Intro

 

"Ich bring ein Buch raus", verkündete ich.

Alles plapperte fröhlich weiter.

"Ich bring ein Buch raus", versuchte ich noch einmal und verklebte betont nebenbei die Naht meiner Selbergedrehten.

Che Guevara wurde aufmerksam. "Was??"

"Ich bring ein Buch raus", sagte ich stolz.

"Der Gräbel bringt ein Buch raus", tauchte Che Guevara zurück in das wogende Geplapper. Einige schauten auf. "Der Gräbel bringt ein Buch raus??"

Ich hatte meine Zigarette entzündet und labte mich an Bier und konnte deswegen einen Moment lang kein Konter geben.

"Soll er halt", lästerte Johnnie Walker, "dann wird da herin schon wieder ein Platz frei."

Jah jah, dachte ich, energisch Bier schluckend, um endlich antworten zu können, dafür geht man mit seinen Kumpels in die Kneipe: um ihnen zu erzählen, was einen bewegt, und ein bisschen Anerkennung dafür zu ernten.

"Alfanzerei", fuhr ich Johnnie Walker an, "ich hab einen Verleger gefunden!"

Das Gejohle war groß.

"Ich hab letzthin auch ein Buch verlegt", bringt Che Guevara zwischen seinem Gelächter hervor, "ich glaub, das find ich nie mehr."

"Bücher verlegen", grölt Johnnie Walker, "damit verdient man Geld?! Nächstes Mal studier ich doch nicht wieder auf Inschinör, wenn man da bloß Bücher verlegen braucht!"

"Mein Opa hat sich neulich das Kreuz verlegt", erinnert sich Tom Waits.

"Wenn sie's verlegt haben, kannst du ja noch eins schreiben", tröstet mich Marzipan Wildfang, "der Karl May hat den Winnetou auch gleich dreimal schreiben müssen."

Ignoranten, alle miteinander. "Macht lieber mal einen konstruktiven Vorschlag, wie das Buch heißen soll", versuche ich den Kurs zu ändern, "damit ihr auch einmal in der Woche was Positives geleistet habt, wenn ihr morgen früh ins Bett geht."

"Karlheinz", prustet Che Guevara.

"Am Arsch die Räuber", fällt Johnnie Walker ein und findet das umwerfend lustig. Mein Einwand, dass das nicht geht, weil so schon eins von Wiglaf Droste bei Edition Nautilus heißt, verschallt, wahrscheinlich absichtlich, ungehört. Die Blonde mit ihren üppigen schwarzen Locken sitzt bloß sphinxen dabei und will weiter vom Urlaub erzählen.

Vorschläge prasseln: "Die Mitmenschen sind unter uns!"

"Sag, wenn du gehst!"

"Schrei, wenn du kommst!"

"Tote leben nicht!"

Banjo tuschelte gerade irgendwas mit Marzipan Wildfang. "Doch!" sagte er aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Grund laut zu ihr.

"'Doch'!" griff Johnnie Walker sofort die Idee auf, "das ist mal ein guter Name. So positiv! Und auf die Rückseite dann: 'Eine klare Antwort auf das Nein.'!"

Ich hatte mittlerweile mein Angesicht in Händen geborgen. Nie wieder mit Technikern und Naturwissenschaftlern und gar Eisenbahnern über Literatur diskutieren, nahm ich mir vor, nein, nie wieder. Kein Verständnis, kein Interesse, und kein Ort, mein müdes Haupt zu betten. Alle hacken auf mir rum. Keiner hat mich lieb.

"Oder", begann Johnnie Walker auf ein Freibier zu spekulieren, wofür anscheinend selbst wir Germanisten noch gut genug sind, "wir schreiben" (er sagte in der Tat 'wir schreiben' - !) "wir schreiben ganz einfach drauf: 'Wenn man uns hier nicht länger bewirten will'!"

Ich erhob mein Antlitz, woraus sich die Wolken verzogen, aus den Armen. Den Buchtitel hatte Frau Bedienung nämlich gehört. Zwei Bier, eins für den Grattler da drüben, eins für mich.

So geschah es.

Prost.

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