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Raid Austria OSTvon Stephan Duschinski
Bereits mit der Einladung zum Weltententreffen wurde auf die sich anschließende Raid Austria hingewiesen. Doch was bitte ist eine Raid ? Der Langenscheid gibt Auskunft: Raid = Überfall, Razzia, Heimsuchung. Am besten fange ich am Anfang an: Freitag, 27.07.2001 Bis heute konnte man sich im Infozelt auf dem Welttreffen unverbindlich über die geplanten Raids informieren. Die "West-Route" führt durch die Berge mit Endpunkt bei Bregenz, die "Ost-Route" endet in Matzen nordöstlich von Wien. Die ersten beiden Etappen werden von beiden Routen mit je einem Tag Versatz angefahren. Danach trennen sich die Wege. Da ich noch keinerlei Bergfahrerfahrung hatte, entscheide ich mich für die Ost-Route. Für 1.500 ATS bekomme ich die Startnummer 27. Selbstverständlich dürfen auch nicht alle 3000 Treffenteilnehmer mitfahren. Die Teilnehmerzahl ist auf jeweils 150 Autos begrenzt. Sonntag, 29.07.2001 In einer kurzen Besprechung werden die Unterlagen ausgegeben: Eine Mappe mit dem genauen Fahrtverlauf pro Tag, ein schönes stabiles Startschild, ein Benzingutschein von ARAL über 100 ATS, und eine Autokarte von Österreich mit den ARAL-Stationen sowie ein Straßenatlas. Selbstverständlich gibt es auch Informationen über die anzufahrenden Sehenswürdigkeiten. Montag, 30.07.2001 Die Sonne lacht, das Dach ist offen, die Ente vollgetankt. Während Harald und Claudia mit Kindern auf einen benachbarten Zeltplatz umziehen, viele andere Treffenbesucher den Weg nach Hause unter die Räder nehmen, starte ich zur ersten Etappe der Raid. Der Tacho zeigt 101.485 km. Ca. 270 km sind heute zu fahren. Ich fahre allein los, am Millstädter See entlang um Villach herum, dann auf der Südseite des Wörther Sees nach Klagenfurt. Hier treffen sich die Enten alle vor "Minimundus", einem Park mit Nachbauten der wichtigsten, schönsten, berühmtesten Gebäude der Welt im Maßstab 1:25. Mit dem Raidbook gab es vier Rätselfragen, von denen zwei Antworten auf dem Gelände versteckt sind. Es ist gar nicht so einfach, die zwei versteckten 2 CV´s zu entdecken. Von den Nationen, in denen bereits Ententreffen stattfanden, fehlen nur Finnland und Slowenien. Alle anderen Länder (welche sind es ?) sind mit mindestens einem Bauwerk vertreten. Nach einen kurzen Mittagsrast auf dem Parkplatz, es gibt ein Stück Kuchen und Tee, geht es um 13:55 Uhr weiter zur nächsten Etappe nach Großklein. Doch zuvor ist der Soboth, die erste hochprozentige Steigung (15%) zu bewältigen. Die Ente krabbelt im zweiten Gang brav durch alle Kehren, so daß auf dem 1050 m hohen Paß die Aussicht zu genießen ist. Es macht Spaß, andere Enten beim Aufstieg zu beobachten, aber auch Motorradfahrer haben an der kurvenreichen Strecke ihre Freude. Der nächste Fixpunkt ist der Ort Großklein. "Großklein" kann auch für das Fahrzeugmuseum dort stehen. Es ist klein, aber in Details groß. Für Oldtimerfans ist das Museum sicher eine Attraktion. Die vielen, alten Kleinigkeiten wie Nähmaschinen, Musikboxen usw. sind interessant. Doch noch fehlt mir die Ruhe, mich in die Gegenstände zu vertiefen. So suche ich nur die Antwort auf die nächsten 2 Rätselfragen und wende mich dem Buffet mit den steirischen Spezialitäten zu. Die letzten 50 km geht es gemütlich dahin. Auf dem Übernachtungsplatz in Hatzendorf, einer Wiese neben dem Sportplatz, werden die Raiders herzlich mit einem Schnaps begrüßt. Danach verschwindet jeder baldigst in den Duschen, um sich für einen schönen gemütlichen Abend am Feuer frisch zu machen. Dienstag, 31.07.2001 Um 9:10 Uhr geht es weiter, der Tacho zeigt 101.769 km. Bevor es richtig auf die Straße geht, steige ich noch auf die Riegersburg. Diese imposante Festung wurde ursprünglich gegen die Türken angelegt. Durch drei, jeweils extra gesicherte Vorhöfe gelange ich bis zum Hauptportal. Ab dort ist der Besuch der Burg kostenpflichtig und sprengt wohl auch den zeitlichen Rahmen. Auf dem Rückweg komme ich an einer Gedenkstätte für die Gefallenen der letzten Kriege vorbei. Da wird deutlich, daß diese Gegend immer schwer umkämpft war. Gott sei Dank, daß wir in einer Zeit leben, in der Slowenen, Kroaten und andere Völker friedlich ein Ententreffen feiern können. Im Ort Riegersburg kaufe ich im kleinen A & O (ein niedlicher Tante-Emma-Laden) noch etwas Sonnenmilch, dann geht es weiter. Die Strecke ist generell gut beschrieben, bis zum letzten Stop-Schild stimmen die Angaben. Ein großes Lob an Hannes und Evi, die die Raid so hervorragend vorbereitet haben. Unterwegs fällt auf, daß jede noch so kleine Ortschaft ihre eigene Open-Air, Freiluftdisco, Zeltfest, Schaumparty o.ä. hat. Die Dorfjugend will unterhalten sein! An jedem Tag wird die Fahrt durch ein bis zwei fixe Besichtigungen oder touristische Empfehlungen unterbrochen. Selbstverständlich steht einem die Teilnahme frei, aber es sind interessante Höhepunkte der Region, die es zu besichtigen lohnt. Heute haben wir die Auswahl zwischen der Besichtigung der Lurgrotte in Pegau, einer Tropfsteinhöhle, und einer Wanderung durch die Bärenschützklamm. Ich entscheide mich für die Klamm. Da ich jedoch in Frohnleiten, einer Stadt mit prämierten Blumenarrangements, gestoppt habe, wird die Zeit für eine Wanderung durch die Klamm zu knapp. Bei 4 Stunden Gehzeit hätte ich auf die Besichtigung der Brauerei Gösser in Göss verzichten müssen. So mache ich nur eine ausgedehnte Pause und fahre dann gemeinsam mit einer Münchner Ente (die Namen der Fahrer sind mir leider entfallen, der Hund hieß Saskia), weiter über Leoben nach Göss zur Brauereibesichtigung. Aus der Führung habe ich einige interessante Daten, vor allem über die Mengen, behalten. So ergibt die Jahresproduktion des Unternehmens (man kennt es vom Welttreffenkrügerl) in Kästen auf einem Fußballfeld übereinander gestapelt einen 57 m hohen Turm. Eine Person, die jeden Tag ein Krügerl (1/2 l) leert, wäre 40 Jahre beschäftigt, diese ungeheure Menge auszutrinken. Stündlich werden 600 Faß à 50 Liter abgefüllt. Zum Vergleich: Auf dem Welttreffen wurden am Freitag 80! Faß Bier verkonsumiert. Abschließend noch eine interessante Zahl: In der Abfüllanlage werden 36.000 Flaschen pro Stunde abgefüllt. Vom Entleeren der Leergutkästen über das Säubern, Desinfizieren, neu Befüllen, Etikettieren bis zum Einpacken in neue Bierkästen geht alles automatisch. Sogar fehlerhaft beklebte oder defekte Flaschen werden automatisch aussortiert. Gesteuert wird dieses technische Wunderwerk von 5 Personen!!! Es war beeindruckend. Selbstverständlich war nach soviel Theorie auch die praktische Übung angesagt. Allerdings nur für die Beifahrer, denn in Österreich gibt es auch eine Promillegrenze. Erfrischt geht es jetzt im Schnellflug über die Landstraßen nach Teufenbach auf den örtlichen Zeltplatz. Um 19:15 Uhr hat die Ente ihre Parkposition bei 101.980 km erreicht. Mittwoch, 01.08.2001 Die Raid ist international besetzt. Enten aus Deutschland, Österreich, Portugal, Frankreich, Polen, Ungarn, England, Finnland und Griechenland sowie Australier (in Ente mit deutschem Kennzeichen bzw. Leihwagen) nehmen teil. Die Niederländer nicht zu vergessen! Von den 48 gestarteten Enten mit etwa 110 Raidern (einschließlich Kindern) springen einige unterwegs ab. 39 Fahrzeuge fahren die ganze Strecke. Hinzu kommen die 4 Begleitfahrzeuge des Raidteams. Irgendwie ergibt es sich, daß ich heute im Konvoi mit Simone und Michel, Martine und André sowie Claude und François aus Marseille bzw. Umgebung fahre. Sie sind Profis und waren u.a. schon in Libyen und auf dem Balkan auf Raids. Sie bleiben untereinander über CB-Funk in Verbindung, so daß das Führungsfahrzeug rechtzeitig den Weg weisen kann. Meist macht das Simone. Auch Vereinbarungen über Pausen oder Pannen können rasch im Fahren getroffen werden. Funklos fahre ich in der Mitte und achte nur auf den Vordermann. Um 9:20 Uhr geht es los und um 10:10 Uhr sind wir auf der Paßhöhe des Sölkpaß auf 1788 m angelangt. Der Tacho zeigt 102.016 km, das Wetter ist auf der Höhe kühl und stark bewölkt. Alle Enten sind gut im ersten oder zweiten Gang die Kurven hoch gekommen. Schade, ein Beifahrer hätte aus dem fahrenden Wagen heraus fotographieren können. Nach dem obligatorischen Gipfelbeweisfoto geht es an staunenden Kühen vorbei ins Tal. Jede Kehre bringt neue, schöne Perspektiven, eine schöner als die andere. Besonders beeindruckend ist eine mit vielen roten Geranien geschmückte Almhütte. Die drei blauen, französischen und meine rote Ente machen sich davor sehr schön. Kurz nach dem Ende der Paßabfahrt kommt die österreichische Geschicklichkeitsprüfung. Vor einer Baustelle wird die Geschwindigkeit auf 70 km begrenzt. Das Schild steht mitten auf der Fahrbahn, stört aber nicht weiter, so daß wir ungehemmt weiter talwärts streben. Nach einer ausgiebigen Mittagsrast in Stein an der Enns geht es um 13:25 Uhr weiter durch Hallstadt durch auf einen Parkplatz in Steeg am Hallstädter See. Von dort bringt uns ein Schiff zurück nach Hallstadt, wo wir bereits von einem Knappen des Salzbergwerkes erwartet werden. Eine Standseilbahn bringt uns auf fast 900 m Höhe zum Einfahrtsgebäude. Mit bunter Schutzkleidung ausgestattet, geht es mit einer Grubenbahn in den Berg. Nach einem einführenden Film im Salzstock dringen wir tiefer in die dunklen Welten hinein. Die tiefer gelegenen Stollen erreicht man durch eine Holzrutsche. Immer 4 Leute umklammern sich am Becken, dann geht es unter Gejuchze und Geschrei hinab. Natürlich erklärt unsere Führerin alles Wichtige. Für die Franzosen übersetze ich. Das Salzbergwerk ist noch in Betrieb, allerdings kommen der Museumsstollen und der heutige Abbau nicht zusammen. Früher erfolgte der Salzabbau mit Wasser. In den Salzstock wurden Kammern gesprengt. Diese wurden dann mit Wasser gefüllt. Dadurch löste sich das Salz und konnte zur weiteren Verarbeitung abgepumpt werden. In die entstandenen Hohlräume wurde Abraum verfüllt, um die Festigkeit des Gebirges zu erhalten. Danach begann der Prozeß von neuem. Ein bunt illuminierter Salzsee zeugt von diesem Verfahren. Am Ende der Besichtigung können Photos, die auf der Rutsche gemacht wurden, erworben werden. Nach der Abfahrt fallen wir in den Sparmarkt ein und ergänzen unseren Proviant. Mit dem letzten Schiff geht es dann zurück nach Steeg, wo die Enten (und HY´s, Dyanes, Acadiennes...) brav gewartet haben. Um 20:10 Uhr ist in Bad Goisern auf einer idyllischen Wiese an der Traun bei Tachostand 102.112 km Endstation für diesen Tag. Auf den Treffenplätzen werden die Raider gut verpflegt. Getränke und meist auch etwas Regionales zum Essen sowie Grillfleisch werden von den örtlichen 2CV Clubs angeboten. Wasser und Toiletten sind immer vorhanden, die Palette reicht vom Donnerbalken in Stiefern (war aber fast angenehmer als Persenbeug !) bis zu sanitären Einrichtungen im Sportheim (Hatzendorf und Matzen). Donnerstag 02.08.2001 Um 9:25 Uhr breche ich auf, da ich eine neue Gaskartusche kaufen muß. Danach möchte ich mich wieder mit Simone und ihren Bekannten treffen. Bemerkenswert ist, daß sich heute der Baustil verändert. Während in Seeboden und den inneren Alpen viel Holz und Dächer mit sanfter Neigung vorherrschen, so werden ab Gmund die Häuser eher verputzt und pastellfarben gestrichen. Stuckelemente kommen hinzu, die Dachpartien sind steiler. Die Franzosen habe ich nicht getroffen. In Gmunden wurde eine Keramikfabrik oder das Museum Klo & So als Besichtigungspunkt empfohlen. (Ankunft Parkplatz 10:45 Uhr, 102.160 km) Im pittoresken Museum Klo & So ist auf 4 Etagen Sanitärkeramik ausgestellt. Vom Pissoir über die Waschschüssel, Nachttöpfe, Spucknäpfe, Badewannen, Waschbecken mit Armaturen, Bidets, Klopapier (natürlich ungebraucht!), Witze und Zeichnungen über das korrekte Verhalten auf dem Örtchen, alles ist vertreten. Auch die Toilette aus der kaiserlichen Jagdhütte von Sissy und Franz ist ausgestellt... Die Objekte sind z.T. auch innen (!) sehr schön bemalt. Man macht sein Geschäft direkt in ein Blumenarrangement. Oder die Schüssel liegt auf einem Delphin auf, der alles schluckt. Es gibt auch einen modernen clean-o-mat, eine Toilette mit eingebauter Dusche, Fön und weiterem Schnickschnack. Zur Bedienung ist eine Fernbedienung erforderlich. Leider sind diese Sonderfunktionen stillgelegt, es bleibt nur die Ansicht und eine Zeichnung. Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Die Ausstellungsstücke können nicht benutzt werden!!!! Auf einer Kaffeeterrasse am Traunsee mit Blick auf den Traunstein gibt es noch einen Eiscafé. Auch ein Minimum an Urlaubspost muß erledigt werden. Um 13.00 Uhr geht es dann weiter, über kleine Straßen und sanfte, grüne Hügel, Richtung Steyr. Die Landschaft erinnert an das Voralpenland. Die Orte am Weg leben von der Vollerwerbslandwirtschaft, nicht mehr so stark vom Tourismus wie in den Bergen. Schon die vergangen Tage fuhren wir über "benannte" Straßen: Die Weinstraße, Eisenstraße, Moststraße, Schieferstraße heute kommen die Apfel- Holz-, und die Salzstraße hinzu. Steyr, mit seinem geschlossenen barocken Stadtbild, zählt zu den schönsten Städten Österreichs, doch zu einer richtigen Besichtigung mit Stadtführung reizt es mich nicht. So fahre ich nach 1 ½ Stunden entspanntem Bummel um 16:30 Uhr weiter und komme bald an die Donau. Auf einer Kraftwerksbrücke wird der Fluß überquert. Die Querung ist ampelgeregelt, alle 10 min gibt es für 1 min grün. Dann fahren die Fahrzeuge quasi auf dem Dach des Turbinenhauses über den Fluß. Aus den Luftschächten quillt heiße Abluft, ein schwerer Portalkran steht teilweise über der Straße. Eine ganz besondere Erfahrung. Nach weiteren 40 km ist dann Persenbeug in der Wachau erreicht, um 19:00 Uhr ziehe ich beim Tachostand von 102.333 km den Zündschlüssel.
Freitag, 03.08.2001 Heute steht ein weiterer kultureller Höhepunkt auf dem Programm, die Besichtigung von Stift Melk. Die 25 km dorthin sind schnell zurückgelegt und um 9:20 Uhr bin ich als einer der ersten auf dem Besucherparkplatz (km 102.358). Es macht Spaß zuzusehen, wie immer mehr Touristenbusse ihre Fracht abladen, auch die großen Kreuzfahrtschiffe legen offenbar unterhalb des Stiftes an. Eine Führung bringt uns einen groben Überblick über die Geschichte des Benediktinerstifts Melk und die heutigen Aufgaben der Mönche. Aufgrund der vielen anderen Gruppen ist es unheimlich schwer, sich zu konzentrieren, um jene Dinge die nicht im Guide Michelin stehen, an André und Martine weiter zu geben. Um 12:30 Uhr geht es in Konvoi mit "meinen" Franzosen weiter nach Oberarnsdorf. Dort machen wir auf einem Spielplatz an der Donau Mittagsrast und kühlen uns in den Fluten ab. Die starke Strömung und der Schiffsverkehr lassen Schwimmen nicht ratsam erscheinen. Nach einem gemütlichen Picknick, in dessen Anschluß wir noch 1 Kiste Mirabellen (Aprikosen) kaufen, geht es weiter nach St. Lorenz. Die dortige Seilfähre wird nur durch die Strömung der Donau angetrieben. Ihr Rumpf ist dreieckig geformt, je nach Fahrtrichtung drückt die Strömung auf die eine oder andere Seite des Dreiecks. Eine Rolle in einem über die Donau führenden Seil verhindert das Abtreiben der Fähre. Zwar ist eine Ente ein Schwimmvogel, doch ob das auch für die 2CV-Ente gilt ist noch nicht enTgültig erprobt. Wir nehmen die Fähre, die mit unseren 4 Fahrzeugen auch voll ist. Eine halbe Stunde dauert die lautlose Überfahrt. Wir haben jedoch Schwierigkeiten, den Einstieg in die Auffahrt zum Seiberer zu finden. Simone läßt uns dreimal im Kreis fahren, doch den Einstieg in die beschriebene Route verpassen wir. Die aufgeführte Sandpiste und eigentlich auch den Seiberer habe ich nicht so deutlich gesehen. Dafür kämpfen wir uns tapfer über kleine Straßen wieder auf die Höhen. Die stärkste Steigung beträgt um die 12 %. Meine Watschi kommt ohne Probleme den Berg hoch. Allerdings hat François Schwierigkeiten mit seiner Dyane. Er hat statt Super, Normalbenzin erwischt und der Motor ist zu heiß geworden. Frankreich wartet daher, bis der Wagen abgekühlt ist. Ich fahre langsam voraus Richtung Stausee Ottenstein. In einem kleinen A & O Markt unterwegs kaufe ich noch eine Kleinigkeit. Die Inhaberin ist ganz erstaunt, daß schon den ganzen Tag 2 CV´s vorbei fahren und wir haben einen netten Plausch. In den Orten selbst sind lebensgroße Figuren(gruppen) als Schmuck aufgestellt. Sie sind so realistisch dekoriert, daß Sie auf den ersten Blick echte Menschen auf einer Bank sitzend und Zeitung lesend wirken. Es geht aber auch anders herum. Plötzlich bewegt sich eine der Figuren und geht über die Straße. Die Hausfrau hat die Dekoration neu geordnet. Durch kleine Sträßchen in schöner Landschaft geht es weiter zum Stausee Ottenstein. Auf dem Parkplatz stehen viele Enten, die Besitzer sind alle verstreut am See. Nach einem heißen Tag (ohne Duschmöglichkeit am Morgen und am Abend !) genießt jeder die Bademöglichkeit. Auf der Terrasse des Bootsverleihs treffe ich Vicki und Matthias beim kühlen Bier. Gemeinsam genießen wir die Aussicht und beobachten die Menschen, die Tretboote und die sinkende Sonne. Vom Badesee aus sind es noch gute 20 km bis zum Ortseingang von Stiefern, unserem heutigen Etappenziel. Über eine Forststraße geht es noch tief in den Wald. Dort werden wir auf einer Wiese erwartet. Jetzt zeigt der Tacho 102.465 km. Entferntes Donnergrollen und vereinzelte Regentropfen erinnern uns, daß das Wetter in Österreich nicht nur heißer Sonnenschein ist. Zwar frischt der Wind heftig auf, so daß wir unseren Pavillon an der Ente festbinden, aber sonst bleibt es trocken. Nach einem gemütlichen Abendessen und der Vorplanung des nächsten Tages statte ich dem Feuer noch einen kurzen Besuch ab. Doch den ganzen Tag zu fahren, ermüdet und ich ziehe mich bald zurück. Samstag, 04.08.2001 Die letzte Etappe. Um 9:40 Uhr geht es los, mit einem Abstecher auf die Burgruine in Gars. Sie ist nicht außergewöhnlich eindrucksvoll und nach einem kurzen Rundumblick geht es zielstrebig nach Retz. Dort ist um 12:15 Uhr eine Führung durch den größten Weinkeller Österreichs gebucht. Früher hatten die Bewohner von Retz das Privileg, mit Wein handeln zu dürfen. Daher gibt es unter den meisten Bürgerhäusern einen Weinkeller. Im Laufe der Zeit wurden diese Keller und Gänge miteinander verbunden. Bis zu 15 m unter dem Niveau des Marktplatzes sind die Gewölbe in den weichen Sand gegraben. Multimedial wird die Geschichte des Weines aus der Sicht der römischen und griechischen "Philosophie" erklärt. So hört der wahre Weinkenner und Philosoph nach dem dritten Glase auf, denn: "Das erste Glas ist für den Durst, das zweite Glas für die Gesundheit, das dritte Glas für die Liebe .... das zehnte Glas macht Radau und Kravall." Gut versteckt hinter schmiedeeisernen Gittern sind jeweils die besten Flaschen eines Jahrganges aufbewahrt. Probiergläser mit den Logos anderer Weingüter, aber auch Weinkelche für den geschmackvoll gedeckten Tisch sind in Vitrinen ausgestellt. In einem weiteren Gang stehen historische Gerätschaften oder eine Sammlung leerer Weinflaschen der unterschiedlichsten Formen. Riesige Fässer mit einem Fassungsvermögen von jeweils rund 10.000 l und mehr konnten bestaunt werden. Damit sie in die Katakomben paßten, wurden sie in Einzelteile zerlegt und erst in den Gängen wieder zusammengebaut. Leider ist mir der Preis für ein solches Faß entfallen, es waren jedoch viele 100.000 ATS. Holzfässer sind heute nicht mehr im Gebrauch, in der Kelterei stehen Edelstahltanks. In der Führung ist auch die Verkostung eines Glases Wein enthalten, dann kann es weitergehen. Um 14:05 Uhr hebt die Ente für das wirklich letzte Teilstück der Raid Austria Ost ab. Durch kleine Orte geht es an Staatz mit seiner Ruine vorbei. Abweichend von der Route fahre ich über Mistelbach direkt zum Museumsdorf Niedersulz. Hier sind historische Gehöfte aus der Umgebung in einem Ensemble wieder aufgebaut worden. Damit die zeitgemäße Inneneinrichung keine Füße bekommt, sind die Häuser mit einer Gittertür gesichert. Während ich durch das Museum streife, frischt es immer stärker auf. Ich hoffe, es bleibt noch solange trocken, bis ich wieder an der Ente bin, denn das Dach ist offen. Und dann - Oh Wunder- das Dach ist zu! Evi war vorbeigekommen und hat das Dach geschlossen. Entenfahrer sind hilfsbereit und mitdenkend. Gerade will ich losfahren, da kommt das französische Trio vorbei. Das Museumsdorf schließt in 10 min und nach kurzer Beratung beschließen sie, daß sich ein Schnelldurchgang nicht lohnt. Wir machen noch ein Photo und fahren gemeinsam weiter nach Matzen. Schon vor Retz war mir ein erneuter Wechsel im Baustil aufgefallen. Die Gebäude sind nun eher erdfarben und haben nur ein Erdgeschoß, im Höchstfall einen ersten Stock. Die Dachschräge zeigt zur Straße hin. Sie sehen sehr einfach, fast ein bißchen ärmlich aus und ähneln den Häusern, die man auf Bildern aus Ungarn kennt. Weiterhin fallen mir viele alte vom Sattel bis zum Schlauch rotlackierte Fahrräder auf. Als ich eine damit dekorierte Brücke fotografiere, komme ich mit einer Anwohnerin ins Gespräch. Wieder die Frage woher denn die vielen Enten kommen, dann die Erklärung für die Fahrräder: Im Rahmen des Kunstereignisses "Das Weinviertel in Flammen" sind die Bewohner aufgerufen aus diesen Rädern Skulpturen zu erstellen. So entsteht ein Event! Um 18:30 Uhr bei einem Tachostand von 102.629 km endet die Fahrstrecke der Raid Austria Ost 2001. Gerade als das Zelt aufgebaut ist, beginnt es wie aus Kübeln zu schütten. Mit Schirm bzw. Regenjacke brechen wir auf zur abschließenden Weinprobe. Die wird lang und lustig und ein wunderschöner Abschluß der Raid. Dabei sind wir sind 1.144 km durch das Gastgeberland gefahren und haben einen umfassenden Eindruck von der Vielfältigkeit von Österreich bekommen. Alpen, Mittelgebirge, Donaustrom, Seen und die verschiedenen Viertel (Wald- Mühl-, Wein- und ? -viertel): Es gab viel, viel Schönes zu sehen und zu erleben. An dieser Stelle ein gaaaanz herzliches Danke schön an Evi und Hannes und all die anderen am Gelingen der Raid Beteiligten. Ihr habt Eure Sache ganz toll, super, doppelplusgut gemacht. Danke. Stephan, StartNr. 27, Watschi
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