Mit Fäusten und Füßen - Klassiker des Kung-Fu-Kinos

Ein Abriß der Kung-Fu-Filme von Bruce Lee bis Jet Li, Teil 1

Anfang der 70er Jahre überschwemmte eine Reihe hongkongchinesischer Kung-Fu- und Schwertkampffilme unsere Kinos und trat den Siegeszug um die ganze Welt an. Sie beeinflußten nicht nur die Filmgeschichte, sondern auch das kulturelle und geistige Leben vieler Zuschauer. Erst nach etwa zehn Jahren ebbte die Kung-Fu-Welle wieder ab. Ganz versiegte sie aber nie, denn in den 80er Jahren wurde sie von der Volksrepublik China aufgenommen und später auch in Hongkong wiederbelebt.

Der international bekannteste Kung-Fu-Star ist der legendäre Schauspieler und Kampfkünstler Bruce Lee. Nach seinem unerwarteten Tod am 20. Juli 1973 brach eine regelrechte Hysterie aus. Dabei hatte er nur vier Kung-Fu-Filme gedreht, doch der von ihm geprägte Kampfstil Jeet Kun Do begeisterte mit seinen klaren exakten Bewegungen die Zuschauer. Der Trend der Zeit ging von opernhaften Inszenierungen weg, hin zu realistischen Kampfdarstellungen.

Bruce Lee
Lees kometenhafter Aufstieg begann mit dem 1971 gedrehten "Die Todesfaust des Cheng Li". Als Landjunge in der Stadt kämpft er gegen einen kriminellen Fabrikbesitzer, der nicht nur seine Kollegen, sondern auch seinen Cousin ermorden ließ. Noch im gleichen Jahr entstand "Todesgrüße aus Shanghai". Hier spielt Bruce Lee einen patriotischen aber hitzköpfigen Chinesen, der den Tod seines Meisters an japanischen Karatekämpfern rächt. Unvergessen ist Lees fliegender Tritt, mit dem er das Schild Für Hunde und Chinesen verboten" wegkickt. Ebenfalls unvergessen ist der Faustschlag in Zeitlupe, mit dem er den ersten Verräter tötet. Ein Faustschlag, der in modernen Hongkong-Komödien oft von dem Komödiensuperstar Chow Sing Chi (Stephen Chiau) parodiert wird (u. a. in "Fist of Fury 1991").

In dem nachfolgenden "Die Todeskralle schlägt wieder zu" führte Bruce Lee selbst Regie. Er spielt den gutmütigen Tang Lung, der nach Rom fährt, um einer chinesischen Restaurantbesitzerin beizustehen. Alle halten ihn für einen Dummkopf, bis er den gegen ihn hühnenhaft wirkenden siebenfachen Karateweltmeister Chuck Norris besiegt.

Sein letzter vollendeter Film "Der Mann mit der Todeskralle" ist eine der wenigen erfolgreichen Koproduktionen Hongkongs: Unter der Tarnung einer Karateschule unterhält ein abtrünniger Mönch einen schwunghaften Drogen und Mädchenhandel auf einer Insel. Mit zwei Geheimagenten nimmt Lee an einem Wettkampf teil, um den Verbrecher zu stellen. "Mein letzter Kampf", wurde erst nach seinem Tode fertiggestellt und veröffentlicht, bleibt allerdings hinter den Erwartungen zurück. Es folgte eine Reihe meist billiger Plagiate, die mit seinem Namen warben, aber nie an die Originale heranreichten.

Chang Cheh, David Chiang und Ti Lung
Aber Bruce Lee war beileibe nicht der einzige Kung-Fu-Star: David Chiang und Ti Lung standen ihm an Popularität kaum nach, gelangten sogar schon vorher zu Starruhm. "Die tödlichen Zwei", so der Titel eines ihrer Filme, ist bezeichnend. Mit ihnen zog die Männerfreundschaft in den Film ein. Unter der Regie des Kung-Fu- und Schwertkampfkönigs Chang Cheh schlugen sich die beiden in meist tragisch endenden Filmen wie "Ti Lung - Duell ohne Gnade" an die Spitze der Publikumsgunst. Die Kampfszenen wurden hier noch nicht durch bestimmte Kampftechniken oder einen Stil bestimmt. Wichtig waren die Dynamik der Bewegungen sowie die flüssige Choreographie. Ähnlich bekannt wie David Chiang und Ti Lung waren damals auch Angela Mao Yin, Alexander Fu Sheng oder Jimmy Wang Yu.

Einige Kampfstile des Kung Fu berufen sich auf Vorbilder in der Tierwelt. Mit "Die gnadenlosen Fünf" (u.a mit David Chiang, Ti Lung, Alexander und Fu Sheng) brachte Regisseur Chang Cheh 1974 erstmals verschiedene Tierstile wie Kranich, Tiger, Drachen, Schlange oder Affe in den Kung-Fu-Film ein. Es folgte eine Ära von Filmen, in denen fast lehrfilmartig richtige chinesische Kampfstile auftraten. Wo "Die gnadenlosen Fünf" mit der Zerstörung eines Shaolinklosters beginnt, endet in ähnlicher Besetzung 1976 "Der Tempel der Shaolin": Mehrere junge Männer wollen im Shaolinkloster Kung Fu lernen. Einer lernt es in der Küche beim Topfumrühren, ein anderer, indem er Brennholz greift und zerkleinert. Kung Fu Erlernen indem man andere Dinge macht: Ein Konzept, das u.a. auch von dem amerikanischen "Karate Kid" übernommen wurde.
Anja Böhnke

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