Filmhaus Hasnerstraße - Filmkultur in Ottakring



In Österreich am 23. Jänner 1998 neu angelaufene Kinofilme


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HANA BI (FEUERBLUME)

JAP 1997. 103 Min. Goldener Löwe Venedig 1997
Regie: Takeshi Kitano, Buch: Takeshi Kitano, Musik: Joe Hisaishi, Kamera: Hideo Yamamoto, Schnitt: Takeshi Kitano, Yoshinori Ota, Darsteller: Beat Takeshi (Yoshitaka Nishi), Kayoko Kishimoto (Miyuki (Nishis Frau)), Ren Osugi (Horibe), Susumu Terajima (Nakamura), Tetsu Watanabe (Tesuka), Hakuryu (Yakuza-Killer), Makoto Ashikawa (Tanaka), Yuko Daike (Tanakas Frau)
Kinostart: 23/1/1998

Der japanische Polizist Nishi wird nicht gerade vom Leben geschont. Erst wird bei seiner Frau eine tödliche Krankheit festgestellt, dann sein Partner Horibe zum Krüppel niedergeschossen. Als er selbst bei einem Einsatz einen Mörder erschießt, kündigt er seinen Dienst auf. Er überfällt eine Bank und bricht mit seiner Frau auf zu einer letzten Reise durch Japan.
Ein interessanter japanischer Film, der seine Faszination durch die Gegensätze von Gewalt und Ruhe gewinnt. Ein ungewöhnlicher, aber durchaus sehenswerter Film. (film.de)

Ein Polizist der Tokioter Polizei sieht sich mit einer Lebenssituation konfrontiert, in der seine Frau sterbenskrank ist, er selbst hoch verschuldet und er sich zudem verantwortlich fühlt für Tod und Verletzung von zwei Kollegen. Schweigsam und scheinbar ohne Gefühlsregungen, aber in Konfliktsituationen mit unbarmherziger Gewalt, versucht der Polizist, seine Schuld zu begleichen. Ein in konsequenter Stilisierung und geschickter Rückblendentechnik virtuos inszenierter Film, der Trauer und Schuldgefühl durch extreme Statik und Monochromie vermittelt; eine Meditation über Liebe, Tod und Schuld, neben der Gewalt nur marginal und verfremdet als Akt tiefster Verzweiflung dargestellt wird.
Yoshitaka Nishi redet nicht. Es gibt für ihn nichts mehr zu sagen, seit seine junge Ehefrau unheilbar krank ist, er sich viel zu hoch verschuldet hat - noch dazu bei einem Kredithai der Yakuza-Gangster - und sich außerdem verantwortlich fühlt für den Tod eines Kollegen bei der Tokioter Polizei sowie für die Lähmung eines weiteren Kollegen. Nishi schweigt, aber er handelt. Kein Rachedurst, kein übermenschlicher Gerechtigkeitssinn treibt ihn an; ein Held kann und will er nicht sein. Nur seine eigene Schuld will er begleichen, bei seiner Frau und bei dem Kollegen. Wer sich ihm allerdings in den Weg stellt, etwa der Schuldeneintreiber der Yakuza, wird mit einer extremen Brutalität konfrontiert, die alle aufgestaute Trauer explosionsartig zum Ausdruck zu bringen scheint. Andere werden um so schonender behandelt. Nishi, inzwischen aus dem Polizeidienst entlassen, verübt den wahrscheinlich unspektakulärsten, ja ruhigsten Banküberfall aller Zeiten, indem er ohne ein Wort der Frau am Schalter seine Pistole zeigt; sekundenlang blicken sich die beiden in die Augen, bis die Angestellte sich für das einzig Richtige entscheidet.
Takeshi Kitano spielt die Rolle des Nishi, und er hat den Film geschrieben, inszeniert und geschnitten, so wie die meisten seiner vorangegangenen Filme auch. Seine einzigartige Erzählweise vereint die Tradition des Gangster-Genrekinos sowohl europäischer als auch ostasiatischer Prägung mit einer tiefen Meditation über Begriffe wie Liebe und Tod, Schuld und Sühne, Ausweglosigkeit und Hoffnung. "Hana-Bi" ist kein Actionfilm; der Titel bedeutet "Feuerwerk", setzt sich aber wörtlich aus dem Gegensatzpaar "Blume" und "Feuer" zusammen. Es dominieren so gesehen die Blumen, sowohl im Wortsinn - in den Bildern, die der gelähmte Kollege malt, als Versuch, einen neuen Lebensinhalt zu finden; die Bilder stammen übrigens von Takeshi Kitano - als auch im übertragenen Sinn: etwa in den langen Szenen, die das liebevolle Ehepaar zeigen, wiederum fast immer wortlos. Das Feuer indes lodert jederzeit in Nishi, nur bleibt es unsichtbar, so lange ihn kein Funken trifft; dann "brennt" es um so heftiger. Es sind gerade diese Szenen, in denen Kitano Bewußtseinsinhalte vermittelt, anstatt Geschehnisse nachzuerzählen. Die traumatische Schießerei etwa wird nur stückweise, in Gestalt von Erinnerungsfetzen Nishis dargestellt. Nishi selbst erlebt Gewalt als schrecklichsten physisch-psychischen Zugriff auf den Menschen; daß er selbst Gewalt ausübt, zeigt um so mehr den Grad der Verzweiflung, in der er sich befindet. Die verschachtelte Rückblendentechnik verhindert darüber hinaus eine simple monokausale Verkettung von Gewalt und Gegengewalt als Ursache und Wirkung, die der Psychologie der Figuren nicht gerecht würde. Kitano zeigt keine Entwicklungen, sondern einen Endzustand: Nishi ist als Figur ein konsequent ausformuliertes Destillat von genretypischen Helden und Antihelden, von Melvilles "Samourai" und Woos "Killer"; ein Mensch außerhalb von Gesellschaft und Gesetz, der sich aber nicht selbst in sein Schicksal verrennt, sondern sich im Gegenteil mit aller Macht dagegen stemmt. Seine Mittel sind unsauber, skrupel- und gnadenlos, sein Ziel aber ist ehrenhaft - Kitano schafft keine Identifikationsfigur, sondern eine höchst ambivalente Persona, der man mal mit Ekel, mal mit Mitleid, mal mit Zuneigung begegnet.
Die sorgsam komponierten Bilder, die Kitano verwendet, sind äußerst karg, statisch und monochrom, sie vermitteln sowohl auf engstem Raum wie in weiten Panoramen ein Gefühl von Kälte, Einsamkeit und Isolation - von der auch die anderen Hauptfiguren erfaßt sind, jede auf ihre Weise. Der gelähmte Polizist etwa wird nach dem Unglück auch noch von seiner Frau samt Kind verlassen, die Witwe des anderen muß, auf sich gestellt, in einem Fastfood-Laden arbeiten. Die Einzelschicksale vermitteln eine Weltsicht, die deprimierend und pessimistisch ist, und in der Menschlichkeit und Wärme teuer erkauft werden müssen. Aber, das zeigt Takeshi hier noch deutlicher als in seinen vorangegangenen, nicht minder stilisierten Filmen wie "Violent Cop" oder "Sonatine": es lohnt jeden Preis. (Oliver Rahayel, film-dienst) Tödliche Tempowechsel aus Japan. Jetzt endlich im Kino: Takeshi Kitanos preisgekröntes Meisterwerk „Hana-Bi“
Das erste, was an Takeshi Kitanos Filmen fast körperlich spürbar ist: ein eigenwilliger Rhythmus, der entscheidende Momente nicht in einer Verlangsamung des Erzähltempos ausstellt, sondern dagegen sogar mitunter Untätigkeiten bis an den Rand des Erträglichen zerdehnt. Binnen einer Minute erfährt in Hana-Bi ein Polizist, daß seine Frau unheilbar krank ist und daß ein Freund zum Krüppel geschossen wurde. Dagegen hält Kitano dann Bewegungen durch ländliche Idyllen, die den Schmerz förmlich aus dem Bild drängen.
Baseball ist eine Lieblingssportart Kitanos: angespannte Erwartung des kleinen Balles, der da mit einem Holz getroffen und weitergeschleudert werden soll. Erschreckend kurz der Moment, der über Triumph oder Niederlage entscheidet. Bis zur Groteske verzögert die Wartehaltung der Spieler. Ähnlich wie gute Base_ball_spiele sind auch die Filme Kitanos aufgebaut.
In seinem Regiedebüt Violent Cop zeigte er einen Polizisten, der mit lähmender Ausdauer einen Verbrecher verfolgt, zuerst mit dem Auto, dann zu Fuß – ohne Action oder Suspense im eigentlichen Sinn. Dann die Eskalation, auch in Hana-Bi immer jäh und erschreckend: Ein Mann hält sich ein Messer, mit dem er attackiert wird, mit bloßen Händen vom Leib. Schüsse, kurz, hart, trocken.
Und dagegen Gemälde, die Kitano nach einem Motorradunfall malte, der ihn für geraume Zeit mit einer halbseitigen Lähmung konfrontierte: Wie mit Kinderhand entfaltet er da eine Schneelandschaft, in die die japanischen Schriftzeichen für „Selbstmord“ eingraviert sind. Oder Yakuzas als asiatische Pendants zu Beavis and Butthead, denen die Ganzkörpertätowierungen über den Kopf wachsen.
Als Takeshi Kitano im Herbst vergangenen Jahres für Hana-Bi mit dem Goldenen Löwen des Filmfestivals in Venedig ausgezeichnet wurde, war das für Cineasten nur die längst fällige Bestätigung eines vor allem im Westen lange schon kursierenden Geheimtips: Zuhause in Japan wurde er bis dato als TV-Superstar mit unzähligen Comedy-Serien, Sportsendungen, Kolumnen für seine Filme eher belächelt.
Das Kino als ökonomisch und organisatorisch aufwendigste Kunstform ist für Kitano, der in Japan mittlerweile geradezu ein Entertainment-Konzern ist, paradoxerweise das intimste Ausdrucksmittel. Und der Genre-Deckmantel über seinen privaten Aufzeichnungen, der Kritiker bei früheren Arbeiten wie etwa Sonatine noch an die Gangster und Flics bei Jean-Pierre Melville erinnerte – diese Verpflichtung zum Action-Kino ist in Hana-Bi endgültig porös.
Nur ein Hinweis noch auf die Blicke dieses großen Filmemachers, der auch in der Hauptrolle die Welt mit den traurigsten Augen seit Buster Keaton betrachtet. Oft versteckt er diese Augen hinter verspiegelten Sonnenbrillen, denn auch hier gilt: Ein kurzer Moment trifft einen bis ins Herz. (Claus Philipp, DER STANDARD, 24. Jänner 1998)

Die phantasierte Gewalt, der siebente Kontinent: Reise in eine letzte Utopie. Takeshi Kitanos "Hana-Bi" läuft, nach einer "Presse"-Premiere im Wiener Filmcasino, nun regulär im Kino: Der Gangsterfilm hat eine Zukunft. In diesem Film wird sie sichtbar.
Takeshi Kitano ist ein seltsamer Mann. Er nennt sich selbst "das Krebsgeschwür des japanischen Kinos", und dennoch ist er in seiner Heimat, vor allem als Komödiant (als der er sich "Beat" Takeshi nennt), ein Superstar. Er kann und weiß mehr als man von einem Kind der Tokioter Slums erwarten dürfte, er schreibt, malt, inszeniert, arbeitet als Schauspieler auf der Bühne, im Fernsehstudio und am Set japanischer und amerikanischer Kinofilme.
Die Film-Inszenierungen Kitanos, das Herz seiner Arbeit, leben von stummer, schwelender Aggression, die allerdings stets, scheinbar gegen alle Regeln, einen Stich ins Absurde, ins Humoristische haben: Kino, das von der gewaltsamen Fusion unvereinbar scheinender Materialien erzählt. Kino der Konfrontationen.
Hana-Bi - Feuerblume, Kitanos siebenter Film, steigt mit nichts Geringerem als der Bildenden Kunst in den Ring, mit den Gemälden des Regisseurs selbst, deren naiver Stil schon nicht passen will zu den grell ins Auge schlagenden Farben. Danach sieht man die Menschen, von denen er erzählt: stumm glotzend, starrend, direkt in die Kamera, direkt ins Auge des Betrachters. Die erste Konfrontation: Kitano, der in Hana-Bi einen Polizisten spielt, auf der einen Seite; im Gegenschuß, abwartend, junge Herumtreiber auf irgendeinem grauen Parkplatz.
Was folgt, kann nur der erste Schlag sein, ein Schlag ins Gesicht: Er ändert, wie man sagt, schlagartig die Stimmung, beendet die melancholische Musik und vermittelt einen ersten Geschmack von dem, was noch folgen wird. Hana-Bi ist ein Film über die angewandte Gewalt, ein dennoch radikal stilisiertes Stück Gangsterkino, das sich den Konventionen des Genres nicht mehr fügen will.
Es geht Kitano nicht darum, Mordrätsel anzubieten oder in den Straßen Menschen und Machinen zu beschleunigen. Sein Spiel ist ein anderes, seine Spannung bezieht er aus der formalen Provokation. Der Polizist, den Kitano hier mit kaum bewegter, nur ab und zu zuckender Miene spielt, muß sich seiner Depression stellen: Seine Kollegen gehen an der sinnlosen Gewalt zugrunde, die ihr Beruf mit sich bringt, sein bester Freund wird in den Rollstuhl geschossen, und seine Frau wird, einer Naturgewalt unterliegend, schwer krank, sterbenskrank.
Existentielle Probleme erfordern existentielle Lösungen: Kitanos Held beschließt, seiner Frau und seinen Freunden zuliebe, eine Bank zu überfallen (in einer der großartigsten antiklimaktischen Szenen der neueren Filmgeschichte). Er besorgt sich widerrechtlich Geld von Gangstern, nunmehr ohne Angst vor deren Rache.
Hana-Bi ist der siebente Kontinent seines Filmemachers: eine Utopie vom kalten Liebestod, zugleich der Alptraum eines Künstlers, der die Wirklichkeit mit der eigenen Kunst nicht nur kommentiert, sondern auch bekämpft. Hana-Bi ist eine Vision, in jedem Sinn: eine Prophezeiung vom entfesselten Kino, befreit von der Psychologie und vom Theaterraum.
Was Hana-Bi prägt, wie schon Kitanos Sonatine oder Boiling Point, sind diese seltsamen Divertimenti, diese unerwarteten Abzweigungen, die sich jeder linearen Erzählung widersetzen: Kitano narrt auf der Straße, zwischendurch, einen Freizeitsportler; wenig später schlurft er durch ein Spital, entzündet eine Zigarette, als hätte sich der lethargische Akteur Kitano gegen den ökonomischen Filmemacher Kitano kurzfristig durchgesetzt. Und gerade in den leisen Szenen, die den Helden am Meer, in der Natur mit seiner Frau zeigen, wie sie gemeinsam spielerisch eine letzte Reise, einen letzten Tag verleben, gerade dort zeigt sich Kitanos Meisterschaft am deutlichsten.
Das Glück wird aber eingeholt von der Gewalt, auch von der des Helden: Kitano verschweigt - interessiert an allen Paradoxien und Kollisionen - die Brutalität seines Helden nicht, beschönigt dessen Taten nicht, sondern stellt sie noch aus, um den Schock zu erhöhen, und um das Spiel, das seine Filme so sehr durchdringt, das Spiel von Verlust und Wiedergewinn der Distanz gnadenlos weiterzutreiben.
Hana-Bi phantasiert, abgestoßen und angezogen zugleich, vom Tod und von der Gewalt: wie sie im Kopf eines Sterbenden aussehen mag, wie sie die Körper versehrt, wie sie immer wieder bittersüß in die Verlängerung der Zeitlupe geht. Kitanos Blick auf die Gewalt kennt im Kino der westlichen Welt keinen Vergleich: So abstrakt, eruptiv und doch so still hat kein anderer Filmemacher vor und neben Takeshi Kitano das Sterben je gezeigt.
Kitano, das kann man sehen, hat Respekt vor dem Tod. Seine immens ritualisierten, künstlichen filmischen Todesgedichte legen den Schluß nahe, daß ihr Autor das Filmemachen auch als eine Art Opfergang betrachtet, als eine Zeremonie, in der er die Kunst dem Tod opfert. Kitano plant, wie er selbst sagt, demnächst einen Film "ganz ohne Gewalt": Das sei eine neue Herausforderung für ihn.
Er wolle ihn Angel Bells nennen, Engelsglocken. Um diesem Titel zu entsprechen, muß er wenig ändern. Wenn man genau hinhört, kann man die Angel Bells schon in Hana-Bi hören, selbst in den grausamsten, gewalttätigsten Passagen: Die Poesie macht vor den Letzten Dingen nicht halt. (Stefan Grissemann, DIE PRESSE, 24. Jänner 1998)

"Hana-bi hat die Einfachheit einer schönen Melodie und die Komplexität einer großen Komposition. Eine Hymne an die Liebe." (Les Cahiers du Cinéma)

"Hana-bi ist zusammengesetzt aus den Schriftzeichen für ‘Feuerwerk’. Blume und Feuer, Liebe und Tod, und dazu die explosive Aktion, die Zeichenschrift, in der beides gewaltsam verschmilzt - das ist der symbolische Raum, den Kitanos Film durchschreitet. Nishi, ein Polzeikomissar, hat eine krebskranke Frau; während er sie im Krankenhaus besucht, wird sein bester Freund bei einem Einsatz zum Krüppel geschossen. Nishis Leben stürzt ein. Zuerst quittiert er den Dienst, dann raubt er eine Bank aus. Schließlich begibt er sich mit seiner Frau auf eine Reise in die Berge. Horibe, sein Freund, ist im Rollstuhl zum Maler geworden. Seine Bilder begleiten die Handlung.(...) Eine Plozeistory als Feuerwerk und Meditation. Eine dieser uralten, ewigen Geschichten, die die Essenz des Kinos sind und seine ganze Zukunft." (Andreas Kilb, Die Zeit)

"Wenn man Takeshi Kitano gegenübersitzt, wird etwas von dem spürbar, was seine Filme, besonders auch Hana-bi, durchdringt. Der Maler, Autor, Akteur und Filmemacher Kitano, dessen Gesicht - nach einem Unfall teilweise gelähmt - zu den in jedem Sinn denkwürdigsten Ereignissen des neuen japanischen Kinos gehört, sitzt still am Tisch, weicht allen Blicken aus, aber wenn er antwortet, tut er das mit rarer Angriffslust, heiser bellend, sich an kleinen Überspitzungen zwischendurch weidend. Hana-bi, Kitanos siebenter Film, ist all das, ins Kino übersetzt: implizit, scharfkantig, angriffslustig, klar, extrem.
Kitanos sensitiver und gewalttätiger Held (gespielt vom Filmemacher selbst) ist ein Polizist, der mehrere Probleme parallel jongliert: die Krebserkrankung seiner Frau, die Zudringlichkeiten einer mafiosen Gang, die endgültige Lähmung seines besten Freundes nach einem desaströsen Schußgefecht. Kitano inszeniert seine Studie von Moral und Verbrechen naiv und klug, blutig und lyrisch zugleich: ein äußerst malerischer (und irritierender) Gansgterfilm, wie ihn die Welt, soviel darf man sagen, nie zuvor gesehen hat" (Stefan Grissemann, Die Presse)

"In wenigen Filmen hat Takeshi Kitano eine Ikonographie geschaffen, die es mit Clint Eastwood aufnehmen kann. In Japan wird er wie ein Gott verehrt, während der Westen noch viel nachholen muß. Hana-bi ist die konsequente Fortsetzung seiner Filme Violent Cop und Sonatine: fast eine Meditation, voll unendlicher Traurigkeit und Wärme, aufs Äußerste reduziert bis zum Stillstand der Welt, so daß die Abgründe der Seele sich öffnen.
Wie sich die Gewalt entlädt, das erinnert an John Woo, der aber in sein exaktes Gegenteil verkehrt wird: Es geht nicht um die ekstatische Dehnung des gewaltsamen Augenblicks, sondern um seine unvorstellbare Plötzlichkeit, die sich dem Begreifen entzieht. Hana-bi ist ein Film, der dem Tod seinen realen Schrecken zurückgibt.
Im Mittelpunkt steht die Figur, die Kitano für sich selbst geschaffen hat: ein großer Schweiger, stets in Anzug und offenem Hemd, der seine Augen mit einer Sonnenbrille abschirmt - vielleicht, um ihre abgrundtiefe Schwärze zu verbergen. Sein eckiger Gang erinnert an De Niro, die Züge seines Gesichts wirken wie in Pergament geritzt. Hier spielt er einen Detective namens Nishi, der in derselben Minute von der unheilbaren Krankheit seiner Frau erfährt, in der auch die Nachricht kommt, daß sein Partner zum Krüppel geschossen wurde.
Danach sagt er keine zwanzig Worte mehr. Er scheint immer tiefer in sich selbst zu versinken - bis zur absoluten Ruhe eines Mannes, der nichts mehr zu verlieren hat. Nur den Yakuza-Gangstern, die sich jetzt noch mit ihm anlegen, steht ein schnelles und brutales Ende bevor. Die letzten Tage, die er mit seiner Frau im Grünen verbringt, vor der Kulisse des Fujiyama - das sind Szenen des absoluten Minimalismus, in denen trotzdem eine Trauer und Zärtlichkeit steckt, die man lang nicht mehr so intensiv im Kino gespürt hat." (Tobias Kniebe, Süddeutsche Zeitung)

"Der Bindestrich ist entscheidend in Hana-bi: Er verwandelt das japanische Wort für Feuerwerk in einen Doppelbegriff, der Blumen und Pistolenfeuer, Leben und Tod zusammendenkt. Die unnachahmlich souveräne Art, mit der Takeshi Kitano diese Prinzipien in seinen Gangster-Thrillern konkretisiert, erreicht in Hana-bi einen vorläufigen Höhepunkt.
Wie immer ist der japanische Medienstar selbst die zentrale Präsenz: Mit hängenden Schultern, fast den ganzen Film wortlos, spielt er den Polizisten Nishi, der mitansehen muß, wie um ihn herum das große Sterben ausbricht. Ein Kollege überlebt, aber er bleibt gelähmt. Nishis Frau leidet an Leukämie im Endstadium. Yakuza-Gangster fordern geliehenes Geld zurück. Die einzige Regung an Nishi ist ein unwillkürliches Zucken der rechten Gesichtshälfte – es blieb Takeshi Kitano von einem schweren Motorradunfall, den er vor drei Jahren nur knapp überlebt hat.
Aus der Zeit der Rekonvaleszenz stammen auch die Gemälde, die in Hana-bi leitmotivisch wiederkehren: Naive Malerei von Tieren mit Pflanzenköpfen, von blühenden Gärten und surreal verunstalteten Götterwesen. Die Gewalt ist in Hana-bi sublimiert in kürzeste Montageschübe von einer Intensität und einem komischen Reichtum, für den Quentin Tarantino seine Großmutter verkaufen würde. Das Brachiale und das Burleske liegen knapp nebeneinander, auch insofern ist Hana-bi der Trilogie Violent Cop, Boiling Point und Sonatine näher als Kitanos neueren Filmen wie Kids Return.
Neu ist der ausdrücklichere Humanismus, wenn nach einem großartig komischen, gewaltlosen Banküberfall die Ehegeschichte immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Nishi verbringt die letzten Tage mit seiner Frau auf einer Reise durch das Land, zum Fujijama, ans Meer, und mehr denn je ist die Natur das tatsächliche Ziel auf dieser sprituellen Kamikazefahrt." (Bert Rebhandl, Der Standard)

Szenen einer Ehe. Die beiden sitzen zusammen bei einer Tasse Tee. Sie nimmt ihm die Zigarette aus dem Mund, die er sich eben anzünden wollte, er zieht ihr das Stückchen Kuchen weg, das sie gern gegessen hätte: dabei kein Wort, kein tiefer Blick, nur dieses winzige Routineritual gegenseitiger Fürsorge, das die Lakonik eines Slapstick-Schlagabtauschs hat, und uneingestanden darunter die scheueste Zärtlichkeit.
"Hana-Bi" erzählt von Nishi und Miyuki, die, vielleicht zum erstenmal in ihrem Leben, gemeinsam auf eine Reise gehen, nachdem Nishi seinen Job bei der Polizei in Tokio quittiert hat. Einmal kauert Miyuki an einem Strand, um einen Strauß verwelkter Blumen zu wässern, und ein Dummkopf, der vorbeikommt, macht sich über die Einfalt dieser Bemühung lustig. Da fällt Nishi mit solcher Plötzlichkeit und Urgewalt über den Mann her, daß der blutüberströmt ins Wasser stürzt.
"Hana" heißt Blume, "Bi" heißt Feuer: So sind Miyuki und Nishi; "Hanabi" heißt Feuerwerk. Allenfalls ein halbes Dutzend Sätze wechseln die beiden im Gang ihrer Geschichte; die Plötzlichkeit und das Dauernde, die Sanftheit und die Gewalt finden darin ein ganz eigenes Gleichgewicht.
Am Ende sitzen die beiden auf einer Düne am Meer und schauen einem kleinen Mädchen zu, das einen Drachen steigen läßt. Die Brandung rauscht, der Wind singt. Auch Miyuki und Nishi haben eine Tochter gehabt, doch sie ist gestorben, wohl schon vor vielen Jahren. Vielleicht träumen sie nur von ihr. Sie sitzen so lange da, als würden die Jahreszeiten hoch über sie hinwegziehen; dann sterben sie.
Sehr anrührend, fremdartig, schmerzhaft. Wer ist es, der diese so schroffe, so zarte Lebensreise-Geschichte entworfen und inszeniert und sich auf den Leib geschrieben hat, da er auch selber den Nishi darstellt, den eisernen Schweiger, Zögerer, Amokläufer im Zeitlupentempo? Der Mann heißt Takeshi Kitano , 51, doch in seiner Heimat, wo kaum ein Fernsehtag ohne ihn vorstellbar ist, kennt jedermann ihn als Beat Takeshi. Er ist dort, so heißt es, etwa so populär wie hierzulande Thomas Gottschalk und Harald Schmidt zusammen, nur müßte man noch eine Portion Gerhard Polt einerseits und Karl Dall andererseits dazuschlagen, um einen Umriß seiner Bildschirm-Erscheinung zu gewinnen.
Die "New York Times" beschreibt ihn, "Japan's leading television personality", als eine Summe aus David Letterman, Woody Allen und Howard Stern. Sieben verschiedene TV-Shows auf ebensovielen Kanälen produziert und moderiert der Entertainer Beat Takeshi Woche um Woche, wobei er meistens auch selber Regie führt, weil er das für effizienter hält. Er scheint ein brillanter Allesfresser, Allesverwerter, Allesverwurster zu sein; die Spannweite seiner Programme reicht vom rüden Klamauk bis zur Politsatire, überdies ist er in Sportsendungen als Baseballkommentator unentbehrlich.
Das Publikum liebt ihn für seine Unverschämtheiten und Tabubrüche: Beat Takeshi, Schandschnauze mit Pokerface, ist in Japans superkonformistischer Mediengesellschaft der verkörperte Nonkonformismus, die leibhaftige Anarchie. Mögen andere die besondere diplomatische Finesse der dreifachen Negation schätzen, die es in der japanischen Sprache gibt: Großmaul Takeshi - klein, zäh, agil und von explosiver Tatkraft getrieben - liebt das Drastische, das Unverblümte, den verbalen Volltreffer in die Fresse. Als 1994 in Japan wieder einmal ein Ministerpräsident zurückgetreten war, ließ eine Boulevardzeitung durch Leserumfrage den Wunschkandidaten des Volkes ermitteln: Lachender Sieger wurde Beat Takeshi.
Wie aber paßt dieser Steckbrief der rund um die Uhr öffentlichen lustigen Person Beat Takeshi zu dem querköpfigen und gar nicht lustigen Takeshi Kitano, der Lyrik veröffentlicht hat, auch eine Reihe von Romanen und Erzählungen (insgesamt etwa 40 Bücher, wie sein Manager sagt, da er es selber nicht weiß), und der seit Ende der achtziger Jahre auch noch auf seine eigenbrötlerische Art Spielfilme macht? "Hana-Bi" ist, wie der Vorspann mitteilt, Kitanos siebtes Kino-Opus.
Er hat, sagt er, als Kind zwar nicht die Schule gehaßt, doch vom ersten Tag an die Schuluniform, diesen in Japan geheiligten Garanten pädagogischer Anpassung und Gleichrichtung (und er unterscheidet sich noch heute durch schrille Pullover oder Hawaiihemden von der zugeknöpften Uniformität der japanischen Business-Class). Sein rebellisches Naturell hat dazu geführt, daß er als Rädelsführer einer Studentenrevolte von der Uni relegiert wurde. Freilich hat es auch dazu geführt, daß er sein Fortkommen als Stand-up-Comedian 1972 in einem Striptease-Schuppen suchte und von dort rasch als aggressive Hälfte eines Spaßmacherduos namens "The Two Beats" zu einer Fernsehkarriere aufstieg.
Als armer Junge hatte er von Boxerruhm geträumt, zeitweise wohl auch verbissen trainiert. An diesen Aufsteigertraum und seine Desillusionierung erinnert halb autobiographisch Kitanos vorletzter Spielfilm mit dem englischen Titel "Kids Return", der von zwei Jung-Boxern erzählt - der eine erliegt dubiosen Manager-Machenschaften, der andere endet als Yakuza-Gangster.
Kitano behauptet nicht, sein Vater sei ein regelrechter Gangster gewesen ("den kleinen Finger durfte er behalten"), doch ein tätowierter und in der Nachbarschaft entsprechend respektierter Gefolgsmann der Yakuza soll er gewesen sein. Eine gewisse Gangsterromantik, die der Yakuza (wie etwa einst der guten alten Mafia in Sizilien) die Rolle einer Schutzmacht der kleinen Leute à la Robin Hood zuschreibt, ist Kitanos Filmen nicht fremd. Auch wo von einem Ehrenkodex kaum noch die Rede sein kann, soll das Samurai-Erbe nicht ganz vergessen sein: Nur Gangstersein oder Polizistsein, heißt das, sei eine wahrhafte Männersache, nämlich eine Sache auf Leben und Tod.
Die drei Filme, mit denen Kitano zuerst auch auf westlichen Festivals Aufmerksamkeit (und naturgemäß die besondere Bewunderung von Quentin Tarantino) gefunden hat, sind Gangster-und-Polizisten-Filme. Ihre Grundstimmung ist lyrisch, doch die Gewalt schießt jäh aus ihnen hoch wie eine blutige Fontäne, und Kitano selber, so wortkarg wie hartgesotten, mal als Cop, mal als Gangster, feiert in ihnen ein Fest des Todes.
Der japanischen Sprache verdankt unsere ja nicht nur die Begriffe Kamikaze und Harakiri; die japanische Kultur überhaupt habe, so heißt es, mangels Jenseitsphantasie ein unvergleichlich radikaleres, also pathetischeres Verhältnis zum Tod. Seine frühen Filmhelden seien vergeblich vor dem Tod davongelaufen, sagt Kitano, sein jüngster jedoch, Nishi, gehe mit ausgestreckter Hand auf ihn zu: Kitanos vierter Gangster-und-Polizisten-Film, also sein vierter Film über den Tod, ist "Hana-Bi".
An einem Augusttag 1994 haben die schnellen Tokioter Zeitungen Beat Takeshis Tod gemeldet. Ein bißchen zu schnell. Er hatte sich ohne Helm auf sein Motorrad geschwungen (aus bloßer Wut, wie er sagt, weil man ihm das Fahrrad vor der Tür geklaut hatte) und war auf der Stadtautobahn gegen eine Betonstütze geknallt. Einen weniger Prominenten (das sagt nun sein Manager) hätte man gar nicht wieder zusammenzuflicken versucht, doch das Idol war einen Versuch wert, und der gelang. Noch als er nach vielen Takeshilosen Monaten auf den Bildschirm zurückkehrte, trug er eine Augenklappe. Eine breite Narbe, ein gelegentliches Zucken unter dem rechten Auge und eine tiefe Todeserfahrung sind geblieben.
Im Rollstuhl in den Monaten der Rekonvaleszenz hat Kitano zu malen begonnen, und war er früher schon Autor, Regisseur, Darsteller und Cutter seiner Filme, so wurden nun in "Hana-Bi" auch Kitanos farbenfroh allgegenwärtige Bilder zu einem eigentümlichen Erzählelement: Sie werden da als Zeitvertreib eines einsam im Rollstuhl sitzenden Ex-Polizisten vorgestellt, an dessen Invalidität (Folge eines Yakuza-Geschosses) Nishi sich schuldig fühlt. Die Bilder amüsieren anfangs durch skurrile Metamorphosen aus Pflanze und Tier, treten dann zunehmend in eine ahnungsvolle Wechselwirkung mit den Geschicken von Miyuki und Nishi - wie da einmal ein Glas voll roter Tusche über ein fast fertiges Bild kippt, ist ein scharfer, nachhallender Schreckmoment.
Der Polizist Nishi hat seinen Dienst im Streifenwagen nicht leichten Herzens quittiert: Er will endlich einstehen für alles Versagen, das er seinen Kollegen gegenüber als Schuld empfindet, er will offene Rechnungen mit der Yakuza begleichen, er will Tabula rasa gemacht haben, wenn er diese Welt hinter sich läßt - nur hat er für all das kein Wort übrig. Seine Sprache ist das Unwiderrufliche, die Tat. Schweigsam macht er Versäumnisse durch Geschenke gut und schweigsam zieht er auf dieser Reise - in Schneehöhen, zum Berg Fuji, schließlich ans offene Meer -, mit der er seiner sterbenskranken Frau den Abschied leichtmachen will, eine sinistre Blut- und Gewalt-Spur durchs Land. Das ist eine moralische, also grausame Geschichte.
Kitanos sehr rhythmische, musikalische Filmsprache ist so eigensinnig wie subtil; er weiß zu genau, worauf er hinauswill, um nach bewährten Regeln zu fragen. Er kennt sie auch nicht, denn er macht sich sein Kino selbst. Die Frage nach einflußreichen Vorbildern läßt ihn ratlos: Bresson oder Melville kennt er offenbar nicht, von Scorsese oder Godard scheint er wenig beeindruckt. Mit aller Verehrung spricht er nur von Akira Kurosawa, dem unvergleichlichen Großmeister der Samurai-Epik, und von Nagisa Oshima, der 1982 dem jungen Komiker Beat Takeshi eine erste, vollkommen unkomische Filmrolle gab, als Gegenspieler von David Bowie in "Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence": offenbar folgenlos für Kitanos Karriere, denn als er sieben Jahre später selbst anfing, Spielfilme zu machen, fühlte er sich als purer Autodidakt.
Unter allen Aktivitäten des multimedialen Tausendsassa finden seine Kinoproduktionen in der Heimat das geringste Interesse. Er finanziert sie nicht nur selber, sondern bringt sie neuerdings auch selber ins Kino, weil sich kein großer Verleih dafür einsetzen mag. Daß er nun aber, in Anbetracht wachsender Anerkennung, seine Fühler zum Westen hin ausstreckt, ist unwahrscheinlich; auch wüßte er, da er so ganz Japaner ist, gar nicht, wie. Er ist seinem Wesen nach ein Monolith. "Im Grunde weiß ich nicht, warum man sich in Europa oder Amerika für mich interessiert." So sagt er das, aber wahrscheinlich weiß er es genau. (Urs Jenny, DER SPIEGEL 4/1998) Der Mann hat den plumpen Drachen des kleinen Mädchens am Strand zerrissen, aber jetzt fliegt das Ding wenigstens... Etwas zu zerreissen, um damit ein ungeteilteres Ganzes zu erreichen... Diese schmerzhafte Methode, welche sich besonders die Kunst zu eigen gemacht hat, weist bei den Japanern nicht nur mit Papier eine lange Tradition auf. Ein Umstand, der im Gefühlsparadoxon der Japaner gründet, bei denen Ästhetik, Harmonie und rabiate Gewalt einander niemals auszuschließen scheinen. Zerrissenheit dieser Art demonstriert ein Meisterwerk, in Venedig mit dem Goldenen Löwen preisgekrönt.
Poesie der Verzweiflung. Pessimismus, Sinnleere und Todessuche eines tüchtigen, hochdekorierten Polizeibeamten, der von einer persönlichen Tragödie niedergeschmettert wird. Nachdem er dem Mädchen mit dem Drachen ge- holfen hat, geht der Mann zu seiner Frau zurück, deren matter Mund „Danke für alles“ und deren versehrter Blick „Adieu“ sagt. Als sich zwei abseits verharrende Ex- Kollegen des Mannes, der einst Kripo-Kommissar war, in seine Richtung in Bewe- gung setzen, endet der Film. Endet in formatfüllendem Schwarz wie in einem großen Trauerrand. Dann fallen zwei Schüsse.
Mit diesem nur scheinbar offenen Schluß spielt sich eine Story im Kopf des Zuschauers fertig, die nur eine Gerechtigkeit kennt: die Guten in Schönheit und die Bösen in Häßlichkeit sterben zu lassen. Der geniale Regisseur schrieb nicht nur auch das Buch, malte die darin vor- kommenden Gemälde; er spielt - unter seinem Halbpseudonym Beat - auch die tragische Hauptfigur des ausweglos Schicksalsgeschlagenen selbst. Jenen Mann, der seinen Polizeidienst quittiert, bei der japanischen Mafia Geld leiht und schließlich eine Bank überfällt, um seiner todkranke Frau die letzten Tage zu vergolden.
Takeshi spielt - zwischen brutaler Hartgesottenheit und verwundbarer Zärt- lichkeit - den Schweiger, Dulder, Aufbegehrer. Düstere Zunkunftsschau ist ihm als dunkle Brille ins stoische Gesicht geschrieben, wobei er das bei einem Unfall halbgelähmte Gesicht trotzig präsentiert. Harakiri: hier klingt es ly- risch wie ein sehnsüchtiges Zauberwort. (KURIER)

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OSCAR WILDE (OSCAR WILDE)

GB 1997. 112 Min
Regie: Brian Gilbert, Buch: Julian Mitchell, nach der Oscar-Wilde-Biografie von Richard Ellmann, Musik: Debbie Wiseman, Kamera: Martin Fuhrer, Schnitt: Michael Bradsell, Darsteller: Stephen Fry (Oscar Wilde), Jude Law ("Bosie", Lord Alfred Douglas), Vanessa Redgrave ("Speranza", Lady Wilde), Jennifer Ehle (Constance Wilde), Gemma Jones (Lady Queensberry), Judy Parfitt (Lady Mount-Temple)
Kinostart: 23/1/1998

Die Werke von Oscar Wilde - wie "Salomé" und "Das Bildnis des Dorian Gray" -lieferten bereits den Stoff für eine ganze Reihe filmischer Adaptionen, und auch das Leben des irischen Autors in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war bereits mehrfach Gegenstand von Kinoproduktionen. Wobei diese zumeist weniger den Schriftsteller als den Dandy und das gesellschaftliche "Enfant Terrible" Oscar Wilde in den Mittelpunkt ihres Interesses stellten. Angelehnt an die 1988 erschienene opulente Wilde-Biografie von Richard Ellmann, konzentriert sich Brian Gilbert in seinem Spielfilm vornehmlich auf die skandalumwitterte Vita des Dichters. Doch anders als die früheren Filmbiografien ist der Film frei von jenem voyeuristischen Kitzel, von dem sich bürgerliche Moralisten nicht nur im spätviktorianischen Zeitalter nur allzu gern schockieren ließen. Vielmehr zeichnet Gilbert, der sich mit "Tom & Viv" (fd 31 077) bereits mit dem Leben des Schriftstellers T.S. Eliot auseinandersetzte, Oscar Wilde vornehmlich als einen zerrissenen Charakter. Der vermeintlich egozentrische Lebemann mit der obligatorischen Nelke im Knopfloch erscheint als liebevoller Vater, der seinen Kindern fantasievolle Gutenachtgeschichten erzählt, seine Frau Constance zwar schändlich vernachlässigt, aber dennoch aufrichtig liebt, und sich auch nach seinem "Coming Out" als Homosexueller weiterhin zu ihr bekennt. Oscar Wilde erscheint weniger als souveräner Dandy, als ein auf tragische Weise Getriebener, der sich zwischen den "Fronten" seines Begehrens aufreibt. Einerseits verachtet er das spießbürgerliche Publikum, das seine Stücke beklatscht, andererseits läßt der beifallssüchtige Narziß in ihm keine gesellschaftliche Einladung aus, um sich von eben diesen Menschen auf die Schulter klopfen zu lassen.
Derselbe Widerspruch kennzeichnet seine Verbindung mit seinem jugendlichen Liebhaber Bosie, einem sensiblen Schönling und arroganten Schnösel zugleich, dem Wilde bis zur Selbstaufgabe verfällt. Jene Szenen, in denen der jugendlich ungestüme Bosie Wilde mit seinem Hang zur trauten Zweisamkeit vorwirft, ein kleinbürgerlicher Spießer zu sein, gehören fraglos zu den stärksten Eindrücken des Films, nicht zuletzt, weil es Hauptdarsteller Stephen Fry in umwerfender Manier gelingt, die ganze Tragik dieser Situationen anschaulich zu machen. Gilbert beschränkt sich bei seinem überzeugenden Porträt auf den "erwachsenen" Oscar Wilde, also die Zeit von seiner Heirat mit Ende 20 bis zu seinem Tod. Die Ausblendung von Kindheit und Jugend überrascht, verschont einen andererseits aber auch wohltuend von jeder psychologisierenden Charakterforschung. Weniger gelungen erscheint der Umstand, daß nahezu der ganze Film in geschmackvoll bis geschmäcklerisch hergerichteten Interieurs spielt. Die Außenaufnahmen beschränken sich auf wenige Spaziergänge und (immer wieder) irgendwo vorfahrende Kutschen, deren Fahrgäste sich dann schleunigst zu irgendeiner Party oder einem trauten Zwiegespräch nach drinnen begeben, was bisweilen ermüdend wirkt und den Film nicht ohne Längen bleiben läßt. Ob Gilbert mit seiner differenzierten Korrektur des landläufigen Oscar-Wilde-Bildes der historischen Figur nun gerecht wird oder sie womöglich allzu sehr "zähmt", sei dahingestellt. Bemerkenswert ist sein ambitioniertes Porträt - nicht nur für Wilde-Fans - allemal. (Reinhard Lüke, film-dienst)

Der britische Dichter Oscar Wilde ist gleichermaßen durch seine Werke, sein "Bildnis des Dorian Gray", wie durch sein dandyhaftes und schwules Leben bekannt. Der Film überrascht anfangs damit, daß er Wilde (Stephen Fry) - brav chronologisch - als wohlhabenden und glücklichen Ehe- und Familienmann zeigt. 1883 heiratete Oscar Wilde die liebreizende und sehr kluge Constance Lloyd (Jennifer Ehle). Doch irgendwann wird ein Hausfreund aus Kanada zum Verführer und die Kamera sieht sich gezwungen, von ausschweifendem, derangierendem Sex zwischen den beiden Männern wegzuschwenken. Robert Ross (Michael Sheen) bringt Wilde bald mit anderen Schwulen zusammen, bahnt so das lange und schließlich tragische Verhältnis zum jungen Lord Alfred Douglas (Jude Law) an. Doch Wilde ist keine große Liebesgeschichte - "Wilde" ist eigentlich gar nichts so richtig.
Als filmische Biographie erzählt "Wilde" von einigen Erfolgen auf der Bühne. Das persönliche Drama beginnt, als der glücklich verliebte Wilde nach der Frau auch seine Kinder vernachlässigt. Die andeutungsreiche Geschichte vom egoistischen Riesen in seinem wunderbaren Garten erzählt der Vater nur Anfangs persönlich den Kindern. Die Fortsetzung gibt es dann als Buch. Als Wilde sich gerichtlich gegen den haßerfüllten Vater Lord Alfreds wehrt, dafür seine Homosexualität öffentlich bekennt, schlägt die britische Gesellschaft, die immer besonders pervers in der Verfolgung von Schwulen war, zurück. Der verwöhnte Dichter wird zu harter Zwangsarbeit verurteilt. Eine Strafe, die für viele tödlich endet. Mit schweren körperlichen Schäden überlebt Wilde. Nach der Entlassung steht er erneut vor der Wahl zwischen seinen Leidenschaften und dem gesellschaftlich erlaubten Rahmen.
"Ich habe mein ganzes Genie in mein Leben gesteckt, in meine Werke nur mein Talent." So wird Wilde zitiert - leider bringt der Film "Oscar Wilde" uns weder den Menschen noch den Autoren Wilde richtig nahe. Und dies trotz des hervorragenden Hauptdarstellers Stephen Fry. Die Nebenrollen bleiben am Rande, selbst wenn zum Beispiel Wildes kämpferische und loyale irische Mutter von Vanessa Redgrave gespielt wird. Das Drehbuch von Julian Mitchell basiert auf der Biographie von Richard Ellmann.
Dieser Film über Wilde verblaßt noch mehr, wenn man an Derek Jarmans Biographie von "Wittgenstein" denkt. Oder an den emotional mitreißenden "Maurice" von James Ivory, der viel wirkungsvoller die brutal gegen Schwule agierende britische Gesellschaft zeigte. Wilde hätte das Zeug zu einem tollen Film gehabt. (Günter H. Jekubzik)

Manche von uns sehen die Sterne

Stephen Fry im Gespräch

Der Vergleich mit Oscar Wilde, den er im Film «Wilde» von Brian Gilbert jetzt verkörpert, als wär's ein Stück von ihm, ist durchaus angebracht. Seinem Ruf, ein brillanter Exzentriker zu sein, wurde der vierzigjährige Engländer Stephen Fry nicht nur als Schauspieler («Peter's Friends»), sondern auch als Literat gerecht. Im Zürcher Haffmans-Verlag erschien kürzlich sein Roman «Geschichte machen», worin Hitlers Zeugung verhindert wird und die Geschichte des Nationalsozialismus doch ihren Lauf nimmt. In «Wilde» gibt Fry dem verrufenen Dichter des viktorianischen England den melancholischen Charakter eines sanften Riesen. Marli Feldvoss unterhielt sich mit dem Schauspieler am diesjährigen Filmfestival von Venedig.
Sind Sie mit der Filmfigur des Oscar Wilde zufrieden?
Ich glaube, dass die Figur im Film viele Vorstellungen über Wilde in Frage stellt. Jeder Engländer, der heute als «best man» (Trauzeuge) bei einer Hochzeit eine Rede halten soll, wird in der Zitatensammlung ein passendes Bonmot von Oscar Wilde finden . . . Das ist aus ihm geworden, eine Fundgrube für witzige Bemerkungen. Die Leute kennen nur seinen Witz, sie wissen nichts über seine Person, seine Familie. Sie sind überrascht, wenn sie hören, dass er überhaupt eine Familie hatte, einen Enkel zum Beispiel, den ich kennengelernt habe. Wir wollten keinen Film machen, den keiner sehen will. Die Leute wollen einen sympathischen Helden. Das war eine Art Grundbedingung: dass das Publikum ihn mögen soll.
Was bewundern Sie am meisten an Oscar Wilde?
Wilde war ein Lesephänomen. Er kannte die ganze Weltliteratur, er schrieb als erster über Dostojewski und über Baudelaire, über Goethe, die römisch-griechischen Autoren, über Browning, über alle seine Zeitgenossen. Er war der erste, der über Kunst und Darwin schrieb, der die Schockwirkung des Darwinismus in der viktorianischen Gesellschaft analysierte. Er sah die Moderne voraus, die Erschütterung des Selbstgefühls, wie sie im Werk von Freud, Marx und Einstein beschrieben wurde, die absolute Relativität der Geschichte, des Selbst und des Universums. Er war kein absoluter Denker, deshalb ist er so modern: weil er die bourgeoisen Vorstellungen über feststehende Werte völlig ablehnte.
Sie werden oft mit Wilde verglichen . . .
Das ist ein nettes Kompliment, wenn überhaupt. Ich bin ihm höchstens darin ähnlich, und da stehe ich nicht allein, dass ich danach strebe, ein ewiger Bohémien zu sein, ein ewiger Student, der der Verbürgerlichung und einem festen Ideenkorsett entkommen will. Darin ist Wilde eine Art Schutzpatron für uns. Ich teile auch seine sexuellen Neigungen, was für manche Leute sehr wichtig zu sein scheint.
Ich glaube, man denkt dabei mehr an den Exzentriker . . .
Aber ich bin nicht besonders exzentrisch. Vielleicht für die Engländer. Ich bin nur schwer einzuordnen, und Einordnung ist den Engländern ein tiefes Bedürfnis. Es ist nicht nur, dass ich schwul bin. Es ist auch Angst. Die Leute haben es sich in der gesellschaftlichen Tretmühle eingerichtet, sie verfolgen ihre Ambitionen, sie wollen ein Auto, ein Familie haben, an einer Welt teilnehmen, in der alles durch Status und Karriere bestimmt ist. Wilde interessierte das alles nicht. Er war enorm erfolgreich, aber er hatte, wie viele Künstler, eine Ikarus-Qualität. Er wusste, dass er zu nahe an der Sonne flog, aber er hörte nicht auf, und sie kam näher und näher. Es war eine Art Selbstzerstörung. Er war die erste Berühmtheit. Es gab berühmte Menschen vor Wilde, aber sie waren berühmt, weil sie aus grossen Familien stammten. Er war berühmt um der Berühmtheit willen. Es gab schon Wilde-Karikaturen in der Zeitung, bevor sein erster Roman, «Das Bildnis des Dorian Gray» (1891), erschien. Er war für das berühmt, was er sprach, dafür, wie er sich anzog, wie er alles ablehnte oder auf den Kopf stellte.
Dabei war er ein sehr gütiger Mensch. Denken Sie an das berühmte Wilde-Zitat, das heute schon ein Klischee ist: «Wir liegen alle in der Gosse, aber manche von uns schauen zu den Sternen.» Das zeigt seine Beziehung zu den Menschen, seinen Idealismus, auch seine literarische Qualität, und es ist hochaktuell. Wir sind immer noch voller Vorurteile. Viele Menschen sind «in der Gosse», nicht buchstäblich, aber sozial gesehen, sie werden langsam ausgeschlossen, weil sie drogenabhängig sind oder alternativ leben oder keine Steuern zahlen.
Was halten Sie von dem anderen Wilde-Zitat, das für ein ästhetisches Konzept steht: dass die Wahrheit an der Oberfläche liege?
Nur oberflächliche Menschen urteilen nicht nach der Erscheinung, sagte Oscar. Unsere Erscheinung zeigt, was wir sind. Ein Beispiel: Als Sie noch ein Teenager waren, haben Sie bestimmt Ihre Unterschrift geübt. Soll ich mein P so machen? Oder mein E so? Und irgendwann wird es Ihre Unterschrift. Es ist hergestellt, aber es ist Ihre Unterschrift. Die Idee, dass es eine innere Wahrheit gebe, ist eine absurde Phantasievorstellung. Zu behaupten, dass dieser Tisch kein wirklicher Tisch sei, sondern dass er «in Wahrheit» aus Atomen bestehe, ist barer Unsinn. Alles besteht aus Atomen. Was ich sehe und mit wem ich rede, das ist real.
Wilde hat sich besonders auf seiner Amerikareise als Prediger einer ästhetischen Revolution profiliert.
Durchaus. Man hat ihn in Amerika einmal gefragt, warum Amerika ein so gewalttätiges Land sei. Seine Antwort war: Weil die Tapeten der Amerikaner so hässlich seien. Alle lachten. Keiner sah, wie ernst das gemeint war. Was er damit meint, ist die Basis allen ästhetischen Denkens. Wenn wir als Kinder aus dem Fenster schauen, sehen wir die Natur, die bedingungslos und unaufhörlich schön ist, in ihrer Harmonie, ihrem Rhythmus, mit ihrer unbewussten Fähigkeit, das zu sein, was sie ist. Unglaublich schön. Aber im Viktorianischen Zeitalter schaute man aus dem Fenster und sah nur, was der Mensch gemacht hatte, und es war hässlich. Und die Ornamente in den Zimmern und die Tapeten waren billig, ohne Gefühl für Form. Gestanztes Zinn. Wir gehören zu einer Spezies, die die Dinge weniger schön und die Menschen aggressiv macht. Gewalt kommt von Schuld. Wilde meinte im Grunde, dass die Menschen erkennen sollten, dass sie zur Kreation fähig seien, dazu, die Welt zu verschönern. Solange wir das nicht tun, werden wir unzufrieden sein. Das ist eine zutiefst politische Aussage.
 

Zeitgenosse und Liebhaber - «Wilde» von Brian Gilbert


Wer kennt schon Oscar Wilde, den Märchenerzähler, den liebenden Vater, der mit blossen Waden am kühlen Bach sitzt und seinen beiden Buben die Geschichte vom selbstsüchtigen Riesen in seinem wunderschönen Garten erzählt, so lange, bis er sich selbst in diesen Riesen zu verwandeln scheint (glaubhaft der hünenhafte Stephen Fry mit seinen beinahe zwei Metern Körpergrösse). Wer kennt den Wilde, den seine Kinder immer öfter vermissen, weil er von anderen Interessen und Aufgaben abgelenkt wird, von seiner literarischen Arbeit, vor allem aber von seiner spät entdeckten grossen Liebe zu Bosie, dem jungen Lord Alfred Douglas? Am Ende steht das Gefängnis, die Söhne dürfen ihren Vater nicht mehr wiedersehen, aber seine Stimme wird aus dem Off weitererzählen, als sein berühmt-berüchtigter Name schon von den Theaterfassaden und aus der ganzen feinen englischen Welt getilgt ist.
Von der Berühmtheit blieb der Ruf der Schande, und ein Makel hängt dem als Literat und Kunsttheoretiker längst anerkannten Oscar Wilde eigentlich bis heute an. Die Vernichtung des Dichters war die Tat einer schon absterbenden viktorianischen Gesellschaft. Wilde hatte sie noch mit seinem letzten Erfolgsstück, «The Importance of Being Earnest», auf wunderbare Weise zum Lachen über die eigene Ernsthaftigkeit gebracht. Der Sturz vom gefeierten Genie zum kriminalisierten «Sodomiten» dauerte dann nur sechs Wochen. Im ersten Musterprozess, den man der Homosexualität machte und der damals eine wahre Fluchtwelle ins Ausland auslöste, darf Wilde noch einmal seine Natur sprechen lassen. Sein aussergewöhnliches Plädoyer für die Natürlichkeit der Liebe zwischen einem älteren und einem jüngeren Mann, die schon von Plato und Michelangelo gepriesen wurde, einer «Liebe, die ihren Namen nicht zu nennen wagt», gehört zu den Höhepunkten des Films von Brian Gilbert.
Der Regisseur Gilbert und sein hervorragender Hauptdarsteller Stephen Fry, gestützt auf die vorbildliche Biographie von Richard Ellmann, entdecken Oscar Wilde letztlich ganz neu. Sie stellen nicht die Selbstinszenierung des Dandys in seinen Lieblingsfarben «Café au lait» und Salbeigrün in den Mittelpunkt, sondern zeigen einen selbstbewusst einherschreitenden «Zeitgenossen» im tadellosen Anzug, stets mit einer Orchidee oder einer Kamelie im Knopfloch, einen zärtlichen Vater und Ehemann, aber eben auch einen völlig verfallenen Liebhaber, der seine Amour fou mit dem sechzehn Jahre jüngeren Bosie bis zuletzt lebt: die Geschichte einer glaubhaften, aufrichtigen Liebesbeziehung.
Wildes facettenreiches Liebesleben wird dabei keinesfalls unterschlagen, wenn er auch weitgehend als toleranter Zuschauer beim promiskuitiven Treiben seines Liebsten auftritt. Da, wie in der Entscheidung für ein altmodisches Erzählkino, spürt man die Zugeständnisse an das grosse Publikum. Verdienstvoll ist jedoch, dass Oscar Wilde einmal nicht als Hohepriester der Dekadenz gefeiert wird, sondern zu einer vollwertigen Figur wachsen darf. Dem Film gelingt ein schwieriger Balanceakt. Er macht Wildes Eitelkeiten geniessbar. Er führt einen grossen und durchaus liebenswerten Mann mit Stil und Format vor und trägt damit zur Vermenschlichung des stigmatisierten Egomanen bei. Und er zwingt uns zur «Beurteilung», weil er sich konsequent der «Verurteilung» verweigert.
(Marli Feldvoss, Neue Zürcher Zeitung, 31/10/1997)

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