KofferRaum Station #6 |
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Urlaub für
Kunstschaffende Protokoll #40 der "Konferenz der Provinz" |
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Von Foto: "Frau
Sektions-Chefin" Elisabeth Babnik |
Die Aktion hat sich noch kaum
herumgesprochen. Eben - am 13.5. - hatte der steirische Landeskulturbeirat eine weitere
Sitzung. Da wollte sich auf meine Fragen hin kaum wer äußern ... obwohl drei
Landespolitiker dem Beirat aktuelle Angelegenheiten referiert haben (Brünner, Getzinger,
Jeglitsch). Ich lege hier einfach einmal die Ergebnisse meiner bisherigen Recherchen vor. Gestützt auf ein Schreiben aus dem Bundeskanzleramt, betreffend die neue Urlaubsaktion für Kunstschaffende. Staatssekretär Wittmann erläutert das Projekt in einem kleinen Folder. Das inzwischen gestraffte Förderungsschema werde um eine Variante erweitert, die Kunstschaffenden neue Perspektiven bei einem Urlaub in Österreich bieten soll. Das ganze ist praktisch wie ein Stipendium angelegt. In Kooperation mit der Landwirtschaftskammer und den Tourismusverbänden. Eine Art Urlaub auf dem Bauernhof für Kunstschaffende. (Nichts in Pörtschach oder so. Leider!) Da das Wittmann-Schreiben und der Folder doch etliche Fragen offenlassen, habe ich mich umgehört. Außerdem: Da wir am 18. Mai die nächste "Konferenz der Provinz" in Schloß Lind haben, nehme ich an, daß wir dort vom Team des Landeskulturreferates schon näheres erfahren können. (Die Themenliste dazu findet Ihr in Protokoll #39!) Es weist einiges darauf hin, daß der erste Impuls zu dieser Förderungsaktion aus der Steiermark kam. Die Anregung, so heißt es, stammt vom steirischen Kulturreferenten Peter Schachner. Er habe gemeint, es sei volkswirtschaftlich sinnvoller, einen namhaften Anteil der heimischen Kunstschaffenden auf Urlaub zu schicken, statt das bisherige Förderungsmodell auch nur im verringerten Umfang aufrecht zu erhalten. Ich habe aus seinem Büro noch keinen klaren Kommentar dazu erhalten können. (Leider findet man auf den SPÖ-Websites keinerlei diesbezüglichen Dokumente.) Elisabeth Fiedler ließ ausrichten, sie könnte selbst etwas Erholung vertragen und bekomme auch keinen Urlaub von Schachner. Gerald Raunig, Obmann der IG Kultur Österreich, hält das alles schon für möglich, meint aber - aus seiner Kenntnis der Wiener und wie sich diese zu Steirern verhalten -, daß Wittmann sicher nie zugeben würde, die Idee von Schachner zu haben. IG Autorinnen Autoren-Vorsitzender Gerhard Ruiss schrieb mir in einer email, er sei eher gegen das Urlaubsprojekt, weil so die Kunstschaffenden aus den Landeszentren wieder in die Provinz zurückverbracht würden, woher die meisten ja auch kämen; die kulturpolitischen Intentionen seien also geradezu durchsichtig und man solle Wittmann in dieser Bestrebung nicht entgegengehen. Zu den angeblichen steirischen Bezügen kann er nichts sagen. Der steirische SP-Kultursprecher Günter Getzinger war vorerst nicht zu erreichen. Ich hatte gerade soviel erfahren, daß der (laut Eigenaussage) "gelernte Physiker" sich zwei Wochen Urlaub genommen habe, um sich für die Chemie-Olympiade fit zu machen. (Der Physiker? Chemie? Na, er muß wissen, was er tut!) Am 13. Mai war er mit anderen Dingen beschäftigt, hatte immerhin im Kulturbeirat den Stand der steirischen Dinge zu vertreten, was kein leichter Job ist. Aber ich treffe ihn am 18. Mai und hoffe, Details zu erfahren. Claudia Babel vom LIF Steiermark erklärte sich sofort bereit, kostenlos einen Kleinbus zur Verfügung zu stellen und einer noch nicht näher genannten Zahl von Kunstschaffenden einen Schwimmkurs zu finanzieren. Außerdem ließ sie das Wittmann-Konzept sofort ins Slowenische übersetzen. Brünner bemerkte nur kurz, er kenne das Wort Urlaub nicht.) Edith Zitz von den Grünen ließ mich in aller Eile wissen, sie sei urlaubsreif und würde auch gelegentlich Gedichte schreiben. (Bessere als der Martin Wabl, wie ich im Nabl-Institut mal gehört habe.) Heimo Steps von der ÖVP hat mir gefaxt, daß er als Fachmann in Umweltfragen eigentlich "eher nicht" dafür sei, daß Kunstschaffende massiert aufs Land verschickt würden. Man habe es dort mit den Bauern schon schwer genug. Magda Bleckmann ließ aus dem Landtagsklub mitteilen, dieses Projekt sei eventuell ganz gut mit dem unlängst abgewiesenen FPÖ-Antrag auf separate Budgetierung der Volkskultur vereinbar. Eine Betonung und Aufwertung dieser vernachlässigten Kulturbereiche. Ilse Weber von der IG Kultur Steiermark teilte mit, sie sei mit der Aktion vollkommen einverstanden, fordere aber verbindlich zehn Prozent des Urlaubsbudgets für die freie Initiativenszene. Oder die autonome Initiativenszene. Oder doch die freie. Ihr Obmann, Werner Wolf, ließ ausrichten, er sei für den Verbleib von Kunstschaffenden in der Steiermark, könne sich aber im Moment nicht ausführlicher zur Sache äußern, da er mit laufenden Kulturvorhaben arbeitsmäßig überlastet sei. Man werde aber spätestens zur Jahreswende ein Memorandum von ihm erhalten. (IG-Sekretärin Andrea Dörres betonte, daß sie nichts dafür könne.) Soviel zu den Stellungnahmen aus der Steiermark. Inzwischen sind auch von der Bundesebene her einige Reaktionen verfügbar. Andreas Kohl hat prompt reagiert und die ÖVP-Optionen präzisiert. Er sei für das Urlaubsprojekt, wenn man den Kunstschaffenden dafür einige Verbindlichkeiten abverlange. Vor allem die Familienpolitik seiner Partei lege es nahe, an dieses Angebot sowie jedes künftige Staatsstipendium eine Verpflichtung zu knüpfen. Einen zweiwöchigen "Sozialdienst". Und zwar im Haushalt eines anderen Kunstschaffenden. Als Unterstützung der Frau (fallweise auch des Mannes, soweit Künstlerinnen das für ihre Familie beanspruchen würden). Weil er, Kohl, schon sagen müsse, daß es unter Künstlern eine starke Tendenz gäbe, die Sorge für ihr Lebenswerk über die Sorge um die eigene Familie zu stellen. Vor allem was Mitarbeit im Haushalt etc. betreffe. (War das nicht ein SP-Thema, Leute?!!) Westenthaler schrieb daraufhin gleich in einer Presseaussendung (die ich aus dem Wiener IG Kultur-Büro bekommen hab), er würde es vorziehen, die Kunstschaffenden könnten in der Erntehilfe eingesetzt werden. Landwirtschaftliche Hilfskräfte seien für unsere Bauern kaum noch erschwinglich und die "Kunstschickeria" habe ohnehin jeden Bezug zur ursprünglichen Bedeutung des Wortes Kultur verloren. Ich hab daraufhin Raunig gefragt, ob er von Haider selbst was gehört habe. Raunig mailte: "Der hat nur die Vertrauensfrage gestellt." Gestern habe ich noch einen Brief von der steirischen Kulturabteilung bekommen, in dem Hofrat Glawogger vorschlug, man könne - ergänzend - eine Landesausstellung zum Thema "Zeitgenössische Kunst" ins Auge fassen und die Kunstschaffenden selbst zu einem lebendigen Teil der Ausstellung machen. Das wäre eine weitere Möglichkeit, sie einmal aus ihrem anstrengenden Arbeitsalltag zu entlassen und nett unterzubringen. Diese Option wurde intern offenbar schon früher erörtert, denn aus dem Gleisdorfer Rathaus war zu erfahren, daß der große Klosterkomplex im Stadtzentrum vom Konvent der Dominikanerinnen längst für eine prophane Nutzung freigegeben sei. Und da man im Jahre 2001 eine Landesausstellung als Kooperation der Städte Gleisdorf und Weiz realisieren möchte, da das Motto schon seit einem Jahr feststehe - "Funkenflug und Geistesblitz" - da überdies das Kloster der Renovierung bedürfte, wäre es der geeignete Ort für eine Landesausstellung, bei der man österreichische Kunstschaffende zeigen könne. Auch der Titel - "Funkenflug und Geistesblitz" - passe, so Kulturreferent Gunter Schabl, irgendwie ganz gut für so ein Projekt. Okay. Das ist alles, was ich augenblicklich an Informationen hab. Ich denke, daß sich Österreichs Kunstschaffende umgehend zur Sache äußern sollten. Direkt ans Bundeskanzleramt gerichtet oder an eine unserer Dachorganisationen. In der Steiermark würde ich allerdings vorschlagen, wir warten mal das Memorandum von IG-Kultur-Obmann Werner Wolf ab, denn es hat sich doch schon öfter gezeigt, daß Kunstschaffende es kulturpolitisch nicht so gscheit angepackt haben und Wolf und Weber mußten das dann erst wieder in Ordnung bringen. Okay! Feedback ist natürlich auch an die "Konferenz der Provinz" möglich. Ich bring das in den nächsten Protokollen. Längere Statements aber bitte gleich als Datei - per email oder auf Diskette, als RTF-File. Ihr findet das dann auch im Internet. Die "Konferenz der Provinz" ist ja auf der v@n-site präsent. P.S.: Zur Erinnerung: Die "Konferenz der Provinz" ist eine offene Plattform. Diese Protokolle sind via e-mail kostenlos zu erhalten, auf dem Postweg im Abo-System (ATS 120,- für 10 Zusendungen). Die Protokolle sind auch im Internet abrufbar /siehe oben). Nähere Informationen auf Wunsch. Diese Ausgabe gehört zu "Martin Krusches Virtual Trash", anläßlich "Kofferraum - die sechste Station: Urlaub vom Bunker" in Wies (Weststeiermark) Liebe Grüße! |
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