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Morgendämmerung.
Gestalten bewegen sich zwischen den Stämmen der Kokospalmen. Es ist
kurz nach fünf. Die Männer gehen zur Banka.
Sie fassen das Boot an den Auslegern und tragen es mit zehn Mann durch
den weichen Sand ins Wasser. Das Boot ist schwer und die Fußabdrücke
zeichnen sich tief im Sand ab. Die Kinder und Frauen tragen die Paddel
und geflochtene Körbe. Dann stemmen die Fischer das große Sahid-Netz
hoch und bringen es zum Boot. Die Banka gleitet ins Wasser und wiegt
sich sanft auf den Wellen. Es weht eine kühle Brise vom Meer und auch
das Wasser ist relativ kalt. Die Morgenstunden um Sonnenaufgang können
in den Tropen ziemlich kalt sein. Eduardo schwimmt mit seiner Schwimmbrille
aus Holz und Fensterglas über die Seegraswiese und hält nach
einem Sardinen- oder Anchovieschwarm Ausschau. Die anderen warten im Boot
gespannt auf ein Zeichen, um dann so schnell wie möglich den Fischschwarm
mit dem Netz einzukreisen. Eduardo gibt ein kurzes Zeichen und die Banka
wird durch kräftige Paddelschläge der Männer langsam in
Fahrt gebracht. Die Kinder und Frauen bleiben am Strand zurück und
halten ein Ende des 120 Meter langen Netzes fest. Während das Netz
ins Wasser geworfen wird beschreibt das Boot einen Halbkreis und kehrt
zum Strand zurück. Auch dort haben schon einige Frauen und Kinder
gewartet. Nun wird das Netz an beiden Enden über
die Seegraswiese an den Strand gezogen, in der Hoffnung daß man
einen möglichst großen Schwarm von Sardinen oder Anchovies eingekreist
hat. In der Mitte des Netzes befindet sich eine große Tasche, die
den Fischschwarm aufnimmt. Das Wasser in der Netztasche schäumt vor
silbrig glänzenden Anchovies. Die Anchovies
werden in diesem Bereich der Küste Bolinaow genannt. Die Namen
der Fische sind auf den Philippinen sehr variabel. Mit dem selben Namen
kann schon ein Barangay weiter ein völlig anderer Fisch gemeint
sein. Die Bezeichnung Barangay für eine Dorfgemeinschaft stammt
noch aus den Zeiten der Besiedlung des Philippinischen Archipels durch
Malaien seit dem 2. Jahrhundert vor Christus. Barangys waren ursprünglich
die seetüchtige Auslegerboote, mit denen stammesmäßig zusammengehörende
Familienverbände auf den Philippinen eintrafen.
Der Fang wird in große geflochtene
Körbe umgefüllt. Plötzlich ein warnender Aufschrei: “Ito!”
Ganz unten in der Netztasche befinden sich einige junge Korallenwelse,
die Ito genannt werden. Mit ihren drei giftigen, stachelartigen
Flossenstrahlen können sie schmerzhafte Wunden verursachen. Vorsichtig
überführt Eduardo die Korallenwelse in einen der Körbe.
Der Fang war mit ungefähr 20kg recht erfolgreich. Während die
anderen das Netz ordnen und wieder auf die Banka laden, hält Eduardo
schon nach dem nächsten Schwarm Ausschau. Heute ist in Malatapay Wochenmarkt
und daher eine gute Gelegenheit durch den Verkauf des Fanges etwas Geld
zu verdienen. In der Regel wird der größte Teil des Fanges zur
Eigenversorgung benötigt, so daß nicht sehr viel verkauft werden
kann. Oft ziehen sie auch das Netz an den Strand, ohne einen Fisch gefangen
haben.
Die Bevölkerung
der Philippinen hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdoppelt und ist
auf 67 Millionen angestiegen. Dadurch erhöhte sich die Zahl der Fischer
so stark, daß die Fischbestände der küstennahen Gewässer
überfischt werden. Handwerkliche Fischerei wird von über einer
Millionen Filipinos ausgeübt und weit über 7 Millionen Menschen
sind von der Fischerei in irgendeiner Weise abhängig. Mit wachsender
Bevölkerung nimmt deren Zahl weiter zu. Die von der Fischerei abhängige
Bevölkerung lebt an oder unter der Armutsgrenze (auf 2500 Pesos im
Monat angesetzt: 150 D-Mark), wobei 30 bis 40 Prozent keine eigenen Fischereigeräte
besitzen. Im Küstenbereich findet die handwerkliche Fischerei mit
kleinen Netzen, Angelhaken
und Fallen vor allem in den Korallenriffen
und Seegraswiesen statt. Die Korallenriffe bedecken schätzungsweise
33.000 km2 der Flachen Küstengewässer und sind auf 7107 Inseln
verteilt. Zwei Drittel der philippinischen Korallenriffe befinden sich
nach einer Studie des “ASEAN-Australian Marine Science Project” in einem
mäßigen bis schlechten Zustand. Im Rahmen dieses Projektes zwischen
den ASEAN Staaten (Burnei, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapore,
Thailand, Vietnam) und Australien soll der ökologische Zustand der
küstennahen Gewässer erfaßt werden. Ziel ist die Erarbeitung
eines Küstenmanagements zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen
Ressourcen Korallenriff, Seegraswiese und Mangrove. Die Fischbestände
der philippinischen Korallenriffe gelten generell als überfischt.
Dieses führt zu geringeren Fangmengen, so daß es für die
Fischer immer schwieriger wird ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf
den Philippinen und im übrigen Südostasien ist Fisch die Hauptquelle
für Fleisch, da Hühner-, Schweine- oder Rindfleisch für
den größten Teil der Bevölkerung zu teuer ist. Daher belegen
die Philippinen im jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch mit 35
kg weltweit einen der ersten Plätze. In den zentralen Visyas (die
Provinzen Nergros Oriental, Cebu und Bohol) liegt der Fischkonsum sogar
bei 48 kg pro Person und Jahr. Der Durchschnitt der Europäischen Union
beträgt hingegen nur rund 20 kg. Professor Pauly von der Universität
in Vancouver / Kanada hat für diese Entwicklung den Begriff “Malthusian
overfishing” geprägt, der auf die Thesen des englischen Nationalökonomen
T.R. Malthus (1766-1834) zurückzuführen ist. Diese demonstrieren,
daß die als Nahrungsgrundlage dienenden natürlichen Ressourcen
einem unkontrolliertem Bevölkerungswachstum nicht folgen können.
Durch Forschungs- und
Entwicklungshilfeprojekte soll eine Zerstörung der Fischbestände
in den küstennahen Gewässern verhindert werden. Im “Centre for
the Establishment of Marine Reserves in Negros Oriental (CEMRINO)” in Dumaguete,
der Hauptstadt der Provinz Negros Oriental, unterstützten die deutschen
Meeresbiologen Dr. Helge Vogt und Berthold Schirm die Umweltbehörde
“Resource Management Division (RMD)” bei der Einrichtung von marinen Schutzgebieten.
In der Provinz Negros Oriental gibt es inzwischen 22 solcher gesetzlichen
Schutzgebiete, von denen 12 mit Unterstützung von „CEMRINO“ eingerichtet
wurden. Neben den Wissenschaftlern von “CEMRINO” war auch die Fischereibiologin
Maike Waltemath vom “Deutschen Entwicklungsdienst (DED)” an diesem Projekt
beteiligt. Ziel des Projekts war es, das Ausmaß der handwerklichen
Fischerei zu erfassen und durch Schutzgebiete eine Zerstörung der
Fischereiresourcen zu verhindern. Das Projekt wurde von der Europäischen
Union finanziert und durch das “Zentrum für Marine Tropenökologie”
an der Universität Bremen durchgeführt.
Die Einrichtung von marinen Schutzgebieten
ist aber nur sinnvoll, wenn die ansässigen Fischer die Notwendigkeit
einsehen und sich aktiv an der Durchsetzung des Fischereiverbotes im Schutzgebiet
beteiligen. Die Dorfgemeinschaften der Barangays werden in Negros Oriental
durch Mitarbeiter der “Resource Management Division” regelmäßig
besucht und in Informationsveranstaltungen über die Vorteile von Schutzgebieten
aufgeklärt. Daher wird die Errichtung von marinen Schutzgebieten in
den Barangays auf breiter Basis akzeptiert. Teilweise fragen Dorfgemeinschaften
selber bei der Umweltbehörde an, ob bei ihnen nicht auch ein Schutzgebiet
erreichtet werden kann. Nachdem in einem Barangay die Idee eines Schutzgebietes
mit Fischereiverbot akzeptiert worden ist, untersuchen die Wissenschaftler
von „CEMRINO“ die dem Dorf vorgelagerten Korallenriffe. Zum einen wird
der Zustand der Korallen erfaßt, zum anderen wird der Fischbestand
im Riff ermittelt. Die Aufnahme der Daten erfolgt in zahlreichen Tauchgängen
im Korallenriff. Die Erfassung der Korallen erfolgt mit Videokameras und
das Ziel ist es, die Bedeckung des Riffs mit lebenden Korallen zu ermitteln,
da sich daraus der Zustand des gesamten Korallenriffs mit all seinen Bewohnern
erkennen läßt. Für die Fischerei ist die Fischgemeinschaft
des Korallenriffs interessant, so daß auch diese eingehend untersucht
wird. Der Fischbestand wird durch Fischzählungen unter Wasser von
den Meeresbiologen ermittelt. Der Taucher muß eine sehr gute Beobachtungsgabe
haben und mindestens die 250 bis 300 häufigsten von den rund 2500
Fischarten der philippinischen Korallenriffe erkennen können. Dieses
erfordert sehr viel Erfahrung und Training.
Wenn die ökologischen Voraussetzungen
für ein marines Schutzgebiet erfüllt sind, daß Riff sich
also noch in einem relativ guten Zustand befindet, wird in der Dorfgemeinschaft
über die Errichtung eines Reservates abgestimmt. In den meisten Fällen
sprechen sich die Fischer für ein Schutzgebiet aus, das dann offiziell
vermessen und mit Bojen markiert wird. Je nach Größe des Korallenriffs
in den Gewässern des Barangays hat dieses eine Ausdehnung von ein
bis zwei Hektar. Innerhalb dieses Gebietes ist nun jede Art der Fischerei
verboten und die orts-ansässigen Fischer überwachen die Einhaltung
dieses Verbotes. Die Größe des Schutzgebietes ist so gewählt,
daß den Fischern noch genug Raum bleibt der Fischerei nachzugehen.
Auch der zweite Fang
war erfolgreich, so daß das Netz ein drittes mal ausgebracht wird.
Nach zweieinhalb Stunden Fischerei werden die drei vollen Körbe zum
Wochenmarkt gebracht, wo sie verkauft werden sollen. Jeder Helfer nimmt
sich eine Hand voll Fische zum Frühstück mit. Oft ist diese Hand
voll Fisch das einzige, was sie erhalten, denn nicht immer ist der Fang
so groß. Heute ist ein Glückstag, denn wenn der Fang verkauft
ist, erhalten sie ihren Anteil in Pesos ausgezahlt. Für die Fischer
ist der Wochenmarkt eine willkommene Abwechslung und eine gute Gelegenheit,
durch allerlei Geschäfte etwas Geld zu verdienen. In kleinen Eateries
verkaufen sie Essen und Getränke, beteiligen sich als Zwischenhändler
am Viehhandel oder verkaufen ihren Fang.
Auch Freddy ist heute mit seiner Crew erwartungsvoll
zum Korallenriff gerudert, um das große Kiemennetz einzuholen. Gestern
Abend hatten sie das Netz im Riff ausgebracht. Nun holen sie es wieder
ein und Freddy muß ständig nach unten Tauchen, weil sich das
Netz in den Korallen verfangen hat. Nachdem das Netz geborgen worden ist,
kehren sie an den Strand zurück. Fische und Korallenbruchstücke
werden sorgfältig aus dem Netz gelöst und das Netz wird ordentlich
zusammengelegt. Heute gibt es jedoch nicht viel zu verteilen. Jeder erhält
ein paar kleine Fische, zum Verkauf bleibt leider nichts übrig. Victoriano
läuft mit einem breiten zahnlückenlächeln und vollem Korb
zu seinem Haus. Er ist an diesem Morgen schon vor Morgengrauen aufgebrochen
und über eine Stunde mit seiner kleinen Banka zu seinem Angelplatz
gepaddelt. Dort hat er mit großer Erfahrung und auch etwas Glück
einen guten Fang gemacht. Viele gelblich-rosa-farbene Schnapper sind ihm
an den Haken gegangen, die er nun für gutes Geld auf dem Wochenmarkt
verkaufen kann.
Negros Oriental ist
ein gutes Beispiel für einen vielversprechendes Management der handwerklichen
Küstenfischerei. In den an der gesamten Küste verteilten Schutzgebieten
können sich die Fischbestände erholen und es wird eine nachhaltige
Nutzung der Fischereiresourcen ermöglicht, so daß auch zukünftige
Generationen vom Meer leben können. Leider ist die Durchführung
eines solchen Managements nicht in allen Regionen der Philippinen möglich.
In vielen Bereichen des Landes werden noch zerstörerische Fischereimethoden
verwendet, obwohl diese 1972 durch strenge Fischereigesetze verboten worden
sind. Bei Mißachtung dieser Gesetze kann sogar eine lebenslange Haft
verhängt werden. Auf den Inseln Samar und Palawan wird aber dennoch
mit Dynamit oder Natriumcyanid gefischt. Da Dynamit zu teuer und schwer
zu bekommen ist, bauen die Fischer die Sprengladungen mit dem Kunstdünger
Ammoniumnitrat selber. Es wird geschätzt, daß fast 50 % der
handwerklichen Fischer zumindest unregelmäßig Dynamitfischerei
betreiben. Durch die Detonation der Sprengladung werden alle Tiere in unmittelbarer
Umgebung getötet und auch in größerer Entfernung nehmen
Fische noch Schaden. Die Korallen werden zerstört, so daß nur
noch tote Korallenschutthalden zurückbleiben. In diesen zerstörten
Korallenriffen ist eine dramatische Abnahme von Fischen und anderen Vertretern
der Fauna zu beobachten. Durch Wellen und Strömungen wird dieser Schutt
ständig umgelagert, so daß sich nur schwer neue Korallen ansiedeln
können. Daher wird es Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern, bis
die angerichteten Schäden durch neues Korallenwachtum behoben sind.
Auch durch die Fischerei mit dem Gift Natriumcyanid wird das Ökosystem
Korallenriff Stück für Stück zerstört. Das Gift wird
von tauchenden Fischern aus kleinen Plastikflaschen in die Korallenstöcke
gespritzt, in denen sich die Fische verstecken. Alle Tiere die damit in
Verbindung kommen werden betäubt, schwer geschädigt oder getötet.
Neben den Fischen werden mit dem Natriumcyanid auch Korallen und andere
Tiere vergiftet. Es wird geschätzt, daß in den Philippinen jährlich
33 Millionen Korallenstöcke mit Cyanid eingesprüht werden. Natriumcyanid
kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn Fische für Aquarien oder als
lebende Delikatesse für japanische oder chinesische Restaurants gefangen
werden sollen. Im Restaurant werden dort mehrere hundert D-Mark für
lebende Zackenbarsche gezahlt, die Fischer jedoch erhalten nur einen Bruchteil
dieser Summe. Von den gefangenen Aquarienfischen sterben mehr als 80% auf
dem Weg zum Kunden in den USA oder Europa.
In vielen Regionen der Philippinen befinden
sich die Fischer in einem Teufelskreis. Sie wissen um die zerstörerische
Wirkung dieser Fischereimethoden, jedoch haben sie keine andere Möglichkeit
ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Mit den herkömmlichen Methoden,
wie Angelhaken und Reuse, fangen sie so wenig Fische, daß sie nicht
einmal den durchschnittlichen philippinischen Tageslohn von 80 bis 100
Pesos (= 5 bis 6 D-Mark) verdienen können. Benutzen sie hingegen Dynamit,
so können sie durch eine Sprengladung ein Vielfaches verdienen. Dafür
nehmen sie auch gesundheitliche Schäden in Kauf, denn viele haben
durch Sprengladungen schon Gliedmaßen verloren oder sich mit Natriumcyanid
vergiftet.
Auch Juan hat einmal
nur von der Fischerei gelebt. Er stammt von der kleinen Insel Apo Island,
die dem Fischerdorf Malatapy vorgelagert ist. Auf Apo Island gibt es zwei
kleine Barangays und man lebt ausschließlich vom Fischfang. Obwohl
die Fänge an der Küste abgenommen haben, fangen die Fischer von
Apo Island immer noch genügend Fisch. Es gibt dort viele Fische des
offenen Ozeans, wie die begehrten Mamsa (Stachelmakrelen) und Rainbowrunner,
die gelegentlich die Korallenriffe aufsuchen.
Im Jahr 1972 kamen Vertreter einer großen
Fishing Company nach Negros, um Leute für die großen Muro-ami-Fischdampfer
anzuheuern. Da die Familie auf jeden Peso angewiesen war, wurde der 14-jährige
Juan auf die Fangboote nach Palawan geschickt. Diese plünderten durch
diese zerstörerische Fangmethode die zahlreichen Korallenriffe, die
der Küste Palawans vorgelagert sind.
Muro-ami wurde während des Zweiten
Weltkrieges von den Japanern auf den Philippinen eingeführt. Die eingesetzten
Netze sind über 300 Meter lang und bis zu 50 Meter hoch. In der Mitte
habe sie eine große Öffnung, an die sich ein riesiger Sack von
100 m Länge anschließt. Das Netz wird in einem Halbkreis um
das Korallenriff ausgebracht und mehr als 200 Schwimmer treiben die Fische
des Korallenriffs in das Netz. Als Schwimmer werden hauptsächlich
Kinder eingesetzt, die durch Steinen beschwerte Leinen mit sich führen,
an denen zahlreiche glitzernde Plastikstreifen angebracht sind. Mit Hilfe
der Leinen bilden die Schwimmer eine sich bewegende Wand, die sich langsam
auf das große Netz zubewegt und die Fische hinein treibt. Durch das
Klopfen mit den Steinen auf die Korallen werden diese zertrümmert
und die Fische aus ihren Verstecken getrieben. Durch diese Methode wird
das Korallenriff annähernd komplett abgefischt. Zurück bleibt
ein zerstörtes Korallenriff, eine Schutthalde aus Korallenbruchstücken,
die von keinem Fisch mehr bevölkert wird.
Auf den Fischdampfern wurden unter miserablen
hygienischen Umständen weit über 300 Menschen zusammengepfercht.
Trinkwasser war knapp, so daß die Menschen sich selbst und die Kleidung
nur mit Salzwasser waschen konnte. Unter diesen Bedingungen lebte Juan
ein Jahr auf solch einem Schiff. Der Fang wurde von kleineren Schiffen
in die Häfen gebracht, so daß die großen Fischdampfer
selten in einen Hafen einfuhren. Durch Hai-Angriffe kam es häufig
zu Todesfällen und viele Taucher verwickelten sich im Netz und ertranken.
Die Taucher waren nur mit einer Schwimmbrille aus Holz und Fensterglas
ausgerüstet und tauchten bis zu 30 Meter tief. Sie hatten die Aufgabe
große Fische an der Flucht aus dem Netzsack zu hindern. Bei dieser
Arbeit konnten sie zu weit in den Netzsack geraten, hatten keine Chance
mehr aufzutauchen und ertranken. Die Reeder der großen Fischdampfer
erlaubten es den Tauchern nicht, ein Messer mitzunehmen, um sich damit
aus dem Netz befreien zu können, da dadurch das Netz beschädigt
wird.
Trotz des 1972 erlassenen Verbotes dieser
zerstörerischen Fischereimethode gibt es immer noch Muro-ami-Fangschiffe
vor Palawan und einer der Reeder ist sogar Abgeordneter im philippinischen
Parlament. Durch Korruption ist es oft unmöglich die bestehenden Gesetzte
zum Schutz der Korallenriffe und Fischbestände durchzusetzen.
Nach vielen Jahren des Sparens hat Juan
sich zwei Pump boats, große Bankas mit Motor, gekauft. Ein Pump boat
kostet ein kleines Vermögen von 25.000 Pesos (ca. 1500 DM). Mit diesen
beiden Booten fährt er Tauchtouristen zum Marine Reserve auf Apo Island.
Die Tagesmiete für das Boot beträgt 500 Pesos, so daß er
auch Boatman einstellen kann, falls er selber nicht fahren kann. Juan hat
gute Kontakte zu einem großen Hotel in der Provinzhauptstadt Dumaguete,
so daß er in der Saison von Dezember bis März sehr viele japanische
und amerikanische Sporttaucher zur Insel bringt. Auf diese Weise hat er
sich von der Fischerei unabhängig gemacht, so daß es ihm nun
besser als vielen seiner Nachbarn geht.
Neben der Fischerei bauen viele Familien
im Dorf noch Reis oder Mais an. Meistens reicht die Ernte jedoch nur zur
Eigenversorgung aus. Auch die Familie von Juan bestellt ein kleines Stück
Land und baut dort Mais an, da die Wasserversorgung zum Reisanbau nicht
ausreicht. Alle Familien der Dorfgemeinschaft bestreiten Ihren Unterhalt
durch mehrere Einnahmequellen, denn nur von der Fischerei kann hier fast
niemand mehr Leben.
Noch kann das Meer die
Fischer von Malatapay und viele hundert Millionen Menschen in anderen Entwicklungsländern
ernähren, jedoch ist diese Nahrungsquelle in Zukunft durch Überfischung
bedroht. Dem kann nur durch eine Verminderung des Bevölkerungswachstums
und Verbesserung der sozialen Situation entgegengewirkt werden. Die Fischer
müssen durch einen alternativen Lebenserwerb außerhalb der Fischerei
aus dem Teufelskreis der Überfischung befreit werden. Daneben muß
eine nachhaltige Nutzung die Fischbestände und Korallenriffe durch
ein Küsten- und Fischereimanagement ermöglicht werden, wie es
z.B. durch die Einrichtung von marinen Schutzgebieten möglich ist.
Wenn an der heutigen Situation nichts geändert wird, sind die Korallenriffe
der Philippinen und Südostasiens in ihrer Existenz bedroht.
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