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Abt.: Keine Helden
Die folgenden Zeilen und Seiten wollen kein kulinarischer oder gar Reise-Führer sein. Es sind lediglich ...
Die Abfahrt selbst war nicht wirklich von Fortuna gesegnet: Was für den mittleren Vormittag geplant war, konnte erst so gegen 13:30 Uhr verwirklicht werden. Ein Kirtag in der Hauptstraße, der jeglichen Fahrzeugverkehr ebendort zunichte macht, zwang uns, durch der Nachbarin Stadel mit der vollgepackten Urlaubs-NESSIE zu pflügen, quasi durch den diskreten Hinterausgang (dabei hätte es uns gar nichts ausgemacht, wenn uns jemand dabei ertappt hätte, daß wir mit lachenden Gesichtern gen Urlaub fahren). Auf der B50, also beim Passieren des äußeren Stadeltores, ereilte uns dann endlich ein gewisses Gefühl von Freiheit, auf das wir so lange gewartet haben, hatten wir doch die Zeit zwischen geplanter und effektiver Abfahrt immer wieder (zurecht) das Gefühl der Gefangenschaft. Dafür gestaltete sich die Fahrt über österreichische und deutsche Autobahnen bis zur Nächtigung auf der Raststation Göttingen als nicht weiter nennenswert - bis auf die Erkenntnis dort, einen minor defect sofort, also vor dem vormittäglichen Wegfahren, beheben zu müssen. Es sollte der einzige verkehrssicherheits- bzw. betriebsbeeinträchtigende Fehler auf unserer Reise sein und beschränkte sich aufs Tauschen des linken Gelbauges. Überwältigt vom deutschen Speisenangebot haben wir die Currywurst mit Pommes Frittes gewählt, und konnten uns damit in der Sicherheit wähnen, eine lokale Spezialität genossen zu haben (nein, wirklich, wir mögen sie - hin und wieder ...). Nordfriesland und Jütland unterscheiden sich weder landschaftlich noch architektonisch wahnsinnig von einander, und so konnten wir auf einsamen Landstraßen schon ein bisserl üben: Deichbauten, Wind(kraftwerk)parks und das Watt(enmeer). Wunderschön war auch die gewählte Straße auf der Karte, die uns entlang des Dammes nach Dänemark führen sollte, allerdings nur dort, denn sie endete in Wahrheit in einem Gehöft und ging erst über der Grenze weiter, allerdings ohne gleichnamigen Übergang dazwischen. Der etwas östlicher gefundene Grenzübergang war aber auch recht idyllisch. Als erste zu besuchende Stadt auf Jütland bot sich Højer an - und die Højer Pølser gelangten bekanntermaßen zu Weltruhm als beste Pølser überhaupt! Zumindest steht das so auf den Auslieferungsfahrzeugen der Fabrik und im Schaufenster des dortigen Fleischhauers - und dann wird das bestimmt seine Richtigkeit haben! Jedes Land hat seine Fast-Food-Spezialitäten, und was dem Österreicher sein Würschtlstand ist, das ist dem Dänen seine Pølser-Bude. Dort gibt es sie in den verschiedensten Variationen, obwohl, korrekt gesagt, bezeichnet dieser Ausdruck eigentlich nur das Würschtl selbst. Das Angebot in den Buden ist folgendes: ein Weichweißweckerl, zu 90% eingeschnitten, dann ein viel zu langes Würschtl in grellem Rot (es kann aber auch ein Bratwürstchen geordert werden, die entschärfte Touristenversion sozusagen, wir wollten natürlich das Original) hineingelegt, je eine Raupe Ketchup, Kremser Senf und Remoulade auf Weckerllänge drübergezogen, gerösteten Zwiebel darauf streußeln und drei Blätter Agurke-Salat (das sind süße Essiggurkerlscheiben!) aufgelegt. Serviert wird das Ganze stilecht auf einem Stückchen Fettpapier. Köstlich! Der Verzehr möge aber geübt sein, weil‘s schade ist um die Beilagen, wenn sie am Boden liegen. So ist eine eindeutige Unterscheidung "Tourist" und "Eingeborener" möglich. Der Weg auf die Insel Rømø ist ein befestigter, was gerade auf Jütland nicht unbedingt die Regel ist. Die Verbindung zur ersten Insel schneidet sich knappe zehn Kilometer durch’s Watt, das heißt auf dieser Distanz gibt‘s links und rechts der Straße entweder Wasser oder Gatsch, sonst nix. Und dennoch (oder gerade deshalb?) ist es eine schöne Strecke. Dänemark erlaubt als eines der ganz wenigen Länder das Befahren des Strandes mit Kraftfahrzeugen (an gekennzeichneten Stellen), und das mußten wir natürlich ausnützen, wie Dutzende andere auch. Der Sandstrand auf Rømø ist aber dermaßen breit und weitläufig, daß wir niemandem und uns niemand im Weg war. Die einen gingen schwimmen, die anderen ließen Drachen steigen. Wir beschränkten uns auf Muscheln suchen am Strand und fotografieren, denn so hartgesotten wie die Einheimischen waren wir nicht und zum Drachen steigen lassen fehlte uns selbiger. Korsische Gefühle wären aufgekommen, hätten wir dort gleich umgebaut und genächtigt (weil viel kühler war’s im Winter auf Korsika auch nicht und vielleicht sogar ein Spur weniger windig), das Campieren am Strand ist jedoch verboten. Rømø bietet drei Campingplätze, jeder mit wasweißichwievielen Sternen. Wir suchten den aus, der am wenigsten nach Plastik, Kitsch und Sommerurlaub deutscher Familien aussah - und erwischten damit den teuersten. Zum Campen in Dänemark allgemein: Bei jedem Einchecken auf einem offiziellen Campingplatz wird man nach der Camping-Card gefragt, diese ist obligatorisch. Für die erste Nächtigung hat man sie natürlich noch nicht, macht nix, man zahlt 75 Eier (Eier ist ein Synonym für die jeweils aktuelle Landeswährung, da wir alle während der vergangenen Raid Laponie, die uns durch insgesamt zehn Länder führte, sonst ein bisserl durcheinander gekommen wären; mit diesem Begriff wußte jeder und immer, welche Währung gerade gemeint ist, und unsereiner hat dieses Vokabel für "jeweils aktuelle Landeswährung" in den aktiven Wortschatz übernommen) und bekommt einen Papierfetzen, den man sich obendrein auch noch selbst ausfüllen muß (vielleicht war‘s eh besser). Der Zettel gilt für diesen Urlaub als Camping-Pas. Während dieser Zeit schickt der dänische Camping-Club eine Plastik-Karte nach Hause, und beim nächsten Dänemark-Urlaub (oder Schweden- oder ...) braucht man nur mehr ein Hologramm-Pickerl für das Kampeer Carnet kaufen, das dann wiederum das ganze Jahr Gültigkeit hat. Das Pickerl ist etwas billiger als der Karten-Ersatz und spart Papier, Verwaltungsaufwand und die Erzeugung einer weiteren Plastik-Karte. (Denn beim nächsten Dänemarkaufenthalt würde das Spiel von neuem starten und man hätte dann zwei Karten zu Hause.) Der Velbinger, den wir als treuen Weggefährten mitgenommen hatten, schrieb etwas von einem Walzaun im Norden der Insel, also kurz vor dem militärischen Sperrgebiet, was sich sehr beeindruckend liest, es aber letztendlich nur bedingt war: Im 17. Jahrhundert war der Walfang Haupteinnahmequelle von Rømø (heute natürlich kaum vorstellbar), und bei so einem mächtigen Tier bleibt auch viel an Knochenwerk übrig, das offenbar ähnliche Eigenschaften wie Holz aufwies. Die Knochen waren im Überfluß vorhanden und wurden auch für Möbel und sogar zum Heizen verwendet. Und stünde nicht eine Tafel hinter dem Walzaun, wir wären vorbeigefahren, denn man kann nicht jeden, wenn auch nur vermeintlichen, Holzzaun beachten. Die nächste Insel auf unserem Weg war Mandø. Sie unterscheidet sich von Rømø in erster Linie durch ihre Größe (bzw. Kleinheit, denn sie ist nur ungefähr ein Viertel so groß), was zur Folge hat, daß sie nicht zur Touristensenke wurde, und in zweiter Linie dadurch, daß sie zwei mögliche Routen der Zufahrt bietet. Auf der Straßenkarte ist keine der beiden eingezeichnet. Eine der Möglichkeiten wäre, unter Mißachtung der Fahrverbots-Schilder, den Ebbevej zu wählen, was, wenn man keine Traktorräder hat, ziemlich blöd enden kann. Denn ganz trocken ist der Ebbe-Weg sowieso nie, und die Wahrscheinlichkeit, im Morast stecken zu bleiben, ist nicht direkt vernachlässigbar. Das örtliche Bus-Unternehmen (Mandø-Bussen) führt zahlende (und zahlreiche) Gäste mit dem Anhänger aber schon über den mit Zweigen gesäumten Gatsch-Pfad. Wir haben den um eine Spur sichereren Weg gewählt, wobei aber auch bei diesem auf Schildern gewarnt wird, man möge sich’s mit den Gezeiten gut stehen und erfragen, wann die Überfahrt möglich sei. Wirklich Angst einflößend war das zirka fünf Kilometer lange Schotterdämmchen nicht, wenngleich doch ein wenig spannend, da in den Schlaglöchern Wasser stand. Wir wußten jedoch nicht, ob noch oder schon. Aber die Flut war ja noch weit weg ... Die Kirche und der Friedhof auf Mandø bieten einen Hauch vom Wilden Westen mit dem dunklen hölzernen Glockenturm davor. In der Kirche hängen wunderschöne Schiffe von der Decke, die an die fetten Jahre des Fischfangs erinnern sollen. Die einzige Windmühle der Insel ist, wie vieles hier, kleiner ausgefallen als die meisten ihrer Artgenossen. Sie steht zur vollständigen Besichtigung offen, es wird lediglich um eine Spende für ihre Erhaltung ersucht. Einen Aufpasser gibt es nicht, und gerade dann werfen wir gerne etwas ein. Wie zuwider sind uns doch Klofrauen. Überblättern Sie diese Seiten auch das nächste Mal, wenn es wieder heißt "DÄNEMARK - Notizen einer Reise ..." © Sabine &
SLOTEN, 10. Jänner 2001
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