Hugendubel
Die größte Buchhandlung Deutschlands ist der Hugendubel am Münchner Marienplatz. Da steht er ein Jahrzehnt ums andere und stiehlt dem gegenüberliegenden Rathaus die Schau. Hugendubel ist so riesig, dass er extra Leseinseln einrichten musste, wo man mit seinen Bücherstapeln auf dem Weg zur Kasse verschnaufen kann. Hintereinandergelegt ergeben die Bücher, die es bei Hugendubel gibt, eine Strecke dreimal um den Äquator. Wenn man sie alle auf einmal anzündet, erwärmt sich die Atmosphäre auf dem Marienplatz um 17 °C.
Besonders um den Ladenausgang ranken sich zahlreiche Legenden. An der Kassenreihe im ersten Stock kann man sich nämlich leicht vorbeischlängeln. Von dort aus geht es eine Treppe hinunter auf die Straße. Wer mit seinen Bücherstapeln im Arm nochmal ins Erdgeschoss will, kann also leicht schon mal unfreiwillig Bücher gestohlen haben. Deswegen hängt über dem Treppenhaus, an dem man sich ohnehin schnell die Birne einrennen kann, ein Schild, dass man hier und jetzt sofort zu bezahlen habe.
Einen reisenden Handwerksburschen aus dem Fränkischen, nicht vorbereitet aufs Zahlen, weil er nur mal die Leseinseln angucken wollte, packte die Panik beim Anblick all der Kassen und des unwidersprechlichen Schildes über der Treppe. Hinter ihm lauerte schon der Kaufhausdetektiv mit Sonnenbrille und Lasso.
"Zahlen soll ich?" dachte der Handwerksbursch beherzt, "wüsste nicht, wofür!", nahm Anlauf und sprang die weltberühmten dreizehn Stufen bis zum Absatz und kullerte die restlichen fünf hinunter auf den Marienplatz hinaus. Und rannte sich richtig die Birne ein dabei.
Natürlich dachte der Kaufhausdetektiv hinter ihm, dass wer es so eilig hat, alle Manteltaschen voll gestohlener Bücher haben müsste, und alarmierte mit dem Handy seinen Kollegenstab. Unten auf dem Marienplatz wand sich der Handwerksbursch vor Kopfweh und dachte nicht anders, der Schäfflertanz vom Rathaus wäre ein Glockenspiel in seinem Kopfe, weil es gerade Mittag schlug. Indessen hoffte er, dass jemand mit seinem Handy die Sanitäter alarmieren mochte. Wie staunte er da, als er nach keinen zwei Minuten links und rechts von Männern mit Sonnenbrillen und Lassos im Gürtel hochgehoben und zurück zu Hugendubel geschleift wurde.
Er ging in den Folterkammern des Hauses verschollen, weil nie irgendwelche gestohlenen Bücher bei ihm gefunden wurden. Wenn man die Lassos aller Kaufhausdetektive von Hugendubel zusammenbindet, kann man alle reisenden Handwerksburschen Deutschlands damit fesseln und vom Olympiaturm an die frische Luft hängen, was der Olympiaturm ohne weiteres aushalten würde, aber nur zwei oder drei Handwerksburschen im Inneren des Knäuels.
Und das ist noch gar nichts, denn keine zehn Minuten zu Fuß vom Marienplatz ist schon der Hugendubel am Stachus.
Keine zehn Sekunden zu Fuß