Filmhaus Hasnerstraße - Filmkultur in Ottakring



In Österreich am 26. Juni 1998 neu angelaufene Kinofilme


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ENCORE - IMMER WIEDER DIE FRAUEN (ENCORE)

F 1996. 96 Min.
Regie: Pascal Bonitzer, Buch: Pascal Bonitzer, Kamera: Emmanuel Machuel, Schnitt: Suzanne Koch, Darsteller: Jackie Berroyer (Abel Vichac), Valeria Bruni Tedeschi (Aliette), Lou Castel, Laurence Côté (Florence), Fabrice Desplechin, Hélène Fillière (Aurore), Michel Masse, Natacha Régnier (Catherine), Louis-Do de Lencquesaing
Kinostart: 26/6/1998

ENCORE ist ein Erstlingsfilm, doch sein Regisseur ist alles andere als ein Neuling in Sachen Film. Pascal Bonitzers Karriere begann bei den "Cahiers du Cinéma", wo er mehr als ein Jahrzehnt als Kritiker tätig war. Danach fing er an, Drehbücher zu schreiben, und war auf Anhieb erfolgreich. Zumeist arbeitete er für die Großmeister des Autorenfilms. Bonitzer ist der bevorzugte Autor von Jacques Rivette und André Téchiné, arbeitete aber auch mit Barbet Schroeder, Benoît Jacquot und Raoul Ruiz. Mit 50 Jahren hat er nun seinen ersten Spielfilm inszeniert.
Mit ätzender Ironie, doch nicht ohne Mitgefühl erzählt ENCORE vom inneren Aufruhr des Philosophieprofessors Abel Vichac. Er kann nicht mehr schlafen. Er kann nicht mehr schreiben. Ihm fällt nichts mehr ein. So gut wie jede Frau aus dem Bekanntenkreis bringt sein Blut in Wallung. Einmal ist Olga, die Ex-Freundin seines Bruders, das Objekt seiner Begierde, dann wieder die Autorin Aurore oder die gesundheitsbewußte Florence. Seine Frau Aliette tobt vor Eifersucht, kann sie doch schwer glauben, daß Abel zwar gern der gewissenlose Ehebrecher wäre, den sie in ihm vermutet, jedoch nur selten ans Ziel seiner Wünsche gelangt. Kurz: die Frauen bereiten Abel ein schreckliches Leben. Doch wie schrecklich wäre es erst ohne Frauen?

"Vom ersten Spielfilm des Drehbuchautors von Téchiné und Rivette konnte man vieles erwarten: eine ausgeklügelte Konstruktion, elegante Dialoge und eine klare Inszenierung. All dies findet sich ganz selbstverständlich in ENCORE. Völlig unerwartet springt einem jedoch eine andere Qualität ins Auge: Man muß lachen, sehr viel und aus vollem Herzen." (Le Monde)

"Irgendwo zwischen Guitry und Rohmer angesiedelt, erzählt Bonitzer mit intelligentem Wortwitz, pointierten Dialogen, Humor und wunderbaren Schauspielern (Jackie Berroyer, Valéria Bruni-Tedeschi) vom gegenseitigen Un- und Mißverständnis zwischen Männern und Frauen. Was die eine Person sagt, wird von der anderen sofort falsch interpretiert, im gemeinsamen Spiel spielt jeder nach eigenen Regeln, es ist der Zufall, der sie leitet... Neben der Beziehungskrise spiegelt der Film auch die Krise der Gesellschaft wider, den Verlust von Utopien. Wenn der Alt-68er Vichac, der zwar alles analysieren, aber nichts genießen kann, realisiert, wie sich das ungelebte Leben langsam davonschleicht und die Routine jegliche Leidenschaft tötet, hat man Mitleid mit dem armen Kerl..." (Blickpunkt Film)

"Bonitzer verspottet, aber verachtet seine Protagonisten nicht. Er erzählt von der Quadratur des Kreises in Sachen Liebe . . . Das heitere Spiel mit Fantasien, Wünschen und Worten gelingt ihm souverän. Da capo!" (Blickpunkt Film)

"Man muß endlich dem Klischee den Garaus machen, daß sich das Kino in zwei Kategorien teilen läßt: einerseits das Kino der Komik, 'doof' - aber populär; andererseits das Autorenkino, 'intelligent' - aber nervtötend. Es war für mich eine Herausforderung: Ich weiß ja, daß ich in der Branche nicht gerade als Witzbold gelte... Das größte Problem der Beziehungen zwischen den Geschlechtern läßt sich in einer Art Gleichung zusammenfassen: unmöglich allein zu leben - unmöglich, zu zweit zu leben. Von dieser Unmöglichkeit versuche ich in meinem Film zu erzählen. Mit den Methoden der Komödie nichtsdestotrotz." (Pascal Bonitzer)

"Wenn es um Mann und Frau geht, dann muß man entweder das dramatische oder das komische Register ziehen. Einen Mittelweg gibt es da nicht..." Pascal Bonitzer

"Von den Pariser Appartements zur Meeresküste bei Noirmoutier zeichnet der Film eine unglaublich intensive Geographie des Gefühls." (Libération)

"Dieser vom Anfang bis zum Schluß faszinierende Film ist deshalb ungewöhnlich, weil er zugleich erwachsen ist und kindlich, verspielt und sehr ernsthaft, intellektuell und sehr physisch, verführerisch und melancholisch..." (Cahiers du Cinéma) [Alle bisherigen Texte: Votivkino]

Ein Philosophieprofessor in einer Lebenskrise, voller Zweifel in seiner Beziehung zu einer jüngeren Frau, sucht nach Auswegen und glaubt, mit anderen Frauen ein neues Glück finden zu können. Er muß jedoch lernen, daß ihm die Fähigkeit zur Liebe und zum Glücklichsein abhanden zu kommen droht. Melancholische Komödie mit einer intellektuellen Versuchsanordnung, jedoch kein Thesenfilm, sondern durchaus sinnliches Kino, das durch seinen strengen Aufbau und die exzellenten Darsteller überzeugt.

Eine Beziehungskomödie: Da weiß der Zuschauer zumeist schon von Anfang an, was gespielt wird. Sie und er sind füreinander bestimmt, wissen es aber noch nicht, und haben eine Spielfilmlänge Zeit, aufeinander zu zumäandern. Das Wie steht im Mittelpunkt der Handlung, die auf nach außen sichtbare Veränderung aufgebaut ist. Das kann zum Brüllen komisch sein oder, trotz des komödiantischen Sujets, zu Herzen gehen; das kann bis in die filigransten Verästelungen entwickelt sein oder den ausgetretenen Pfaden der Verwechslungskomödie folgen: irgendwann hat sich das neue Paar gefunden, Ende gut ... ! Ganz so einfach will es sich und den Zuschauern der 50jährige Pascal Bonitzer in seinem ersten Film nicht machen. Er nähert sich seinem Thema elliptisch, das Streben nach Veränderung führt zum Stillstand; Stillstand führt Veränderung herbei. Am Ende hat sich nichts geändert und doch ist alles ganz anders geworden.
Abel Vichac, ein Philosophie-Professor Mitte 40, ist in der Krise. Seine Beziehung zur manisch-eifersüchtigen Aliette, einer wesentlich jüngeren Frau, hat sich überlebt und auf eine erbärmliche Grundversorgung reduziert: Lebenshilfe für einen hochgeistigen Mann, der nur theoretisch in der Lage ist, ein Steak zu braten. Mit dieser emotionalen Leere geht eine geistige einher, die den Professor lähmt, seine Gedanken immer wieder um das eine (deutsche!) Wort "Ersatz" kreisen läßt. Ersatz für was oder wen, und wer könnte Ersatz sein? Die ehemalige Mitarbeiterin Florence etwa, die dem einst verehrten Vorbild brüsk ihre Meinung sagt, sich in groteske, japanisch angehauchte Lebensweisheiten versteigt und auf Grund einseitiger Ernährung fast gestorben wäre? Die burschikose Catherine, die sich als Aurore ausgibt, eine Studentin, die über Vichac gearbeitet hat, um den Mann für sich zu interessieren? Oder die wirkliche Aurore, Catherines Mitbewohnerin, die zunächst unbeteiligt und außen vor bleibt, der später jedoch eine wesentliche Rolle zukommen wird? Vichac fühlt sich angezogen und mißachtet zugleich, versucht sein Glück bei Catherine, gefällt sich in der Rolle des intellektuellen Verführers, kann sich jedoch nicht entscheiden, da immer dann, wenn er sich auf eine Frau zu konzentrieren glaubt, mindestens zwei andere in seinem Kopf herumspuken und mit dem Wort "Ersatz" Ringelrein tanzen. Als auch noch Olga, eine frühere Geliebte, nach acht Jahren aus der Versenkung auftaucht und ganz behutsam Kontakt sucht, verliert Vichac seine mühsam bewahrte Haltung. Er eröffnet Aliette, daß er an einen Urlaub am Meer denke, wohl wissend, daß sie, die das Meer haßt, ihn nicht begleiten wird. Gleichzeitig weiht er Catherine in seine Pläne ein, vielleicht hoffend, daß sie ihm nachreisen und sich so eine Entscheidung ganz von allein einstellen werde. Doch es gibt Situationen im Leben, da gehen die vertracktesten Rechnungen nicht auf. Aliette begleitet ihn in das abgeschiedene Haus in der Nordküste, Catherine reist mit ihrem Tross, darunter Aurore, hinterher, um Geburtstag zu feiern. Das Paar nimmt ihre Einladung an, und in der Nacht scheinen sich die Geschicke aller Beteiligten zu erfüllen.
Während Catherine und Aliette sich in der Küche süffisant streiten, sucht Abel mit Aurore das Weite. Doch nicht ein Seitensprung ist die Folge, sondern ein Bad im nächtlichen Meer. Aliette beobachtet die beiden und zieht für sich die Schlüsse und die Konsequenzen. Paris sieht Abel allein wieder. Aurore war weniger das Objekt seiner Begierden als vielmehr Vehikel, um eine Entscheidung herbeizuführen, eine Entscheidung, die Abel freilich nicht selbst fällen wollte. Dennoch läuft Abel verstört durch die Stadt. Als er Florence fragt, ob sie mit ihm leben will, lehnt sie katagorisch ab, da sich seine Liebe nicht auf sie richte, sondern nur ihm selbst gelte. Abel sieht sich durchschaut und will seinem Leben ein Ende bereiten, doch im letzten Moment taucht Aliette die jetzt bei Abels Bruder lebt, und kann den Lebensmüden umstimmen. Eine Chance mehr, in einem Leben, das sich selbst keine Chance einräumte, ein neuer Anfang, eine neue Hoffnung, ein sanfter Kuß.
Ein Liebesreigen, der von der Angst vor der Liebe und der Unfähigkeit, eine andere als die Eigenliebe zu pflegen, geprägt ist. Die Hauptperson, ein klarer, aber kein kühner Denker, wortgewandt und geschult in der Kunst der Reflexion, zumindest, wenn es um andere Personen und deren Probleme geht. Emotional auf dem besten Wege der Verkrüppelung, dies wohl wissend, der Entwicklung jedoch nicht Einhalt gebieten könnend. So sieht Pascal Bonitzers Versuchsanordung aus, eine klare Konstellation, aus der sich Chaos entwickelt, der Generalangriff gegen jede scheinbare Ordnung. Dabei scheint - zumindest in der Theorie - alles berechenbar, das menschliche Verhalten ebenso wie die zukünftige Entwicklung. Ein Experiment, das Abel mit Catherine und ihrem Freund durchführt, scheint dies zu belegen. Doch aus dem Labor in die Wirklichkeit verlegt, die Leben heißt, das bringt, wegen der vielen nicht zu berechnendnen Einflüsse, andere Meßwerte und Ergebnisse. Nicht von unfähr hat Bonitzer sein "Törtchen"-Experiment ins Zentrum seines Films gestellt und so irgendwie das Gegenteil eines Gleichnisses geschaffen. Wenn auch hoch intellektuell und sehr wortlastig, hat Bonitzer doch keinen reines Thesenkino geschaffen, sondern einen auch durchaus sinnlichen Film, durchzogen von feinem Humor und einer latenten Tragikomik, die schon eine gewisse Lust am Leiden erkennen läßt, so als könne der Mensch sein Glück nicht annehmen, als müsse alles und jedes hinterfragt werden und die Dinge, auf die es kaum Antworten gibt, mit besonderer Inbrunst.
Aber schließlich ist diese Art Fragestellung, die sich verschiebenden Konstellationen, die Unfähigkeit zum Glück die Spezialität des gealterten Debütanten, der als Autor im französischen Kino eine feste Größe ist. Mit André Téchiné hat er schon gearbeitet (""Schauplatz des Verbrechens", "Meine liebste Jahreszeit"u.a.) und für Jacques Rivette ist er so etwas wie der Hausautor ("Sturmhöhe", "Die Viererbande", "Die schöne Querulantin", Vorsicht zerbrechlich" u.a.). "Encore - Immer wieder die Frauen..." ist mit diesen Filmen mehr als wesensverwandt. "Encore" ist ein kluges Konstrukt, getragen von einem großartigen Hauptdarsteller, der in fast jeder Szene im Zentrum steht und schon durch seinen leidenden Dackelblick seine Figur an den Rand der Lächerlichkeit rückt. Ihm zur Seite stehen Darstellerinnen, die sein Spiel effektvoll unterstützen, deren unterschiedliche Charaktere seine Seelennöte augenfällig machen. Auf die apathische, fahrige aber auch hysterische Aliette gilt es ganz anders zu reagieren als auf die berechnende Spielerin Catherine; die scheinbar gleichgültige Aurore will anders umworben werden als die ein wenig überspannte und überforderte Florence. Die Summe ihrer Wesenszüge bringt Abel, der von allem etwas in einer sucht, zur Verzweiflung. Emmanuel Machuels distanzierte Kamera beobachtet das Geschehen in ruhigen, langen Einstellungen, die Farben sind ein wenig trüb, wie das abgefilmte Leben eben. Ein gelungener Einstand, der von seinem Zuschauer jedoch einiges abverlangt, zusehen und zuhören muß er schon können und Interesse am Menschen haben, auch eine Bereitschaft zur Auseinandersetzung ist hilfreich. (Hans Messias, film-dienst)

Im Gegensatz zu Hard-Core ist "Encore" französisch und könnte bösartig mit "Noch mehr Gerede!?!" übersetzt werden. Pascale Bonitzer kritisierte zuerst für die respektierte Filmzeitschrift "Cahiers du Cinema" die französische Nouvelle Vague. Dann schrieb er Drehbücher mit einigen der wichtigsten Filmautoren Frankreichs. Mit André Téchiné "Die Schwestern Bronte" (1977), "Schauplatz des Verbrechens" (1986), "Die Unschuldigen" (1988) und "Meine liebste Jahreszeit" (1993). Mit Jacques Rivette "Theater der Liebe" (1983), "Sturmhöhe" (1984, eben nach dem Roman einer Bronte-Schwester), "Die Viererbande" (1987), "Die schöne Querulantin" (1991), "Johanna - Die Jungfrau" (1994) und "Vorsicht zerbrechlich" (1995).
Es finden sich in dieser eindrucksvollen Filmographie einige meiner liebsten Filme und viele bemerkenswerte Werke. Der Regieerstling von Bonitzer stand also einigen Erwartungen gegenüber.
Und schon in den ersten Sätzen zeigen sich Brillanz und Wortwitz: Es geht um die richtige Ernährung, die wahre Lebensart und um einen Abschied. Florence wird nicht mehr länger promovierende Studentin des Philosophieprofessors Abel Vichac sein. Am Nebentisch lauscht eine junge Dame, die sich im spielerischen Flirt, nachdrücklich zurückhaltend, als Nachfolgerin anbietet.
Es dreht sich auch alles um 4 Teilchen vom Bäcker nebenan. Zwei Zitronen-Teilchen und zwei Himbeer-Teilchen. Der Freund Catherines, der Teilchenphysiker Bruno, bringt sie beim ersten Date von Christine und Abel vorbei. Abel gewinnt eine Wette darüber, welches Stück der nicht eingeweihte Bruno wählen wird. Nach Meinung des Professors gibt es zwei Menschenarten. Die einen wählen ihr Lieblingsstück, der Rest erlaubt den anderen die Wahl - und bekommt meist das Zitronenteilchen, das er gar nicht wollte.
Abel ist ein lässig gekleideter, kleiner Mann mit wilden Haaren und schmalem, eingezogenen Mund. Sehr zielstrebig flirtet er durchgehend Frauen hinterher. Zu Hause wartet die eifersüchtige, vernachlässigte Aliette (Valéria Bruni Tedeschi) auf ihn. Sie landete nach einigen Jahren Beziehung auf den Positionen Sekretärin und Köchin. Selbst bei der Party einer Konkurrentin kommt sie in die Küche. Der Begriff "Ersatz" (auch im Französischen deutsch gebraucht) bringt Abel um den Schlaf, trotzdem meidet er die Treffen mit dem gesetzteren Bruder und Mediziner Thomas.
Während eines Urlaubs am Meer kulminiert Abels zielloses Flirten in einer extremen Situation. Während die Nichtschwimmerin Aliette aus den Dünen zusieht, baden Abel und Aurora nackt im Meer. Die desinteressierte Aurora ist pikanterweise die Freundin von Catherine.
Kluge Ideen, humorige Ansichten über Liebe und Leben werden in lockeren Gesprächen entwickelt. Die wenigen Wohnungen und Spielorte gliedern die Handlung klar. Die Menschen und ihre Räume werden u.a. über simple Geräuschkulissen charakterisiert. Aliette spielt Klavier und hört nervige Geigenübungen. Bei Catherine hingegen erklingt aus der Nachbarschaft angenehme Musik.
Das ist insgesamt nur halbwegs unterhaltsam, denn es fehlt die inszenatorische Eleganz eines Téchiné, mit seinen wunderbaren, zu Herzen gehende Bildern. Bonitzer (im Film als Obdachloser zu sehen) zeigt seine Handschrift auch in "Encore" - für einen klugen, bewegenden Film reicht diese Autorenschaft nicht aus. (Günter H. Jekubzik, FILMtabs)

Weitere Kritiken der IMDb, offizielle Site:

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EINE HOCHZEIT ZUM VERLIEBEN (THE WEDDING SINGER)

USA 1997. 97 Min
Regie: Frank Coraci, Buch: Tim Herlihy, Kamera: Tim Suhrstedt, Schnitt: Tom Lewis, Darsteller: Adam Sandler (Robbie), Drew Barrymore (Julia), Christine Taylor (Holly), Allen Covert (Sammy), Angela Featherstone (Linda), Matthew Glave (Glenn), Billy Idol, Steve Buscemi
Kinostart: 26/6/1998

Robbie Hart (Adam Sandler) tanzt als populärer Alleinunterhalter auf allen Hochzeiten - bis ihn seine Braut Linda bei der eigenen Trauung einfach sitzen läßt: Und so wird aus dem fröhlichen Hochzeitssänger der Alptraum aller Neuvermählten. Auch sonst ist turbulentes Chaos angesagt - Robbie muß unbedingt die Hochzeit seiner besten Freundin Julia (Drew Barrymore) verhindern. Denn: Ihr Bräutigam Glenn (Matthew Glave) ist ein widerlicher Börsenmakler. Und: Robbie hat sich Hals über Kopf in die schöne Julia verliebt. Mit der kräftigen Unterstützung von Billy Idol versucht er, bei einer unglaublich musikalischen Reise in einem verrückten Flugzeug, das Herz seiner geliebten Julia zu erobern.
Eine turbulente 80er Jahre-Komödie, die auf den Songs des Jahrzehnts aufbaut. Von Billy Idol über Culture Club und New Order bis hin zu Falco und Nena - die Hits schlechthin, kombiniert mit der dazugehörigen Mode. Für beste Unterhaltung ist hier immer gesorgt. (film.de)

Einem Sänger, der in einem Freizeitzentrum auf Hochzeitsfeiern auftritt, wird die Arbeit verleidet, als er am Tage seiner Hochzeit sitzengelassen wird. Zum Glück gibt es im selben Etablissement eine junge Kellnerin, die zwar andere Heiratsabsichten hat, sich ihrem Schicksal und Glück aber nicht verschließen kann. Eine leichtgewichtige romantische Komödie auf den gewohnt verschlungenen Pfaden der Liebe, die durch ihre unbeschwerte Heiterkeit für sich einnimmt und durch gute Darsteller, skurrile Nebenfiguren und eine mitreißende Musik überzeugt.

Das wichtigste Theorem romantischer Komödien lautet: Am Ende bekommen sie sich! Dafür hält man die beiden Liebenden in der Zeit zwischen ihrem ersten Erscheinen auf der Leinwand und dem zwangsläufigen Happy End auf möglichst originelle und für den Zuschauer "schmerzvolle" Weise beisammen und dennoch auf größtmögliche Distanz. Ein solch "klassisches" Traumpaar sind Julia und Robbie. Robbie ist Musiker, doch die geplante Karriere als Rockstar hat sich (zumindest) in eine Karriere als Alleinunterhalter im örtlichen Freizeitzentrum verflüchtigt, in dem er mit seiner Band die häufig stattfindenden Hochzeitsfeiern mit schmachtend gecoverten Hits auf Touren bringt. Julia kennt Robbie beruflich schon länger. Sie arbeitet als Kellnerin in eben dieser Feierstätte, hat aber ansonsten wenig mit Robbie gemein, glaubt sie doch, einzig für den "Womanizer" Glenn zu leben, der trotz aller Plänkeleien mit dem weiblichen Geschlecht tatsächlich plant, Julia zu heiraten. Trotzdem sind sich Julia und Robbie sehr sympathisch, Freunde eben. So geht es Julia auch sehr zu Herzen, daß Robbie mit seiner Hochzeit viel Pech hatte. Seine Braut und Jugendliebe hat ihn nämlich am Tag der Vermählung - Julia war als Kellnerin dabei - einfach sitzen gelassen. Robbie ist erniedrigt, am Boden zerstört, will alles hinschmeißen: Freunde, Familie und vor allem seinen Job. Er kann keine Hochzeiten mehr sehen. Dabei hatte er ausgerechnet Julia versprochen, auf ihrer Hochzeit zu singen...
Die möglichst vertrackte Grundkonstellation für eine gelungene romantische Komödie steht bei "Eine Hochzeit zum Verlieben" also auf soliden Füßen. Was noch als I-Tüpfelchen fehlt, sind skurrile Nebenfiguren und ein originelles Ambiente, hier sind dies eine schrill überdrehte "beste Freundin" für sie, ein kumpelhafter, in diesem Fall schrill überdrehter "bester Freund" für ihn. Hinzukommen kommen mit Alexis Arquette ein glamouröser Partyvogel, mit Steve Buschemi einen attraktiber "funny man" und natürlich einen Stargast, damit das Happy End noch eindrucksvoller wird. Das alles wird im Ambiente der 80er Jahre mit ihren auch in den gehobenen Mittelstand eingebrochenen barocken Bonbon-Farben angesiedelt und garniert mit Songs von Lionel Richie, David Bowie, Kajagoogoo, den B-52's und vor allem Billy Idol, so daß sich einen rundherum versöhnliche "Feelgood"-Stimmung voller Kitsch verbreitet, nach dem man förmlich süchtig werden möchte. Frank Coraci hat mit diesem (alten) Konzept und einem äußerst spielfreudigen Ensemble einen ausgesprochen schönen, leichtfüßigen Sommerfilm kreiert, in dem die vorgetragenen Songs und perfekt getimte Oneliner (zumindest im englischen Original) einen vergangen gewähnten Zeitgeist versprühen. Sicherlich ist "Eine Hochzeit zum Verlieben" eine Art von "Randgruppenfilm"; jene, die in den 80er Jahren groß geworden und durch sie musikalisch geprägt worden sind, die "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" (fd 30 917) im Prinzip als wunderbar romantisch, vielleicht aber als eine Spur zu konservativ empfanden, jene werden nach dem Film glücklich und zufrieden nach Hause gehen - vielleicht aber auch nur jene. (Jörg Gerle, film-dienst)

"The Wedding Singer" ist eine Stimmungskanone. Witzig, nett, freundlich zu Kindern, alten Leuten, Betrunkenen und dem ganzen Rest. Robbie Hart hat das Herz am rechten Fleck, macht als Hochzeitssänger glückliche Leute noch glücklicher und wird selber bald heiraten. Doch Linda sagt wenige Stunden NACH der Hochzeit ab: Sie sei eigentlich in den ehemaligen Rocksänger verliebt gewesen und könne sich ein Kleinstadtleben neben einem Hochzeitssänger nicht vorstellen. Robbie ist todunglücklich und alles wird noch komischer: Der erste Arbeitsversuch endet mit einem jämmerlich dargebotenen "Holliday" und lebensphilosphischen Betrachtungen über "den Dicken da vorne und die Freaks von Tisch 9", die alle - genau wie Robbie selbst - niemals eine Frau abbekommen werden.
Dabei ist die Frau seines Lebens schon im Saal. Die nette Kellnerin Julia (Drew Barrymore) freut sich zwar darauf, daß ihr Glenn endlich zur heißersehnten Hochzeit zustimmt. Aber wir wissen, was dabei rauskommt, wenn der herzensgute Robbie Hart als Freund bei den Hochzeitsvorbereitungen hilft: Die Hochzeit meiner besten Freundin!
Der ganze Film ist eine geniale Zeitmaschine zurück in die Musik der Achtziger. passen die sehr bekannten Ohrwürmer von Madonna, Nena ... zu den Szenen. Billy Idol bringt sein "White Wedding" genau als die Hochzeit Robbies geplatzt ist. Cure behaupten "Boys don't cry" während es Robbie gerade ausgiebig tut.
Drew Barrymore ist schreiend gut. Diese Komödie als nette, braves, etwas pummeliges Mädel steht ihr ausgezeichnet. (Günter H. Jekubzik, FILMtabs)

Es leben die 80er! Das und nur das vermittelt diese höchst sympathische Liebeskomödie, die in den USA zu einem der großen Überraschungserfolge wurde!
Wir schreiben das Jahr 1985. Robbie (Adam Sandler) ist Sänger, allerdings hat er den Traum der großen Karriere längst aufgegeben, singt nur noch mit seiner Band auf Hochzeiten und will demnächst selber den Bund fürs Leben eingehen. Bei einer dieser unzähligen Feiern lernt er Julia (Drew Barrymore) kennen und schätzt sie bald als eine gute Freundin. Am Tage seiner eigenen Hochzeit jedoch platzt sein Leben aus allen Fugen, als er von seiner Linda (Angela Featherstone) am Altar stehen gelassen wird. Von nun an will er mit der beschissenen Ehe nichts mehr zu tun haben und auch nicht mehr auf Hochzeiten spielen. Als ihn jedoch Julia auffordert bei den Vorbereitungen ihrer Eheschließung zu helfen kann er nicht nein sagen und schon bald merken beide, daß Julia auf jeden Fall den falschen heiraten will. Dieser Film wäre jedoch nie und nimmer so witzig, wenn das beiden auch zugleich klar würde!
Ich hatte wirklich meine Bedenken, als der Vorhang aufging und Adam Sandler als aller erstes das Mikrophon vergewaltigte. Er erweist sich zwar als wirklich gut besetzter Schauspieler, allerdings hätte die ein oder andere Gesangsstunde diesem Talent sicherlich keinen Abbruch getan. Zusammen mit Drew Barrymore liefert er jedoch ein wunderbar Herz- und Bauchmuskel zerreißendes Zusammenspiel. Der Film lebt zu einem großen Teil von der Musik und so kann man eigentlich auch nicht anders, als fast die ganze Zeit wippend auf seinem Stuhl zu sitzen, während Nena, Falco, David Bowie, etc. ihr Bestes geben beziehungsweise von anderen gesungen werden. Den Charme verdankt der Film jedoch auch den vielen Details, mit denen er den Zuschauer zugleich an endlos viele endlos schlechte Screwball-Komödien erinnert, sich gleichzeitig schamlos über sie hermacht und von wunderbar spritzigem Situations- und Wortwitz bis hin zu übelst Abgedroschenem nichts in der Trickkiste läßt, was zur Unterhaltung beitragen könnte.
Es ist ein herrlich ungezwungener Humor! Keine wohl geplanten Gags, keine stereotypen Charaktere, kein Anflug von wohldurchdachten Logikfehlern. Der Film hat zwar zum Ende hin so einige Längen, doch letzlich sorgt David Bowie höchstpersönlich dafür, daß man zugleich herzerwährmed und amüsiert das Kino verläßt und auf unbeschwerte und sympathische Unterhaltung zurückschauen kann. (Schröders kleine Filmseiten)

1985: Julia Sullivan, Kellnerin, darf sich des Privilegs glücklich schätzen, Yuppie Glenn zu heiraten, weil sie sich sein Vertauen verdient hat, schließlich ging sie bereits mit ihm aus, als er noch kein Geld hatte. Robbie Hart, Sänger auf Hochzeiten, hatte noch nie Geld, dafür war er einmal der Sänger einer Rockband. Dieser Attraktivität beraubt, macht sich seine Verlobte Linda Gedanken, die Hochzeit abzusagen – am Tag der Hochzeit. Robbie, vom Stimmungsretter zum -killer einer jeden Hochzeit avanciert, soll nun Julia mit den Vorbereitungen ihrer Hochzeit unter die Arme greifen. Wären Julia und Robbie nicht viel eher für einander geschaffen, als für ihre (Ex-)Verlobten?
Es tut einmal gut, mitten im 70er Jahre Rausch eine 80er Verballhornung zu erleben. Wenn der in '85 angesiedelt sein sollende Film sich auch sowohl am Beginn, als auch am Ende jenes Jahrzehnts tummelt. Weniger abwechslungsreich ist dagegen die Musikauswahl sämtlicher momentan existierender 80er-Jahre-Rückblicke: Nenas 99 Luftballons halten nach Ein Mann – ein Mord und Boogie Nights nun auch in Eine Hochzeit zum Verlieben Einzug. Apropos Abwechslung: Diese Romantik-Komödie mag netter sein, als so manche andere, nicht zuletzt dank der HauptdarstellerInnen Drew Barrymore und Adam Sandler, aber wer will sich den gleichen Aufguss des sich ohnehin ständig wiederholenden Schemas eine Woche nach dem Kinostart von Abgeschmeckt anschauen? Vorausgesetzt letzterer schafft es, sich ein größeres Publikum zu ergattern.
Queer Watchlion: Eine Hochzeit zum Verlieben spielt nicht nur in den 80ern, sondern es hat auch gleich das Bild der Frau und des Homos dieses Jahrzehnts mitübernommen, ohne es gleichzeitig zu kritisieren: Nicht so bösartig, wie in den 70ern aber auch nicht so künstlich aufgeschlossen, wie in den 90ern.
Die Attacken ihrer Mitmenschen werden zwar meistenteils als nervig dargestellt, Julia weiß sich aber nicht angemessen zu wehren. Sei es ein Opa, der ihr am Arbeitsplatz in den Hintern kneift und anzügliche Mundbewegungen macht, oder die liebe Mutter, die ihr beibringen möchte, möglichst bald zu heiraten, bevor sie älter und hässlich wird. Robbies Freund Sammy, ebenso ein Arbeitskollege Julias, möchte diese wie alle anderen Frauen flachlegen, die im Festsaal arbeiten und Julia wird von Holly empfohlen, ihren Ausschnitt tief zu ziehen, wenn frau dies einmal gemacht habe, wirke sich dies auf ewig wundersam auf die Arbeitsatmosphäre aus. Schließlich traut sich Julia nicht, ihre wahren Gefühle auszusprechen, wenn es um die Örtlichkeit ihrer Hochzeit geht. Nicht einmal, wenn ihr Lover sie darauf anspricht, ob sie nein meine, wenn sie ja sage zu seinen Plänen, vermag sie es zu ihrer Meinung zu stehen. Im Jahre '95 lässt eine Freundin des Liebespaares in Forget Paris beinahe ihre eigene Hochzeit platzen, weil ihr Verlobter sie als "Mrs." mit seinem Vor- und Nachnamen anspricht, im 10 Jahre zuvor spielenden Eine Hochzeit zum Verlieben übt Julia noch vor dem Spiegel, unter welchem Namen ihrer potenziellen Ehemänner sie sich als "Mrs." selbst vorstellen möchte.
Das Autorenteam, bestehend aus Tim Herlihy, als Barmann Rudy auch im Film zu sehen, und die nicht in den Credits zu findenden Carrie "Princess Leia Organa" Fisher und Judd Apatow, der bereits Jim Carreys Cable Guy produzierte, scheinen arge Gender-Probleme zu haben, anders lässt sich die Fülle an dementprechenden Jokes nicht erklären, die eigentlich keinen Witzgehalt für sich in Anpruch nehmen können. Alexis Arquette, obwohl in den Anfangscredits aufgeführt, hat keine Sprechrolle und scheint als George mit seinem punkigen Tuntenbarock sein kurzes Leinwanddebüt des '86er Zoff in Beverly Hills selbst zu persiflieren. Er ist ein Mitglied in Robbies Band und muss immer dann zum Mikrofon greifen, wenn dieser persönliche Dramen der Feiernden ausbügelt. Georges Problem, für eine Tunte im Allgemeinen und für Arquette alias Eva Destruction im Speziellen höchst unwahrscheinlich: Er hat nur ein Lied in petto, das bei schwereren Konflikten eben ständig wiederholt werden muss. Immer wieder muss er für Lacher hinhalten, in denen er – weder Mann noch Frau – nichts als eine Witzfigur abgibt. Glücklicherweise füllt Arquette diese Rolle aus und weiß zumindest, noch etwas aus ihr herauszuholen. Zusätzlich haben wir "eine Lady mit Koteletten", die als gutbürgerliche Trümmertunte wohl nie einen Partner abbekommen werde.
Weitere Gender-Witze finden wir in einem alten Suffkopf, der Sammys Wunsch anders erfüllt, als dieser es sich ausgemalt hat, wenn er sich danach sehnt, jemanden zu haben, der ihn in den Arm nimmt und beteuert: "Alles wird sich zum Guten wenden." Holly möchte einen Kirchenkuss vorgeführt bekommen, den Julia wenig erfolgreich versucht zu definieren. Weil Glenn gerade nicht zur Hand ist, möchte ihn Julia bei Holly persönlich vorführen. Diese ist entsetzt und verweist energisch auf den ebenfalls herumstehenden Robbie. Da zu diesem Zeitpunkt Holly noch nichts von der bevorstehenden Romanze zwischen Julia und Robbie weiß, stellt sich die Frage, warum sie einen gleichgeschlechtlichen Kuss aus "Lernzwecken" ablehnt, aber einen zwischengeschlechtlichen derart vorantreibt, außer, dass es gerade ins Drehbuch passt. Später wird Robbie noch von Glenn physisch und verbal angegriffen, ob dieser etwa nicht auf Frauen stehe, weil er Holly abgelehnt habe, die ihn aufgrund des zuvorgenannten, sehr überzeugenden Kusses zu sich ins Schlafzimmer eingeladen hatte. Bei all der geschlechtlichen Ambiguität sorgt der oneliner von Billy Idol, "Chicken or Fish?", bei dem schwulen Publikum für Amüsement, wenn er mit einem Essenwagen Glenn im Flugzeug von der Bildfläche rammt. Neben dem vordergründig flachen Humor für Heteros, ist dies natürlich eine (ungewollte?) Anspielung auf seine in den Mittachzigern noch nur gemunkelte Bisexualität unter leicht abgewichener Verwendung der berühmt-berüchtigten "Muschel oder Schnecken?"-Rede aus Spartacus. (quer-view)

Bei Hochzeiten werden zwei wichtige Fragen gestellt. Die eine wird meist mit "Ja!" beantwortet, sie gilt dem Ehewillen der Brautleute. Die andere wird fast immer mit Schweigen beantwortet, sie gilt den Einsprüchen der Anwesenden. Dabei hätte es schon oft genug guten Grund gegeben, einer Zeremonie ins Wort zu fallen. Aber vor dem Traualtar ist es meist zu spät.
In Frank Coracis Komödie The Wedding Singer (Eine Hochzeit zum Verlieben), die am Donnerstag mit einer STANDARD-Leserpremiere in Österreich startete, scheitert ein sympathischer junger Mann (Adam Sandler) knapp vor den beiden Fragen: Seine Braut erscheint nicht, sein Glück wird abgesagt. Er ist der "Wedding Singer", der sein Geld sonst damit verdient, daß er auf anderer Leute Hochzeiten singt. Jetzt ist er nicht nur Single, sondern auch arbeitslos - der Schock stürzt ihn in eine Schaffenskrise.
Wäre da nicht Julia! Julia (Drew Barrymore) ist eben im Begriff, den falschen Mann zu heiraten, jetzt sucht sie noch einen Entertainer für die Abendunterhaltung. Adam Sandler wird sich als der Richtige erweisen - in jeder für ein Happy-end aus Hollywood erdenklichen Hinsicht.
Nicht erst seit der George Cukors klassischer Philadelphia Story zählt dieses Komödienmuster zu den Standardsituationen des US-Kinos. Selten hat man allerdings die Vorstadtwelt der USA als ein so fanatisches Hochzeitswunderland gesehen wie bei Coraci. Hier regiert der Märchenprinz. Solange er noch nicht da ist, dekoriert man jedenfalls schon einmal die Wohnung neu. Hier trifft man an jeder Ecke Menschen, mit denen man den richtigen, statthaften Kuß vor dem Altar diskutieren und ausprobieren kann: "church kiss" und "porn kiss", irgendwo dazwischen.
Die Liebe zum Detail bei Ausstattung und Kostümen (Nieten tragen Nieten) wiederholt sich beim Soundtrack, und wer vorher nicht genau hingesehen hat, weiß spätestens jetzt Bescheid: The Wedding Singer spielt in jener nahen Vergangenheit, die uns durch die Musik als unfaßbar weit entfernt erscheint - die achtziger Jahre. Die Zeit, als wir "too shy, too shy, hush hush, eye to eye" waren.
Diesen Retro-Aspekt teilt The Wedding Singer mit einer ganzen Reihe weiterer Komödien der jüngeren Zeit, die ähnlich funktionierten: So abgedreht wie in George Armitages großartigem Grosse Pointe Blank (in dem ebenfalls Nenas 99 Luftballons zu hören waren) geht es aber nicht zu.
Coraci setzt die Akzente umgekehrt: Er nimmt die bisher eher als "Poison Ivy" denn als Brautjungfer bekannte Drew Barrymore und verwandelt sie in das "all american girl"; und er besetzt in der männlichen Hauptrolle den Saturday-Night-Live-Komiker Adam Sandler, der schon in der Golf-Komödie Happy Gilmore alle coolen Typen durch schiere Gutmütigkeit (und viel größeres Charisma) der Lächerlichkeit preisgab.
Der Film funktioniert, wie Hochzeiten ablaufen: Das Paar steht ohnehin fest, die Gäste sorgen für Stimmung. Zu Beginn sieht das noch ein wenig nach Freak-Show aus, aber schnell stellt sich heraus, daß Coraci die exzentrischen Charaktere nicht vorführt, sondern sie mitleben läßt.
Keine Sekunde versucht The Wedding Singer die Konventionen zu unterlaufen, es bleibt ein charmanter Film über eine merkwürdige Zeit. Das Vergnügen an Schlagern wie Pass the Dutchie besteht ohnehin darin, daß man sich beim Sehen des Films darüber amüsieren kann, wie man diese Epoche mit heiler Haut und bei geistiger Gesundheit überstanden hat. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 26/6/1998)

Mit 99 Luftballons in den siebenten Himmel. "Eine Hochzeit zum Verlieben": Adam Sandler, Comedy-Jungstar aus den USA, hat vor pastellfarbenen Achtziger-Jahre-Kulissen die wahre und reine Liebe zu entdecken.
Die neunziger Jahre sind angeblich das Jahrzehnt des Revivals - oder eigentlich schon: des Revivals vorhergehender Revivals. Keine Mode ist zu geschmacklos (was immer das auch heißen mag), kein Stil zu verkorkst, um vor der Jahrtausendwende nicht von irgendwelchen Trendsetter als echt total abgefahren erklärt zu werden.
Glaubt man hellhörigen Zeitgeist-Diagnostikern, dann sind derzeit die Achtziger hoch im Kurs. Von der Wiedereinführung der Schulterpolster über die Wiedervereinigung des Schmuddel-Pop-Duos Modern Talking - bis zu Filmen wie Eine Hochzeit zum Verlieben, den ein seriöses deutsches Nachrichtenmagazin kürzlich gar als Flaggschiff des jüngsten Achtziger-Revivals geortet zu haben vermeint. Tatsächlich macht Regisseur Frank Coraci in seinem Film, genannt The Wedding Singer / Eine Hochzeit zum Verlieben, kein Hehl daraus, daß er eine gewisse Schwäche für die modischen Reizflächen des Jahrzehnts hat, in dem er seine Jugend verbracht hat. Also treten seine Figuren im Madonna- oder Miami-Vice- Look auf, treiben sich vor pastellfarbenen Vorhängen herum und hören Billy Idol, Nena und Falco.
Billy Idol, der Synthie-Popper mit der Rock'n'Roll-Rebellenpose, wird im Showdown gar als (sich selbst darstellende, wenn nicht gar parodierende) Dekor-Puppe mit Authentizitäts-Garantie eingesetzt. Eher als um ein Sympton des angeblichen Achtzigerjahre-Hypes ist hier jedoch jene ganz und gar herkömmliche Formel am Werk, mit der Hollywood aus boulevardmächtigen Images (beliebige) Epochenflairs beschwört.
Soviel also zu den gefälligen Kulissen, hinter denen Coraci eine schnuckelige Lovestory mit gar so putzigem Personal ansiedelt. So sehr nämlich Regisseur Coraci sich auch bemüht, der Geschichte dieses Films einen spezifischen zeitgeschichtlichen Nimbus zu verpassen, ist sie doch beseelt vom Hollywood-typischen Moralkonservativismus der neunziger Jahre.
Zwei junge Leute, der Hochzeits-Entertainer Robbie (Adam Sandler) und die Kellnerin Julia (Drew Barrymore), lernen sich wenige Tage vor ihrer Vermählung mit jeweils jemand anderem kennen. Weil sie beide so mitfühlend, hilfsbereit, verletzlich und (in politischer wie in körperlicher Hinsicht) ganz und gar clean sind, finden sie sich nicht nur auf Anhieb sympathisch, sondern sie verlieben sich sogar ineinander. Dieses Verliebtsein hat aber weniger mit erotischem Begehren zu tun, sondern vielmehr mit Respekt und kindlicher Zuneigung. Und wer den anderen respektiert, der respektiert natürlich auch dessen anderweitige amourösen Verpflichtungen.
In solchen Fällen nun werden die Glücks-Hindernisse in der Hollywood-Romanze bekanntlich dahingehend präpariert, daß sich die Herzblatt-Kandidaten ihr blütenreines Gemütchen nicht beschmutzen müssen und am Ende kampflos zu ihrem Idyll kommen (etwa indem man die Kontrahenten zu arroganten, untreuen, dem Alkohol und dem Nikotin frönenden Ekelpaketen macht, die sich selbst aus dem Rennen katapultieren). Die Konflikte wie auch die Leidenschaften dieser Leutchen sind jugendfreie - und dies fast schon eher in dem Sinn, daß sie mit wirklicher Jugend rein gar nichts zu tun haben - Emotionen-Show. Daher wird der erlösende Kuß des Hauptpärchens am Ende des Films auch (wieder einmal!) von klatschendem Publikum abgesegnet.
Filme wie Eine Hochzeit zum Verlieben dienen weniger der Wiederbelebung (eines vergangenen Epochen-feelings ) denn der Belehrung der Spätgeborenen durch jene, die von gegenwärtigen Jugendkulturen nichts wissen wollen, aber umgekehrt meinen, daß die Jugend von heute ihnen ihr stockbiederes "Ach-was-waren-wir-ausgelassen-damals" abkauft. (Robert Buchschwenter, DIE PRESSE, 27/6/1998)

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DAS MAGISCHE SCHWERT - DIE LEGENDE VON CAMELOT (THE MAGIC SWORD: QUEST FOR CAMELOT)

USA 1997. 86 Min.
Regie: Frederik Du Chau, Buch: Kirk De Micco, William Schifrin, nach dem Roman "The King's Damosel" von Vera Chapman, Musik: Patrick Doyle,
Kinostart: 26/6/1998

Der neue King von England ist mit König Arthur ernannt und besteigt seinen Thron in Camelot. Seine Macht stützt sich auf die Zaubermacht des sagenhaften Schwertes Excalibur. Doch der böse Baron Ruber und sein finsterer, gigantischer Vogel Greif möchten ihm das mächtige Schwert abjagen. Dem Bösen gegenüber steht ein Paar aus der selbstbewußten Kayley und dem blinden Garrett mit seinem Falken Ayden, die auch die verwitwete Mutter Kayleys Lady Juliana aus ihrer Gefangenschaft befreien sollen. Dabei haben sie die schützende Hand des Zauberers Merlin über sich.
Der erste größere Zeichentrickfilm aus dem Hause von Warner Bros. baut auf dem bekannten Schema von Disney auf, kann jedoch noch nicht an die jahrelang erarbeitete Perfektion heranreichen. Da jedoch das gleiche Schema verwandt wird, ist gute Unterhaltung gerade für die kleineren Zuschauer sichergestellt. (film.de)

Die Suche nach König Artus' wundertätigem Schwert Excalibur vereint einen weiblichen Teenager, der in die Fußstapfen seines toten Vaters als Ritter treten will, und einen jungen blinden Einsiedler in einem aufregenden Abenteuer. Ein stimmungsvoller und spannungsreicher Zeichentrick- und Fantasyfilm abseits vordergründiger Anachronismen, der charmant unterhält und Kinder sowie junge Erwachsene gleichermaßen zu fesseln vermag.

Schon einmal war Camelot, das legendäre Domizil von König Artus' Tafelrunde, Schauplatz eines Zeichentrickfilms: Walt Disneys "Die Hexe und der Zauberer"/"Merlin und Mim" (fd 13 172) aus dem Jahr 1963 trug bereits jenes magische Schwert in seinem Originaltitel, das nur vom rechtmäßigen Thronfolger aus einem Stein gezogen werden kann - "The Sword in the Stone". Hatte sich schon Disney nur sehr frei von T.H. Whites ebenso anspruchsvollem wie kauzigem "Das Buch Merlin" inspirieren lassen, so spielt der gleichnamige Zauberer und Lehrer des jungen Artus nur eine kleine Nebenrolle in dieser Variante (immerhin im Original gesprochen von Sir John Gielgud). Doch auch Merlins Zögling Artus fristet eine bescheidene Randexistenz in diesem Fantasy-Drama.
Einer von Artus' Rittern, sein Name ist nicht Lancelot, sondern Ruber, hegt Machtgelüste. Bei einem Putschversuch findet der tapfere Sir Lionel den Tod und hinterläßt eine Tochter namens Kayley, die nicht nur über die Jahre zu einer attraktiven jungen Frau heranwächst, sondern auch in seine Fußstapfen als Ritter treten möchte. Ein ungewohnter Berufswunsch für eine Frau im Mittelalter, doch könnte man kaum dagegen halten, es gäbe für ritterliche Tapferkeitsbeweise keine Herausforderungen: Ist es doch Ruber mit Hilfe des Vogels Greif gelungen, besagtes Schwert in seinen Besitz zu bringen. Ein Falke jedoch, den Zauberer Merlin zu Hilfe schickt, kann dem Riesenvogel die Beute wieder entreißen. Noch nichts ahnend von diesem Verlust, schreitet Ruben bereits zu weiteren Missetaten: Kayleys Mutter, die er einst zur Witwe machte, möchte er zur Heirat zwingen, wozu er erst einmal die Tochter in seine Gewalt bringt. Die aber kann sich losreißen, um endlich zu Heldentaten aufzubrechen. Auf der Suche nach dem Schwert macht sie im Wald die Bekannschaft eines blinden jungen Mannes namens Garrett. Diesem etwas depressiven, aber offensichtlich von Flora wie Fauna wohlgelittenen Einsiedler scheinen sogar Wasserfälle zu gehorchen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, wobei sie einen weiteren Gefährten finden. Oder sollte man sagen zwei? Der doppelköpfige Drache wird zu einem besonders treuen, wenn auch etwas schizophrenen Wegbegleiter. Schließlich findet sie auch noch das Schwert, das von einem Ungeheuer als Zahnstocher mißbraucht wird. Ruben hat auf diesen Fund nur gewartet, um es zurückzuerobern. Im Eifer des Gefechts wird es schließlich dorthin gelangen, wo nur Artus selbst noch etwas damit anfangen kann: in den alten Stein. Dies geschieht gerade rechtzeitig, um das verdiente (und verliebte) Pärchen damit zu Ritter und Ritterin zu schlagen.
Zu den unbestrittenen Überraschungen des Drehbuchs zählt der Umstand, daß es nicht zu einer Wunderheilung des blinden Helden kommt. Man soll die Behinderung als Realität betrachten, ist die moderne Intention, und dies ist durchaus stimmig in einem Mittelalter, in dem tapfere junge Frauen nicht als Hexen verbrannt, sondern zu Ritterinnen geschlagen werden. Dennoch hält sich diese nach "Space Jam" (fd 32 373) zweite abendfüllende Trickfilmproduktion des wiederauferstandenen Warner-Cartoon-Studios mit aufdringlichen Anachronismen zurück, wie sie sogar in Disneys heute klassischer Variante des Themas ein gewisses Problem darstellten. Das urige und alles andere als finstere Mittelalter ähnelt dafür ein wenig dem der "Gummibärenbande" im Disney-Club, der Drache ist eindeutig ein Nachfahre von Disneys "Reluctant Dragon", einem Trickfilmjuwel aus dem Jahr 1941. Doch man hätte eine schlechtere Wahl treffen können: Unter den gegenwärtigen Zeichentrickfilmen ist "Das magische Schwert" ungewöhnlich stimmungvoll, stringent erzählt und insbesondere für ein Teenagerpublikum konzipiert. Im Gegensatz zu "Space Jam" enthielt man sich sichtbarer Computereffekte und jenes übersteigerten Tempos, das nur vordergründig die Tradition der alten "Looney Tunes" fortsetzte, für die Warner Bros. einmal berühmt war. Kayley ist eine ungewöhnlich natürliche und liebenswerte Cartoon-Heldin, deren Charme in diesem Fall dank der Gesangsstimme Nenas sogar in der deutschen Synchronfassung eine Entsprechung findet. Umso bedauerlicher, daß man bei Garrett mit der Stimme Hartmut Englers vorlieb nehmen muß, dem Sänger der Gruppe "Pur", der sich offenbar nur durch seine Fußballerfrisur für die Rolle qualifizierte. Ob man allerdings dem Besetzungseinfall für geschmackvoller halten kann, sein Couplet im Abspann vom blinden Opernstar Andrea Bocelli interpretieren zu lassen? (Daniel Kothenschulte, film-dienst)

Auch wenn dieses ein abendfüllender Zeichentrickfilm ist, stammt er nicht aus dem Hause Walt Disney. Denn schon seit einiger Zeit sind die Trickfilme von dem US-Major nicht mehr die einzigen, die in den Kinos anlaufen. Längst haben 20th Century Fox, Warner Bros. und einige andere den florierenden Markt mit Trickfiguren entdeckt. Dieser Film ist nun von Warner Bros., die bereits 1996 mit ihrem Debüt-Werk "Space Jam", einer Mischung aus Real- und Zeichentrickverfilmung mit Michael Jordan und Bugs Bunny in den Hauptrollen, für Aufsehen und volle Kinosäle sorgten. Das Werk spielte immerhin 220 Mio. Dollar ein. Ob das auch der Geschichte um das magische Schwert von Camelot gelingen wird, wird sich noch herausstellen. Auf jeden Fall dürfte der deutsche Kinobesucher die eine oder andere Stimme der Charaktere wiedererkennen. Die Hauptperson und Heldin dieser Story heißt Kayley, und die Stimme hat sie von Popsängerin Nena geliehen bekommen. Auch hinter der Figur Garrett stehen prominente Stimmbänder. Hartmut Engler, Frontmann der Gruppe PUR, singt für die fiktive Gestalt. In Zeichentrickfilmen steckt in der Regel auch viel Humor, besonders wenn sie wie dieser hauptsächlich für Kinder gemacht sind. Deswegen sind wohl auch die anderen Synchronsprecher vom (Comedy-)Fach. Dirk Bach leiht der Figur Hackschnabel seine Stimme und der zweiköpfige Drachen Feuer & Flamme wird von den "RTL Samstag Nacht"-Komikern Wigald Boning und Olli Dittrich synchronisiert. Der Plot des Films lehnt sich im wesentlichen an bekannte Sagen an: König Artus herrscht friedlich mit seinem magischen Schwert Excalibur und seinen edlen Rittern der Tafelrunde. Alle sind glücklich und fröhlich, bis der böse Ritter Ruber sich erdreistet, sich das Schwert unter den Nagel zu reißen, um seine Untertanen zu versklaven. Das mutige Mädchen Kayley, die Heldin dieser Geschichte, will sich das natürlich nicht gefallen lassen, und tritt gegen den schrecklichen Herrscher mit einer Reihe von kuriosen, aber guten, Freunden an. (expresso-online)

Die herangewachsene Kayley muss im verwunschenen Wald nach dem gestohlenen und verloren gegangenen Schwert Excalibur suchen, um es König Artus zurückzugeben, und das Inselreich vor der finsteren Herrschaft des abtrünnigen Ritters der Tafelrunde, Baron Ruber, zu bewahren. Ihr zur Seite steht der blinde junge Einsiedler Garrett und der zweiköpfige, neurotische Drache Feuer und Flamme.
Eine Frage der Zeit war es, bis der immense Erfolg Disneys Zeichentrickfilme von anderen Hollywood Studios versucht wurde, auf die eigene Kasse zu übertragen. Während sich Fox mit Anastasia künstlerisch zweifellos an den Meistern messern kann und für einen Erstling wacker an der Kasse schlug, im Heimatland zumindest sein Budget von 53 Millionen $ wieder einspielte und weltweit gesehen zum Blockbuster avancierte, also über 100 Millionen $ einbrachte, half Warner Bros. das Kopieren altbewährter Zeichentrick-Rezepturen herzlich wenig. Geringer als ein Drittel des Startwochenendes Disneys letzten Hercules vermochte Das magische Schwert an der heimatlichen Kasse trotz eines weitaus größeren Kinoeinsatzes einzuspielen, sogar weniger als die Hälfte Anastasias Ergebnisses. Verwunderlich ist dies keineswegs. Trotz computerunterstützter perspektivisch gelungener Animationskünste mit eingestreuten netten Nebel- und winterlichen Atemeffekten vermag es der zeichnerische Gesamteindruck keineswegs auch nur annähernd zu überzeugen, allem voran die menschlichen Charaktere, die mit 08/15 Gesichtern konturenlos im Einheitslook verschwinden, vom bösen Baron Ruber gerade einmal abgesehen. In der Tat stritt sich diese eure Redaktion während der ersten 10 Minuten, ob es sich bei der Hauptperson nun um ein Mädchen oder Junge handele. Die Charakterisierungen fallen ähnlich platt aus: Baron Ruber langweilt als kantenloser Schablonenfiesling sobald er das Licht der Leinwand erblickt und König Artus erscheint wie ein Mitleid erregender Jammerlappen, der ohne das auf ihn hörende Zauberschwert möglicherweise nicht einmal auf den eigenen Füßen richtig laufen kann.
Das musikalische Team bestehend aus Carole Bayer Sager, David Foster und Patrick Doyle kann auf insgesamt 15 Golden Globe und Oscar Nominierungen, sowie 2 Gewinne dieser Trophäen zurückblicken, lassen in diesem König Artus Aufguss allerdings die (erwachsenen?) ZuschauerInnen erschauern. Nun sind selbst viele der Disney-Lieder in der deutschen Synchro recht grausig, hier weigern sich allerdings sämtliche Hörsinne, auch nur irgendeine potentielle Wiedererkennungsmelodie auszumachen und die Frage drängt sich regelrecht auf, ob ein jeder grande sein wollender Zeichentrickfilm unbedingt gleichzeitig ein Musical sein muss.
Einziger Lichtblick ist der verwunschene Wald, sowie der ausnahmsweise geglückte Klau der sidekicks, des doppelköpfigen Drachen Feuer und Flamme und des mutierten Hähnchens Hackschnabel. Feuer und Flamme orientiert sich stark an Aladdins Flaschengeist Dschinni, u. a. mit dragbeinhaltenden Solo-, pardon Duo-Sangnummern (s. Foto), die mit Anspielungen an das heutige Zeitalter nur so strotzen, inklusive Filmzitaten wie Apollo 13, Terminator und Das Texas Kettensägen Massaker.
Das Warner Eigenzitat an eine Tex Avery Zeichentrickfigur geht allerdings nach hinten los und stimmt traurig. Parodierten einst die Looney Tunes Disneys Kitschparade, indem freche Nagetiere die Flauschtierverwandten à la Disney kräftig verdroschen, so biedert sich das Studio mit seiner neuen Animationsabteilung an den erfolgreichen Konkurrenten gnadenlos an und versagt auch noch. Der Erfolg Warners Space Jam mit seinen klassischen Figuren wie Roger Rabbit sollte dem Studio zeigen, worin seine tatsächliche Stärke liegt – damit übertrumpfte es zum US-Startwochenende selbst Hercules um einige Millionen $. Was haben sich die FilmemacherInnen nur dabei gedacht, mit der Artussage direkt an einen Disney-Klassiker zu erinnern, Merlin und Mim aka Die Hexe und der Zauberer? Diesen 35 Jahre alten Kultfilm wünscht sich die ZuschauerIn statt dessen nämlich wieder auf die große Leinwand. Hoffen wir, dass UIPs Dream Works mit Der Prinz von Ägypten demnächst eher in Fox's Fußstapfen tritt.
Queer Watchlion
Mit einem Mädchen als Heldin (und später ersten Ritterin) parodiert der Film auf nette Weise ein Ritterfilm-Klischee, indem Kayley über das Rittertum schwärmt, mit dem sie nach erfolgter Benennung in Not geratene Maiden retten kann. Leider stellt sich heraus, dass sie gar nicht weiß, was Maiden sind.
Feuer und Flamme ist das erste uns bekannte Filmpärchen, dass es schafft, durch einen Fall in den Matsch eine Dragnummer hinzulegen (s. Foto). Bei einer Eigenkuss-Szene werden die beiden Köpfe allerdings grün vor Übelkeit. (quer-view)

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SECHS TAGE, SIEBEN NÄCHTE (6 DAYS, 7 NIGHTS)

USA 1998. 102 Min.
Regie: Ivan Reitman, Buch: Michael Browning, Musik: Randy Edelman, Kamera: Michael Chapman, Schnitt: Sheldon Kahn, Darsteller: Harrison Ford (Quinn), Anne Heche (Robin Monroe), David Schwimmer, Temeura Morrison
Kinostart: 26/6/1998

Quinn Harris (Harrison Ford), ein eigenbrötlerischer Luftfrachpilot, der mit seinem altersschwachen Flugzeug dann und wann Waren transportiert, liebt das einfache, ruhige Leben auf einer Südseeinsel. Dieses gerät jedoch gehörig durcheinander, als er auf die ehrgeizige New Yorker Zeitschriften-Redakteurin Robin Monroe (Anne Heche) trifft. Quinn soll sie wegen eines dringenden Termins zurück aufs Festland bringen. Was sich beide nicht hätten träumen lassen: Die klapprige Maschine stürzt in einem Sturm auf einer einsamen Bilderbuchinsel ab, auf der zahlreiche Gefahren lauern. Das ungleiche Paar befindet sich fortan im Überlebenskampf, der sich um so schwieriger gestaltet, als die beiden Streithähne kaum miteinander auskommen. Doch ihre prekäre Lage läßt ihnen keine Wahl.
Eine schöne Mischung aus Abenteuer und Komödie, in der mit Harrison Ford (zum ersten Mal seit Air Force One) neben Spaß auch für gute Action-Szenen gesorgt wird. (film.de)

Nach der Notlandung auf einer einsamen Insel sehen sich ein zivilisationsfeindlicher Luftpostpilot und eine New Yorker Reporterin manchen Abenteuern ausgesetzt. Allmählich nähern sich die scheinbar so ungleichen Menschen an und bilden ein perfektes Paar, das Naturgewalten und Piraten trotzt. Mischung aus Komödie und Abenteuerfilm, die mal amüsant, mal leidlich spannend die modifizierte Geschichte einer Robinsonade erzählt. Filmische Konfektionsware, routniert und abgeklärt in Szene gesetzt.

Luftpostpilot Quinn hat es sich auf einer kleinen Südseeinsel gut eingerichtet. Mit seinem einmotorigen Flugzeug ist er autark, steuert von Zeit zu Zeit die Atolle an und will ansonsten nichts mit dem touristischen Treiben zu tun haben. Nur durch ein üppiges Honorar von 700 Dollar läßt er sich überreden, die für ein New Yorker Magazin arbeitende Journalistin Robin nach Tahiti zu fliegen. Unterwegs geraten die beiden in ein Unwetter, Quinn muß seine Maschine an unbekannter Küste notlanden. Hier nun entspinnen sich die unvermeidlichen Annäherungen zwischen den so unterschiedlichen Menschen. Nach einer Reihe von Abenteuern und der erfoglreichen Reparatur des lädierten Flugzeuges steht nach der Rückkehr in die Zivilisation einem gemeinsamen Neubeginn nichts mehr im Wege.
"Sechs Tage, sieben Nächte" gehört zu jenem Typ filmischer Konfektionsware, die nach bewährtem Muster gefertigt wird und, im besten Fall, ihre Aufgaben solide erfüllt. Ivan Reitman hat sich nach anfänglichen Ausrutschern wie "Cannibal Girls - Der Film mit der Warnglocke" (1972, fd 18 873) zu einem abgeklärten Hollywood-Routinier emporgearbeitet, der wirklich nichts mehr anbrennen läßt. So ist sein jüngster Film eine etwas kindliche, dabei ebenso (leidlich) spannende wie lustige Mixtur aus Abenteuerfilm und Komödie, die das alte Robinson-Thema um verhalten-erotische Komponenten anreichert. Mit einer schönen Frau auf ein idyllisches Eiland verschlagen zu werden - diese etwas abgedroschene Männerfantasie wird zunächst retardiert durch Probleme der Annäherung (Motto: zivilisationsverachtendes Rauhbein trifft auf großstädtische Quasselstrippe), später kommen dann die obligatorischen Piraten dazwischen. Aber alle Hindernisse sind schließlich nur dazu da, um überwunden zu werden. "Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten" (fd 24 861) und "Crocodile Dundee" (fd 26 016) lassen grüßen. Wider anfänglichem Erwarten verfügt die Reporterin jenseits ihrer Zickigkeit auch noch über echte Qualitäten, die im Kampf gegen Piraten und Naturgewalten zum effektiven Einsatz kommen. Sie steht nicht nur ihren Mann, sie verdient sich ihn gerade dadurch redlich. Während Robin und Quinn sich durchs Unterholz schlagen, werden parallel dazu immer mal wieder ihre jeweiligen Partner gemeinsam im Urlaubsparadies vorgeführt; dies dient zum einen dazu, um auf Spielfilmlänge zu kommen, zum anderen wird politisch korrekt die Liason zwischen den Abenteurern legitimiert. Denn während die Zurückgebliebenen im Alkoholrausch gemeinsam eine Nacht verbringen, knüpfen sich auf der einsamen Insel die Bande nur sehr zart. Aber das Schicksal in Hollywood-Drehbüchern kennt keine Gnade. Denn natürlich war schon beim allerersten Zusammentreffen klar, daß die beiden füreinander bestimmt sind. Am Rande gibt es noch einige wirklich schöne Lanschaftsaufnahmen, von denen man aber inzwischen auch nicht mehr sicher sein kann, ob sie nicht vielleicht doch am Computer entstanden sind. Claus Löser, film-dienst)

Der Traumurlaub auf der tropische Insel konnte kitschiger nicht sein: Frank (David Schwimmer) inszeniert den fernsehfähigen Heiratsantrag perfekt, der Strand sieht aus wie im Prospekt und die Bedienung ist schön devot. Doch dann kommt der Anruf von der Karriere und Robin Monroe (Anne Heche) soll kurz nach Tahiti rüberfliegen, um ein Geschäft einzufahren. Und der ruppige, simple Quinn Harris (Harrison Ford), mit dem Robin schon einen unerfreulichen Flug erlebte, ist der einzige verfügbare Pilot. Ein heftiges Gewitter verschlägt die beiden auf eine einsame Insel. Dort kümmern sie sich hauptsächlich um die gegenseitigen Abneigungen, weniger ums Überleben. Bald taucht mit einem Piratenschiff auch unerklärliche Sympathie auf und alle Zutaten für eine Inselromanze zwischen Campingparadies und Granateinschlägen sind beisammen. Derweil kommt Frank nicht umhin, sich mit Quinns naiver Inselfreundin Angelica (Jacqueline Obradors) zu vergnügen.
Es ist nicht zu überhören, "6 Tage, 7 Nächte" liefert nicht mehr und nicht weniger als eine leichte, unkomplizierte Komödie, mit etwas Spannung und vorhersehbarem Ausgang. Macht vor allem die erste Hälfte Spaß, ist der Rest ganz erträglich durch die Schauspielkunst von Harrison Ford und Anne Heche. Ford meistert erneut die Komödie, denn der Indiana Jones mit dem alleskönnenden Schweizer Messer ist erst später gefragt. Anne Heche vergnügt als zickige, dickköpfige und sarkastische Großstadtgöre, die schließlich doch als braves Mädchen den echten, rauhen Kerl dem romantischen Schönling vorzieht. (Günter H. Jekubzik, FILMtabs)

Quinn Harris (Harrison Ford), ein eigenbrötlerischer Luftfrachtpilot, der mit seinem altersschwachen Flugzeug dann und wann Waren transportiert, liebt das einfache, ruhige Leben auf einer Südseeinsel. Dieses gerät jedoch gehörig durcheinander, als er auf die ehrgeizige New Yorker Zeitschriften-Redakteurin Robin Monroe (Anne Heche) trifft. Quinn soll sie wegen eines dringenden Termins zurück aufs Festland bringen. Was sich beide nicht hätten träumen lassen: Die klapprige Maschine stürzt auf einer einsamen Bilderbuchinsel ab, auf der zahlreiche Gefahren lauern. Das ungleiche Paar befindet sich fortan im Überlebenskampf, der sich um so schwieriger gestaltet, als die beiden Streithähne kaum miteinander auskommen. Doch ihre prekäre Lage läßt ihnen keine Wahl... (expresso-online)

Offizielle Site: http://www.movies.com/6d7n/index.html,
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TAUSEND MORGEN (A THOUSAND ACRES)

USA 1997. 105 Min.
Regie: Jocelyn Moorhouse, Buch: Laura Jones, nach dem gleichnamigen Roman von Jane Smiley, Musik: Richard Hartley, Kamera: Tak Fujimoto, Schnitt: Maryann Brandon, Darsteller: Darsteller: Michelle Pfeiffer (Rose Cook Lewis), Jessica Lange (Ginny Cook Smith), Jason Robards (Larry Cook), Jennifer Jason Leigh (Caroline Cook), Colin Firth (Jess Clark)
Kinostart: 26/4/1998

Ein Farmer im amerikanischen Mittelwesten, der seine Töchter nach dem Tod seiner Frau allein großgezogen hat, sie aber auch sexuell mißbrauchte, überschreibt den beiden Ältesten seinen Besitz, wahrend er die scheinbar undankbare Dritte verstößt. Als er sich bevormundet fühlt, versöhnt er sich mit der Jüngsten und versucht mit ihr gemeinsam, das Land einzuklagen. Ein von zwei ausgezeichneten Hauptdarstellerinnen getragenes Familiendrama, das sich vage an Shakespeares Tragödie "König Lear" anlehnt. Die Generationskonflikte werden durch zu viele Probleme überfrachtet, so daß der Film nur in wenigen Augenblicken unter die Oberfläche gängiger Mainstream-Unterhaltung dringt.

Der australischen Regisseurin Jocelyn Moorhose, die seit ihrer Schulzeit davon geträumt hatte, Shakespeares "König Lear" zu verfilmen, kam der 1991 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Roman "A Thousands Acres" von Jane Smiley gerade recht, transportiert die Autorin darin doch die Geschichte eines Herrschers, der sein Reich an zwei seiner Töchter übergibt, in die Gegenwart des mittleren Westens der Vereinigten Staaten und erzählt sie aus der Perspektive von Goneril und Regan, die hier Ginny und Rose heißen. Seit drei Generationen ist die 1000-Morgen-Maisfarm schon im Besitz der Familie Cook. Wegen der hohen Erbschaftssteuern beschließt das Familienoberhaupt Larry, seinen erwachsenen Töchtern, die er seit dem frühen Tod seiner Frau allein großgezogen hat, das Land zu überschreiben. Rose, die mit ihrem Mann Pete und ihren beiden Töchtern immer noch auf der väterlichen Farm wohnt, und ihre ältere Schwester Ginny, die mit ihrem Mann Ty nur einen Steinwurf entfernt wohnt, stimmen zu, zumal ihr Vater immer mehr geistige und körperliche Verfallserscheinungen zeigt. Nur ihre jüngste Schwester Caroline, die die Familie schon vor Jahren verlassen hat, um in der Stadt als Anwältin Karriere zu machen, bittet sich Bedenkzeit aus. Larry ist davon tief getroffen, verstößt sie und überschreibt Ginny und Rose seinen Besitz. Doch schon bald bereut er seine Entscheidung, fühlt sich von seinen Töchtern bevormundet und aus dem Familienkreis ausgeschlossen. Nicht zuletzt durch sein schroffes Verhalten reißen die Blutsbande immer mehr. Rose konfrontiert ihn mit ihrem aufgestauten Haß, indem sie ihn mit der Tatsache konfrontiert, daß er sie und Cinny als Kinder sexuell mißbraucht hat. Ginny hat diese "Verletzungen" verdrängt; erst als sie zufällig ein Gespräch zwischen ihrem Vater und Caroline belauscht, die sich versöhnen und einen Prozeß zwecks Rückgabe des Erbes anstrengen, kommen die schrecklichen Erinnerungen in ihr hoch. Aber auch zwischen Rose und Ginny bauen sich Konflikte auf; beide haben eine Verhältnis mit Jess, dem "heimgekehrten" Sohn von Vaters bestem Freund. Die Familiendynastie zerfällt immer mehr. Pete kommt bei einem Autounfall ums Leben, Ty entschließt sich, gegen seine Frau und Schwägerin auszusagen. Die beiden Schwestern gewinnen zwar den Prozeß, weil Larry im Zeugenstand seine geistige Verwirrung offenbart, aber es ist ein Pyrrhussieg. Ginny läßt sich von Ty auszahlen, verläßt die Farm und bricht jeden Kontakt ab. Erst als sie erfährt, daß Rose, nach Tys Ausstieg alleinige Besitzerin der Farm, krebskrank im Krankenhaus liegt, kehrt sie zurück und verspricht ihrer Schwester, sich nach ihrem Tod um die beiden Kinder zu kümmern.
Jocelyn Moorhouse wurde nach ihrem Regiedebüt "Proof - Der Beweis" (fd 29 608) nach Hollywood gelockt und ist dort gleich mit der schönfärberischen Idylle "Ein amerikanischer Quilt" (fd 31 777) eingebrochen. Auch mit "Tausend Morgen" wird sie nun Opfer eines unausgegorenen Romans, der sein klassisches Tragödienthema mit aktuellen Problemen aufzuforsten versucht. Nicht nur, daß der Generationenkonflikt durch den Mißbrauch der Töchter durch den Vater eine besondere "Schärfe" bekommt, Rose muß zudem die Krebskrankheit ihrer Mutter erben, wird von ihrem Mann geprügelt und schließlich von ihrem Liebhaber wegen ihrer Krankheit verlassen. Ginny ist mit fünf Fehlgeburten geschlagen, die vermutlich durch ökologische Sünden ihres Vaters, der das Grundwasser mit Düngemitteln verseuchte, mitverursacht wurden. Caroline schließlich brüskiert ihre Schwestern, in dem sie sie durch die Zeitung erfahren läßt, daß sie geheiratet hat. Statt dieses Sammelsurium zu lichten und auf den einen oder anderen Nebenschauplatz zugunsten der Vertiefung eines der Konflikte zu verzichten, arbeiten Drehbuch und Regie die ganze Themenvielfalt ab - und bleiben notgedrungen an der Oberfläche. Lediglich in der Ausgestaltung der beiden Hauptrollen zeigen sich die Qualitäten von Laura Jones, die mit ihren Drehbüchern für Jane Campion ("Ein Engel an meiner Tafel", fd 28 856, "Portrait of a Lady", fd 32 327) und Gillian Armstrong ("High Tide", "Oscar und Lucinda", Kritik in dieser Ausgabe) interessante Frauengestalten kreierte. Im Zusammenspiel von Jessica Lange und Michelle Pfeiffer findet der Film seine Höhepunkte, hier ist er glaubwürdig und anrührend, nie verwässert von Sentimentalität oder dem Versuch der einen, die andere zu übertreffen. Leider gerät schon die Rolle der sonst so wandlungsfähigen Jennifer Jason Leigh aus dem Ruder, weil ihr das Zusammenspiel mit einer starken Partnerin fehlt und der von ihr darzustellende Vater-Tochter-Konflikt zu viele dramaturgische Schwächen aufweist. Da offenbaren sich Lücken im Drehbuch, die von der konventionellen Inszenierung nicht aufgefangen werden. Einig ist man sich dann wieder in der Zeichnung der Männer - das Drehbuch läßt sie genauso links liegen wie die Inszenierung. So wirkt selbst ein Charakterschauspieler wie Jason Robards seltsam hölzern und manchmal wie eine Karikatur seiner selbst. Da Jocelyn Moorehouse zudem eine ausgesprochene Kammerspiel-Regisseurin zu sein scheint, kann sie wenig mit den weiten Landschaften des mittleren Westens anfangen und gibt dem Kameramann kaum Gelegenheit, sie in Kontrast zu den klaustrophobischen Beziehungssituationen zu setzen. Erst in der ergreifenden Schlußsequenz, als Rose in dem Bewußtsein stirbt, daß sie das Unverzeihliche nicht verziehen hat, findet der Film zu jener Tiefe, die er immer wieder vernachlässigte, um den Zuschauer nicht allzu sehr zu verstören. (Rolf-Ruediger Hamacher, film-dienst)

Wie King Lear bei Shakespeare teilt der alte Farmer Larry (Jason Robards) sein Land auf: Die schwer erarbeiteten tausend Morgen Maisfelder sollen den drei Töchtern Rose, Ginny und Caroline gehören. Als Caroline (Jennifer Jason Leigh), die Jüngste, Bedenkzeit erbittet, wirft der erzürnte und starrköpfige Vater sie für immer aus dem Haus. Doch auch mit den beiden Töchtern, die auf dem Hof leben, entzweit sich der störrische Alte. Während er im Delirium das Zusammenleben zerstört, kämpfen sich die beiden älteren Schwestern an eine schreckliche Vergangenheit heran: Rose - eine unnötig mit Weichzeichner bedachte Michelle Pfeiffer - sagt, was sie denkt. Ginny (Jessica Lange, wie auch in "Hush" etwas übertrieben agierend) ist die Gutmütige, die Versöhnende. Sie verdrängt alles, will einfach nicht wahrhaben, was beiden Schwestern widerfahren ist. Während Rose mit einem klaren Blick nichts vergißt und verzeiht. Denn beide wurden als Mädchen und Teenager lange Jahre vom Vater sexuell mißbraucht. Nun stehen sie als reife Frauen mit ihren Familien im Leben, sind aber immer noch Töchter und der "respektabelste Mann der Gegend" ist nicht nur ein schwieriger, alter Mann.
Detailliert schildert der ruhige Film die Phasen der Erinnerung. "Tausend Morgen" ist so ein sehr stimmiges Drama in der spürbaren bäuerlichen Atmosphäre. Die Stars werden zu richtigen Landfrauen und auch kleinere Rollen sind durchgehend gut besetzt. Schon die Autorin Jane Smiley veränderte für ihren mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Roman die Perspektive: Nicht der alte Mann sondern die Töchter Rose und Ginny erzählen - wie Christa Wolff auch die Odyssee aus der Sicht ihrer "Kassandra" neu schrieb. Aus dem Lear-Stoff wurde ein allerdings ganz bewußt ein Melodram gestrickt, eine tränengetränkte Schnulze. Insgesamt will "Tausend Morgen" jedoch zuviel anrühren mit all den Geschichten voller Leid, Krankheiten und Schicksalsschlägen. Nicht nur das zentrale Thema Kindesmißbrauch sorgt für die Genre so wichtigen Tränen. Dazu erkrankt Rose an Krebs und ihr Mann bringt sich um - ihm war alles zuviel. Ginny erlitt eine Reihe von Fehlgeburten - verursacht durch Dünger im Grundwasser. Als auch noch beide mit dem heimgekehrten Sohn (Colin Firth) des Nachbarn anbändeln, kann das nur kurzzeitig etwas Glück bringen.
Jocelyn Moorhouse, die mit "Ein amerikanischer Quilt" und Winona Ryder bereits eine stille Frauengeschichte realisierte, zeigt erneut ihr Vermögen. Allerdings sollte sie sich mal eine ausgewogenere Geschichte auswählen. (Günter H. Jekubzik, FILMtabs)

Da hat Caroline Cook Pech gehabt. Ihr Vater Larry bietet seinen drei Töchtern an, die ihm gehörende Farm unter ihnen aufzuteilen, weil er sich zur Ruhe setzen und Erbschaftssteuern aus dem Weg gehen möchte, als die angehende Anwältin moderat um etwas Bedenkzeit bittet. Larry nimmt dies bereits als kühne Ablehnung auf und schließt seine Tochter spontan nicht nur aus dem Deal aus, sondern ebenfalls aus seinem Leben.
So zieht Caroline in die Stadt, während ihre Schwestern Rose und Ginny mit ihren Ehemännern versuchen das Anwesen über Wasser zu halten. Rose wurde gerade eine Brust abgenommen und muss sich mit einem Mann, Peter, abfinden, der sich nun vor ihr ekelt. Ginny führt eine öde Ehe mit Ty, kinderlos geblieben durch die Wasserverschmutzung auf dem gut durchgedüngten Lande, wovon sie allerdings erst von dem nach 13 Jahren zurückgekehrten Nachbarssohn Jess Clark aufgeklärt wird – mit dem sie eine Affäre eingeht, dem einzigen Manne in ihrem Leben, mit dem sie außer Ty eine derartige zwischenmenschliche Beziehung ausprobiert.
Vater Larry grämt sich indes, sein geliebtes Land und damit ein Stück weit Macht aufgegeben zu haben. Rose und Ginny wurden ihr Leben lang auf das Erdulden patriarchaler Besessenheiten sozialisiert, aber der verbitterte Papa wird bösartiger denn je, so dass die beiden Schwestern ihm schließlich geschlossen die Stirn bieten. Ein Moment katalysatorischer Ausmaße, Rose spricht Ginny auf das langgehegte Inzesttabu an. Während sie selbst im Alter von 13 bis 16 Jahren regelmäßig missbraucht wurde, habe auch die 15-jährige Ginny herhalten müssen, in dem Glauben, ihre jüngere Schwester Caroline dadurch zu beschützen. Ginny kann die Realität aus ihrer Teenagerzeit nicht fassen, erst als ihr ein Erinnerungsblitz einen Schock versetzt, gibt es einen Wendepunkt in ihrem Leben.
Doch nicht nur Larry trinkt zu viel, sondern auch Peter; Caroline und Larry warten mit einer bösen Überraschung auf und die Gemeinde hält weiter zu dem Familien-Tyrannen...
Die amerikanische Presse hat 1000 Morgen gemeinschaftlich zerrissen. Nicht eine auch nur halbwegs positive Berichterstattung offenbarte sich unseren Augen. Das Drama sei zu einer Soap Opera verkommen, Shakespeares King Lear, an den sich die Romanvorlage von Jane Smiley anlehnt, wäre nicht wiederzuerkennen, zu viele ernste Themen zu dick, bzw. der Missbrauch zu dünn aufgetragen, Jessica Lange als Protagonistin Ginny und Michelle Pfeiffer als Rose spielten gut, der Rest aber wäre fehlbesetzt.
Nun gut, die hier nicht vollständig erwähnten Loyalitätschwankungen, Eigentumsstreitigkeiten, Ehebrüche und innere, wie äußere Konflikte könnten in der Tat gut zwei Staffeln einer herkömmlichen Familiensaga füllen. Es bleibt wohl Geschmackssache, ob das unbedingt schlecht sein muss. Immerhin setzt sich der gerade gestartete Latin Boys Go to Hell bewusst mit den Soaps auseinander – als Serie im Film und im eigenen Drehbuch. Und ob der Vorlage einer Filmvorlage 100 % gerecht werden muss, wage ich hier einmal öffentlich zu bezweifeln, solange jedenfalls etwas Anständiges dabei herauskommt. Bleibt also die Frage im Raume stehen, wie anständig 1000 Morgen denn nun ist.
1000 Morgen ist nicht anständig. Denn der Plot entwickelt sich zu einer Inzestgeschichte hin. Und der Protagonistin Ginny liebster Mensch, Rose, stellt sich nach all den Jahren nun entschlossen gegen das Schweigen. Rose bricht mit den verrückten Traditionen einer Missbrauch fördernden Familie und Gemeinde, und das löst Unbehagen aus. In den Charakteren, in den ZuschauerInnen, in den KritikerInnen. Amerika, das Land, in dem sich alles zuerst entwickelt. So wurde beispielsweise das Thema Inzest hier öffentlich debattiert als sich darunter andere Länder noch schlüpfrige Schulmädchenreports aus den "aufgeklärten" 60ern vorstellten. Die amerikanische Öffentlichkeit mag in den 70ern und 80ern ein gewisses Bewusststein entwickelt haben, aber nicht unbedingt eine angemessene Einsicht in das zerstörerische System des Kindesmissbrauchs.
In der Tat glaube ich eine gewisse Gegenreaktion festzustellen. So stieß der französische Kurz-Spielfilmbeitrag Mimi um ein missbrauchtes Mädchen dieses Jahr in Sundance bei der Fachwelt auf Ungnade wegen eines angeblich "veralteten" Themas. Das hätten die Amis spätestens seit einem Jahrzehnt abgehakt. Wie Discomusik wahrscheinlich. Eine Kritik zu 1000 Morgen titelt gar mit dem an ein Kinderlied angelehntes Old Molester Had a Farm in zeilenspringenden Wörtern, was bei der LeserIn im Kopf unumgänglich die folgende Liedzeile "Hee-hi, hee-hi, ho" auslöst. Eine gnadenlos unverschämte Bagatellisierung von Inzest, egal, wie der Film nun bei dem Schreiberling auch angekommen sein mag.
Unendlich viele TV-Dramen und einige Kinofilme bereicherten tatsächlich das US-Pulbikum zum Thema. Allerdings wagt es Michelle Pfeiffer als Rose zum ersten Mal, dem Täter und den Verhältnissen die Stirn zu bieten. Ob der Missbrauch nun stattfand, wer es denn getan hätte, ob noch einmal zu verzeihen sei, oder ob das Opfer etwa zum schizophrenen Mörder wird, dies alles spielt hier keine Rolle. Stattdessen lässt Rose ihren hysterischen Vater im Sturm vor der Tür stehen, kämpft für ihr Recht auf einen Anteil der Farm, nimmt kein Blatt mehr vor den Mund und gestaltet sich ihr Leben, wie sie es gerne hätte. Kurz, sie emanzipiert sich als Frau, heilt als Überlebende, kämpft gegen den Brustkrebs und verzichtet auf Make-up. Das scheint für den Mainstream zu viel zu sein. Als sie ihrem Vater das Wort "Verlierer" an den Kopf wirft, meinte denn auch mein Sitznachbar in einem New Yorker Durchschnitts-Multiplex, dass beide Verlierer seien, sich wohl darauf beziehend, dass sie als Frau sich moralisch nicht um die Gefühle ihrer Mitmenschen kümmere, egal, was diese Mitmenschen ihr so alles angetan haben.
Achtung: Ab hier wird das Ende des Films besprochen.
So weit 1000 Morgen in der Inzest-Thematik vorangekommen ist, so reaktionär wird er leider mit dem Charakter Ginnys. Zwar glaubt sie prinzipiell auch ohne spontane Erinnerungen ihrer Schwester, und sie emanzipiert sich als Frau, aber sie schlägt im Zeitrahmen des Films nicht den heilenden Weg ihrer Schwester ein. So schließt sie den Film mit den Worten, dass sie dem Wunsch ihrer Schwester an deren Sterbebett nicht nachkommt, ihrer anderen Schwester Caroline von dem Inzest also nichts erzählt. Das wäre Roses Wirklichkeit gewesen, nicht die ihre. Wie bitte? Wird damit suggeriert, dass Rose doch etwas spinnert war? Oder das Verdrängen auf alle Fälle besser ist, als jedem davon erzählen, der davon nichts wissen will, wie kurz zuvor über Rose geurteilt wird? Das mögen durchaus realistische Verhaltensmuster für Überlebende sein. Allerdings wird es problematisch, wenn die Protagonistin eines Films über diesen Punkt nicht hinauswächst. Noch schlimmer, wenn diese Botschaft in das sonst hoffnungsschwangere Endstatement eingepackt wird. (quer-view)

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