USA 199/ Regie: Jan de Bont,
Buch: Jan de Bont, Randall McCormick, Jeff Nathanson,
Musik: Mark Mancina,
Kamera: Jack N. Green,
Schnitt: Alan Cody,
Darsteller: Sandra Bullock (Annie Porter), Jason Patric (Alex Shaw), Willem Dafoe (John Geiger), Temuera Morrison (Juliano), Brian McCardie (Merced) Kinostart: 11/7/1997
Terrorist terrorisiert träumerisches Traumschiff, hat die Rechnung aber ohne eine beherzte junge Frau namens Annie gemacht. Neuer Film, alte Formel - man nimmt besse nochmal den Bus. (FALTER)
Seit "Speed" (fd 31 017) gehen die Stoppuhren im amerikanischen Actionkino anders. Konsequent hatte Jan de Bont, bis dahin angesehener Kameramann im Genre, sein Regiedebüt vom Ballast einer Geschichte im üblichen Sinne befreit. Sein Film beschränkte sich auf das Erfassen und Umsetzen von Geschwindigkeit als eine der grundlegenden Eigenschaften industrieller Zivilisation und zugleich als entscheidender Wesenszug des Kinos: von Lumières Einfahren des Zuges in den Bahnhof bis zur Todesfahrt von de Bonts Linienbus zieht sich eine Linie menschlicher Faszination über die bildliche Wiedergabe faszinierender Technik und damit eine Linie des Staunens der Menschen über sich selbst. Auch im übrigen Actionfilm tritt derzeit an die Stelle von Handlungsgefügen die episodische Aktion, physikalische an die von psychologischer Kausalität. Aber de Bont verstand es in besonderer Weise, eine Art Destillat des Genres herzustellen und die Gesetze des Kinos mit den Vorgaben der Geschwindigkeits-Technologie zu synchronisieren. "Speed 2" beginnt mit ironischen Verweisen auf den vielkopierten Vorläufer. Sandra Bullock, die einst den Bus auf Hochgeschwindigkeit halten mußte, versucht sich in einer Fahrprüfung und fällt durch, weil ihr offenbar kleinere Sachschäden als übliche Begleiterscheinungen erscheinen. Sie erzählt dem Prüfer von ihrem neuen Liebhaber, einem braven Streifenpolizisten, wie sie meint, der in Wahrheit aber ein Elite-Cop ist und zeitgleich per Motorrad einen Computer-Dieb jagt - ein Einstieg, der die Hauptfiguren und ihre gegensätzlichen Methoden, sich fortzubewegen, mit einem Handstreich als charakterliche Einheit vorstellt. In der Folge sind es freilich nicht mehr sie selbst, die Geschwindigkeit und Kurs ihrer Fortbewegungsmittel bestimmen, dies ist vielmehr ein Schiffskonstrukteur. Die Luxusyacht, mit der die beiden auf Versöhnungskreuzfahrt in die Karibik unterwegs sind, hat der Bösewicht auf Kollisionskurs programmiert, um nach der Evakuierung den mit Brillanten vollgestopften Safe zu entleeren. Verbittert über die Entlassung durch den Schiffshersteller und todkrank dazu, gehen ihm Furcht und Skrupel gänzlich ab.
Der Rest ist Bewegung. Auch hier führt die bewegte Stahlmasse zur Isolation der auf ihr gefangenen Menschen. Aber keine uniformierte Hilfe kann diesmal gerufen werden, der Schurke hat ganze Arbeit geleistet. Dies unterscheidet den Film sowohl vom Vorgänger als auch von einem der ersten Plagiate, von "Alarmstufe: Rot 2" (fd 31 511). In "Speed 2" herrscht, dies ein interessanter Suspense-Ansatz, über viele Filmminuten auf Seiten der Besatzung und erst recht der Passagiere Ungewißheit über ihre Lage, und selbst Sandra Bullock erfährt erst sehr spät, was ihr Geliebter Alex eigentlich treibt und wer hinter dem Ärger steckt. So war der Auftakt in mehrfacher Hinsicht auch ein Vorgriff; daß Bullock aber in der Folge umso aktiver eingreifen darf, mit Seilwinde und Kettensäge, versteht sich von selbst, zumal sie der herausragende Star des Erstlings war. Konnte man "Speed" als Dämonisierung alltäglicher Fortbewegungsmittel verstehen, als Demonstration ihres Potentials jenseits der friedlichen Nutzung, wurde nun konsequent zu Luxusartikeln gegriffen, zu Vehikeln, die entweder kaum jemand wirklich braucht oder die nur zur sehr speziellen Nutzung gedacht sind: Luxusliner, Segelyacht, Motor-Schnellboot, "Windjet", Wasserflugzeug, Öltanker. Und alles geht zu Bruch, wie in einem Rekurs auf "Zabriskie Point" (fd 16 960) oder wenigstens auf die Zerstörungsorgien des 70er-Jahre-Katastrophenfilms. Sogar ein wenig Schadenfreude kommt da ins Spiel.
Eine eigene Note erhält der Film vor allem wieder durch das charmant-ungezwungene Spiel von Sandra Bullock. Neben ihr, dem mäßig präsenten Jason Patric und Willem Dafoe, der seine Schurkenrolle genüßlich auslebt, spielt Temuera Morrison den Ersten Offizier: dereinst der beängstigende Darsteller des Vaters in "Die letzte Kriegerin" (fd 31 528), nutzt er seinen geringen Spielraum in "Speed 2" glänzend aus - man wünscht ihm bloß einen weniger schwankenden Rollengeschmack ("Das Piano" und "Die Insel des Dr. Moreau"!).Die Kamera überließ Jan de Bont wie schon bei "Twister" (fd 32 099) dem Altmeister Jack N. Green. Wie dort - und wie auch Andrzej Bartkowiak bei "Speed" - arbeitet er ausgiebig mit der Handkamera, insbesondere in den Actionszenen. Dieser Stil soll nicht nur hektische Authentizität suggerieren, sondern auch den Überblick nehmen, um keinen Moment von der Aktion abzulenken - wodurch die Bilder freilich der Gefahr des Manierismus ausgesetzt werden. Was genau passiert, erkennt man erst hinterher, wenn das Ausmaß des Schadens betrachtet wird, sei es im Ballsaal, am Rettungsboot, an Deck. Es herrscht dreifache Bewegung, die sich kontinuierlich fortpflanzt: Die Luxusyacht schwimmt unaufhaltsam vorwärts, auf ihr hetzen permanent Menschen umher, und die Kamera demonstriert mit der eigenen Bewegung ihre Mühe, der Aktion zu folgen. Der Schauplatz Schiff ist dafür in Zellen unterteilt, zwischen denen ein ständiger Fluß besteht. Die Verbindungen zwischen diesen Handlungszellen hält de Bont geschickt aufrecht und sorgt damit für kontinuierliche Dynamik - für mehr allerdings nicht. Ließ sich "Speed" als Fanal für ein neues Zeitalter sehen, fährt "Speed 2" nur in dessen Lichtschein, wenn auch in der ersten Startreihe. Zwar hat de Bont auf die Alibistory, auf das Pathos und die albernen Zaubertricks verzichtet, die "Twister" kennzeichneten. Dennoch mußte am Ende ein bombastischer Schlußakkord her: Monatelang wurde auf einer Karibikinsel eine komplette Kleinstadt aufgebaut, die kurz darauf für den Film wieder zerstört wurde. Und damit ist der Film nicht einmal zu Ende. Das hätte es wirklich nicht gebraucht. (Oliver Rahayel, filmdienst)
Umfragen, wie sie Hollywoods Studios gewiß durchführen, müssen den durchschnittlichen Kinogeher als Masochisten ausweisen: Offenkundig wollen die Leute heute nicht begeistert oder fasziniert, sondern niedergewalzt werden. Wahrscheinlich ist es ihnen vor allem wichtig, zu wissen, wieviel der Film, von dem sie gerade Ohrensausen bekommen, gekostet hat. Aufwand geht über handwerkliche Sorgfalt.
Der diesjährige Kinosommer hat diesbezüglich mit Con Air und Batman und Robin bereits rund 200 Millionen Dollar an Budgets vernichtet. Speed 2, weitere 125 Millionen Dollar schwer, treibt den Hang zum kinematographischen Preßlufthammer geradezu selbstreflexiv auf die Spitze. Höhepunkt des Films ist eine Vernichtungsorgie, bei der ein Kreuzschiff ein karibisches Hafenstädtchen dem Erdboden gleich macht.
Wenn irgendwo ein teures Dekorationsstück herumsteht, darf man sicher sein, daß es zerstört wird. Nur vor einer Kirche macht jene Raserei endlich halt, bei der die Charaktere nur noch drei Aufgaben haben: Fassungslos gaffen (Nebendarsteller und Statisten); hämisch grinsen und fluchen (Bösewicht Willem Dafoe); haltlos herumpurzeln bzw. Tatkraft simulieren (Jason Patric und Sandra Bullock als Retter in der Not).
Mit seinem Vorläufer, der viermal billiger und tausendmal besser war, hat Speed 2 außer Bullock wenig gemein. Regisseur Jan de Bont, der damals erstaunlich effizient eine schlichte Tempo-Formel – ein Autobus samt Bombe, der in L.A. nicht bremsen darf – umzusetzen wußte, scheitert an allen Fronten am selbstverordneten Bombast: Weder vermag er unter den Passagieren des von Dafoe entführten Schiffes auch nur Rudimente eines Ensemblespiels zu entwickeln: Katastrophenfilme wie Poseidon Inferno waren gegen das, was hier geboten wird, subtile Kammerspiele.
Und an Jason Patric, der Keanu Reeves als Held nachfolgte, ist der einzigartige Fall zu studieren, in dem man das Gesicht des Hauptdarstellers noch während des Kinobesuchs immer wieder vergißt. Gas geben und gegen den Fahrtwind die Augen zusammenkneifen ist nicht genug. (Claus Philipp, DER STANDARD, 9/7/1997)
In "Speed 2" legt Sandra Bullock ihr Heldenamt zugunsten einiger Handlangerdienste für Boyfriend Jason Patric zurück. Nichts Neues sonst in Hollywoods Katastrophenkino: die Vorwärtsbewegung, die Verschrottung, die Detonation.
Die Katastrophen, auf die sich Hollywood letzthin wieder kapriziert, tragen vielfach schon im Titel die jeweils zentrale Regieanweisung. Ob es ums Auslöschen (Terminator), um das nahe verwandte Ausradieren (Eraser) oder um die brutalen Verdrehungen im schicksalshaften Wirbelsturm (Twister) geht: Was auf den Produkt-Etiketten steht, das ist auch drin - so geht der Deal. Der Zuschauer weiß, was er kriegt für sein Geld, nämlich heitere Sachbeschädigung und Achterbahn für Aug und Ohr, nicht mehr und keinesfalls weniger: Die Destruktion, die sich im Kinosessel konsumieren läßt, ist im Begriff, dem alten Spannungskino, den Recherchen und Winkelzügen des klassischen Thrillers den Rang abzulaufen. Spannung im gegenwärtigen US-Kino resultiert aus den Methoden der Verschrottung eher als aus der Suche nach einem, der Böses betreibt.
In Jan De Bonts Speed 2 - Cruise Control steht das Böse so fest wie der Ablauf der Dinge auf dem Weg zur Ruhe nach dem Sturm. Schließlich gibt es Naturgesetze - und zu denen gehört in Hollywood auch das Gesetz vom sequel, von der Fortsetzung profitabler Unterhaltungsfilme. Speed 1 , soviel kann man nach De Bonts Twister und Speed 2 mit Sicherheit sagen, war ein Zufallstreffer: ein straff inszeniertes Aktionsmärchen vom rasenden terrorisierten Autobus, ein Film, der die Effekte klug zügelte, nichts als die maximale audiovisuelle Ausbeutung der überhöhten Geschwindigkeit im Visier.
Speed 2 nun, De Bonts dritte Regiearbeit, ist das blanke Gegenteil: ein Actionfilm, der seinen Figuren alibihaft psychologische Motivkürzel in den Weg streut, der sich in seiner Gewaltanwendung ständig verzettelt, weil er mehr und breiter mit besser verwechselt. Mit einer Anmerkung für Insider, gleich am Anfang, setzt De Bont den Tonfall. Und das Actionkino ist nur ein kleiner Witz: Sandra Bullock, lizenzlose Busfahrerin in Speed 1, macht in Speed 2 ihren Führerschein. Autofahren im Sinne der Straßenverkehrsordnung kann sie aber immer noch nicht, anders als der neue Freund (Jason Patric), der als Polizist, wie die Parallelmontage zeigt, die Karosserien der stolzesten Kriminellen bricht.
Weil Sandra und Jason nun ein kleines Beziehungsproblem haben, buchen sie eine Luxuskreuzfahrt, wo aber schon ein böser Einsamer (Willem Dafoe) auf hoher See die Katastrophe vorbereitet: Er schaltet seinen Computer heimlich in die Bordelektronik und beginnt die Reise systematisch, über Leichen gehend, zu sabotieren. Und Speed 2 liefert gar noch einen Grund dazu: Weil seine Firma ihn, den High-Tech-Experten für Luxus-Liner, einer Krankheit wegen kalt gefeuert hat, sinnt dieser nun auf Rache. Das klingt ja fast nach Kapitalismuskritik.
Die Menschen an Bord - ein Gesellschafts-Mikrokosmos, auf den das Genre Wert legt (ob Hindenburg, entgleisende U-Bahn oder brennender Wolkenkratzer) - drohen mit Panik, und Speed 2 bietet, dem entsprechend, katastrophische Kettenreaktionen, wobei jedes neue Desaster ein wenig desaströser ist als jenes, das dieses erst produzierte. Die Kamera wackelt stark im Krisenfall, wie einst an Bord der Enterprise; ein Kind steckt fest im Lift; und hysterische Passagiere fallen ab & zu von Bord, zerhackt von der grausamen Schiffsschraube, während die heroischen Melodien im Off die Antithese zum Bild versuchen.
Die Schauspieler in Speed 2 allein wären eine Untersuchung wert: wie Bullock, ihren Fans entgegen, unentwegt niedlich spielt; oder wie Dafoe an seinem Psychopathen vorbei agiert, sich selbst absichtlich, so rabiat wie möglich, karikiert: ohne jeden Respekt vor seiner Rolle. Was die Mimen hier betrieben, ist nicht Schauspiel, sondern "Schauspiel".
In Speed 2 läuft alles zusammen, was der Filmindustrie derzeit teuer ist: Computerkrimi und Bombenentschärfer-Spannung, Katastrophenkino und Teenager-Komödie, Liebesfilm und cop thriller. Lustvoll läßt De Bont Material vernichten, die Requisiten wie die Genre-Materie: Liebevoll verbrennt Hollywood sein Geld.
Mit einem letzten schlechten Witz, einem Kuß und einem sehnsuchtsvollen Blick auf das Trümmerfeld, das dieser Film hinterläßt, geht Speed 2 in den Abspann, in die Ruhe nach dem Sturm, wo ja immer noch Platz ist für einen sich windenden Song, den man separat, als Soundtrack zum Film weiterverkaufen kann. Das Business endet nie, das schnelle Geschäft braucht schnelle Konsumenten (und schnelle Stories, denen die Geschwindigkeit eben möglichst schon im Titel steht): Im Land des Löschens, Verdrehens und Ausradierens hat längst auch die selbstmörderische Beschleunigung als Konsumartikel ihren Platz. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 12/7/1997)
"Auf keinen Fall darf die Handlung wieder in einem Bus spielen", meinte Sandra Bullock, als sie nach einer Fortsetzung des Actionhits "Speed" gefragt wurde. Das tut sie auch nicht: Schauplatz bei "Speed 2: Cruise Control" ist ein Karibik-Luxuskreuzer, der entführt wird - und auch der Mann an ihrer Seite ist neu. Keanu Reeves räumte den Platz für Jason Patric. "Beziehungen, die unter extremen Bedingungen entstehen, haben keine Chance", erklärt Bullock als Annie Porter das Verschwinden des schönen Keanu im zweiten Teil.
Nun denn: Das US-Publikum hat die Paarung Bullock-Patric nicht weniger spannend empfunden. Am Premierenwochenende Mitte Juni konnte ein rasanter Start hingelegt werden und mit umgerechnet 200 Millionen Schilling Einspielergebnis die Konkurrenz überholt werden.
Die gefährlichen Szenen auf hoher See hat Bullock fast alle selbst gedreht. "Wir hatten für Sandra zwar eine Stuntfrau engagiert", erzählt Regisseur Jan De Bont, "mußten sie aber nur an drei Tagen einsetzen." Bullocks Bilanz: "Ich hatte bei Dreharbeiten noch nie soviel Spaß. Ich habe tauchen gelernt, bin höllisch schnell Jetski gefahren und mit einem Wasserflugzeug geflogen. Nur die Kußszene ohne Sauerstoffflasche unter Wasser war unangenehm."
Turbulenter wurde die Arbeit an "Speed 2", der ein Budget von 1,2 Milliarden Schilling verschlang, noch durch den Hurrikan Lili. "Eines Nachts schlingerte das Schiff so stark, daß wir alle buchstäblich aus den Kojen fielen", erinnert sich die Schauspielerin.
Irritiert waren viele Journalisten, weil die 36jährige bei den Interviews einen Ehering trug. "Oh, nein, ich habe nicht heimlich geheiratet", schmunzelt Bullock, "ich habe nur vergessen, ihn abzunehmen. Ein Requisit aus meinem neuen Film, in dem ich eine verheiratete Frau spiele." (Christian Ude, Kleine Zeitung)
Daß die Fortsetzungen von Kino-Hits oft so schal schmecken wie ein aufgewärmtes Essen, ist eine Hollywood-Binsenweisheit. Im Fall von "Speed 2" endet die Restlverwertung mit einem Fiasko nahe am Etikettenschwindel. Die Speedianer erfüllen zwar den drehbuchmäßigen Auftrag, einen Kreuzfahrtdampfer vor dem Untergang zu bewahren. Doch ihr Film säuft jämmerlich ab. Der Vergleich macht uns sicher: "Speed", das Original, war 1994 der beste Thriller des Jahres. Regisseur Jan De Bont gelangen optisch grenzgeniale Sequenzen; ihre wahrhaft nervenzerfetzende Spannung bezog die Story aus einem einfachen Trick. Ein Bus hatte eine Bombe an Bord und durfte nicht stoppen. Denn dann wäre er explodiert. Und jetzt?
"Speed 2" beginnt mit einer FahrschulStunde für Sandra Bullock, die Busfahrerin aus dem Original. Das ist ein Scherzlein der ultraflachen Art und zugleich ein Vorgeschmack auf kommende Banalitäten. Zwecks Urlaub verfügt sich Sandra Bullock mit neuem Boyfriend Jason Patric (ihr "Speed"-Partner Keanu Reeves blieb der Fortsetzung fern) auf ein Schiff. Pech, das sie hat, ist auch dieses mit Explosivmitteln beladen, doch filmtechnisch bringt das nichts. Schiffe sind langsam - sie machen keinen Speed.
Willem Dafoe, der "English-Patient"-Star, stellt gegen gute Gage seinen guten Geschmack ins Eck und mimt einen augenrollenden Finsterling, der den Dampfer ins Seemannsgrab lenken will. Mit Bomben und Computern bringt er das Boot in seine Gewalt. Das führt zwar zu einer Folge pyrotechnischer Detonationen, doch der Zuschauer kapituliert rasch. Um die Streiche des Hi-Tech-Gangsters Dafoe zu verstehen und spannend zu finden, müßte man schon Schiffsingenieur sein.
Fatalerweise hat Regisseur De Bont seine Bildsprache vergessen und statt dessen bei der öden "Traumschiff"-Fernsehserie Anleihen genommen - nur, daß hier außer den Herzen auch die Bomben glühen. Bis zur nicht sonderlich geglückten Landung des Dampfers, der in den Häusern eines schmucken Karibik-Städtchens einparkt, ist man mit kleinen Schicksals-Episoden wie aus dem Groschenroman konfrontiert. Ein Trauerspiel. Das Drehbuch ist grausig, das Ensemble ohne Inspiration, die Regie nicht vorhanden. "Speed 2" ist ein furchtbar langweiliger Film, und das ist wohl das Schlimmste, was einem Thriller passieren kann. (KURIER)
HIP HOOD HOOD (DON'T BE A MENACE TO SOUTH CENTRAL WHILE DRINKING YOUR JUICE IN THE HOOD)
USA 1996 Regie: Paris Barclay,
Buch: Phil Beauman, Marlon Wayans, Shawn Wayans,
Musik: John Barnes,
Kamera: Russ Brandt,
Schnitt: Marshall Harvey, William Young,
Darsteller: Shawn Wayans (Ashtray), Marlon Wayans (Loc Dog), Tracey Jones (Dashiki), Chris Spencer (Preach), Suli McCullough (Crazy Legs) Kinostart: 11/7/1997
Langer Titel, kurzer Sinn: Parodie auf pädagogisch bemühte "Ghetto"-Filme á la "Boyz n' the Hood", deren satirisches Potential allerdings überwiegend in ödem Klamauk versandet (FALTER).
Okay, wir leben im Zeitalter des Trash-Humors. In gescheiten Essays und Reportagen kann man kluge Worte über diesen Kultur(?)-Trend lesen. Anders wird's, wenn man dem Trash (zu deutsch Abfall) persönlich begegnet. Zum Beispiel im Kino. Dann ist die Klugheit weg, und müde Witze bleiben über. Wigald Boning und "Die drei Mädels von der Tankstelle" markierten kürzlich den ununterbietbaren Tiefpunkt. "Hip Hop Hood" ist besser. Aber nicht viel.
Die schwarze Farce führt nach South Central, in das Zentrum afro-amerikanischen Lebens von Los Angeles. Dort, lernen wir, ist die Luft intensiv bleihaltig. Die Mädchen sind blöd und zum Bumsen und Kinderkriegen da; ein Mann ist noch ein Mann. Ohne Kanone, Drogen und Gallonen von Alkohol verläßt er nie das Eigenheim. Vielleicht wollten die Filmemacher ihre Ratlosigkeit angesichts der üblen Lebenssituation im Ghetto als Farce verkleiden. Vielleicht wollten sie auch nur einfach einen lustigen Film erzeugen.
Jedenfalls verfügt sich der Humor nach ein paar guten Pointen zu Beginn rasch in den Keller und kommt bis zum Schluß nicht mehr ans Tageslicht. Die riesigen Probleme der black community - Arbeitslosigkeit, Gewalt, Rassismus - werden fast denunziatorisch verblödelt. Das Beste am Film ist nicht zu sehen, sondern nur zu hören. Exzellente Hip-Hop-Tunes zeugen von der Klasse und dem Temperament der schwarzen Kultur. (KURIER)