as ist am Militär faszinierend?

Vorausschicken möchte ich, daß ich mich in aller Form von Neonazis, rechtsextremen, gewaltverherrlichenden Ideologien distanziere. Auch halte ich persönlich das Militär für kontraproduktiv, politische Konflikte zu lösen. Trotzdem finde ich Männer in Uniform geil. Widersprüchlich?

Viele, die diese geradezu klassische homoerotische Phantasie haben, wissen nicht, warum auf sie das Militär so eine faszinierende Anziehungskraft ausübt. Wenige hinterfragen es. Häufig entwickelt sich die Vorstellung, in einer abgeschlossenen Männergesellschaft wie dem Militär sei schwuler Sex allgegenwärtig.

 

E in Erklärungsversuch:

ie Figur des Soldaten strotzt geradezu von maskulinen Symbolen. Kurzer Haarschnitt, durchtrainierter, muskulöser Körper, Rangabzeichen. Die körperbetonte Kleidung unterstützt dies: Schulterklappen lassen die Schultern breiter wirken, ein enges Koppel macht schmale Hüften, Helm oder Mütze lassen den Träger größer und mächtiger erscheinen. Allein die optische Ästhetik ist nicht von der Hand zu weisen. Hinzukommt, daß dem Soldat eine Reihe von übermenschlichen Eigenschaften zugeschrieben werden, die kaum ein normaler Mensch hat. Von Comics bis zu Kriegsfilmen wird ein Bild des mächtigen, unbesiegbaren Kriegers geschaffen, der stets für das Gute kämpft. Wer wäre nicht gern so stark. Wer hätte so eine Figur nicht zumindest als guten Freund. Alle Armeen der Welt arbeiten daran, diese Karikatur der Männlichkeit aufrechtzuerhalten ("Top Gun"). Aus ihrer Sicht ist das notwendig. Nur durch eine aufwendige Mystifizierung und Glorifizierung soldatischer Helden läßt sich der eigentliche Inhalt, das organisierte Töten und Abschlachten im Kriegsfall verstecken. Fahnen, Marschmusik, all' das optische und akustische Spektakel dient nur dem Zweck der Ablenkung und Schaffung der benötigten Atmosphäre.

ür einige sind auch Waffen ein bewundertes Symbol der Macht. Für die meisten allerdings sind Waffen zu stark mit dem Töten auf den Kriegsschauplätzen im wirklichen Leben assoziiert. Fast alle Waffen sind mehr oder weniger Phallussymbole. Jede Zeitschrift verzeichnet Auflagensteigerung, wenn sie ein Jagdflugzeug auf dem Titelblatt abbildet. Das Gewehr des Soldaten ist sein verlängerter Arm, der ihn zu einer omnipotenten Figur macht (auch hier der Bezug zwischen Potenz und Macht).

ir durchschauen das Spiel und erliegen dennoch der Faszination; der Mythos Militär hat sich über Jahre ins kollektive Unterbewußtsein eingebrannt. Genauso, wie wir Markenprodukte kaufen, obwohl wir genau wissen, daß uns die Werbespots täglich belügen.

ie eingesetzten Mittel verfehlen ihre Wirkung nicht. Aber: nicht die Mittel und Symbole, die uns verführen sind schlecht, sondern nur die dahinterstehende Absicht uns zu manipulieren. Ein junger, hübscher Mann in Uniform hat für sich erstmal nichts mit Krieg zu tun, so lange wir diese Verbindung nicht herstellen.

in weiterer wichtiger Aspekt ist das Gruppengefühl. Psychologen sehen den Menschen ständig im dynamischen Wechsel zwischen Individualismus und Gruppengefühl. Wir brauchen beide Pole. Abenteuerromantik am Lagerfeuer, gemeinsames Singen, Wandern, Zelten schaffen eine Gemeinschaft. Indem von außen Druck (durch "feindliche Bedrohung" oder den Drill des Ausbilders) ausgeübt wird, verstärkt sich der Zusammenhalt der Gruppe nach außen. Dies kann ein großes Gefühl der Sicherheit, Stärke und Geborgenheit geben. Nicht umsonst erinnern sich viele gerne an die Kameradschaft bei der Bundeswehr. Nachdem der Druck wegfiel, war auch der Kontakt zu den Kameraden verloren, mit denen sie sich nichts zu sagen hatten. In einer Kriegssituation, in der das Leben von der Gruppe abhängt, muß die Verläßlichkeit daher am größten sein. So, wie wir als Singles Individualität in starkem Maß leben, suchen wir nach einer Gruppe, die uns die Gemeinschaft in eben solcher Intensität erleben läßt. Das Aufgehen in der Gruppe wird durch die gleichmachende Uniform unterstützt. Alle sehen gleich aus, marschieren im gleichen Schritt. Diese Gleichschaltung läßt einen in der Masse aufgehen.

er beim Militär geforderte Gehorsam nimmt dem einzelnen das Denken ab. Das kann ein Gefühl der Freiheit erzeugen. Es besteht nicht wie sonst die Qual sich zu entscheiden und die Verantwortung dafür. In diesem Gefühl kann man sich gut fallenlassen. Die strenge Hierarchie ist dann eine Garantie für diese Geborgenheit in der Anonymität. Viele wünschen sich auch das eigene. Sich eine Weile aufgeben zu können und den Kopf so abschalten zu können, wie das beim Orgasmus oder unter Drogeneinfluß erlebt wird.

äufig wird der Dienst in der Armee damit beworben wie schwierig er ist. Dies ist ein Appell an den eigenen Ehrgeiz die Extremsituation durchzustehen und sich zu beweisen. So gilt die Ausbildung bei den US-Marines als eine der härtesten Herausforderungen. Wer trotz unmenschlicher Schikanen durchkommt, hat es geschafft. Und der Stolz über die eigene Leistung wirkt zurück aufs Selbstbewußtsein. Zu recht. Nur das dahinterstehende Ziel menschliche Kampfmaschinen für den blutigen Kampf um wirtschaftliche Interessen zu haben, ist widerlich.

as noch bringt Männer dazu, sich freiwillig für kriegerische Einsätze zu melden? Der Begegnung mit dem Tod (als Beteiligter oder Zeuge) wird eine quasi religiöse Bedeutung zugeschrieben. Wir bewundern die Opferbereitschaft, mit der sie ihr eigenes Leben für ein (vermeintlich) höheres Ziel aufs Spiel setzen. Gleichzeitig macht es uns Angst. Auch die Möglichkeit selbst Soldat in einer Extremsituation die alle Grenzen überschreitet sein zu müssen oder sich unter fremden Befehl unterwerfen zu müssen schafft Ängste. Eine Möglichkeit unseres Unterbewußtseins mit Ängsten umzugehen, ist sie in Lust umzuwandeln.

ch denke, spielerisch in eine dieser Rollen zu schlüpfen und für eine Weile darin zu leben, ist eine gute Methode diesen Ängsten zu begegnen. Wie fühlt man sich, wenn man einem anderen gehorchen muß? Was geht in dem vor, der die Befehle gibt? Wir alle haben unsere dunklen Seiten in uns. Das ist nichts krankhaftes sondern zutiefst menschlich. Das Sublimieren in ein geiles Spiel ist eine verantwortungsvolle Weise damit umzugehen.

itzig ist, daß viele, die auf Uniform stehen, selbst Kriegsdienstverweigerer sind. Wenn zwischen einem (sexuellen) Spiel und dem wirklichen Leben unterschieden wird, muß das kein Widerspruch sein. Augenzwinkerndes Motto ist "wer grün trägt, kann auch grün wählen". Ob Ihr der Männlichkeit huldigen wollt, indem Ihr selbst in die Uniform schlüpft (wie im übrigen auch die Lederszene) oder masochistische bzw. dominante Neigungen ausleben wollt: Vergeßt nie den Unterschied zwischen Realität und Phantasie. Krieg und Gewalt sind etwas Entsetzliches. Eine erotisch besetzte Phantasie, so ausgefallen sie auch auf andere wirken mag, ist etwas schönes und sehr persönliches.

ch hoffe, daß meine kleine Analyse Euch nicht den Spaß genommen hat, sondern dazu beiträgt, bewußt und befreit geile Spiele in Uniform zu treiben.

(c) '99 by armytied

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