NightCrow |
||
|
||
|
Seit 2005 lese ich FanFictions. Im Laufe der Zeit ist mir einiges aufgefallen ... Risiken und Nebenwirkungen des Erzählens: POV-Hopping: Häufiger Wechsel der Erzählperspektive (engl.: point of view) verhindert das Eintauchen des Lesers in eine Figur. Eine große Anzahl verschiedener Perspektiven macht eine Geschichte beliebig und langweilig. Der Autor sollte sich über seinen Erzählgegenstand Klarheit verschaffen und seine Mittel bewußt wählen: Schreibe ich über die Verwicklung verschiedener Personen in abenteuerliche Ereignisse? Oder schreibe ich vorrangig über die Entwicklung einer einzelnen Person? Ist die Beziehung zwischen Personen mein Hauptthema? In den Harry-Potter-Romanen geht es um die Entwicklung einer speziellen Person. Deshalb bietet Frau Rowling dem Leser nur Harrys Perspektive an. Auch wenn ich in meiner eigenen Geschichte einen anderen Schwerpunkt setze, muß ich mich fragen: Ist die Perspektive von Person drei und vier für meine Geschichte (bzw. das aktuelle Kapitel) von Bedeutung oder bin ich nur zu faul, meine Gedanken zu ordnen? PC mit OC: Etliche Autoren schaffen sich über selbsterfundene Personen (engl.: original character) den erzählerischen Zugang zur ihrer Lieblingswelt. Kein schlechter Trick. Heikel wird es, wenn die eigene Geschichte mit „Wiedererkennungsszenen“ parallel zum Original erzählt wird (parallel canon). Dies kann zwar eine gute Schreibübung sein, doch oft wird dabei der Plot überdehnt und häufig wird nicht klar, was Hauptthema der Geschichte sein soll. Unter zusätzlichen Schwierigkeiten leiden Geschichten, in denen eine selbsterfundene Person oder eine aufgewertete Nebenfigur nicht ihre eigenen Probleme löst, sondern die des Protagonisten des Originals, diesen damit beschädigt und so die Gesamtkonstruktion zum Einsturz bringt. Die genannten Probleme können allesamt auch in Crossover-Geschichten auftreten, etwa wenn Harry Potter in Star Wars hineingeschrieben wird. Beispiel für Plotüberdehnung durch langwierige Parallelszenen in einer ansonsten gar nicht üblen Geschichte: Harry Potter and the Dark Lord of the Sith von jedi-from-mordor. Respice finem: Mit Fanfictions kann man frei experimentieren und Erfahrungen sammeln. Es ist keine Schande, ein mißlungenes Experiment abzubrechen, doch es gibt vorhersehbare Abbruchgründe. Und einer davon lautet: Es ist einfacher, einen Anfang zu ersinnen als ein Ende. Deshalb ist es sinnvoll, sich zu Beginn einen Zielpunkt auszudenken, zu dem hin sich die eigene Geschichte entwickeln kann. Anmerkungen zu ausgewählten Geschichten und Autoren: Harry Potter und das Herz der Dunkelheit von Natascha ist eine der ersten Fanfictions, die ich gelesen habe. Sie spielt in Harrys fünftem Schuljahr und wurde vor Erscheinen von HP V abgeschlossen (Juni 2003). Nicht gerade ein Thriller, aber eine schöne, gut zu lesende Geschichte mit nur geringen Schwächen. (Kein Abrutschen gegen Ende!) Schwierig, aber lesenswert ist Schwarzer Spiegel von Maxine01. Die Geschichte hat eine lange Entstehenszeit (Start: Februar 2004, also nach dem Erscheinen von HP V, Ende: Dezember 2007). Auf FFN ist sie leider (Stand März 2009) nicht mehr zu lesen ist (Zensur?), wohl aber auf FFD. Stilistisch und konzeptionell aus dem üblichen Rahmen fällt der ambitionierte Vierteiler Amicus Draconis von Yamato Ishida1. Das Grundkonzept der Geschichte stammt von 2001 (nach HP IV). Nur Teil eins (Cycle of the Badger), der „in einer Zukunft spielt, in welcher Voldemort den Krieg gewonnen hat und mit seinen Todessern über das magische Britannien herrscht“, ist abgeschlossen. Teil zwei (Cycle of the Snake) kehrt in die Vergangenheit zurück, erhält hin und wieder Nachschub und soll erzählen „warum der Zweite Krieg damals ein so tragisches Ende nahm“. Auf die Vollendung des Werkes müssen wir sicherlich noch einige Jahrzehnte warten ... |
|