Die Rückkehr der Jedi-Ritter
Drei Tage nach Charlottes freundschaftlichem Anruf, ca. dreihunderteinundfünfzig
Zigaretten,
fünf Liter reinen Alkohols und mehrere Heul-, Tobsuchts- und andere Anfälle später stand
Jean
strahlend wieder vor mir, so, als wäre nichts gewesen.
"Salut, mon cher! Oh, du siehst nischt gut aus, ast du misch so vermißt?"
"Vermißt? Du Schlange! Charlotte hat mir alles brühwarm erzählt!"
"Aber ja, das weiß isch doch! Sie at misch gleisch an die nächste Tag besucht, und at misch
erzählt, daß sie at disch angeruft. Isch abe gedacht, o là là, jetzt wird sisch meine Mann
ärgern,
aber Charlotte at misch beruhigt und gesagt, sie at disch alles ganz genau erklärt."
"Und du hast es nicht einmal für nötig befunden anzurufen?"
"Aber wieso? At Charlotte nischt erklärt? Sie at gedacht, wir sind getrennt!"
"Oh ja, sie hat alles ganz genau erklärt! Was sie mir aber nicht erklären konnte, war, warum
du
gleich in die nächste Sauna rennst, wenn wir mal nicht zusammen sind!"
"Das war, weil isch disch vermißt abe!"
"Wie bitte?"
"Ja, es war so langeweilisch in Amburg und isch war so früh in Otel und lag da ganz allein
auf
die grosse Bett und isch abe an disch gedacht und was wir für Spaß miteinander aben
könnten,
wenn du jetzt ier sein würdest. Und dann isch war traurig und bin gegangen in die
Sauna."
"Mit anderen Worten: Du warst geil und bist dich abreagieren gegangen!"
"Genau! Siehst du, das ist, was isch an disch liebe: Du siehst das alles nischt so
zerbissen!"
"Verbissen heißt das! Und ob ich das verbissen sehe!"
"Aber Till, das ist doch alles nur ein Frag von die Ormone!"
"Ich kenne deine Hormone! Wenn du nicht mindestens einmal am Tag vögeln kannst, fangen
sie an, überzukochen! Mein Gott, ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie oft deine Hormone
schon zugeschlagen haben!"
"Oh, war nischt so oft."
"Na, da bin ich aber beruhigt!"
"Oh, Tilly mon cher, du darfst nischt so böse sein. Jetzt, isch bin wieder da. Das mit
Charlotte
war nichts besonderes, isch liebe doch nur disch!"
"Hättest du dir das nicht früher überlegen können?"
"Brauche isch misch nischt überlegen, weiß isch so!"
Ehrlich gesagt, hatte er mir mit seiner grenzenlosen Naivität langsam allen Wind aus den
Segeln genommen. Er schaute mich mit seinen dunkelbraunen Dackelaugen ein bißchen
von
der
Seite an und lächelte wie die heilige Unschuld. Ich bekam schon wieder weiche Knie, wie
sooft
in der Vergangenheit, meistens schon dann, wenn ich nur seinen süßen Akzent hörte. Da
klopfte es an der Tür. Jean, der immer noch mit der Reisetasche in der Hand dahinter stand,
öffnete sie schnell und hereinschneite - Charlotte! Mit einer Riesenflasche Champagner in
der
Hand.
"Hallöchen, ihr Turteltäubchen! Na, können wir Versöhnung feiern?"
"Charlotte, dein Einsatz kam zu früh!" bemerkte ich trocken.
"Du meine Güte! Spielst du immer noch die beleidigte Leberwurst? Und wie siehst du
überhaupt
aus? Waschen könntest du dich auch mal wieder! Du muffelst ja bis hier her!"
"Charlotte, isch glaube, Till ist misch wirklich böse wegen die Geschischte in Amburg."
"Ach was, der Gute ziert sich doch nur ein bißchen! So, das ganze hat jetzt aber wirklich
lange
genug gedauert! Till, du bist jetzt ein braver Junge und kommst mit Tante Charlotte ins
Bad und nimmst erst einmal eine Dusche, dann rasierst du dich und lege um Himmels Willen
ein bißchen Parfum auf. Man muß sich ja schämen!"
Während dieser Tirade nahm mich Charlotte bei der Hand, und bevor ich auch nur die
Chance
eines Protestes hatte, hatte die Gute schon die Dusche aufgedreht und begann, mir das
Sweatshirt herunterzuziehen.
"Schämst du dich denn gar nicht? Dem Kleinen eine derartige Szene zu machen wegen
einer
solchen Lappalie? Es ist doch praktisch in der Familie geblieben! Lustig, nicht? Wir haben
Inzest begangen, ha ha ha!"
Gegen Charlotte kam ich in diesem Moment nicht an. Ich ließ es geschehen, daß sie mich
auszog und unter die Dusche stellte, wo ich mich folgsam wusch. Derweil bekam ich mit, wie
sie
Jean einige Anweisungen gab.
"Na, mein Vögelchen? Bist du endlich fertig mit duschen? Ja, jetzt riechst du schon besser!
So,
jetzt noch rasieren und ein bißchen Eau de Müffpüff, ach ja, und Zähne putzen nicht
vergessen!
Jean wartet im Schlafzimmer auf dich. Ich schaue mir Liz Tailor in "Cleopatra" an, solange
habt ihr Zeit, euch zu versöhnen! Und dann wird gefeiert!" Sprach's und zog von
dannen.
Meine beste Freundin hatte nicht zuviel versprochen: Jean lag, wie Gott ihn schuf, im frisch
mit
Glanz-Satin bezogenen Ehebett, mit einer roten Rose im Mund (keine Ahnung woher er die
hatte). Über die näheren Umstände des Versöhnungsaktes will ich hier nicht näher eingehen,
weil diese natürlich nicht jugendfrei waren, jedenfalls klopfte es einige Orgasmen später
zaghaft gegen die Schlafzimmertür.
"Soll ich mir noch "Giganten" anschauen oder können wir jetzt endlich feiern?"
Das war
natürlich die dezente Charlotte. Da wir beide wohl einen recht befriedigten Eindruck zu
machen
schienen, wartete sie gar nicht erst die Antwort ab, sondern hüpfte einfach zu uns ins Bett,
vorsorglich in die Mitte.
"Also ich muß schon sagen! Ich habe ja den Ton extralaut gestellt, aber eure Versöhnung
war
ja nicht zu überhören! Schön, daß ihr endlich vernünftig geworden seid (Seitenblick auf
mich).
Der Champagner ist kalt, Gläser habe ich auch mitgebracht. Worauf warten wir? Es lebe die
Liebe!"
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