USA 1997. 105 min
Regie: Anne Goursaud,
Buch: Michael Davis,
Musik: Stephen Parsons,
Kamera: Robert Alazraki,
Schnitt: Anne Goursaud, Terilyn A. Shropshire,
Darsteller: Mickey Rourke (John), Agathe De la Fontaine (Claire), Angie Everhart (Lea), Steven Berkoff (Vittorio), Dougray Scott (Charlie)
Kinostart: 17/10/1997
Mickey Rourke hat, mit verwüstetem Gesicht, einen halben Wiener Film gemacht: Er heißt "9 1/ 2 Wochen in Paris" und knüpft an einen zwölf Jahre alten (und seinerzeit schon haarsträubenden) Erotik-Kinoschlager an.
Der Mann ist depressiv, man sieht das gleich. Er sitzt allein in einem dunklen, teuren Hotelzimmer und spielt mit seinem Revolver, weil er am Ende ist, Russisches Roulette. Später lädt er sich ein Callgirl ein, an dessen Körper er, lustlos irgendwie, eine Rasierklinge entlang gleiten läßt. Auf der Straße stirbt dann noch ein Pferd, und der Mann am Fenster, der das sieht, seufzt. Er heißt Mickey Rourke, und er vermißt Kim Basinger, die seinerzeit, einen Film lang, seine Gespielin war. Nun gibt es also auch zu 9 1/ 2Wochen, zu den weichgezeichneten Erotik-thrills des Adrian Lyne, eine Fortsetzung, um die eigentlich keiner gebeten hat. Die Chronik einer Depression schleppt sich, kongenial depressiv, durch ihre Laufzeit: 9 1/ 2 Wochen in Paris hat keine Geschichte, Dialoge, die entschieden nichts zu sagen haben, und Bilder, die in akutem Lichtmangel ständig zu ertrinken drohen. Basinger, das wird nicht besser, kehrt nicht wieder: Sie ist tot, und hinterlassen hat sie dem Film nur ihre beste Freundin (Angie Everhart), die wenigstens Kims Seidentuch trägt.
Rourke dürfte in der Zwischenzeit einem amoklaufenden plastischen Chirurgen in die Quere gekommen sein: Mit seltsamem Schmollmund und toten Augen gibt Rourke erneut den Liebhaber, der sich, diesmal in der Pariser Modeszene umtriebig, an einer Reihe von Dessous-Models versucht. Regisseurin Anne Goursaud hat 9 1/ 2Wochen immerhin gesehen, was sich in dampfenden Stadtnachtlandschaften und einer Lebensmittel-Erotikszene niederschlägt, die von ferne einer Materialaktion Otto Mühls ähnelt. Dazwischen wuchern Honig, Outrage und Kunstgewerbe: Schmiere zu Schmiere, Schmalz zu Schmalz. 9 1/ 2Wochen in Paris genügt nicht einmal schlichten Voyeurs-Ansprüchen: 100 finstere Minuten für Strumpfband und Pockennarbe, hemmungslos langweilig, gebaut aus allerhöchstens neuneinhalb Gedanken. Daß Wiens Filmfinanzierungsfonds sich an diesem Projekt, umwegrentabel oder nicht, millionenschwer und also maßgeblich beteiligt hat, ist jedenfalls alles andere als ein Ruhmesblatt in der Geschichte der österreichischen Filmförderung. Was nicht heißt, daß regionale Färbungen diesem Film völlig fehlen: Immerhin tritt einmal, gleich am Anfang, Stockinger- Star Sandra Cervik als Hotelzofe in den Raum, murmelt irritiert "Verzeihung" - und tritt wieder ab. So kann man es natürlich auch sagen. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 18/10/1997)
Die von Politikern vielbeschworene „Filmstadt Wien“, sie wurde am Freitagabend gleich zweifach und denkbar ambivalent spürbar. Erstens: Im regulären Kinobetrieb starteten 9 1/2 Wochen in Paris, ein ungustiöser und langweiliger Softpornoschinken mit dem abgehalfterten Mickey Rourke, in dem Wien, wie schon im Fall von Disneys Die drei Musketiere, als französische Hauptstadt einspringen durfte – weil der Wiener Filmfinanzierungsfonds über alle Grenzen des guten Geschmacks und jeglichen Ehrgefühls hinweg im Dienste der „Umwegrentabilität“ mehrere Millionen Schilling hinblätterte. Hauptsache, die heimische Hotellerie vermochte höhere Absätze in sachen Speis und Alkohol und Schlafstätten zu verzeichnen. (...) (Claus Philipp, DER STANDARD, 20/10/1997)
Der Film ist unbeschreiblich langweilig. Er ist unerotisch wie eine Soap Opera aus dem Nachmittags-TV und frei von jeglicher Dramatik. Worum geht's? Um den Flop des Jahres, "9 Wochen in Paris". Diese Erotical-Fortsetzung ist so rettungslos mißraten, daß in den meisten Ländern auf einen Kino-Einsatz verzichtet wird. Aus spekulativen Gründen startet der Film hierzulande doch. Der Verleih hofft darauf, daß die Zuschauer das Fiasko als verwegenes Beispiel für unfreiwillig komische Trash-Kultur goutieren werden. Damit Film-Abfall seinen sonderbaren Reiz entfalten kann, braucht es aber mehr als nur schlechte Qualität. Zum Beispiel die Aura mutigen Scheiterns. Die fehlt bei diesem Machwerk total. Die Story: Ein aufgedunsener Dolm namens John Gray (der von allen guten Geistern verlassene Mickey Rourke) jammert in Paris einer gewissen Elizabeth hinterher (so hieß Kim Basinger im "9 Wochen"-Original). Da die Basinger nicht mitspielt, kann Elizabeth nicht auftreten: Sie sei, erfahren wir, verstorben. Mr. Rourke trauert kurz und teilt dann das Bett mit Veronique, einer Mode-Tussi. Schluchz, Schmacht, Ende. In mancherlei Hinsicht ist die (teilweise in Wien gedrehte) Paris-Elegie ein Film der Superlative geworden: Das dümmste Drehbuch, die schwachsinnigsten Dialoge, die schlechtesten Schauspieler. Empfehlenswert nur für lustfeindliche Masochisten: Die zwei Stunden abzusitzen ist eine Qual, für die man auch noch bezahlen muß. (Gunther Baumann, KURIER)
Siehe IMDb
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