Ausgegeben den 19. Februar 1901.
KAISERLICHES
PATENTAMT
PATENTSCHRIFT
- Nr 117682 -
Klasse 42m.
Paul Haack in Berlin.
Rechenmaschine mit Stufenwalze.
Patentirt im Deutschen Reiche vom 14. Januar 1900 ab.
Bei der Construction der den Gegenstand vorliegender Erfindung
bildenden Rechenmaschine war der Gedanke leitend, möglichst einfache
Mechanismen zu verwenden.
Ein solcher Mechanismus ist in erster Linie die bekannte
Leibniz'sche Stufenwalze, welche auch bei der neuen Rechenmaschine zur Bildung
der Theilproducte verwendet wird. Bei der vorliegenden Maschine sind jedoch
nicht, wie bei allen anderen dieses Element benutzenden Rechenmaschinen, eben
so viele Stufenwalzen vorhanden als Factorenstellen, sondern hier wird nur eine
einzige Stufenwalze oder ein einziger mit Stufenzähnen versehener Sector
benutzt. Um den Mechanismus in dieser Art ganz wesentlich zu vereinfachen, sind
die einzelnen Glieder des weiter zur Verwendung kommenden Schaltwerkes
kreisförmig angeordnet.
Mit der Reduction der Stufenwalzen auf eine einzige und der
kreisförmigen Anordnung des Schaltwerkes ist bei der neuen Maschine
der complicirte, langgestreckte, viel Platz beanspruchende Mechanismus der
Leibniz'schen Maschine vermieden. Sie zeigt in ihrer Anordnung eine sehr
gedrängte, handliche Form.
Auf
beiliegender
Zeichnung ist die neue Maschine schematisch dargestellt.
Auf der Drehachse 1 des Hohlcylinders 2 ist der in der Ruhelage
nach unten weisende Sector 3 befestigt, während parallel und in
gleichem Abstande zu dieser Drehachse die Wellen 4 in dem Cylinder 2 gelagert
sind, deren jede mit einem zehn Zähne besitzenden Rade 5 versehen ist,
welches sich auf seiner Welle verschieben läßt, aber, in Drehung
versetzt, seine Welle 4 mitdreht. In Fig.
2
ist nur ein Schaltwerkglied mit seinem sämmtlichen Zubehör
dargestellt. In dem Mantel des Cylinders 2 ist parallel zu jeder der
Wellen 4 und senkrecht darüber ein Schlitz vorgesehen, durch den ein mit
dem entsprechenden Zahnrade 5 verbundener Knopf 7 hindurchragt.
Auf dem äußeren Umfange des Cylinders 2 sind neben
jedem Schlitz 27 (Fig.
3)
die gleichen Factorenzeichen 0 bis 9 angebracht, so daß durch
Verschieben der Räder 5 vermittelst des Knopfes 7 der betreffende Factor
eingestellt werden kann. Ist dies geschehen, so wird die Welle 1 und damit
Sector 3 mit Hülfe der Kurbel 8 unter Vermittelung der Kegelräder
9, 10 gedreht, worauf dann der Factor auf der Ziffernscheibe 18 unter dem
Schauloch erscheint, wenn vorher Nullstellung vorhanden war.
Vor der rechten Stirnseite (Fig.
3)
des Cylinders 2 ist ein zweiter Hohlcylinder, das Zählwerkgehäuse 11
auf der Drehachse 1 gelagert, welches auf dem dem Cylinder 2 zugekehrten Ende
seiner Mantelfläche mit den Schlitzen 12 versehen ist. In diese paßt
ein Zahn oder Stift 13, der seinerseits aus dem Mantel des Cylinders 2
seitwärts herausragt. Damit das Gehäuse 11 zum Cylinder 2 verstellt
werden kann, sitzt ersteres lose auf der Achse 1, wird aber durch Feder 14
fest gegen die Stirnwand des Cylinders 2 gedrückt. Um das
Zählwerkgehäuse zu verstellen, zieht man es auf der Achse 1
zurück, so daß der Stift 13 aus dem Einschnitt 12 des
Zählwerkgehäuses heraustritt. Dasselbe ist jetzt frei drehbar und
der Stift 13 kann in einen beliebigen anderen Einschnitt 12 greifen und so
eine andere Lage des Zählwerkgehäuses sichern. Diese Verlegung des
Zählwerkgehäuses 11 ist nothwendig beim Multipliciren, Dividiren und
Wurzelziehen. In dem Zählwerkgehäuse 11 sind die
Zählrollenachsen 26 gelagert; auf jede derselben sind das Zahnrad 17, die
Ziffernscheibe 18 und das zum Auslöschen zu verwendende Rad 19
festgekeilt, sowie ferner der Einstellknopf 20. Die
Zählräderwellen sind so angeordnet, daß sie beim Eingreifen des
Stiftes 13 in irgend einen der Schlitze 12 die Verlängerungen der Wellen 4
bilden. Jede Welle 4 des Schaltwerkes trägt an ihrem dem Zählwerke
zugekehrten Ende ein mit zehn Zähnen versehenes Rad 25, und ebenso ist das
mit der gleichen Zahnanzahl versehene Zählrad 17 auf dem dem Cylinder 2
zugekehrten Ende der Welle 26 befestigt, so daß die beiden Zahnräder
25 und 17 flach gegen einander liegen. Damit das auf der Welle 4 festsitzende
Zahnrad 25 und das auf der Welle 26 angeordnete Zählrad 17 an der Drehung
der ersteren Welle theilnehmen, das Zählwerkgehäuse 11 aber dennoch
in der bereits angegebenen Weise zu dem Cylinder 2 verstellt werden kann, sind
die beiden Räder 25 und 17 durch eine lösbare Kuppelung verbunden.
Diese Kuppelung besteht in Mitnehmerstiften 28 am Zahnrade 17 gegenüber der
Null des Zählrades 18, welche in entsprechende Einschnitte des Rades 25
auf der Welle 4 greifen, so daß, gleichgültig, welches der
Räder 17 bei der Drehung des Zählwerkgehäuses gegen eines der
Räder 25 zu liegen kommt, die Kuppelung hergestellt ist.
Eine hier nicht genannte und auf der Zeichnung nicht
dargestellte Zehnerübertragung, Auslöschvorrichtung u.s.w.
vervollständigen die Maschine.
Die Handhabung der Maschine und der Gebrauchszweck ihrer
Einzeltheile lassen sich am besten an einem Multiplicationsbeispiel klar
machen. Der Rechner stehe so, daß das Gehäuse 11 und die Feder 14 ihm
zugekehrt sind, die Kurbel 8 aber am entgegengesetzten Ende zu seiner Rechten
liegt. Es sei die Zahl 189 mit der Zahl 314 zu multipliciren. Zunächst
verstelle man das Gehäuse 11 zu dem Cylinder 2 so, daß der am
meisten rechts gelegene Einstellknopf 20 sammt dem zugehörigen Schauloch
gegenüber dem am meisten rechts gelegenen Schlitz 27 des Cylinders 2 zu
liegen kommt, wodurch jetzt die am meisten rechts gelegene Welle 4 mit der am
meisten rechts gelegenen Welle 26 gekuppelt ist. Darauf werden durch Drehen
der Einstellknöpfe 20 alle Ziffernscheiben 18 so gedreht, daß in
allen Schaulöchern des Cylinders 11, die über den
Ziffernscheiben 18 stehen, Null zu sehen ist. Sodann wird Knopf 7 in dem am
meisten rechts gelegenen Schlitz 27 auf die Zahl 9 der nebenstehenden Scala
geschoben, ebenso in den darauf folgenden Schlitzen auf die Zahlen 8 und 1,
in allen anderen auf 0. Wird jetzt die Kurbel 8 einmal herumgedreht, so
erscheinen in den drei Schaulöchern rechts von rechts nach links die
Zahlen 9, 8 und 1, nach zweimaliger Drehung 8, 7 und 3. Um das Resultat
189x314 zu erhalten, müßte die Kurbel 314 mal gedreht
werden, wenn keine Verlegung des Zählwerkgehäuses vorgesehen
wäre. Bei vorliegender Einrichtung ist die Anzahl der Umdrehungen jedoch
nur gleich der Quersumme des Multiplicators. Die Rechnung 189x314
geht folgendermaßen vor sich:
Zuerst wird die Kurbel 4 mal gedreht, in den Schaulöchern
steht dann 4x189=756. Das Zählwerkgehäuse wird jetzt um
einen Einschnitt nach rechts verlegt, um gemäß dem schrägen
Untereinanderschreiben des schriftlichen Rechnens dem zweiten Theilproduct
aus 189 einen zehnmal so hohen Werth zu geben, und die Kurbel einmal gedreht.
Hierbei ist die am meisten rechts gelegene Welle 4 mit der von rechts
gesehenen zweiten Welle 26 gekuppelt, und die erste Welle 26 sammt
Ziffernscheibe bleibt während dieser und den folgenden Drehungen in Ruhe.
Hierauf wird das Zählwerkgehäuse jetzt wieder um einen Einschnitt
verlegt und die Kurbel dreimal gedreht. Das Theilproduct aus 3 und 189
bekommt dadurch den hundertfachen Werth; in den Schaulöchern steht
jetzt 59346.
Es entspricht also der Vorgang dem schriftlichen Rechnen, was
folgendes Bild zeigt:
189 | x | 4 |
= | 756 |
189 | x | 10 |
= | 1890 |
189 | x |
300 | = |
56700 59346 |
. |
Die Rechnungsvorschriften weichen also auch bei dieser Maschine
von denen der bekannten nicht ab, doch tritt hier bei Subtraction und Division
an Stelle einer Umschaltung eine entgegengesetzt gerichtete Kurbeldrehung.
Patent-Anspruch:
Rechenmaschine mit Stufenwalze, dadurch gekennzeichnet, daß
um einen einzigen Stufencylinder oder Stufensector sämmtliche Schalt- und
Zählwerkglieder kreisförmig angeordnet sind, so daß bei
beliebiger Stellenzahl des Multiplicators dieser eine Stufencylinder oder
Stufensector zum Antrieb aller Schalt- und Zählwerkglieder ausreicht.
Hierzu
1
Blatt Zeichnungen.
Pasted to this patent was
a copy of the following text:
Ergänzungsblatt zur Patentschrift 117682, Klasse 42m.
Das Patent ist durch rechtskräftige Entscheidung des
Kaiserlichen Patentamts vom ? Oktober
1906 dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß der Anspruch
folgende Fassung erhalten hat:
Rechenmaschine mit einer einzigen Stufenwalze (Stufensektor), um
die sämtliche Schalt- und Zählwerkglieder kreisförmig angeordnet
sind, dadurch gekennzeichnet, daß das Zählwerk mit seinem
Gehäuse durch achsiale Verschiebung außer Eingriff mit dem
Schaltwerk gebracht und auf der Zylinderachse verdreht werden kann, um die
Zählwerkglieder zwecks Verleihung eines höheren Wertes mit
nachfolgenden Gliedern des Schaltwerkes in Verbindung zu bringen.
Notes:
- This patent was HTML'ized by
Andries de Man
from a paper copy in the library of the Bureau Industriële Eigendom,
Rijswijk, The Netherlands.
Andries de Man
3/8/2000