Meriones unguiculatus

Leitfaden für die Haltung der
Mongolischen Rennmaus

von Jörg Eberbeck

Copyright © 1997 - 2002 by Jörg Eberbeck
Letzte Änderung: 13. Mai 2002
Diese Seite wird gelegentlich aktualisiert, schauen Sie doch ab und zu mal wieder herein.



Für die Eiligen gibt es auch eine Kurzfassung dieses Leitfadens
.


Der Name

Es sind verschiedene Namen im Gebrauch. Im Englischen hat sich die irreführende Bezeichnung gerbil etabliert, die eigentlich eine andere, nahe verwandte Familie bezeichnet. Im Deutschen sollte Gerbil nicht verwendet werden. Gänzlich falsch ist die Bezeichnung Springmaus, die eine nicht näher verwandte (auch nicht ähnlich aussehende) Tierart bezeichnet. Gut springen, das können unsere Rennmäuse allerdings auch! Der Name Wüstenrennmaus ist auch nicht passend, die Mongolische Rennmaus ist ein Steppenbewohner. Eindeutig ist die wissenschaftliche Bezeichnung Meriones unguiculatus.


Einkaufszettel

Was Sie besorgt haben sollten, wenn Sie die Rennmäuse abholen (Erläuterungen siehe weiter unten): Empfehlenswerte Kombinationen für die Besatzung eines Terrariums: Kaufen Sie nur gesund aussehende und gut gehaltene Tiere. Von "Mitleidskäufen" rate ich ab. Sie unterstützen dadurch schlechte Haltungsbedingungen (der freigewordene Platz wird bestimmt wieder durch neue Tiere aufgefüllt) und bekommen eventuell ein krankes Tier. Wenn Sie geschlechtsreife Weibchen aus einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe erwerben, besteht die Gefahr, daß das Tier schon schwanger ist. Außerdem kann man sich leider auch im Fachhandel sehr häufig nicht auf die Geschlechtsbestimmung durch das Personal verlassen.


Nie alleine halten!

Mongolische Rennmäuse dürfen nicht alleine gehalten werden, sie brauchen einen Artgenossen im Terrarium. Von anderen Tierarten her wird auf Rennmäuse oft die Erwartung übertragen, daß Weibchen verträglicher sind als Männchen. Das ist falsch! In eingeschlechtlichen Gruppen sind Männchen problemloser! Für den Kauf von Tieren gilt folgendes:

Für die Stabilität einer Gruppe aus verschiedenen Altersstufen, wie sie sich bildet, wenn Sie mehrere Würfe und die Eltern zusammen behalten, gilt: Zunächst unterdrückt die Anwesenheit der dominanten Eltern das Dominanzstreben des Nachwuchses. Mit zunehmendem Alter wird aber die Gefahr des Ausbruchs von Rivalitäten zwischen den gleichgeschlechtlichen Tieren immer größer. Zwei Monate können Sie die Tiere durchaus zusammen lassen (wenn der Platz im Terrarium es zuläßt), dann sollten Sie den Nachwuchs aber langsam abgeben, um sich und den Tieren Streß zu ersparen. Manche geben als Faustregel außerdem an, nicht mehr als die beiden letzten Würfe bei den Eltern zu lassen. Die Weibchen werden übrigens in ihrer sexuellen Ausreifung durch die Anwesenheit der Mutter stärker unterdrückt, als die Söhne durch den Vater. Streitigkeiten werden deshalb wahrscheinlich zuerst zwischen den Söhnen und ihrem Vater auftreten.

Diese Angaben beruhen auf Erfahrungen vieler Rennmaushalter. Jedes Tier hat aber seinen eigenen, unterscheidbaren Charakter, so daß dies nur Hinweise sein können, die im Einzelfall nicht immer zutreffen müssen.

Rennmäuse bilden feste Familienverbände, die fremde Artgenossen nicht oder nur in besonderen Fällen akzeptieren. In einem geschlossenen Terrarium, wo der Eindringling nicht flüchten kann, endet es in der Regel mit dem Tod des/der weniger durchsetzungsbereiten Tiere/s, wenn man ein fremdes Tier hinzusetzt. Aus diesem Grund ist es wichtig, Gruppen von Anfang an richtig zu planen.

Ausnahmen: Nicht geschlechtsreife Junge (5 - 6 Wochen alt) lassen sich meist problemlos zusammensetzen, je jünger desto besser. Zwei einsame Tiere (z. B. nach dem Tod des Partners) akzeptieren sich unter Umständen gegenseitig oder jeweils ein Junges, große Vorsicht ist aber geboten. Männchen akzeptieren leichter fremde Artgenossen (besonders junge) als Weibchen.


Zusammengewöhnen fremder Tiere mit der Trennkäfig-Methode

Die sicherste Methode zum Zusammengewöhnen fremder Tiere ist die Trennkäfig-Methode. Von allen anderen "Geheimtips" rate ich dringend ab, ich bekomme mit schöner Regelmäßigkeit Mails über traurige Resultate mit zerbissenen oder getöteten Tieren. Besonders oft wird empfohlen und mißlingt dann, den Eigengeruch der Tiere mit kräftigen anderen Gerüchen zu überdecken und sie dann zusammenzusetzen. Bitte ersparen Sie sich den Streß, es geht sicherer.

Eine solide Trennwand wird passend für ein Terrarium aus Holz zugeschnitten. Sehr praktisch ist es, wenn man Schlitze anbringt, so daß die Trennwand in die seitlichen Tragegläser für die Aquarienabdeckung eingehängt werden kann. Es sollten keine größeren Lücken bleiben (auch oben, unter der Abdeckung), da Rennmäuse sich ziemlich dünn machen können, wenn sie durch eine Öffnung hindurch wollen. In der Mitte sägt man eine Öffnung aus, die mit angenageltem Fliegendraht verschlossen wird. Der Fliegendraht sollte kräftig genug sein, um einiges Kratzen auszuhalten und an den Rändern so umgebogen werden, daß keine Verletzungen an den nadelspitzen Drahtenden entstehen können. Kaninchengitter (ca. 1 cm Gitterweite) ist zwar noch stabiler, aber es besteht das Risiko, daß die Tiere sich gegenseitig an den Pfoten verletzen, was allerdings nach Aussage eines anderen Züchters doch nicht eintritt. Falls Sie kein Werkzeug haben, um die Öffnung im Holz auszusägen, läßt sich die Trennwand auch aus passenden Brettchen mit Holzkleber (Ponal) oder aufgeschraubten Metallstreifen zusammensetzen. Damit die Wand nicht umgestoßen oder verschoben werden kann, sichert man sie von allen Seiten mit schweren Gegenständen (z. B. mit Sand gefüllte, verschlossene Marmeladengläser). Es empfiehlt sich, die aufliegende Abdeckung auch von oben zu beschweren.

Man setzt nun zweimal täglich die Tiere jeweils auf die andere Seite des Terrariums, so daß sie sich an den Geruch des fremden Tieres auch in der Streu des eigenen Reviers gewöhnen können. Nach mindestens 3 Tagen, in schwierigen Fällen auch länger (14 Tage), können Sie die Trennwand versuchsweise herausnehmen. Je länger Sie warten, desto sicherer ist der Erfolg. Vorher stellen Sie bitte ein geeignetes Behältnis bereit, in das sie ein Tier vorübergehend setzen können, wenn der Versuch mißlingt und Sie die Tiere trennen müssen. Außerdem sollten Sie einen Schutzhandschuh tragen, z. B. einen einfachen, billigen (teil-) ledernen Arbeitshandschuh aus dem Baumarkt, damit Sie notfalls ohne zu zögern eingreifen können.

Scheinen die Tiere sich einander leicht aggressiv zu nähern, halten Sie die behandschuhten Finger locker dazwischen. Wenn es eindeutige oder dauernde Aggression gibt, wenn die Tiere ein kämpfendes Knäuel bilden, wenn Blut fließt oder ein aggressives Jagen sich zeigt, bei dem die Tiere gegen Wände und Abdeckungen knallen (dabei kann es zu Knochenbrüchen kommen, besonders in engen Terrarien und Häuschen), trennen Sie die Tiere sofort und brechen den Versuch ab. Nach längerer Gewöhnungszeit im Trennkäfig könnten Sie es dann noch einmal versuchen, aber je schlimmer und je häufiger die Auseinandersetzungen waren, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, daß eine Zusammengewöhnung möglich ist. Wichtig ist, daß die Tiere nicht auf "neutralem Grund", sondern im Gewöhnungs-Terrarium zusammengebracht werden, da dort der vermischte Geruch der beiden Tiere herrscht, während es in einem neuen Revier mit größerer Wahrscheinlichkeit zu Kämpfen kommt.

Ein sicheres Zeichen für das Gelingen des Versuchs ist es erst, wenn die Tiere zusammen im Nest schlafen oder gegenseitig Fellpflege betreiben. Bis dahin sollten Sie die Tiere im Auge behalten, eine gefährliche Auseinandersetzung könnte noch ganz plötzlich losbrechen. Oft ist die Rangordnung zwischen den beiden Tieren aber schon in den ersten Minuten des Zusammensetzens klar: Wichtig ist, wie sich das dominante Tier verhält. Im günstigen Fall beschnüffelt es den neuen Partner ausgiebig (jagt ihn dafür auch, um genügend intensiv riechen zu können, was das rangniedere Tier meistens sehr ängstigt) und ignoriert es dann mehr oder weniger. Die Erregung, die das Zusammensetzen auch dem dominanten Tier verursacht, reagiert es dann oft in ausgiebigem Graben in der Streu oder in den Ecken des Terrariums ab. In den ersten ein, zwei Nächten traut sich das rangniedere Tier manchmal nicht oder nur ganz kurz ins Nest und schläft irgendwo außerhalb.

Ein Foto einer soliden Trennwand aus Holz und Fliegendraht zum Einhängen in die Auflagen für die Aquarienabdeckung finden Sie hier. Auf Dauer sind Fliegendraht oder Holz übrigens keine sichere Abtrennung!

Achtung! Wenn Sie ein Männchen mit einem paarungsbereiten Weibchen zusammensetzen, kann es sein, daß die beiden sich - auch ohne vorherige Zusammengewöhnung - sofort paaren und danach auch miteinander im Nest schlafen. Das ist keine Zusammengewöhnung! In mehreren Fällen tötete das Weibchen anschließend das Männchen unbemerkt in der Nacht, nachdem die Paarungsbereitschaft abgeklungen war.


Terrarium

Am geeignetsten scheint mir die Haltung in Glasterrarien. Sie sind problemlos sauberzuhalten, und man sieht viel von den Tieren. Für ein Pärchen ohne Nachwuchs empfehle ich mindestens: eine Grundfläche von 80 x 35 cm² und eine Höhe von 40 cm. Noch besser ist eine Grundfläche von 100 x 40 cm², die bietet die Möglichkeit für abwechslungsreiche Inneneinrichtung mit vielen Verstecken und einer zweiten Ebene. Bei weniger als 40 cm Höhe springen die Tiere ziemlich leicht auf oder über den Rand des Terrariums, außerdem fliegt mehr Dreck heraus. Zu hoch sollte das Terrarium aber wegen der Belüftung auch nicht sein, es sei denn, Sie planen sehr dicke Einstreuschichten. Im Handel sind Aquarien in der angegebenen Größe hin und wieder in Sonderangeboten günstig erhältlich.


Abdeckung

Die Terrarien müssen luftdurchlässig abgedeckt werden, da die Rennmäuse gute Springer sind. Gut geeignet ist verzinktes Tierkäfiggitter aus dickerem Draht mit einer Maschenweite von ca. 1 cm x 1 cm, wie es in Baumärkten in Rollen angeboten wird.


Einstreu

Der Boden des Terrariums sollte mindestens ein bis zwei fingerdick, je mehr desto besser, mit Holz (Hobelspäne, Futtermittelgeschäft) ausgestreut sein. Die bei uns erhältliche Holzeinstreu scheint unproblematisch zu sein. Aus den USA hört man, daß dort Einstreu aus Zedernholz angeboten wird, welche aber bei Rennmäusen oft Allergien auslöst und in der Folge Infektionserkrankungen nach sich zieht. Espe, die hier wohl kaum zu bekommen ist, soll am wenigsten reizend wirken, danach Fichte und nur bedingt Kiefer.

Heu als weiches Nistmaterial wird gerne genommen, wird aber nach und nach zernagt (und auch gefressen) und ist nicht unbedingt notwendig. Bei manchen Tieren verursacht Heu Allergien. Heu steht auch im Verdacht, gefährliche Krankheiten zu übertragen. Auch Stroh kann Infektionskrankheiten und Parasiten einschleppen. Hamsterwatte ist gefährlich; wenn die Tiere sich darin verheddern, kann es zu Abschnürungen von Gliedmaßen kommen! Aus dem gleichen Grund sollten Sie keine Textilien geben. Bitte lassen Sie es da auf keine Versuche ankommen. Immer wieder hört man von Verstümmelungen und Todesfällen durch fädiges Material! Einfaches Toilettenpapier dagegen ist zu empfehlen, es wird zerrupft und bildet dann ein ungefährliches, weiches Nistmaterial. Vorsicht bei Zellstofftüchern von der Küchenrolle: "Bessere" Produkte sind manchmal mit Netzmittel (Spülmittel) imprägniert um das Material saugfähiger zumachen. Sägemehl ist wegen des Staubs und ungewisser Zusammensetzung ungeeignet und gefährdet Augen und Atemwege.


Sandbad

Rennmäuse baden leidenschaftlich gerne in feinem Sand. Geeignet ist feiner Vogelsand oder Chinchillasand, außerdem Spielsand, wenn er trocken ist. Gefäße sollten mindestens 15 cm Durchmesser und 5 - 6 cm Rand haben und standfest aus schwerem, wasserundurchlässigem Material sein. Saugfähiger Ton ist nicht geeignet! Im Fachhandel werden rundum glasierte Futternäpfe (optimale Reinigung) und hochgebrannte, geschlossenporige Tonnäpfe mit nach innen gewölbtem Rand (optimale Form) angeboten. Letztere sind aber nicht immer von gleicher Qualität und manchmal doch porös. Die Tiere verunreinigen den Sand nämlich rasch mit Kotballen und Urin. Wenn der Sand naß ist oder zu riechen anfängt, sollte er gewechselt werden. So halten Sie viel vom Urin aus dem Käfig heraus. Eine Unterschichtung des Sandes mit Bentonit-Katzen-Klumpstreu verlängert die Brauchbarkeit des Sandbades, verhindert sehr zuverlässig Geruch (aus dem Sandbad), beeinträchtigt aber wegen der groben Körner die "Badequalität". Ein besonderes Vergnügen: angewärmter frischer Sand.

Die Geruchsbelästigung ist bei Rennmäusen geringer als bei anderen Nagern und schwankt von Tier zu Tier und auch von Zeit zu Zeit. Ganz eingetrockneter Urin riecht kaum noch. Erwachsene Tiere benutzen oft einigermaßen regelmäßig das Sandbad als Toilette. Wenn aber Nachwuchs kommt, der notwendig ins Nest uriniert, stinkt es schon einmal etwas. Ich reinige dann das Terrarium frühestens, wenn sich die Augen der Jungen geöffnet haben.


Einrichtung

Ein Häuschen als Rückzugsmöglichkeit ist dringend zu empfehlen. Als Beutetiere suchen Rennmäuse oft Deckung. Das Häuschen sollte aus dickem Holz oder Ton und eher flach und nicht zu groß sein. Wenn ansonsten genügend zum Nagen im Terrarium ist, werden die Häuschen kaum angenagt. Weitere Verstecke im Terrarium sind sehr willkommen. Eine abwechslungsreiche Einrichtung mit vielen Verstecken und zusätzlichen Ebenen erhöht die "Nutzfläche" eines Terrariums. Vermeiden Sie Glas oder Kunststoff: Beide Materialien können zu Feuchtigkeitsstau führen, Kunststoff wird wegen scharfer Nagekanten sehr gefährlich. Es empfiehlt sich, die Häuschen auf kleine, wenige Millimeter hohe Holzfüßchen zu setzen, für den Fall, daß innen oder außen uriniert wird. Dann saugt sich das Holz nicht so voll. Inzwischen baue ich für meine Terrarien erhöhte Ebenen (dicke Leimholzbretter mit zweifach angenagelten Besenstielabschnitten als Füßen). Diese haben gegenüber Häuschen den Vorteil, daß sich die Feuchtigkeit darin nicht so staut. Meine Rennmäuse wohnen meistens in Nestern aus viel Streu, die sie unter den Ebenen bauen, und benutzen die Häuschen als zusätzliche Verstecke z. B. bei Gefahr und zum Fressen von Leckerbissen, aber leider auch als Toilette.

Nach neueren Erkenntnissen hängt auch das typische stereotype Graben der Rennmäuse in den Ecken der Terrarien mit der Einrichtung zusammen: Dieses Verhalten zeigen Tiere, die ohne einen sicheren Bau großgeworden sind. Ein sicherer Bau ist eine Kammer mit einem Gang davor. Es empfiehlt sich also, eine dickere Schicht Streu auf den Boden zu geben, die Streu mit "strukturgebenden" Bestandteilen anzureichern (Toilettenpapier, Heu, Äste und Holzleisten, Papprohre bzw. gerollte Wellpappe), um stabile Gänge zu ermöglichen. Wichtig ist, daß ein Gang mit der Kammer (Häuschen) verbunden ist. Diese Einrichtung soll das stereotype Graben bei damit aufgewachsenen Jungtieren ganz verhindern und bei älteren Tieren nachträglich mindern.

So wichtig Verstecke für Rennmäuse sind, so gerne haben sie auch erhöhte Aussichtspunkte, auf denen sie manchmal, etwa im Sandbad zu einem dicken Knäuel zusammengedrängt, sogar schlafen.


Aufstellung

Da Rennmäuse tag- und nachtaktiv sind, sollte das Terrarium Tageslicht haben. Es sollte an einer Wand stehen (Deckung im Rücken) und nachts niemanden beim Schlafen stören (Nage- und Grabgeräusche). Das Klima sollte zugfrei und eher trocken sein, die Küche ist nicht geeignet.


Ernährung

Das "Grundnahrungsmittel" ist Getreide im ganzen Korn, am besten ungeschälter Hafer, außerdem: Weizen, Mais, Hirse. Haferflocken können als Zusatz oder auch vorübergehend als Ersatz für Hafer gegeben werden. Auf die Dauer ist Hafer aber empfehlenswerter, die Tiere haben mehr zu tun (Schälen), nutzen ihre Zähne ab (Nagen) und bekommen auch die Inhaltsstoffe, die in den Haferflocken durch das Erhitzen bei der Herstellung zerstört werden. Wenn die Jungen anfangen zu fressen, gebe ich zusätzlich Haferflocken.

Als Leckerbissen oder "Krankenkost" können auch in Milch weichgequollene grobe Haferflocken (mit überschüssiger Milch) auf einer flachen Untertasse gegeben werden. Es empfiehlt sich, die Tiere frühzeitig durch gelegentliche Gabe mit dieser Nahrung vertraut zu machen, damit sie sie im Krankheitsfall kennen und auch die Freßtechnik (aufschlecken der Milch) beherrschen. Auch gekochte Nudeln und - gekochte! - Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen werden gerne gefressen. (Ungekochte Hülsenfrüchte sind giftig.)

Außerdem notwendig ist frisches Grünfutter: Wenn sonst kein Wasser gegeben wird, reicht zur Wasser- und Grünfutterversorgung die regelmäßige Gabe von Möhre und Gurke, noch lieber wird Chicorée gefressen, außerdem Chinakohl und Kohlrabi (besonders Kohlrabiblätter, riecht aber sehr übel), - alles süßlich-milde "grüne" Gemüse. Süße Früchte werden gerne genommen, aber nur in sehr kleinen Mengen (Banane, Rosinen, Erd- und Himbeeren, Äpfel, sehr gerne auch Kiwis). Sehr empfehlenswert ist zusätzlich auch die Gabe von Grünpellets (in Form kleiner Stäbchen gepreßtes, trockenes Grünfutter). Salat kann manchmal einen erhöhtem Nitratgehalt (Dünger) haben, was zu erheblichen Vergiftungen bei Rennmäusen führen kann. Chicoreé hat einen erhöhten Oxalat-Gehalt, was eventuell bei regelmäßiger Gabe größerer Mengen zu Nierensteinen führen könnte.

Als Leckerbissen sehr beliebt sind Sonnenblumenkerne, Leinsamen und sonstige Ölsaaten: Haselnüsse, Kürbiskerne und Kokosraspeln. Bei Sonnenblumenkernen ist zu beachten, daß schlechte Qualitäten, wie sie teilweise zur Fütterung freilebender Vögel verkauft werden, durch Verschimmeln gefährliche krebserregende Gifte enthalten können. Mandeln stehen im Ruf, wegen eines Restgehalts an Blausäure gefährlich zu sein. Eine einzelne Mandel, die oft von einem Tier nicht einmal aufgefressen wird, wurde aber bei mir bisher immer vertragen. Ölsaaten sollten nur kontrolliert und in geringer Menge gefüttert werden, da die Tiere sonst verfetten. (Ganz fehlen sollten Ölsaaten aber auch nicht!) Beliebt ist auch lebendes oder frisch-totes tierisches Futter: Mehlwürmer, Fliegen, Mücken, Heuschrecken.

Es ist normal, daß Rennmäuse gelegentlich spezielle Kotkrümel produzieren und fressen, die der Vitaminversorgung bzw. der Aufrechterhaltung ihrer Verdauungstrakt-Flora dienen sollen.

Wasser kann auch in Trinkflaschen gegeben werden, in diesem Fall braucht etwas weniger frisches Grün gegeben und es können mehr Grünpellets verfüttert werden. Nachteile: geringere Hygiene (mögliche Bildung und Übertragung von Krankheitskeimen), schwierige Befestigung der Flasche, Benagen der Kunststoffflaschen und der Befestigungen und häufige Undichtigkeit der Flaschen. Vorteil: Sie können auch mal Wasser auf Vorrat geben, wenn Sie einige Tage nicht zu Hause sind oder wenn Sie sich nicht täglich um die Tiere kümmern. Über das Wasser können eventuell auch Medikamente verabreicht werden.

Sie können zusätzlich auch die im Handel erhältlichen Nagerfuttermischungen (ohne Ölsaaten!) verwenden. Diese enthalten aber bei Wasserzufuhr durch Frischfutter (statt Flasche) zuviele Grünfutterpellets. Abhilfe: solange Hafer nachfüttern bis alle Pellets gefressen sind, dann wieder Futtermischung geben. Eine empfehlenswerte Mischung enthält typischerweise: Grünfutterpellets, Hafer, Weizen, etwas Mais, etwas (gut duftendes) gebrochenes Johannisbrot, einige "Kroketten" (grüne, rote oder gelbliche Brocken aus einer Gemüse- und Mehlmasse). Sonnenblumenkerne sollten Sie, wie gesagt, in geringer Menge separat von Hand verfüttern. (Was gleichzeitig ein gutes Mittel zum Zähmen ist.)

Ein Futternapf ist für die Tiere nicht nötig. Im Gegenteil, wenn sich die Tiere zum Fressen hineinsetzen, wird häufiger ins Futter uriniert, als wenn das Futter ausgestreut wird. Außerdem: das Futter wird durch Darüberwerfen von Streu getarnt, so daß man es auch gleich ausgießen kann. Um eine Kontrolle über den Verbrauch zu haben, streue ich das Futter auf erhöhten Ebenen aus. Dort ist auch ein guter Platz für das Sandbad, das sonst ebenfalls bald mit Streu zugedeckt wird.

Es ist übrigens völlig normal, daß das dominante Tier sich rücksichtslos beim Fressen den ersten Platz sichert (besonders das dominante Weibchen, auch gegenüber den Jungen). Beim Fressen geht es nach Rang und "Ellenbogen". Bei ausreichendem Futter brauchen Sie sich aber um die Versorgung der rangniederen Tiere keine Gedanken zu machen.


Spiel- und "Nag-Zeug"

ist notwendig! Geeignet sind Äste aus ungiftigen Hölzern (Obstbäume, Birke, Ahorn, Linde, Buche) und kleine (nagelfreie!) Holzreste. Die Rinde von Ästen wird teilweise auch gefressen. Schönstes Spielzeug sind leere Klopapierrollen, die mit Wonne zernagt werden, weiterhin möglichst unbedruckte, saubere Pappe (einlagige Wellpappe etwa in DIN A4 große Stücke schneiden und zu einer Röhre rollen - reizt besonders zum Nagen). Kunststoff sollte vermieden werden. Die zernagte Pappe ist eine gute Beimischung zur Einstreu. Wenn Sie Äste oder Grünfutter aus der Natur holen, beachten Sie das Risiko, Krankheiten einzuschleppen (z. B. Milben oder Verunreinigung durch Vogelkot, Hunde- oder Mäuseurin). Freilebende Mäuse haben sehr viele Krankheiten! Sie können Äste durch mehrminütiges Beträufeln mit kochendem Wasser zu sterilisieren versuchen.


Krankheiten

Ein erhöhtes Krankheitsrisiko besteht bei Streß, zugigem Standort und bei schlecht belüfteten, feuchten Käfigen oder Häuschen. Auch die Zucht von Farbvarianten ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Zuchtergebnisse kann eine Neigung zu Krankheiten mit sich bringen. Für die Jungtiere besteht in den ein bis zwei Wochen nach dem Abstillen ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Sehr gefährlich ist Durchfall, der unbehandelt (Antibiotika) oft zum Tod führt, ansonsten: Atemwegserkrankungen, wunde Nase (Allergien und/oder Streptokokken) und Geschwüre an der Duftdrüse auf dem Bauch.

Die Tränenflüssigkeit von Rennmäusen ist rötlich gefärbt, Krusten davon an Nase und Augen können wie Schorf aussehen, sind aber kein Grund zur Besorgnis, wenn sie nicht dauerhaft oder ungewöhnlich stark ausgeprägt sind. Tränenfluß oder Naselaufen kann natürlich ein Hinweis auf eine Krankheit sein (z. B. Allergie).

Krampfanfälle: Bei Streß neigen einige Rennmäuse zu Krampfanfällen, die den epileptischen Anfällen des Menschen ähneln. Die Symptome können von leichten Störungen, Zuckungen (z. B. der Gliedmaßen oder der Ohren) bis zu vorübergehenden Versteifungen der Gliedmaßen reichen. Setzen Sie ggf. das Tier in seinen Käfig zurück und lassen Sie es in Ruhe. Meistens geht der Anfall innerhalb weniger Minuten ohne bleibende Schäden vorüber, und das Tier ist danach wieder ganz munter. Die Neigung zu solchen Krampfanfällen scheint mit dem Erwachsenwerden oft weitgehend zurückzugehen (vielleicht durch abnehmende Ängstlichkeit?).

Auch wenn, wie weiter unten beschrieben, manchmal Hilfe bei der Ernährung notwendig ist: Wenden sie keinen Zwang bei der Ernährung an, es nützt ohnehin nichts. Wenn ein Tier eine bestimmte Nahrung ablehnt, suchen Sie lieber etwas, das das Tier annimmt, und akzeptieren Sie notfalls, daß das Tier nicht mehr weiterleben kann. Wenn es könnte, würde es etwas fressen, das es verträgt.

Schlaganfälle treten leider häufiger auf, wenn die Tiere älter werden. Wenn der Schlaganfall nicht tödlich war, ziehen sich die Tiere meistens ein, zwei Tage ganz zurück und schlafen sehr viel. Wenn sie nicht zu schwach sind, kommen sie fast nur zum Fressen und Urinieren heraus. Wenn sie zu schwach sind, um sich zu bewegen, bieten Sie ihnen Nahrung an, ansonsten gönnen Sie ihnen die Ruhe, die sie suchen. Sehr bewährt haben sich ganz matschig-weich gequollene Haferflocken mit viel überschüssiger Vollmilch als Krankenkost. Wenn die Tiere nur noch trinken können, läßt sich auch mit reiner Milch die kritische Anfangsphase oft gut überbrücken, da die Milch fast alles Lebensnotwendige enthält. Es ist deshalb hilfreich, wenn die Tiere Milch und gequollene Haferflocken als Nahrung schon von früher kennen. Wenn die Tiere mehrere Tage nicht fressen oder trinken können, trocknen sie schnell aus und magern rapide ab. In diesem Fall wäre ein schnelles Einschläfern des Tiers anzuraten, statt es langsam verdursten und verhungern zu lassen. Wenn die ersten Tage überstanden sind und das Tier feste und flüssige Nahrung aufnehmen und verdauen kann, erholt es sich meist rasch und kann dann wieder gut weiterleben. Einige Schlaganfälle hinterlassen fast keine sichtbaren Dauerschäden, häufig sind mehr oder weniger starke Behinderungen auf einer Körperseite zu sehen: Ein Vorder- oder Hinterpfötchen ist gelähmt oder eingeschränkt benutzbar, oder der Kopf kann nicht mehr gerade gehalten werden. Das sieht manchmal recht erbärmlich aus, aber den Tieren scheint es nicht sehr viel auszumachen. Sie gewöhnen sich recht gut an ihren Zustand, und oft bessert er sich auch weiterhin ein wenig. Erfahrungsgemäß gilt meistens: Wenn das Tier eigenständig fressen kann, erholt es sich genug, um noch gut weiterleben zu können. Nach überstandenem Schlaganfall kann noch eine lange, gesunde Lebenszeit folgen. Es kann aber auch eine Serie weiterer Schlaganfälle folgen.

Geschwüre an der Duftdrüse am Bauch treten umso häufiger auf, je stärker die Drüse benutzt wird, d. h. besonders bei dem dominanten Männchen einer größeren Gruppe. Die einzig mögliche Behandlung ist die rechtzeitige opperative Entfernung des Tumors. Ansonsten führt der Tumor zum Tode. Er wächst zunächst langsam und beeinträchtigt das Tier nicht merklich. Später entzündet sich die Oberfläche, das Tumorwachstum wird rascher, und das Tier hat Schmerzen (erkennbar an nicht ganz geöffneten Augen).

Abgebrochene Zähne habe ich bei meinen Tieren noch nicht bemerkt, aber von anderen Rennmausbesitzern habe ich hin und wieder davon gehört. Die Tiere sind zunächst aktiv, greifen sich Körner etc., probieren sie zu fressen und lassen sie dann wieder fallen. Sie magern rasch ab und können sterben, wenn ihnen nicht mit weicher oder flüssiger Nahrung geholfen wird, bis der Zahn wieder nachgewachsen ist. Wie beim Schlaganfall haben sich in Vollmilch ganz weich gequollene Haferflocken mit überschüssiger, flüssiger Milch sehr gut bewährt.

Bißwunden sind Alarmzeichen! Sie sollten schnellstmöglich herausfinden, wer sich nicht verträgt und die Tiere dauerhaft trennen. Eine "Versöhnung" ist unwahrscheinlich, Verschlimmerung dagegen wahrscheinlich.

Der Fuchsbandwurm stellt durch wachsende Fuchsbestände eine zunehmende Gefahr für Mensch und Tier dar, wenn Grünfutter aus dem Freiland gegeben wird, das vom Fuchs mit Kot als Reviermarke belegt wurde. Die enthaltenen Bandwurmeier sind winzig und sehr dauerhaft und können noch auftreten, wo keine sichtbaren Kotspuren vorhanden sind. Niedriges Gemüse wie Salat wird besonders gerne vom Fuchs als Reviermarke benutzt. Waschen des Gemüses ist notwendig, ein absoluter Schutz besteht aber nur durch Kochen. (Aber wer mag schon gekochten Salat?) In Mäusen und Menschen befällt der Fuchsbandwurm die Leber und zerstört diese nach und nach. Es gibt meines Wissens dafür zur Zeit keine medikamentöse Behandlungsmöglichkeit beim Menschen, nur die Entfernung der befallenen Teile der Leber ist möglich. Erkrankte Mäuse werden zunehmend geschwächt und vom Fuchs gefressen, wodurch sich der Kreislauf schließt.

Als Parasiten können auch Milben und Läuse auftreten, die z. B. auch durch Futter oder Einstreu oder durch Kontakt mit anderen Tieren, auch wilden Mäusen, eingeschleppt werden können. Siehe den Erfahrungsbericht zur Behandlung von Läusen weiter unten.

Allgemeine Krankheitszeichen sind ein kotverschmierter After, langsames Wachwerden, halbgeöffnete (oder gar geschlossene) Augen auch nach dem Aufwachen. Bei Schmerzen sieht man z. B. halbgeöffnete Augen. Wenn Sie Ihre Rennmäuse eine Weile kennen, können Sie das von dem "Schlafzimmerblick" dösender oder schläfriger Rennmäuse unterscheiden. Wenn die Tiere einen geschwächten Bewegungsablauf zeigen und beim Laufen sehr stark seitlich hin- und herschwanken (fast wie ein sehr langsames, stark ausschlagendes Zittern), steht erfahrungsgemäß der Tod kurz bevor.

Ausführlichere Angaben zu Krankheiten finden sie (in Englisch) unter der folgenden Adresse: http://www.rodent.demon.co.uk/gerbils/ailments.htm.

Einen hervorragenden Artikel über Tyzzer's Disease - die deutsche Bezeichnung dieser Krankheit kenne ich nicht - finden Sie unter: http://www.criver.com/techdocs/94fal_tb/index.htm. Es wird der aktuelle Wissensstand über diese durch Clostridium piliforme verursachte Erkrankung so fundiert referiert, daß es m. E. auch interessant zu lesen ist, wenn man mit der Krankheit keine Probleme hat.


Erfahrungsbericht über die Behandlung von Läusen

Ein mir berichteter Fall verlief so: Zunächst fiel auf, daß ein Tier, das nur einzeln gehalten werden konnte, immer schwächer wurde und schließlich entzündete Stellen aufwies. Bei genauerer Betrachtung wurde plötzlich klar, daß das Tier von winzigen Läusen wimmelte. Der Besitzer untersuchte daraufhin seine anderen Tiere, auch diese waren alle befallen, aber weniger schlimm, wahrscheinlich weil sie sich gegenseitig reinigen konnten. Es fiel auf, daß die vollgesogenen Läuse die Tiere verließen und sich in der Einstreu und in Ritzen der Terrarieneinrichtung versteckten.

Zunächst versuchte er es mit Baden der Tiere in lauwarmem Wasser (später auch mit etwas aufgelöstem, mildem, alkalifreiem Seifenersatz "Eubos fest", aus der Apotheke), ständigem Wechsel der Einstreu und Reinigung der Terrarien. Das brachte Linderung, aber keine Heilung. Das am schlimmsten betroffene Tier starb schließlich.

Ein aufgesuchter Tierarzt und ein zu Rate gezogener Apotheker hatten keine brauchbaren Ideen. Im Gespräch mit einer Zoohandlung kam dann die rettende Idee: Dort hatte man das Problem einmal mit Parasiten an gewöhnlichen Mäusen. Die von der Zoohandlung hinzugezogene Tierärztin empfahl das Präparat Frontline, welches eigentlich für Hunde bestimmt ist. Die Mäuse wurden damit eingesprüht und starben sämtlich daran. Wahrscheinlich hatten sie das Mittel bei der Fellpflege aufgeleckt.

Die Beobachtung, daß die vollgefressenen Läuse die Rennmäuse verlassen, legte nun nahe, nicht die Rennmäuse einzusprühen, sondern die Einstreu. Und diese Methode war erfolgreich: Küchentücher aus Zellstoff wurden mit dem Präparat eingesprüht und an der Luft trocknen gelassen. Diese behandelten, getrockneten Zellstoffblätter wurden dann etwas zerkleinert in die Terrarien gegeben und von den Rennmäusen weiter zu Nistmaterial zerkleinert. Der Erfolg war durschlagend, und es gab keine merklichen Schäden bei den Rennmäusen (und beim Besitzer). Zur Sicherheit wurde die Behandlung nach drei Tagen wiederholt. Vermutlich handelt es sich bei dem Gift um ein Atemgift, so daß über das Nistmaterial auch Parasiten erreicht werden, die auf dem Tier sitzen. Anscheinend ist die Giftmenge, die von den Rennmäusen über die Luft aufgenommen wird, noch verträglich, während das Ablecken von behandeltem Fell sicher zu einem ähnlichen Ergebnis wie bei der Zoohandlung geführt hätte.

Das Mittel, Frontline (Wirkstoff: Fipronil), gibt es anscheinend nur über Tierärzte, Apotheker kannten es nicht. Es empfiehlt sich, während des Befalls und der Behandlung möglichst kein Mobiliar im Terrarium zu haben und es nach jeder Behandlung sorgfältigst mit Wasser und Spülmittel zu reinigen. Eventuell kann das gereinigte Terrarium noch mit Alkohol eingesprüht werden, der aber ganz verfliegen muß, bevor die Tiere wieder hineinkommen. Einrichtungsgegenstände des Terrariums sollten möglichst weggeworfen oder durch Liegen in kochendem Wasser behandelt werden. Eine Behandlung von Terrarieneinrichtung mit dem Gift würde ich nicht empfehlen, da dann z. B. Holz- oder Tonteile auf unbestimmte Zeit dauernd Gift abgeben.


Anfassen - Geschlechtsbestimmung

Wenn Ihre Rennmaus zahm geworden ist (Leckerbissen helfen dabei), nehmen Sie sie am besten aus dem Käfig, indem Sie sie auf ihre flache Hand locken und dann herausheben. Wenn das nicht geht, können Sie sie oft leicht auf einen Teller, in eine große Tasse oder eine Schale (Sandbad) locken. Auch Röhren und Schachteln üben einen unwiderstehlichen Reiz aus.

Beim Züchter sehen Sie vielleicht, wie er Tiere am Schwanz hochnimmt. Das ist normalerweise nicht notwendig! außer z. B. zur Geschlechtsbestimmung. Wichtig: nur ganz nah an der Schwanzwurzel anfassen, sonst kann die Haut vom Schwanz abreißen, was schließlich zum Verlust des Schwanzes führt!

Aber auch die Geschlechtsbestimmung läßt sich meistens für das Tier viel angenehmer auf folgende Weise vornehmen: Setzen Sie das Tier auf Ihre flache Hand, greifen Sie den Schwanz nahe der Wurzel und heben Sie dann das Hinterteil der Rennmaus soweit hoch, daß Sie die Geschlechtsteile sehen können. Die Vorderfüße des Tieres sollen dabei auf Ihrer Hand ruhen bleiben. Diese Methode ist für das Tier nicht nur angenehmer, es bleibt dabei auch ruhiger, so daß Sie besser gucken können.

Die ausgewachsenen Männchen erkennt man auch von oben schon leicht an den Hoden am Schwanzansatz. Jüngere Tiere kann man am Abstand zwischen dem "Stiftchen" (bei Männchen UND Weibchen) und der Afteröffnung unterscheiden. Der Abstand ist beim Männchen größer. Die Abbildungen im Buch von Michael Mettler (s. u.) oder auf der Geschlechtsbestimmungs-Seite sind sehr hilfreich.

Es wird auch noch eine andere Methode zur Geschlechtsbestimmung angewandt: Man sucht die Brustwarzen der Weibchen, indem man das Fell zur Seite pustet. Diese Methode habe ich aber noch nicht selbst probiert. Besonders gut zu sehen sind oft die Brustwarzen, die über den Hüften liegen (siehe das erste Bild auf meinem Albumblatt "Platin").

Auf die Geschlechtsbestimmung im Zoohandel können Sie sich leider oft nicht verlassen; ich habe so ungewollt mein erstes Zuchtpaar bekommen.


Abgabe von Nachwuchs - frühestens ab einem Alter von 6 Wochen

Der Beginn des Abstillens wird in der Literatur meistens mit dreieinhalb Wochen angegeben. Die Jungen werden aber, obwohl sie schon reichlich fressen, manchmal noch erheblich länger gestillt, wenn kein neuer Wurf da ist. Und gerade in der Abstillphase besteht für die Jungen ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Auch scheinen die Jungen bis zur 6. Woche die Anwesenheit der Eltern auch dann noch zu brauchen, wenn sie nicht mehr gesäugt werden. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, sie frühestens nach der sechsten Woche aus der gewohnten Umgebung zu nehmen.

Ich lasse meine Jungtiere meistens noch länger bei den Eltern, so erleben sie ein bis zwei weitere Würfe mit. Verschiedene Züchter berichten, daß Junge, die die Aufzucht von Geschwistern miterlebt haben, später bessere Eltern werden. Nach zwei bis drei Monaten nehmen aber meist die Spannungen zwischen den gleichgeschlechtlichen Tieren langsam zu. Ein guter Zeitpunkt für die Abgabe des Nachwuchses scheint mir daher gegeben zu sein, wenn der nächstfolgende Wurf 4 bis 6 Wochen alt ist. Wie immer sind das nur Faustregeln, ich habe eine Familie, bei der auch drei Monate alte Weibchen noch keine Konflikte mit der Mutter hatten. In einem anderen Fall bewirkte die Anwesenheit von fünf Töchtern, daß die Mutter, solange die Töchter noch da waren, neue Würfe nicht mehr annahm.


Zähmen

Nach dem Kauf sollten Sie Ihren Tieren erst zwei, drei Tage Ruhe gönnen (obwohl das gerade dann natürlich schwerfällt). Wenn die Tiere schon handzahm sind, bestürmen sie Ihre Hand nach der Eingewöhnung vielleicht schon beim Füttern. Wenn die Tiere nicht zahm sind, steigern Sie langsam die Dosis. Ich halte öfter die Hand zum Beschnuppern hin, später setze ich mich bequem auf einen Stuhl neben dem Terrarium und halte lange Zeit ganz ruhig die Hand mit Futter auf dem Boden des Terrariums hin. Irgendwann siegt die Neugierde der Tiere. Später können Sie sie wiederholt kurz hochnehmen, wenn sie gerade auf der Hand sitzen, später auch mal auf der Hand herumtragen oder zum Auslauf absetzen (s. u.). Wenn Sie regelmäßig mit den Tieren umgehen, werden sie schnell zahm. Scheuere Exemplare "vergessen" das aber langsam wieder, wenn Sie sich längere Zeit nicht mit ihnen befassen.


Beißen - normalerweise kein Problem

Bei richtiger Behandlung ist Beißen bei den als Haustieren verbreiteten Rennmäusen normalerweise kein Problem. Wie immer kann es da Ausnahmen oder gestörte Tiere geben. Je zahmer das Tier ist, desto eher wird gebissen. Scheue Tiere flüchten eher. Ich kenne drei Arten von Bissen: Ich möchte aber wiederholen, daß Beißen normalerweise kein Problem ist und daß es bei richtigem Verhalten nicht zu Verletzungen kommt. Es handelt sich eher um eine Sprache, durch die eine Rennmaus mitteilt, was sie will oder nicht will.


Auslauf

Rennmäuse lieben Auslauf. Wenn sie daran gewöhnt sind, wedeln sie oft vor Freude mit dem Schwanz (ein Zeichen von positiver oder negativer Erregung), während man sie herausnimmt. Auslauf in der Wohnung ist aber nur zu empfehlen, wenn Sie einen ziemlich kahlen Raum (Diele, Hobbyraum) haben, mit abwaschbarem Boden, ohne unzugängliche Verstecke und mit nichts, was nicht benagt werden darf (Elektro-, Telefon- und HiFi-Kabel!).

Eine gute Gelegenheit zum Wieder-Einfangen der zahmen, an Auslauf gewöhnten Rennmaus besteht, wenn sie an Ihrer Kleidung hochzuklettern versucht. Meine Methode: Ich setze mich im Schneidersitz auf den Boden. Über kurz oder lang geht ein Tier in die "Höhlen", oder es klettert auf meine Beine und kann aufgenommen werden.

Manchmal bekommen Tiere aus einer stabilen Gruppe plötzlich recht heftigen Streit, wenn sie Auslauf haben, vor allem etwas ältere Tiere (etwa ab neun Monaten). Das liegt zum einen daran, daß die Rangordnung von Rennmäusen an Orte gebunden ist. Ein Pärchen muß beim Auslauf in noch nicht in Besitz genommenem Revier also seine Rangordnung für dieses Gebiet erst neu ausfechten. Eine weitere Ursache für Auseinandersetzungen beim Auslauf könnte darin bestehen, daß Rennmäuse sich am Geruch erkennen und sich also beschnüffeln müssen, um sich zu erkennen. Wenn nun ein Tier davor wegläuft, jagt das andere hinterher, und das Gejagte bekommt noch mehr Angst. Dafür spricht, daß dies häufiger auftritt, wenn ich vorher andere Rennmäuse im gleichen "Territorium" laufen ließ, so daß die nächsten ja, vom Geruch der Vorgänger gewarnt, tatsächlich erwarten müssen, daß jeden Moment eine fremde Rennmaus auftaucht, was heftige Kämpfe bedeuten würde.

Abhilfe: Manchmal hilft es nur, die Tiere einzeln laufen zu lassen. Oft beruhigen sie sich aber mit der Zeit, wenn man täglich einen neuen Versuch unternimmt und die Tiere jedesmal wieder in ihr Terrarium zurücksetzt, wenn der Streit zu heftig wird.

Wenn die Tiere sehr zutraulich sind, gibt es Verletzungsgefahren:

Vorsicht empfiehlt sich auch, wenn Sie (besonders: Kinder-) Besuch haben und mit den Rennmäusen beim Auslauf spielen. Der Besucher hat nicht Ihre Erfahrung und nicht die automatische Vorsicht, die sich bei Ihnen wahrscheinlich eingestellt hat. Ich schreibe dies, weil mir ein entsprechender trauriger Fall berichtet wurde. Dort hat man sich, nachdem ein besuchendes Kind ein Tier totgetreten hatte, darauf verständigt, daß bei Besuch die Tiere nicht mehr aus dem Terrarium genommen werden.


Verletzungsgefahr bei Sprüngen

Die blinden Jungtiere springen völlig unberechenbar und in beliebige Tiefe. Dabei besteht große Verletzungsgefahr.

Sehr scheue, sehr unerfahrene oder sehr erschreckte Tiere können Sprünge von der Hand machen, die für sie gefährlich sind.

Je älter die Tiere sind, desto größere Sprünge überstehen (und machen) sie, und desto besser schätzen sie auch die Entfernungen ein. Eventuell sind dafür aber auch Erfahrungen beim Auslauf hilfreich oder sogar notwendig.

Mit verletzten Tieren gibt es die allgemeine Erfahrung, daß, solange sie noch fressen können, die Verletzung entweder bald ausheilt oder die Tiere sich oft mit einer Behinderung arrangieren und "gut" leben können.

Wenn Sie ein Tier auf der Hand ins Terrarium tragen, und es will von der Hand klettern oder springen, können Sie es auf den Händen auf einer Art endloser Treppe laufen lassen, bis Sie es absetzen. Festhalten ist nicht zu empfehlen.


Einfangen

Wenn eine Rennmaus Ihnen mal ausreißt: Bleiben Sie ruhig! In den ersten Augenblicken in einer neuen Umgebung ist die Rennmaus vorsichtig und langsam. Wenn Sie sie dann sehr ruhig aber bestimmt von beiden Seiten mit den Händen unterzufassen versuchen, haben Sie eine gute Chance. Wenn das nicht gelingt, können Sie das Schlafhäuschen hinstellen oder Schalen, Pappröhren oder andere Gefäße hinhalten, bis die Neugierde des Tiers siegt. Haben Sie aber Geduld, wenn das Tier sich gejagt fühlt, versteckt es sich.

Auch eine Decke kann helfen: Man treibt das Tier in eine Ecke mit wenig Deckung und hält dann eine ausgebreitete Decke halb auf dem Boden hin. Es sucht dann Deckung in der Decke und läßt sich greifen, eventuell, indem man die Decke vorher noch hochhebt.


Farbvarianten

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Zuchtfarben, am häufigsten sind die natürliche Wildfarbe (agouti) und Schwarz anzutreffen. Eine tabellarische Übersicht über Genkombinationen und die resultierenden Farben finden Sie in kompakter Form auf meiner Seite Farbschläge und Genetik der Mongolischen Rennmaus.


Stichworte zur Fortpflanzung

Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei drei bis vier Jahren, mehr als sechs Jahre werden selten erreicht. In Freiheit werden diese typischen Beutetiere meistens nicht einmal ein halbes Jahr alt. Die Zeugungsfähigkeit beginnt bei den Weibchen mit 44 bis 85 Tagen, bei den Männchen mit 70 bis 85 Tagen. Diese Zeiten können sich aber auch erheblich verlängern. Ein Wurf besteht aus durchschnittlich fünf Jungen, es können aber auch zehn oder zwölf werden. Die Wurfgröße nimmt bei den ersten Schwangerschaften meistens zu. Die Tragzeit beträgt etwa 25 Tage, sie kann sich aber, z. B. wenn der vorige Wurf noch gesäugt wird, auch verlängern. Bei mir traten bisher Tragzeiten von 24 bis 26, bei verzögerter Schwangerschaft bis zu 40 Tagen auf.


Inzucht

Mongolische Rennmäuse sind, wie alle Nager, von Natur aus ziemlich resistent gegen Inzucht. Es findet bei ihnen sogar regelmäßig Inzucht statt. Als Faustregel wird empfohlen, nicht über die zweite Generation hinaus Inzucht zu betreiben. Bei übermäßiger Inzucht werden die Tiere kleiner, und es können sich erblich bedingte Defekte anhäufen, z. B. verkürzte Schwänze, eine geknickte Quaste an der Schwanzspitze oder Störungen der Fruchtbarkeit oder des Brutpflegeverhaltens. Natürlich sollte mit Tieren mit Defekten möglichst nicht weitergezüchtet werden. Wenn Sie ein Zuchtpärchen kaufen und die Wahl haben, sollten Sie keine Verwandten oder Geschwister nehmen, die unter Umständen ja schon eine oder mehrere Generationen Inzucht hinter sich haben.


Lebensbedingungen in freier Wildbahn

Mongolische Rennmäuse leben in trockenen Steppengebieten, in denen es im Winter sehr kalt (bis -40 °C) und im Sommer sehr warm (bis +50 °C) werden kann, in unterirdischen Bauten mit mehreren Gängen und Kammern. Sie sind tag- und nachtaktiv, zur Zeit der größten Mittagshitze haben sie eine ihrer Ruhephasen. Ruhe- und Wachperioden wechseln mehrmals am Tag. Sie halten keinen Winterschlaf, sondern werden auch im tiefsten Winter bei Aktivitäten an der Oberfläche beobachtet.

Das Elternpaar verbringt den Winter mit etwa den zwei letzten Würfen zusammen in einer Gruppe. Im Sommerhalbjahr findet die Fortpflanzung statt. Durch Raubtiere und Fortpflanzung wird der Bestand innerhalb einer Gruppe im Laufe eines Jahres oft vollständig ausgetauscht.

Die Reviere werden vor allem durch die Männchen patrouilliert und verteidigt. Die Weibchen paaren sich hin und wieder auch mit revierfremden Männchen und vermindern so die Inzucht.

Daß Rennmäuse in Gebieten mit extremen Temperaturen vorkommen, heißt nicht automatisch, daß sie diese als im Freien gehaltene Haustiere ebenfalls gut vertragen. Erstens isolieren die einen Meter tief gelegenen Bauten gegen extreme Hitze und Kälte. Zweitens werden die Tiere in der Natur nicht so alt wie als Haustiere. Ältere Tiere scheinen empfindlicher gegen extreme Kälte zu sein.

Ich halte meine Tiere bei normaler Zimmertemperatur und mußte feststellen, daß die Tiere sogar ziemlich empfindlich auf plötzliche Abkühlung durch Lüften im Winter reagieren. Sie bekommen dann oft einen Schnupfen und niesen.


Literatur

Das Buch von Michael Mettler: Alles über Rennmäuse, Falken-Verlag, kann ich empfehlen. Neben Angaben zur Pflege und Unterbringung enthält das Bändchen viele gute Fotos. Es werden auch andere Rennmausarten kurz vorgestellt, so daß man einen Eindruck von der Verwandtschaft unserer Rennmäuse bekommt. Es finden sich auch sehr brauchbare Bilder und Hinweise zur Geschlechtsbestimmung.


Einige Links

1