Fünfundsechzig
oder
Die kleine hektische Bedienung
Das Telefon jodelte. Fünfmal. Ein Mal nach dem anderen. Die kleine hektische Bedienung ging dran.
"Café Nimmerland", setzte sie so schnell wie möglich ihr höflichstes Lächeln auf.
"Mein Göttermänne muss wieder bei euch sein", mußte sie sich anhören, in einem Tempo, als hätte der ganze Satz nicht mehr als drei Silben. Die kleine hektische Bedienung besann sich kurz. Und hielt den Hörer eine halbe Elle weit vom Ohr weg.
"Der mit der schwarzen Lederjacke?" grinste sie breit in das Telefon, denn das war ihr Job.
"Na wer denn sonst", knatterte die ferne Stimme noch lauter, "und der muss heim!"
Die kleine hektische Bedienung grinste ratlos.
"Kassier den mal ab", knatterte es, "sein Nilwaran ist uns ausgekommen und frisst meinen Teppich auf! Wenn er in zehn Minuten nicht da ist, lass ich mich scheiden! Lass dir fünf Mark Trinkgeld geben!"
Die kleine hektische Bedienung grinste nur in ihren Hörer hinein und wandte sich zu mir herüber. Mein Nilwaran! Ich versuchte gar nichts damit zu tun zu haben.
"Das geht nicht", krähte die kleine hektische Bedienung durch die versammelte Kneipe, "der ist ja grade auf der Toilette!" Ich wurde immer kleiner am Tisch.
"Dann legst du ihm fünfundsechzig Mark auf den Tisch! Der muss jetzt", die Stimme machte ihre erste Pause, "sieben Bier bei euch haben. Dann hat er jetzt noch einen Hunderter einstecken! Den lässt du dir von ihm geben, die fünfundsechzig Mark einstecken und heimgehen!"
Aus dem Männerklo donnerte eine schwarze Lederjacke voll auf ihre Knie heraus und nestelte schwertrunken an ihrem Hosenstall. Die kleine hektische Bedienung wandte ihren Hörer der schwarzen Lederjacke zu und grinste von Altenfurt bis Schoppershof:
"Ja, ist gut, sofort!"
Grade nochmal davongekommen.
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