacht, wenn dieser Scherzbold von einem bad guy am Ende noch Gutes tun darf. Schwarzenegger als zerstörten Zerstörer würde die Fangemeinde wohl nicht ertragen – am allerwenigsten könnte das Schwarzenegger selbst.
Batman wiederum hat keine anderen Probleme als die eines guten, etwas inartikulierten Vaters, der seiner Familie nicht oft genug gesagt hat, daß er sie sehr lieb hat. Butler Alfred wird also krank (und geheilt), Robin wird eifersüchtig (aber ebenfalls davon geheilt), und mit Batgirl tut sich eine süße kleine renitente Ziehtochter auf, wie man sie sonst nur in TV-Seifenopern sieht.
In Graz jedenfalls wurde am Freitag vorexerziert, wie man so einen Unfilm verkaufen muß: Zum Beispiel dröhnt man Fans, die vor einem Multiplex-Center auf ihre Idole warten, tausendmal die Hits und das Logo zum Film in den Schädel. Und die gehen dann wegen der Wiedererkennbarkeiten ins Kino, und nicht wegen überraschender Handlungselemente. Aber wer riskiert mit einem Aufwand von 125 Millionen Dollar schon tatsächlich Überraschungen? (Claus Philipp, DER STANDARD, 23/6/1997)
"Batman and Robin": Wie man schöne Comics im Kino fertigmachen kann - und warum Regisseur Joel Schumacher der schlechteste Action-Designer der Welt ist. Eine Nahaufnahme.
Unser Arnold, darauf sei mit Nachdruck hingewiesen, kann nichts dafür, daß an Batman & Robin, dieser vierten Episode der organisierten Vernichtung eines Comicsmythos, gar nichts mehr stimmt. Daß es in Batman & Robin nur ums Geld geht, macht einem der Film immerhin sofort klar: Man könnte sagen, daß die einzige Szene, in der diese Arbeit nicht lügt, ihr Einstieg ist. Man sieht: ein Spiel der Embleme, der Firmenzeichen und Funktionärsnamen. Man sieht das traditionelle Logo der Firma Warner Bros., wie es in einem ersten trivialen special effect eisblau anläuft, um (rückgratlos zerfließend) eine neue, ähnliche Form anzunehmen: die des heroischen Batman-Logos. Darüber, darunter: die Namen der teuren Mitwirkenden, der Geldgeber und jener Konfektionäre, die die äußere Form des Films, der nun folgt, verantworten.
Roter Nebel steigt sogleich ins Bild, in welchem sich dann, nach dem Abzug des Trockeneises, jemand anzieht: Zwei Figuren, superheroes unter sich, legen Hand an ihre Kostüme, lassen metallische Schnallen klicken und schwarzes Gummi schnalzen. In Batman & Robin wird die Tendenz zur Multiplikation, die in Hollywood grassiert, schon im Personal evident: Von einem Superhelden schreitet man nunmehr zu gleich drei (neben Neo-Batman George Clooney: Heldenlehrling Chris O'Donnell als Robin und Batgirl Alicia Silverstone), von einem Schurken zu immerhin zwei (neben Mr. Freeze Arnold Schwarzenegger: Uma Thurman). Fünf Figuren, ein Konflikt, null Drama: Im zahlenfixierten Hollywood müßte eine solche Bilanz eigentlich zu Entlassungen führen.
Die Story: Die Stadt, in der dieser Film spielt, wird terrorisiert von einem Monster namens Freeze, der - wie Frankenstein und dessen Kreatur in einem - an den Folgen eines Unfalls, zu dem es im Selbstversuch gekommen war, zu leiden hat. Also stakst er im Kühlanzug durch die Welt, quält die Menschen und friert ein, was ihm vor die Strahlenkanone kommt - und er stiehlt, wo es geht, Diamanten, weil die ihm Treibstoff für sein Leben sind. Das klingt bis hierher schon wie aus einem Drehbuchseminar für Erstsemestrige.
Aber es kommt schlimmer (und zu neuen Mutanten): Ein braves Mädchen (Uma Thurman), um Naturschutz bemüht, verwandelt sich, vergiftet, in eine Art weibliche Schlingpflanze, um fortan als Poison Ivy, ganz Femme fatale, um die Auslöschung allen Lebens zu kämpfen, damit man mit der Erde ganz von vorne, ganz natürlich neu anfangen kann. Mit Freeze plant sie den Neustart, als Adam and Ivy, wie man im Dialog hier hört: als Adam und Efeu.
Natürlich mißlingt, was böse ist, in einem schlechten Film aus dem Zentrum der Industrie, und es siegt die Moral: eine ganz bestimmte allerdings, die Doppel moral Hollywoods nämlich, der zufolge das Böse, solange es nur weinen kann, der Handlung am Ende geläutert (und als bester Freund der Guten) entsteigt.
Und auf dem Weg dorthin, ins banale Finale, zeigt Direktor Joel Schumacher einem, was die Simulation eines Actionfilms ist: In Batman & Robin haut kaum ein Anschluß mehr hin in der Montage von Bewegungsabläufen - und jederzeit kann man sehen, wie hier nicht Bewegung, sondern die totale Stagnation praktiziert wird, die auch im modischen Sekundenbruchteils-Schnitt nicht beweglicher wird.
Batman & Robin vollzieht sein Drama in den häßlichsten Farben, die das Kino parat hat, in Rosa, Grün und Violett, gestreckt mit Dialogen, die ein Zufallsgenerator mit dem Synonym-Vokabular der Worte kalt und kühl - Freeze zu Ehren offenbar - komponiert zu haben scheint. Ohne auch nur eine große Szene, ohne irgendwas, woran man sich erinnern könnte, endet Batman & Robin, der - überladen mit Pop-Mythologie - unter seiner Last zusammenbricht: ein Kinohit aus der Retorte, ein Film ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE)
Batman & Robin - ab kommenden Freitag übrigens so gut wie überall auf der Welt (und eben auch in Österreich) regulär im Kino zu sehen - beginnt schon mit einem gespielten Witz und bleibt beim Tonfall: Schumacher, alles andere als ein kompetenter Action-Regisseur, hat Batman & Robin zum Spiel der Kalauer und Ornamente gemacht, zu einem Film ohne jede große Szene, zu einem Comics-Abenteuer, in dem das Gute (Clooneys Batman) wie das Böse (Schwarzeneggers Mr. Freeze) seltsam eigenschaftslos bleiben. In der bonbonfarbenen Studiowelt Schumachers kämpfen die maskierten Helden in Gummi- und Metallkostümen wie ferngesteuerte Kasperlpuppen, deren programmierte Einzeiler im Dauerdröhnen des Orchesters verloren zu gehen drohen.
Batman & Robin kreist 125 Minuten lang um einen einzigen trivialen Schauwert: das Einfrieren von Menschen im Strahl der Eiskanone. So einfallslos hat sich seit Twister kein Film mehr wichtig gemacht - und mit soviel Stagnation wurde in Hollywood vermutlich noch nie Bewegung vorgetäuscht: Batman & Robin ist die Simulation eines Actionfilms. Und Schwarzeneggers angeblich ambivalente Darstellung des kalten Freeze, eines weiteren Mutanten in der Galerie der Arnoldschen Terminatoren, erschöpft sich in Kostümdesign und einer dramatischen Szene des Weinens einer Träne, die Mr. Freeze noch im Gesicht gefriert: Bei Schwarzenegger, dem Mutanten aus Hollywood, sind eben auch die Emotionen nur special effects. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE)
Ironie und Lässigkeit haben sich in die dünne Handlung geschwindelt. George Clooney sieht nicht nur als Millionär, sondern auch in Batman-Kluft fabelhaft aus, erinnert an den jungen Sean Connery. Das ist die erste Sehenswürdigkeit im vierten Batman-Abenteuer.
Die zweite Sehenswürdigkeit ist Arnold Schwarzenegger: Er ist keine eisige Laserkanone, er zeigt Gefühle. Und kann sie auch spielen.
Die dritte Überraschung ist keine: der erwartete Glamour von "Poison Ivy" Uma Thurman.
Daß Gotham City diesmal optisch besonders bedrohlich aussieht (wie die Architekturalpträume mancher heimischer Kulturpolitiker), sei noch positiv vermerkt. Völlig unnötig ist die Garnierung mit einem unbedarften Batgirl (Alicia Silverstone). (Hansjörg Spies, Kleine Zeitung)
Reden wir nicht gleich von Selbstironie. Wer übersetzt denn heute noch Comic mit komisch? Tun wir so, als hätten wir ein Movie, das sich und uns ernst nimmt. Zum Beispiel als abgefahrene Methaphernreise zwischen den ewigen Polen von Gut und Böse. Wobei das liebe Gute immerfort possierlich Batmännchen macht. Fledermausis Pilgerfahrt. Hinein sodann ins hypergeschmacksverstärkte High-Tech-Vehikel. Man betritt diese gestylte Filmmaschine vorsichtig mit den Augen - in dieser Sekunde wird schon der Treibsatz gezündet. Sofort steigen - wehrlos im infernalischen Geräuschhagel - auch die Ohren zu.
Magen und Hirn müssen draußenbleiben. Der erste Stopp zur möglichen Wiedervereinigung ist erst wieder vor der Kinotür. Soweit das ganze Verfahren, das sich hier jedoch niemals verfährt. Action rast. Die Crew stellt sich vor, jeder einzelne ein kunstvolles Charakterpuzzle wie aus dem Bastelunterricht für Seelenklempner. Das absolut kunstvollste Geschöpf, weil das absur- deste: Eine grüne Ideali- stin, die eigentlich die Welt vor allen Umweltsünden retten möchte, wird hier von Uma Thurman zur kußtötenden Sexviper vergiftet. Das kann nur Selbstironie sein, aber reden wir weiterhin nicht davon.
Obwohl auch Arnold Schwarzenegger, in diesem Fall ein Eisschrank von einem Mann, sein eigenes Quaderblock-Image kräftig verhöhnt. Ein Endlöser, dem ein Erlöser naht. Aber noch sind wir nicht so weit. George Clooney als Batman III, ein Gummiritter ohne Furcht und Tadel, liebt seinen schwerkranken Butler Alfred. Dessen Nichte taucht auf und uniformt ihren beachtlichen Kurvenbestand zum Batgirl. Robin verliert kurzzeitig das Vertrauen zum Boß und damit den Siegerbonus. Selbstironie?
Der bloße Verdacht ist doch noch kein deckender Beweis. Reichlich deutliche Zitate aus der Filmhistorie: der Stripteasende Gorilla, der frankensteinische Assi, Pflanzen aus dem "Little Shop of Horrors" etc. Auch wenn wir selbst hier nicht von Selbstkritik reden: sie ist immer dabei. Funktioniert beim Weltrettungstrip der gesamten Batmannschaft als unsichtbares Schutzschild gegen allzu ernst gemeinte Kritik. Reden wir also doch von der Selbstironie und wie diese Himmelsmacht uns eine Fledermausefalle sympathisch macht, die eigentlich ziemlich speckarm ist. (Rudi John, KURIER)
USA 1996 Regie: George Sluizer,
Buch: Brendan Somers,
Musik: David A. Stewart,
Kamera: Jules van den Steenhoven,
Schnitt: Fabienne Rawley,
Darsteller: Stephen Baldwin (Bobby), Pete Postlethwaite (Sidney), Sadie Frost (Val), Geraldine Chaplin (Thelma), Karen Black (Millicent), James Faulkner (Crowley), Philip Davis (Simon), Marianne Faithfull (Club Singer), Emma Roberts (Linda) Kinostart: 27/6/1997
Abseits der großen Avantgarden der Filmgeschichte entstanden in den 60er Jahren im swingenden London einige augenscheinlich ganz und gar nicht mondäne Kriminalfilme. Und doch war ihr makabrer Realismus, war das Interesse für bürgerliche Konventionen und gescheitere Ausbruchsutopien, das sich in den Filmen von Jack Clayton oder Seth Holt spiegelte, so zeitgemäß, wie die Songs der "Kinks", die in den Charts von Sackgassen und Kleingartenidyllen sangen. Die Sängerin Marianne Faithfull agiert in der großartigen Eröffnungsequenz dieses Films wie ein Schatten, der sich aus dieser Zeit hinübergerettet hat. Weit gespenstischer als ihre Erscheinung ist das Ambiente einer Bar, in deren Halbdunkel eine handverlesene Komparsenschar ins Auge sticht. Jedes dieser ausdrucksstarken Gesichter verstößt so radikal gegen die Konventionen gängiger Schönheitsbegriffe, als beobachtet man die Menschheit in einem Zustand der Mutation. Doch die Zukunft ist dies nicht, eher eine Reminiszenz mythischer Vergangenheit - der Zeit, als Jack the Ripper frauenmordend durch London streifte.
Die Eröffnungsszene entpuppt sich als Film im Film. In einer Fernsehshow werden aktuelle Verbrechen nachgespielt und die Zuschauer zur kriminalistischen Mitarbeit aufgefordert - ein Konzept, das in unseren Breiten unter dem Titel "Aktenzeichen XY" erfolgreich ist. Mit einer neuen Mordserie erreicht die Show Zuschauerrekorde: Der "Strumpfmörder", der seinen strangulierten weiblichen Opfern stets ein Auge herausschneidet, findet in einem ehrgeizigen Jungmimen einen charismatischen Darsteller. Für ihn ist es die Rolle seines Lebens; ein Engagement, das auch der echte Killer zu schätzen weiß und Kontakt mit ihm aufnimmt. Die kurzen Ratschläge, die er ihm erteilt, verhallen nicht ungehört: Anstatt ihn der Polizei zu melden, imitiert der Schauspieler jede Nuance des Tonfalls. Die Identifikation ist beiderseitig. Während zu Beginn im spartanisch möblierten Wohnzimmer des Mörders der Fernseher das einzige moderne Mobiliar darstellt, gibt man sich bald mondän: Der Strumpfmörder hält sich zusehends selbst für einen Fernsehstar, und auch bei seinen Morden denkt er zugleich an Telegenität und Nachspielbarkeit. Der Darsteller indes entwickelt eine Besessenheit für die Techniken des Tötens, genießt es, an den realen Tatorten, die auch als Drehorte dienen, die verstümmelten Leichen zu studieren. Als der wirkliche Mörder von einem Opfer so schwer verletzt wird, daß er sich außerstande sieht, fortzufahren, enden notgedrungen Mord- und Fernsehserie. So setzt er alles daran, sein filmisches alter ego zum Morden zu überreden. Als dieser tatsächlich mit einem Messer loszieht und am nächsten Morgen eine Leiche entdeckt wird, vermischen sich Fiktion und Wirklichkeit.
"Ich streite nicht ab"; sagt niederländische Regisseur George Sluizer ("Spurlos", fd 30 275), "daß ich grundsätzlich den Trieb habe, zu verstören - nicht zu schockieren: Das ist meine Art, das Bewußtsein der Zuschauer zu erweitern." Während der in der Tat verstörenden Eröffnungssequenz die Fernsehrealität deutlich überzeichnet ist, verschieben sich die Modi der Verfremdung im Laufe des Films. Später wird die Realität weit unrealistischer erscheinen als die Bildschirm-Inszenierung. Der Erfolg derartiger Fernsehprogramme stützt die bekannte These, daß nicht wenige Fernsehzuschauer die Fiktion für wirklicher halten als ihren Alltag. Sluizer gibt so mit rein visuellen Mitteln zu verstehen, daß sich für beide Protagonisten alle Handlungen erst mit Blick auf den Bildschirm mit Sinn erfüllen. Dennoch ist dies alles andere als eine simple Mediensatire. Es ist vielmehr die Geschichte einer ungewöhnlichen Beziehung. Indem Mörder und Mime gegenseitig ihren Ruhm mehren, entwickeln sie eine fast erotische Seelenverwandtschaft. Schließlich sind sie füreinander die einzigen Menschen, mit denen sie noch kommunizieren können. Gemeinsam mit den Songs Marianne Faithfulls fügt sich dies zu einer Ballade der Abhängigkeit und Hörigkeit - ganz im Sinne jenes berühmten Couplets aus der Dreigroschenoper, das nicht zuletzt in Faithfull eine große Interpretin gefunden hat. (Daniel Kothenschulte, filmdienst)
Vor rund zehn Jahren landete der niederländische Regisseur George Sluizer einen Überraschungserfolg mit seinem Thriller Spurlos, ging nach Hollywood, drehte ein Remake sowie einige Filme, die bei uns nicht mehr ins Kino kamen. Sein jüngstes Werk Crimetime ist eine britisch-deutsche Co-Produktion mit internationaler Besetzung (Stephen Baldwin, Pete Postlethwaite, Sadie Frost, Geraldine Chaplin, Karen Black) und einem international beliebten Thema: Medien und Gewalt und ihre wechselseitige Beeinflussung.
Ein monomanischer Schauspielschüler (Baldwin) erhält die Chance, in einer Art AktenzeichenXY-Sendung einen Frauenmörder darzustellen. Scheinbar ist das die Chance seines Lebens und auch der Mörder selbst (Postlethwaite) ist äußerst angetan von seinem Double. Er gibt ihm durch fortgesetztes Morden und beratende Telefonanrufe die Möglichkeit, in seine Rolle method-acting-mäßig hineinzuwachsen. Schon in seinen Grundzügen, beginnend bei der etwas altbackenen Themenstellung, die sich in ihrer plakativen Argumentationsweise am Talkshow-Level orientiert, ist dieses Szenario reichlich angestrengt und vor allem auf sehr vordergründige Weise psychologisierend.
Der Mörder hat (in guter alter Psycho- und Simenon-Tradition) natürlich einen Minderwertigkeitskomplex und eine bettlägrige Frau zu Hause. Der Schauspielschüler fängt an, sich in seinem Rollenstudium zu verlieren, behandelt seine Freundin schlecht und gerät schließlich völlig aus der Fassung, nachdem die Morde scheinbar aufhören und seine Dienste nicht mehr gebraucht werden. Und natürlich wird nicht auf kleine Grauslichkeiten hier und dort verzichtet, die Crimetime auch noch in die Nähe des Makabren rücken.
Seine wenigen interessanten Momente hat der Film dann, wenn er ins Changieren gerät, wenn die Ebenen punktuell ununterscheidbar werden und eine Art unendlicher Spiegelung entstehen könnte (der Mord, seine TV-Rekonstruktion, deren reale Auswirkung, darauf wiederum deren TV-Antwort, usw.). Leider wird diese Möglichkeit aber nicht ernsthaft verfolgt und der Film bleibt stattdessen ein unentschlossenes Sammelsurium aus TV-Satire, Schwarzer Komödie und Psychothriller. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 2/7/1997)
Ein waserlhafter Typ begleitet eine Frau nach Hause. Im Dunkel des Hinterhofes drängt er sie gegen die Wand - und schlitzt sie auf. "Warum?" kann das Opfer noch röcheln. "Nimm's nicht persönlich", meint der Messerstecher weshalb auch? Schneidet ihr linkes Auge heraus, steckt es in die Tasche und geht heim. Ein starker Einstieg, mit dem sich der Medien-Thriller allerdings gleich selbst absticht.
Die packendste Szene schon zu Beginn: kluge Kinobesucher gehen wie der Killer heim. Alles Weitere ist nämlich ein wirres Labyrinth sinnloser Brutalität, in dem der Frauenabstecher planlos vor sich hin tranchiert. Ein Psychopath ohne schlüssige Motivation. Nicht einmal eine vermasselte Kindheit. Einzige Erklärung vielleicht: seine eigene Frau ist blind. Aber welchen Grund hat er, die Augäpfel im Eiskasten zu horten? Im Dutzend?
Der Film begnügt sich nicht mit gesammelten Augen. Zu ihm gehört auch der gescheiterte Versuch, fatale Folgen gnadenloser TV-Quotenjagd anzuprangern und in eine Medienfarce zu verpacken. Die geht aber völlig unter: der Film nimmt sich zu ernst. William Baldwin, Jüngster der vier schauspielenden Brüder, ist hier nämlich der wahre Krimivergifter. Als Akteur der Fernsehshow "Crimetime - Aktenzeichen XY" - liebäugelt er mit echtem Morden. Dabei wirkt er so überzeugend wie ein Stück Holz, beherrscht aber wie seine Brüder den Silberblick-Trick. Der Mann braucht eine Brille. (KURIER)
BERGGORILLAS - LEGENDEN DES DSCHUNGELS (MOUNTAIN GORILLA)
USA 1992 Regie: Adrian Warren,
Darsteller: Rebecca Jenkins (Narrator voice) Kinostart: 27/6/1997
Den letzten Berggorillas in den Wäldern der Virunga-Vulkane von Kongo/Zaire widmet sich der neueste Film aus der eindrucksvollen Naturreihe im Wiener IMAX-Kino.
Auf kaum mehr als 300 Tiere sind die Populationen der friedliebenden Menschenaffen mittlerweile geschrumpft, und der Mensch macht ihnen nun auch noch die letzten Lebensräume in der niederschlagsreichen Bergregion streitig.
Dabei, so zeigt der 40 Minuten lange Film in eindrucksvollen Bildern, sind die gigantischen Vegetarier höchst soziale Geschöpfe, die etwa der Nachwuchspflege große Aufmerksamkeit widmen. (stock, DER STANDARD, 25/6/1997)
Die Baumriesen des nebelrauchigen Regenurwalds so mächtig groß, wie sie wirklich sind. Afrika ist der richtige Kontinent für das IMAX-Format. Dafür die Augen eines Gorillababies wie Antriebsräder von Traktoren. Und doch macht ihr rührend kleiner Blick jeden zur Amme. Eine wütende Gorilladame versetzt dem nächstbesten Männchen einen Tritt, und das kratzt sich verdattert den Kopf. Sofort wird dem Zuschauer die Dschungellichtung zum Schrebergarten und der Gorilla zu Onkel Hermann, der schon wieder nicht weiß, wie er sich Tante Dorotheas Unmut zuzog.
Nur wenige Chefs indes besitzen die kraftvoll überlegene Ruhe und stumme Würde von Silberrücken, wie das Oberhaupt des Affenrudels genannt wird; und kein Führungskräfteseminar kann einem Dominanz so überzeugend beibringen wie er. Doch andauernde Rangrangeleien gibt es in der Gruppe, bis hin zum Rauswurf aus dem Familienclan. Bruder Tier und Mutter Natur, alles in der großen IMAX-Familienpackung.
Klaus Wildbolz' Stimme macht jede Situation noch zutraulicher. Die friedlichen Berggorillas wissen freilich nicht, daß sie im vorigen Jahrhundert als greuliche Monstren verleumdet wurden, heute eine bedrohte Art sind und der Mensch sie vor dem Aussterben bewahren muß. In ihren Wunschträumen wütet kein King Kong. Umso realer metzeln killwütige Wilderer. Wenn die Kamera sie schießt, trifft sie nur unser Herz, und das ist gut. (Rudi John, KURIER)
EIN TIERISCHES TRIO - WIEDER UNETRWEGS (HOMEWARD BOUND II: LOST IN SN FRANCISCO)
USA 1996 Regie: David R. Ellis,
Buch: Sheila Burnford, Chris Hauty, Julie Hickson,
Musik: Bruce Broughton,
Kamera: Jack Conroy,
Schnitt: Peter E. Berger,
Darsteller: Michael J. Fox (Chance - voice), Sally Field (Sassy - voice) Kinostart: 27/6/1997
F 1996 Regie: Enki Bilal,
Buch: Enki Bilal, Dan Franck,
Musik: Goran Vejvoda,
Kamera: Eric Gautier,
Schnitt: Thierry Derocles,
Darsteller: Olivier Achard (The concierge), Richard Bohringer (Glenbarr), Yann Collette, Svetozar Cvetkovic (Le Sbire), Julie Delpy (Lena), Roger Dumas (Proprietor), Frédéric Gorny, Marie Laforêt, Johan Leysen, Michel Piccoli, Jean-Louis Trintignant Kinostart: 27/6/1997
"Tykho Moon": Der Comics-Zeichner Enki Bilal versucht sich im Kino der unheilvollen Visionen. Ein schlecht erzählter Science-Fiction-Witz aus Frankreich.
Der Pariser Eiffelturm: abgebrochen. Das Pariser Flair: verstaubt. Die Pariser Luft, Luft, Luft: rationiert. Unschwer zu erraten, was da wohl geschehen sein mag. Wir befinden uns im Jahre Schnee-von-Gestern: in einer Zukunftsvision, die dem zu reichlichen Genuß von Television entsprungen zu sein scheint. Mit Tykho Moon präsentiert der in Frankreich lebende Belgrader Comics-Zeichner Enki Bilal seinen zweiten Spielfilm - und leistet sich damit einen Zwischenaufenthalt auf dem Regiestuhl, der nicht gerade zur Image-Pflege europäischer Filmförderer beitragen dürfte. Mit der vereinten Kapitalkraft von Canal plus, Nordrhein-Westfälischer Filmstiftung, Eurimages und anderen Geldgebern hat Bilal Paris zur Designer-Ruine umgebaut, einen Haufen Stars eingekauft und einen todlangweiligen Plot durch pseudopoetische Sentenzen auf die Länge von 106 Kinominuten gestreckt.
Zur Handlung, die zu haben der Film durchaus vorgibt: Ein geheimnisvoller Schöner (Johan Leysen als "Tykho Moon") mit angeknackstem Erinnerungsvermögen wird von den Schergen eines verrückten Despoten (Michel Piccoli) gesucht, weil in seinem Körper jene Organe liegen, die die Familie des Diktators zu ihrer Heilung von einer seltsamen Krankheit benötigt.
Zufällig ist der Verfolgte auch der einzige Hüter von Kunst, Philosophie und Romantik in dieser Welt voller Waffen, Dummheit und Kälte. Und obwohl Tykho zugleich auch der coolste Mann am Platz ist, verliebt er sich in eine geheimnisvolle Schöne (Julie Delpy), die eigentlich in ihrer Funktion als staatliche Totmacherin Jagd auf ihn machen sollte.
Es folgt braver Sex, Bekehrung der Killerin zur Rächerin und gemeinsame Flucht - kurzum: eine Handlung, deren Szenen sich aneinanderreihen wie die Sätze von Leuten, die sich nichts zu sagen haben und letztlich doch genau das tun, was man von ihnen erwartet.
Das kennt man alles aus zahllosen drittklassigen Science-Fiction-Filmen. Der schiere Mangel an Phantasie gibt sich als fatalistische Utopie aus: In der Zukunft regieren verrückte Diktatoren, herrscht tödlicher Ernst, grassieren rätselhafte Krankheiten. Und weil in der Zukunft überhaupt alles ziemlich rätselhaft ist, reden alle nur wirres Zeug (was ja irgendwas bedeuten könnte) und läßt sich nie jemand etwas (egal was) anmerken.
"Ich komme aus den Vereinigten Staaten." "Tut das weh?" Auf diesem Niveau bewegen sich die Dialoge dieses Films - gesprochen zwischen Leuten, die wie Schaufensterpuppen vor auf Endzeitstimmung getrimmten Kulissen aufmarschieren. Nur wenn man bisweilen einen computeranimierten Hintergrund des zerstörten Paris präsentiert bekommt, der wie eine schlecht collagierte Gag-Postkarte aussieht, kommt einem die Idee, daß Tykho Moon vielleicht die mißlungene Parodie jenes Science-Fiction-Films sein könnte, den wir schon immer nicht hatten sehen wollen. (Robert Buchschwenter, DIE PRESSE)
In seinen Comics - "Die Geschäfte der Unsterblichen", "Kreuzfahrt der Vergessenen" u. v. a. - läßt sich Starzeichner Enki Bilal immer wieder vom Film inspirieren. Sein Held Alexander Nikopol etwa geht mit den Gesichtszügen Bruno Ganz' um. Für Resnais und andere hat Bilal als Ausstatter gearbeitet.
"Tykho Moon" ist ein Film, den man sich umgekehrt gut als Comic vorstellen kann. Die Endzeit-Story vom Despoten mit Appetit auf ewiges Leben (Michel Piccoli exzellent wie alle seine Mitspieler) ist mit ihren starken Bildern, ihrer Atmosphäre zwischen düsterer Coolness und absurdem Witz sowie ihrem Zitatenreichtum - von Shakespeare und Molière bis Jarry und Forsythe - typisch Bilal.
"Tykho Moon" ist eine Rätselgeschichte mit Erinnerungen an "wirkliche" - politische, ökonomische, ökologische - Wirklichkeit. Ein lustvoll gebautes Labyrinth, in dem man markanten Figuren auf verschlungenen Wegen folgen kann. Einem Ausweg entgegen, der die Story nicht entzaubert.
"Tykho Moon" hat alles, was "Das fünfte Element" nicht hat. Und das zu einem Bruchteil der Kosten. Womit bewiesen ist: Hirn kann Geld ersetzen. (Walter Titz, Kleine Zeitung, 6/9/1997)
Wohl dem, der einen Standpunkt hat. Von jenem etwa eines glühenden Michel-Piccoli- Fans aus ist dieser Ausdruck einer düsteren Erinnerung an eine freudlose Zukunft Pflichtübung. Eine solche dürfte es auch vom Standpunkt des Monsieur Piccoli gewesen sein. Mit übermüdeter Gestik, abgegriffenem Pathos, Schläuchen in den Venen und einem waschblauen Leberfleck am Hals macht er uns hier lustlos einen zu ewiger Jugend entschlossenen Tyrannen.
Derselbe unterdrückt samt seiner Brut ein luftverseuchtes, aber nicht näher definiertes Volk, lechzt nach erneuernder Genetik und läßt nach einem passenden lebenden, menschlichen Ersatzteillager namens Tykho Moon fahnden. Für den vorher gebrauchten Ausdruck "freudlos" wird übrigens an dieser Stelle um Entschuldigung gebeten; psychoanalytische Umstände spielen sehr wohl eine Rolle. Vom Standpunkt eines frankophilen Cineasten aus möglicherweise ein durchaus interessantes Unternehmen.
Zumal das abgebröckelte Design der Schauplätze im Schatten eines gerupften Eiffelturms wie Dejavu wirkt; man denkt dann an "Blade Runner", "Brazil", "Alphaville". Bezüglich seiner Spannung dürfte man sich an einem frühen Industriefilm über das Erzeugen von Endlospapier orientiert haben. Daß von der Despotensippe im Palast einer nach dem anderen bei mysteriösen Attentaten sein blaues (!) Blut vergießt, stört dabei nur unerheblich, denn sämtliche Actionszenen müssen zumindest als alternativ bezeichnet werden. Julie Delpy macht sich als revolutionäre Prostituierte schmal, Johan Leysen als Held wider Willen breit und intellektueller Anspruch wichtig. Vom Standpunkt des ausgelernten Kinogehers nur ein Lückenbüßer. (KURIER)