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Diskursbeitrag #5

 

Lernen in der Informationsgesellschaft

Von Gerolf Kirchmair

 

Der Club of Rome hat schon vor mehr als 15 Jahren die traditionellen Formen des Lernens in Frage gestellt. Sie vermögen seiner Ansicht nach nicht mehr Menschen in die Lage zu versetzen, in einer immer komplexer werdenden Umwelt erfolgreich und schließlich auch glücklich zu sein. Es reiche weiters nicht mehr aus, lediglich kulturelles Erbe zu überliefern.

Diese Forderung impliziert eine Akzentverlagerung in den Zielsetzungen beruflicher Grundqualifikationen wie auch in der Weiterbildung. Der Paradigmenwechsel verläuft vom rein formalen hin zum handlungsorientierten und selbstgesteuerten Lernen, und das Konzept er Schlüsselqualifikationen wird als Lösungsansatz gesehen.

Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich im Zuge des technischen und organisatorischen Wandels die Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigten verändern.

Mit dem Übergang zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien hat sich die Qualifikationsfrage radikalisiert, da die Technik nun auch die bis jetzt "verschonten" Bereiche der geistigen Arbeit berührt und zu einer Neugestaltung veranlaßt.

Der Mensch als "Zuschauer" wird zu einem "bildungsbedürftigen Mängelwesen" (Gronemeyer) und ist erstmals in seiner Geschichte in der Lage, mit Hilfe der neuen Medien seine eigene Geistesarbeit teilweise oder sogar vollständig zu ersetzen. Vor diesem Hintergrund gesellschaftlicher Umwälzungen wird klar, warum der Begriff der "Schlüsselqualifikationen" seit fast 20 Jahren eine Dauerkonjunktur in der bildungspolitischen Diskussion erlebt.

Dieser Paradigmenwechsel wird zweifellos tiefgreifende und strukturelle Veränderungen in unserem Bildungswesen erfordern. Das hat klarerweise zur Folge, dass "Lernen" überdacht bzw. neu definiert werden muss. Seymour Papert, der Schöpfer der Computersprache LOGO und Mitarbeiter am MIT charakterisiert diesen Umstand folgendermaßen:
"Ich würde einräumen, dass Lernen eine natürliche Tätigkeit ist, wenn wir vom Lernen sprechen, das in einer gesunden Beziehung zwischen Mutter und Kind oder zwischen zwei Personen beim Kennenlernen stattfindet.
Lernen in der Schule ist jedoch keine natürliche Tätigkeit. Ganz im Gegenteil: Die Institution Schule mit ihren täglichen Stundenabläufen, festen Lehrplänen, standardisierten Tests und anderen ähnlichen Dingen hat eine permanente Neigung, Lernen auf eine Reihe technischer Tätigkeiten und den Lehrer auf die Rolle eines Technikers zu beschränken. Natürlich hat sie darin nie hundertprozentigen Erfolg, denn Lehrer widersetzen sich der Rolle eines Technikers und bringen herzliche und natürliche menschliche Beziehungen in ihre Klassenzimmer.
Wichtig für das Nachdenken über das Potential für radikalen Wandel ist jedoch, dass diese Situation den Lehrer in ein Spannungsfeld zwischen zwei Gegensätze stellt. Die Schule versucht aus ihm einen Techniker zu machen; in den meisten Fällen leistet ein Gefühl der Selbstachtung Widerstand, auch wenn in vielen Fällen der Lehrer die Vorstellungen der Schule vom Lehren verinnerlicht haben wird.
Jeder Lehrer befindet sich deshalb irgendwo in dem fließenden Übergang zwischen Techniker und dem, was ich als wahren Lehrer zu bezeichnen wage."
(Seymour Papert. Revolution des Lernens. Hannover, 1994.S.77)

Ich glaube, dass dieses Faktum bei aller Technikbegeisterung nicht unbeachtet bleiben darf. Begriffe wie "Datenautobahn", "Internet" oder "Multimedia" beherrschen gegenwärtig die Diskussionen in unserer Gesellschaft. An die Stelle des Faktenwissen müssen zusätzliche Qualifikationen im Bereich von Informatik, Kommunikation und Kooperation treten. Dies ist in Anbetracht der explosionsartig anwachsenden Summe aller Kenntnisse eine Notwendigkeit geworden. Informatiker schätzen, dass sich das Weltwissen alle fünf Jahre verdoppelt. Durch die Möglichkeiten der neuen Technologien sind Informationen immer schneller und überall verfügbar. Es wird in Zukunft verstärkt notwendig werden, neben Schreiben, Lesen und Rechnen als vierte Kulturtechnik den effizienten und sinnvollen Einsatz elektronischer Geräte bereits in den Grundschulen zu vermitteln.

Zuwachs an Information

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Menge der in Wort und Bild verfügbaren Informationen ins Unermessliche zu wachsen. Der Prager Kommunikationsphilosoph Vilém Flusser weist ...

Dies ist ein Textauszug! Den gesamten Text können sie HIER als rtf-File downloaden. Bitte achten Sie die Urheberrechte. Falls Sie den Text für andere als private Zwecke nutzen möchten, verständigen Sie sich einfach mit dem Autor!

(Erstmals erschienen in "Grundlagen der Weiterbildung" 5/96, S.273-275, Luchterhand Verlag)

 


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