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Abt.: Es gibt viel zu sehen, schauen wir’s an! Die folgenden Zeilen und Seiten wollen kein kulinarischer oder gar Reise-Führer sein. Es sind lediglich ...
Wir ließen Hvide Fyr (weißer Leuchtturm; keine Folge ohne sie) links liegen, obwohl er doch nennenswert ist (kleiner Treppenturm mit großer Metallschale, in der das Signallicht wie das olympische Feuer brannte), tummelten uns noch ein wenig im herrlichen Hafen mit seinen roten Häusern und unzähligen Fischrestaurants, ergötzten uns an einem neuen VW-Bus, der, unter einer Straßenlaterne geparkt, auf der gerne Möwen sitzen, die keine Ahnung von der großartigen WC-Infrastruktur haben dürften, ziemlich alt aussah. In Sæby erinnerten wir uns an die alte Fährmanns-Weisheit - und blieben somit auf der Küstenstraße (mit ihren zwei Überfahrten). Als gelernte Touristen stolperten wir auch über die Fregatte Jylland, das längste Holzschiff der Welt nämlich, das in Ebeltoft im Restaurierungsdock liegt und schon 1864 bei der Schlacht vor Helgoland gegen Österreich mitgemischt haben soll (wir wissen’s natürlich nicht, denn wir waren ja damals nicht dabei), und auch über das gleichnamige Bier mit wunderschönem Etikett im nahen Supermarkt. Unweit von hier ist der Ort Elsegårde, und Blushøj Camping geht als der zweitschönste Platz in die Annalen dieser Fahrt ein: Am steilen Weg zwischen den Terrassen und dem Meer liegt eine Bucht, groß genug für zwei Reisende und eine Ente (selbst wenn sie ein Zelt dabei gehabt hätten), mit direktem Blick zur Insel Hjelm, deren Leuchtturm uns in den Schlaf geblinzelt hat ... Fixpunkt (fast) jedes Dänemark-Reisenden ist Billund, ein Städtchen gleich neben Legoland (oder umgekehrt?), auch wenn man sich an die eigene Pubertät schon gar nicht mehr erinnern kann. Es ist wie Minimundus und Prater zusammen (einschließlich Liliputbahn), nur eben alles aus LEGO® (beim Prater-Teil stimmt das vielleicht nicht ganz, aber doch zu einem gewissen Teil). Faszinierend ist‘s allemal, diese kleine Welt aus Plastikbausteinen, wir waren ganze zehn Stunden drinnen. (Unser) Großes Interesse weckte auch das Wie dahinter, wenn sich alles dreht und alles bewegt: Busse, die auf Fähren auf- und an der anderen Seite des Flusses von dieser wieder abfahren, der Frachtschiffaufzug der Elbe, LKWs, die vor einem geschlossenen Schranken stehen bleiben, weil eine Klappbrücke geöffnet wurde, da ein Schiff naht, ... Der Verantwortliche für den Autobau in der kleinen Welt dürfte überhaupt ein bekennender und vielleicht sogar praktizierender Citroënist sein: Es gibt unzählige Enten, viele CX/BX/XM (die Unterscheidung beschränkt sich auf Nuancen, wenn sie aus LEGO® gefertigt sind), einige Méhara (Plural von Méhari), zwei HYs (einer davon interessanterweise in Norwegen, der zweite, wie könnte es anders sein, in Holland) und ebensoviele DSen! (Ein Tipp noch: Wenn Ihr im Hochsommer nach Legoland fahren wollt, kauft die Eintrittskarte gleich am Campingplatz! Damit kann man nämlich bei einem Seiteneingang reingehen und muß sich nicht in einer Menschentraube 2 bis 3 Stunden anstellen!) Die Insel Fyn (Fünen) erreichten wir über eine große Brücke (da dürfte die Fährmannsgewerkschaft nicht stark genug gewesen sein), fuhren den unteren Halbkreis aus und verließen sie Richtung Sjælland (Seeland) über eine ganz große: knapp 17 km lang und 225 Eier (muntere 4 Hunderter) teuer. Die nördliche Küstenstraße Seelands führte uns nach Helsingør. Dort ist die kürzeste Distanz zwischen Dänemark und Schweden und somit reger Fährverkehr im Straßenbahntakt. Bei gar köstlichen Fish&Chips, zubereitet von einem Exil-Briten (sonst hätten wir sie bestimmt nicht genommen), haben wir das Schauspiel beobachtet, wie die ankommenden Schweden in das nächste Geschäft rannten, Bier und auch richtigen Alkohol in haushaltsunüblichen Mengen bunkerten und wieder zurück auf das Schiff stürmten. Bei der kurzen Verweildauer im Hafen kann sowas schon zu Streß ausarten, und einer hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft. Dänemark ist das Land für den Enten-Voyeur. Wir erspähten an diesem Tag 18 Stück auf der Straße (also nicht irgendwelche Leichen in Hinterhöfen). In unserer Heimat erliegen wir schon bei der zweiten Sichtung einem Hormonschub. Der Tag, den wir København (Kopenhagen) widmeten, war verregnet, weshalb wir einige Kirchen auch von innen gesehen haben. Als Hauptstadt wirklich begeistert hat uns Kopenhagen nicht, gesehen haben sollte man es aber schon einmal: den Rundturm (Rundetårn) der Trinitatis-Kirche mit seinem runden Aufgang (Peter der Große soll da schon hinauf geritten sein und Kaiserin Katharina ließ sich sogar mit dem Fuhrwerk hinauf chauffieren; für eine Entenerstbefahrung wäre er also breit und eben genug) und dem herrlichen Rundumblick, die verschlungenen Drachenschwänze des Börse-Dachs, das goldumrandete Schneckenhausdach der vor Frelsers (Erlöser)-Kirche, die kleine Meerjungfrau, Nyhavn, ... Roskilde ist ja nicht nur durch die Austragung des 3rd international meeting of 2cv friends 1979 bekannt, sondern auch dadurch, daß es vor Kopenhagen Hauptstadt war und schon seit der Wikingerzeit bedeutend. Die Wikinger waren durch ihre Holzbearbeitungs- und Schiffsbaukenntnisse recht mobil und hatten einen großen Aktionsradius. Irgendwann kam dann doch eine äußerliche Bedrohung von Roskilde, und die Bewohner haben ihre eigenen Schiffe systematisch als Barriere in der Fahrrinne versenkt. Vor ungefähr 15 Jahren ist man bei Bohrarbeiten auf den sensationellen Fund von anfangs drei, dann insgesamt fünf Schiffen gestoßen, die seit knapp 1000 Jahren im Meer ruhten. Die bloße Ausgrabung der Hölzer hätte sie sofort zerstört. So wurden sie einzeln unter viel Wasserspülung aus dem Schlamm gepinselt und versucht, die gewohnte Umgebung noch ein wenig aufrecht zu erhalten, das Holz nach und nach (vom Meerbedarf) zu entwöhnen, mit Epoxy-Harz zu verstärken und zu konservieren. Danach wurden aus den tausenden Einzelteilen die Schiffe rekonstruiert, was zu einem Prozentsatz von 50 ... 85 (je nach Typ) gelang. Von der Auffindung bis zur Wiederherstellung sind über 10 Jahre vergangen und heute kann man die Funde in der Wikingerschiffshalle am Roskilde-Fjord bewundern (all diese Weisheiten stammen aus einem Videofilm in deutscher Sprache, der dort vorgeführt wird). Auch werden Fahrten mit Repliken angeboten. Vor der Halle ist ein Markt entstanden, der Waren aus dieser Zeit herstellt und verkauft (z.B. sind ja Filzbälle doch Artikel des täglichen, auch damaligen, Bedarfs; im Ernst: es gibt auch Brote, Räucherfisch aus einer Leinen-Paravent-Räucherei, Felle, Wolle, Schmuck usw.). Die (alte) Kirche von Højerup an der Stevns Klint ist schon seit 1928 einen Schritt weiter als die Mårup Kirke: Da stürzte nämlich der Chor ins Meer, obwohl das Bauwerk 1357 fünfzig Meter vom Klippenrand entfernt errichtet wurde. Heute ist das Fundament gestützt, man kann sich also alles bedenkenlos ansehen. Der Strand sowie der verbleibende Teil der Kreideklippe sind nicht gesichert, unser Forschertrieb überredete uns aber dennoch zu einer Begehung (auf eigene Gefahr). Autobahnen sind in Dänemark kostenlos, eine führte uns auf die Insel Falster, die Bundesstraße in die Stadt Gedser und die Füße zum südlichsten Punkt Skandinaviens, der durch den Findling Sydstenen, einen 5 Tonnen schweren Stein, den die Eismassen vor 15.000 Jahren von Schweden hierher transportiert haben, angezeigt wird. Rødbyhavn auf der Insel Lolland war der letzte von uns angesteuerte Punkt dieses Landes, denn von hier legt die Fähre der Vogelfluglinie (auch im Straßenbahntakt) ab nach Puttgarden, dem deutschen Pendant zu Rødbyhavn. Deutsche Autobahnen brachten uns nach Ostfriesland, wo wir das letzte Drittel Urlaub erleben wollten. Die Strandkörbe, unter anderem, als typische Merkmale haben uns hierher gezogen. An der Nordküste enden alle Ortsnamen auf -siel (Neuharlingsiel und Carolinensiel beispielsweise), was darauf hinweist, daß das Land trockengelegt und urbar gemacht und das Wasser, durch großzügige und aufwendige Wall- bzw. Schleusenanlagen, in geregelte Bahnen gelenkt wurde. Die Urahnen der heutigen Bewohner hatten ein recht rauhes Leben im Kampf gegen die Naturgewalten und ein ziemlich distanziertes Verhältnis zu Fremden. Dies hat sich bis heute erhalten (einige der Watt-Inseln haben Auflagen, die einem den Besuch ganz schön vergällen, was auch deren Zweck sein soll). Wir hatten uns auch schon auf Aussatz untersucht - Fehlanzeige - doch so kamen wir uns behandelt vor. Auch trugen wir weder ein rot-weiß-rotes Fähnchen noch einen Gamsbart am Hut, ja nicht einmal den. Rühmliche, weil freundliche, Ausnahmen waren das Muschel- & Schneckenmuseum (in einer Windmühle) sowie das Tee- & Heimatmuseum in Norden (die Negativa seien hier nicht erwähnt, sie würden möglicherweise den Rahmen sprengen). Weiter der Westküste entlang kamen wir nach Pilsum, um OTTO‘s Leuchtturm einmal nicht von der Kinoleinwand oder gar aus dem Fernseher zu sehen, sondern in der Realität. Viele (zweifelhafte) Fans haben sich schon darauf verewigt, was dem rot-gelb-gestreiften Turm alljährlich eine Neulackierung bringt. Kurz vor Emden blickten wir nach Holland, in der Stadt in "dat OTTO Huus", einer Ausstellung mit und über den wohl berühmtesten Ostfriesen, mit ausgesuchten Filmausschnitten, seinem ersten Kaugummi und einer Merchandise-Abteilung (die teuersten Socken ever). In Transvaal, einem Stadtteil, der große Ähnlichkeit mit einem Wiener Arbeiterbezirk hat, erinnert die Bronze-Plastik zweier Ottifanten an die hier verbrachte Kindheit und Jugend des Komikers. Der direkte (Um-)Weg in die Heimat führte, da es sich zwangsläufig um eine Nord-Süd-Durchquerung Deutschlands handelte, über Karlsruhe zu einer OECC-Außenstelle, und durch die Grenznähe weiter ins Elsässische Kulinarium. Der Flammkuchen ist viel feiner als die Pizza und deshalb in den unterschiedlichsten Variationen, mit Belägen von zart bis hart, zu genießen. Von Vorteil ist, wenn viele Mitesser am Tisch Platz nehmen, da in diesem Fall alles, einschließlich der Nachspeisen-Ausgabe, probiert werden kann. Gesättigt ist man dennoch mehr als einem lieb ist. (Nochmals und in aller Öffentlichkeit: Dank nach KA!) Überrascht hat uns die Freundlichkeit der (Süd-)Westdeutschen, besonders, als wir am Sonntag frische Backwaren kauften, waren wir doch in den letzten Tagen wahrlich anderes gewohnt. Natürlich hätte man nun in acht Stunden zu Hause sein können, wir verzögerten die Heimreise abermals, um einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen: die Besichtigung des Automobilmuseums von Fritz B. Busch, dem automobiljournalistischen Idol (neben Herrn Martin), im Schloß Wolfegg im Allgäu. Es ist eine Ausstellung von Menschen für Menschen im allgemeinen und Enthusiasten im besonderen. Welches andere Museum verfügt über die stattliche Anzahl von drei 2CVs, davon ein SAHARA (das Kamel hätte uns gefehlt, wäre es nicht dabei gewesen, auch wenn die montierten 125-15er ein bisserl verloren wirken in den ausgestellten Kotflügeln und auf der Motorhaube), und die dazugehörigen Liebeserklärungen aus dem Bauch heraus (über einer roten Charly kleben große Lettern: "Ein Denkmal für die Ente")? Weitere Höhepunkte für Citroënisten sind ein 11CV, ein 5CV (das Boot; in gelb, natürlich) und weitere Hinterradantriebs-Citroën, die zu benennen für unsereins jedoch keine Leichtigkeit ist. Ein eigenes Gebäude widmet sich dem Thema "Als das Auto reisen lernte ..." und zeigt unter vielem anderen einen Brezel-Käfer mit Wohnwagen, einen Wüstendurchquerungs-Trabi mit Dachzelt sowie eine Isetta, die fünf Personen in den Campingurlaub an die Riviera gebracht hat. Viele der Exponate tragen neben den technischen Daten noch Geschichten, die das Publikum eingebracht hat, nach dem Motto: "Der/Die Opa/Vater/Sohn/Oma/Mutter/Tochter erzählt ...". Schwer in Erinnerung ist mir die Sprechblase bei einem Porsche 912: "Den hatte die Frau unseres Zahnarztes. Das Auto war ihr an sich egal, Hauptsache, es war weiß. Und genau so fuhr sie auch ..." Wir waren jene, die am längsten im Museum verweilten, ein Ereignis, das uns ungefähr jedesmal passiert ist. Um ½3 gingen wir dann schlafen, in ein richtiges, gesellschaftlich anerkanntes Bett daheim. Zum ersten Mal seit 24 Tagen. Gute Nacht ...
Wer wirklich bis hierher gelesen hat, sei beglückwünscht, Ihr habt es überstanden! Alles, was in dieser Geschichte nach historischer Bildung aussieht, haben wir unserem treuen Begleiter zu verdanken: DÄNEMARK - Dirk Schröder, Ursel Pagenstecher, Verlag Martin
Velbinger © Sabine &
SLOTEN, 10. Jänner 2001
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