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Politische Notizen #1

Von Martin Krusche

 

Es heißt, daß Künstler alles dürfen aber nichts müssen. Eine Position, um die man leicht beneidet wird, weil sie einen den Kindern gleich macht. (Komisch, daß alle das Kindsein so toll finden - außer die Kinder.) Es heißt, daß Künstler alles kritisieren wollen, ohne selbst etwas besser zu können. Vielleicht ist das so. Wenn man einrechnet, daß Künstler gewöhnlich so mächtig sind wie eine sitzengelassene Hausfrau, muß einen das nicht weiter aufregen. Es sagt ja bald einer seine Meinung. So vor sich hin ...

Macht? Naja, Macht bedeutet, daß man andere zu Verhaltensänderungen bewegen kann. Nicht mit vorgehaltenem Schießprügel. Das ist keine Macht, sondern bloß simple Gewaltandrohung. Macht ist mächtiger. Sie beeinflußt Menschen nachhaltiger. Nun wird freilich auch mancher Kommunalpolitker geltend machen, daß er - nach solchen Kriterien bemessen - kein Teilhaber der Macht sei. Gut. Es lohnt, sich das näher anzusehen.

Sie kennen ja sicher das Begriffspaar Politik und Realpolitik. Was könnte damit gemeint sein? Ich sehe vor allem zwei in Umlauf befindliche Deutungsmöglichkeiten.

Erstens:
a) Politik sei das, was sich Träumer als sinnvoll und möglich vorstellen,
b) Realpolitik das, was übrigbleibt, wenn jemand tatsächlich Verantwortung übernimmt und handelt.

Zweitens:
a) Politik sei das, was der Politiker als Ideal, als moralische Orientierung für sinnvolle Politik halte,
b) Realpolitik das, was man noch tun könne, wenn die anderen mit einem fertig sind.

Nehmen wir einmal für uns alle an, daß jede und jeder nur das beste möchte. Für sich und für das Gemeinwesen. Ah ja! Das ist ein wichtiges Stichwort. Politik meint ja wenigstens zwei Aspekte, die voneinander sehr verschieden sind. Beide Aspekte sind aus unserer Kultur- und Geistesgeschichte heraus formuliert. Verkürzt dargestellt: Der eine handelt von der "Staatskunst", also von dem, was Professionals, was formell Funktionstragende tun. (Politiké) Der andere meint das "Gemeinwesen", somit das, was engagierte Bürgerinnen und Bürger tun. (Polis)

Im ungünstigsten Fall werden beide Seiten von einander annehmen, daß die jeweils andere keine Ahnung von irgendwas habe, zu blöd oder zu unwillig sei, das Wesentliche und das Richtige zu tun ... was immer das Wesentliche und das Richtige sei.

Sie sehen also: Politik muß ja zwangsläufig etwas Kniffliges sein. Und in einer zeitgemäßen Demokratie ist eigentlich jede Bürgerin, jeder Bürger in die Politik involviert. Ob Sie reden oder schweigen, ob Sie handeln oder nichts tun: Es gibt keine Ausrede, keine Ausflucht. Tun ist ebenso politisch wie unterlassen. Aber keine Sorge. Falls Sie meinen, Sie hätten - so gesehen - politisch nichts mit ihrem Gemeinwesen zu schaffen, wird bestimmt jemand anderer gerne das Mandat für Sie übernehmen. Man sollte sich also nicht beklagen, wenn man das Gefühl bekommt, es werde irgendwo schlechte Politik gemacht. Es gibt nur wenige adäquate Antworten auf dieses Gefühl. Eine der besten scheint mir: Handeln!


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