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Zwischenstand: Politische Notizen #5


Kulturausschußvorsitz: Wenn nicht die FPÖ, wer dann?

Von Monika Mokre

 

Vor einigen Tagen erhielt ich ein erstaunliches E-Mail der IG AutorInnen. "Der parlamentarische Kulturausschußvorsitz geht an die FPÖ", lautete der einigermaßen schockierende Titel. Doch ging es nicht minder befremdlich weiter: "Der 18.12.1999 steht für den bisher größten Vertrauensbruch, den österreichische Regierungsparteien an der österreichischen Kunst und Kultur begangen haben", stand am Ende des ersten Absatzes lesen.

Siehe da: Zwar hat sich die SPÖ das Vertrauen der ArbeiterInnen schon vor Jahrzehnten, das von MenschenrechtsaktivistInnen spätestens in der Ära Löschnak und das der sozial Engagierten mit dem Sparpaket verspielt. Zwar hat die große Koalition nach Meinung vieler Haider die WählerInnen in die Arme getrieben. Aber das Vertrauen einer Bevölkerungsgruppe haben sich SPÖ und ÖVP offensichtlich bis zum 18. November erhalten, nämlich das der KünstlerInnen.

Doch damit ist es jetzt auch vorbei, verkündet der Brief der IG AutorInnen, denn "weder der SPÖ noch der ÖVP (war) die parlamentarische Repräsentanz von Kunst, Kultur und Wissenschaft etwas wert", ja "sogar noch die Mastensteuerfrage (hat) Vorrang vor Kunst und Kultur."

Bedauerlicherweise kann ich nicht einschätzen, ob diese Interessensabwägung besonders empörend ist, da ich nicht weiß, was die Mastensteuerfrage ist. Doch erscheint es mir schon seit längerer Zeit evident, daß sich weder SPÖ noch ÖVP für Kulturpolitik interessieren - weshalb mich die Enttäuschung der IG AutorInnen einigermaßen überrascht. Seien wir und doch ehrlich: Wer wußte denn überhaupt, daß es einen Kulturausschuß des Parlaments gibt, bevor Heide Schmidt seinen Vorsitz übernahm? Und außerhalb dieses Gremiums? Gut, die ÖVP leistet sich das enfant terrible Franz Morak, das ja auch seiner Rolle entsprechend immer wieder ein paar öffentlichkeitswirksame Aktivitäten setzt - doch hat wirklich irgendjemand angenommen, daß das Thema Kulturpolitik auch den Rest der Partei interessiert? Und die SPÖ? Erinnern Sie sich an irgendwelche prägenden kulturpolitische Aussagen von Josef Cap?

Aus meinen Beobachtungen der österreichischen Kulturpolitik habe ich den Eindruck gewonnen, daß sich einzig und allein Heide Schmidt und das Liberale Forum um konstruktive Lösungen für kulturpolitische Fragen bemüht haben - also für Kultur Politik gemacht haben - und daß die einzige andere Partei, die in den letzten Jahren Kulturpolitik gemacht hat, eben die FPÖ war - wobei es in diesem Fall nicht um Politik für Kultur, sondern um Politik mit Kultur ging - und zwar um eine recht widerliche Variante davon.

Es entspricht daher durchaus der Interessenslage der österreichischen Parteien, der FPÖ den Kulturausschußvorsitz zu überlassen. Es entspricht allerdings nicht den Interessen der österreichischen KünstlerInnen und überhaupt aller, die in diesem Lande mit Kunst und Kultur zu tun haben. Ebensowenig im übrigen wie die Umwandlung des Kunstministeriums in ein Staatssekretariat vor einigen Jahren, die - wenn ich mich recht erinnere - von der IG AutorInnen mit ähnlichen Worten beklagt wurde.

Nun wissen wir ja aus der Psychologie, daß niemandem die Ablösung von den Eltern so schwer gelingt wie vernachlässigten Kindern, daß gerade diese Kinder dazu tendieren, die ewig abwesende Mutter zu idealisieren, um immer wieder von ihrer mangelnden Zuwendung enttäuscht zu werden. Doch vielleicht wäre es trotz allen Verständnisses für die psychischen Deformationen der österreichischen KünstlerInnen langsam an der Zeit, daß diese sich von Mutter Partei und Vater Staat ein wenig emanzipieren, daß sie erwachsen werden und für sich selber einstehen. Oder ist Robert Menasse eine ewiggültige Weisheit gelungen, als er im Jahr 1994 schrieb: "Österreichische Künstler sind fast nur noch als Personalunion von Staatsfeind und Staatskünstler zu haben."

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Dr. Monika Mokre / ICE - Research Unit for Institutional Change and European Integration / Austrian Academy of Sciences, Postgasse 7/1/2, A-1010 Vienna,
E-Mail: mokre@oeaw.ac.at,
Web: http://www.soe.oeaw.ac.at/privateweb/Mokre


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