Coming Out
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Was erwartet Dich auf dieser Seite?
Beim Schreiben dieser Zeilen überschlagen sich meine Gedanken. Ich
will weder gleich mit der Tür ins Haus fallen, noch zu sehr dozieren.
Ich will keine arroganten Ratschläge verteilen oder DIE einzig richtige
Lösung präsentieren. Andererseits will ich auch nicht zu oberflächlich
mit dem Thema umgehen. Es betrifft praktisch alle Crossdresser/Transvestiten
und sollte deswegen auch intensiv behandelt werden. Es gibt auch ein paar
Verhaltensweisen und Vorüberlegungen, die sich im Laufe der Zeit auch
für andere CD/TVs als nützlich erwiesen haben. Diese will ich
Euch nicht vorenthalten.
Ich werde grundsätzliche Überlegungen anstellen, einige Tips
geben und versuchen, mein eigenes Coming-Out in diese Gedanken aufzunehmen.
Zum Coming-Out zählt für mich mehr als nur der Satz "Du Schatz,
ich trage gerne hochhackige Schuhe...". Es umfaßt auch die Art und
Weise, wie ich nach dem ersten Knall weiterlebe. Sowohl die Gründe
für ein Coming-Out als auch das Leben danach bestimmen meine seelische
Ausgeglichenheit und das Zusammenleben mit den Menschen, die mir wichtig
sind. Wenn ich mich in diesem Text auf meine Partnerin beziehe, gelten
die Aussagen meist auch für männliche Partner von CDs. Der weitaus
häufigere Fall ist es aber wohl, daß Männer crossdressen.
Die männlichen Partner mögen sich also nicht zurückgesetzt
fühlen. Jetzt aber genug der Vorreden!
Mein Herz - Mördergrube oder Plappermaul?
Mit dem Coming Out ist es eine schwierige Sache. Es gibt CD/TV, die ihr
ganzes Leben lang keiner Menschenseele anvertrauen, daß sie diese
Leidenschaft haben. Trotzdem ist es sehr wichtig für uns alle, irgendwie
damit umzugehen. Dabei gibt es natürlich die verschiedensten Ausmaße
des Coming Outs. Es wird davon abhängen, in welcher Lebenssituation
man sich gerade befindet. Als 13jähriger Jugendlicher stellt man andere
Ansprüche an sein Coming Out als als 35jähriger Familienvater.
Wichtig ist auch, wie ich lebe und wohne: Allein oder mit einer Partnerin,
in der Großstadt oder in einem kleinen Dorf etc.
Will ich mich überhaupt outen oder bin ich mit der jetzigen Situation
glücklich und zufrieden? Warum und inwieweit will ich mich eigentlich
outen? Welche Teile meiner Persönlichkeit und Intimsphäre will/muß
ich dabei nach außen tragen? Wem vertraue ich mich an? Will ich "nur"
die Partnerin einweihen, oder geht das Coming-Out so weit, daß auch
Familie, Eltern, Freunde, Arbeitgeber vom lange gehüteten Geheimnis
erfahren sollen? Welche Reaktionen erwarte ich, welche erhoffe ich, welche
kann ich akzeptieren?
Solche und ähnliche Gedanken sind für ein Coming-Out wichtig.
Klar, hinterher ist man immer schlauer, aber vollkommen unvorbereitet den
Knoten platzen zu lassen, ist keine gute Idee.
Wie kam es eigentlich zu meinem Coming Out? Wenn Du Meine
Geschichte schon gelesen hast, dann kennst Du den Hauptgrund: Ich konnte
so nicht mehr weitermachen. Ich war zwar nicht depressiv oder suizidgefährdet,
aber in mir hatte sich in den vorangangenen Monaten ein so großes
Bedürfnis entwickelt, meine Weiblichkeit ausleben zu dürfen,
daß ich mich kaum noch auf andere Dinge konzentrieren konnte. Ständig
waren da diese Überlegungen, wie weit wohl meine Leidenschaft gehe,
wie es wäre, sie endlich offen ausleben und ausloten zu können.
Einerseits wollte ich meine Partnerin nicht verlieren, andererseits
wollte ich es nicht länger tief in mir begraben müssen. Ich merkte
ja, daß dieser Zustand so für mich auch nicht mehr tragbar war.
Eines Abends faßte ich mir ein Herz und setzte - dieses Gefühl
hatte ich tatsächlich - alles auf eine Karte, indem ich die Bedenken
beiseite schob und fast mechanisch das aussprach, was ich mir zurechtgelegt
hatte.
Sie war ziemlich perplex und fragte nach einer Weile: "Und? Ist das
alles?". Au-weia, jetzt hat unsere Beziehung ein Ende. Warum hatte ich
es bloß gesagt? Hätte ich doch lieber das Maul gehalten. Aber
das wollte ich ja nicht. Was bin ich doch für ein Egoist. Oder ist
da doch eine Chance? - Nachfragen! Und tatsächlich, ich hatte sie
falsch verstanden. Sie hatte aufgrund meiner Ankündigungen lebensbedrohende
Krankheiten wie Krebs oder AIDS erwartet. Oder den Wunsch meinerseits,
die Beziehung zu beenden. Meine Güte, war ich erleichtert!
Dann wurde sie offensiv: "So, nun hast Du mir einiges erzählt,
jetzt will ich Deine Sachen auch mal sehen". Damit hatte ich gerechnet.
Ich holte meine kleine Sammlung aus einer Kiste, die für sie gut sichtbar
und erreichbar jahrelang in meinem Arbeitszimmer gestanden hatte. Da es
meine Kiste war, hatte sie sie nie geöffnet. Diesen Respekt vor den
persönlichen Dingen des Anderen rechne ich ihr übrigens hoch
an. Nun wurde es spannend. Was würde sie zu den Kleidungsstücken
sagen? Lustigerweise machte sie mir für ein Paar Schuhe sogar Komplimente
und gab offen zu, daß sie einige Teile sehr schön fand. Das
gab mir Rückhalt. Ich durfte also sogar etwas Selbstbewußtsein
bezüglich meiner "Frauensachen" haben.
Sicher, daß ihr Partner Frauenkleidung anziehen möchte, ist
nicht ihr Herzenswunsch und das, was sie schon immer vermißt hätte,
aber sie hat sich - zu meinem Erstaunen - mehr darüber aufgeregt,
daß ich ihr mein Geheimnis so lange verschwiegen habe. Sie sagt,
es habe gar nicht so sehr mit dem Thema "Crossdressing" zu tun. Schlimmer
war für sie, daß ich es nicht früher gesagt habe. Andererseits
weiß sie es aber auch zu schätzen, daß ich sie nach so
langer Zeit eingeweiht habe. Ihr ist klar, daß das Thema nicht gerade
leicht zu besprechen ist.
Ihr denkt jetzt vielleicht, daß ich eine Wunderfrau zur Frau habe.
Sie ist zwar wunderbar, aber das heißt nicht, daß sie mit dem
Thema Crossdressing nicht auch dann und wann ihre liebe Last hat. Wenn
ich es nicht machen würde, wäre das Leben offensichtlich einfacher
für sie, logo. Auf der anderen Seite fällt aber das gemeinsame
Geheimnis in die Waagschale. Etwas Spezielles miteinander zu teilen, hat
schöne und auch belastende Momente. Belastend ist es dann, wenn man
sich bewußt wird, daß es wirklich (zumindest bis dato) nur
unser Geheimnis ist. Niemand - z.B. aus dem Kreis der Verwandten - weiß
Bescheid. Etwas verheimlichen zu müssen, das unsere Beziehung dann
und wann bereichert, kann sehr belastend sein. Wahrscheinlich wird es mit
der Zeit normaler für uns werden, mit dem Geheimnis umzugehen.
Was dann geschah...
Inzwischen ist es fast ein Jahr her, daß ich meine Frau ins Bild
gesetzt habe. Wir haben Ups und Downs erlebt. Für uns beide haben
sich viele Gelegenheiten zur Auseinandersetzung mit dem Thema ergeben.
Sowohl im Gespräch als auch praktisch war das vergangene Jahr sehr
interessant für uns.
Nun, da ich das Crossdressing nicht mehr verstecken mußte, wurde
ich mutiger und neugieriger. Ich wollte plötzlich so viele Dinge,
die Sabrina - so der Name, den ich mir für meinen weiblichen Part
gesucht habe - beim Ausprobieren der Weiblichkeit helfen sollten. Jetzt
war es möglich, beim Juwelier Ohrlöcher schießen zu lassen.
Eines? Nein, daß hätte ich als Mann auch machen können.
Es mußten schon gleich beide Ohren sein. Tja, und Schminke wollte
ich auch mal ausprobieren. Meine Frau kam mit in die Drogerie und wir ließen
uns beraten. Wir kauften meine Schminke für sie. Soviel Selbstbewußtsein
hatte ich damals noch nicht. Wir kaufen zusammen in Kaufhäusern etc.
für mich Damenkleidung ein. Hat man einmal den inneren Schweinehund
überwunden, ist es gar nicht mehr so schlimm. Wieder ist nur etwas
Selbstbewußtsein gefragt. Wer will einem schon verbieten, mit 'nem
Rock oder Kleid in die Umkleidekabine zu verschwinden? Schließlich
zahlen wir genauso wie jeder andere Kunde auch. Und das Beste: Den meisten
Leuten (Kunden wie Personal) ist es absolut schnuppe. Man hat mehr Angst
als nötig. Die Leute wollen in Ruhe einkaufen und fertig. Dann mache
ich das eben auch!
Mittlerweile ist das Crossdresing für unsere Beziehung normaler
geworden. Ich habe keinen festen Rhythmus, nachdem man die Uhr stellen
und sicher sein könnte, mich en femme zu Hause oder auf der Piste
anzutreffen. Einerseits habe ich nicht dauernd Lust auf Crossdressing,
bin sogar manchmal schlicht zu faul, den ollen Männerkörper auf
Hochglanz zu trimmen. Streß im Studium und Beruf tun ihr Übriges.
Dann liegen die Sachen tage- oder wochenlang herum. Andererseits kann es
auch passieren, daß ich mich in die Klamotten werfe, sobald ich nach
Hause komme. Das Ganze mehrmals die Woche und am Wochenende womöglich
Fulltime. Daß meine Frau da nicht immer jubelt, ist ihr nicht zu
verübeln. Sie hat nichts dagegen, daß ich gedresst durch die
Wohnung laufe. Wenn Sie sich dann aber noch ständig damit befassen
soll, wird es zuviel für sie. Das ist dann zwar im konkreten Moment
enttäuschend für mich, aber ich würde an ihrer Stelle genauso
reagieren.
Wenn Sabrina in Action ist, bemerkt meine Frau Veränderungen in
Gestik, Sprache und so weiter. Diese sind ihr manchmal nicht ganz geheuer,
aber sie üben auch eine Faszination auf sie aus. Das wiederum macht
mir viel Spaß.
Ungefähr zu dieser Zeit begann ich auch, Kontakte zu anderen CD/TV
zu knüpfen. Die Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen in Hamburg gestaltete
sich als sehr schwierig, da es entweder keine Gruppen gab, oder diese Gruppen
im Zerfall begriffen waren. Ein wenig gefrustet fand ich dann Evelyns Schweizer
Homepage. Dort gab es ein Web-basiertes Forum, in dem ich eine Kontaktanzeige
aufgab. Und siehe da, es meldeten sich eine ganze Reihe netter Leute. Ein
paar Spinner waren auch darunter, aber die läßt frau einfach
abblitzen...
Ein Riesenschritt war das erste Mal draußen en femme. Ich wollte
zum TV/TS-Stammtisch in Hamburg. Inzwischen war ich gut mit Make-up und
Perücke ausgestattet. Meine Frau lieh mir eine tolle Lederjacke und
los ging's. Das war eine große Sache. Total neu, prickelnd, spannend,
aufregend. Ich fuhr sogar mit der Hamburger S-Bahn. Wieder einmal hatte
ich mehr Angst als nötig. Die Menschen auf der Straße kümmern
sich nicht um Dich. Wenn man nicht gerade laute Reden auf dem Bahnsteig
schwingt, fällt man nicht weiter auf. Sicher, einige Leute schauen
nach dem ersten oberflächlichen Blick nochmal genauer hin. Na und?
Wenn ich en femme auf die Straße gehe, sieht man mir meine männlichen
Züge natürlich immer noch an. Und wenn das auffällt, muß
man mit einem zweiten Blick rechnen. Na, und ein bißchen Aufsehen
zu verursachen, ist auch ganz spannend. Bisher ist mir auf meinen Ausflügen
noch nie jemand dumm gekommen. Ich wurde weder in Messerstechereien noch
in Diskussionen verwickelt. Absolut easy. Ein Tip am Rande: Sprich' mit
Deiner Partnerin, bevor Du in der direkten Umgebung Eurer Wohnung en femme
auf die Straße gehst. Nachbarn sind überall. Klar, bis zu einem
gewissen Maße können sie einem gestohlen bleiben. Wenn sie aber
Briefe an den Vermieter schreiben würden, suche Dir lieber ein stilles
Örtchen in gebührender Entfernung zum Dressen aus.
Auch diese Internet-Seiten betrachte ich als Teil meines Coming-Outs.
Zwar offenbare ich nicht direkt meine Identität im Sinne von Personalien,
aber ich schreibe hier viel über mich, was für meine Selbstfindung
und mein Selbstbewußtsein nur positiv sein kann. Schreibt Eure
Gedanken ruhig mal auf. Man wird sich über vieles klar. Ob als Brief,
Tagebuch oder Web-Seite ist dabei egal.
Wozu das Risiko?
Du mußt für Dich selbst entscheiden, ob Du Menschen, die Dir
wichtig sind, von Deinen innersten Wünschen erzählst. Hast Du
dieses Bedürfnis nicht und kannst gut damit leben, das Geheimnis immer
nur mit Dir selbst teilen zu können, setze bloß nicht leichtfertig
alles aufs Spiel. Es ist Dein Leben und Du mußt mit Dir und Deinen
Wünschen und Bedürfnissen klarkommen. Das ist die Hauptsache
in dieser ganzen Angelegenheit.
Wer und was bin ich?
Es ist wichtig, mit sich selbst abzuklären, welche Bedeutung das Tragen
von Kleidung des anderen Geschlechts für einen selbst hat. Das Spektrum
der CD/TV-Spielarten ist groß und bunt, die Grenzen fließend,
die Gründe und Ziele verschieden. Vom Gelegenheits-TV, der Spaß
an Dessous oder Schuhen hat, bis zum TV mit TS-Neigung, der, wann immer
möglich, ganz Frau sein möchte, ist alles vertreten. Ausschlaggebend
ist, daß Du deine Vorliebe für die Kleidung bzw. das andere
Geschlecht annimmst und Dich nicht als krank oder pervers ansiehst. Die
Gesellschaft hat vor allem Angst, was sie nicht versteht. Deshalb werden
Transvestismus, Homosexualität und auch Transsexualität als abnorm
und womöglich sogar pervers betitelt. Wie soll uns abr jemand akzeptieren,
wenn wir es selbst nicht können? Zugegeben, es ist etwas seltsam,
nicht die, dem körperlichen Geschlecht zugeordnetete Kleidung und
Verhaltensweise an den Tag zu legen. Aber wer sollte uns verbieten, unsere
Leidenschaft auszuleben, solange wir niemanden dadurch beeinträchtigen?
Crossdressing ist für mich eine Befreiung, eine Möglichkeit,
mehr von dem zu zeigen, was in mir steckt. Ich bin nicht einfach ein Mann
und fertig. Ich bin ein Mensch. Und als solcher habe ich Gefühle,
Vorlieben, Abneigungen etc., die ich ausleben möchte. Oder ganz egoistisch
ausgedrückt: Soll ich mich einschränken, nur weil andere Menschen
verklemmt sind? Die Weiblichkeit ist ein Teil von mir. Ich lebe nur einmal
und ich will mein Leben genießen.
Selbstakzeptanz
Sei möglichst gut vorbereitet. Überlege Dir schon vorher, was
Du auf Fragen wie "Bist Du schwul?", "Wirst Du Dich umoperieren lassen?",
"Warum machst Du das?", "Wieviele Männer machen sowas?" antworten
würdest. In der konkreten Situation des Outings ist es wichtig, nicht
wie ein perverser Sonderling dazustehen, der von einem Fuß auf den
anderen tritt und selbst nur wenig über das Thema weiß. Wenn
Du auf viele Fragen eine Antwort weißt, kannst Du sehr viel selbstbewußter
agieren. Du wirst trotzdem nervös sein, wirst aber nicht Spielball
der Situation, sondern kannst das Gespräch lenken. Suche Dir für
den Fall, daß sie ablehnend reagiert, Bücher etc, die Deine
Erklärungen untermauern. Je genauer Du Dir darüber klar wirst,
was das Crossdressing in Deinem Leben bedeutet, desto präziser und
selbstsicherer kannst Du Deinen Standpunkt vertreten und die Message "rüberbringen".
Selbstbewußtsein läßt sich durch Bücher und Web-Pages,
durch Selbsthilfegruppen und nicht zuletzt durch eigene Erfahrungen erlangen
bzw. festigen. (Kleiner Tip für Bücher, die CDing als Krankheit
einstufen: Ganz weit wegwerfen und ein anderes Buch besorgen!) Tausche
Dich mit anderen CD/TV aus, knüpfe email-Kontakte,
besuche mal einen CD/TV-Stammtisch in der nächstgelegenen Großstadt
(Dort herrscht übrigens kein Fummelzwang!).
Vorbereiten? Wie bitte?
Manchmal bekommt man den Rat, zu versuchen, die Meinung der Partnerin zum
Thema Crossdressing/Transvestismus etc. auszuloten. Das ist jedoch nur
ein vager Anhaltspunkt für die Vorhersage der Reaktion. Meine Partnerin
hat bei entsprechenden Beiträgen im Fernsehen wenig Interesse gezeigt.
Sie vertrat die Meinung, daß "die doch ruhig machen sollen, was sie
wollen, solange sie damit niemanden belasten". Das ist schon viel wert!
Aber: wenn es in den eigenen vier Wänden akut wird, wenn es sich um
den eigenen Partner handelt, kann die Meinung auch anders ausfallen. Sei
also auf jede Reaktion gefaßt.
Falls das Thema Crossdressing mal in größerer Runde angesprochen
wird, bietet es sich an, die gängisten Vorurteile vorsichtig anzugehen
und auszuräumen. Achtung: Wenn das Thema zu oft auf den Tisch kommt,
werden Freunde (und vielleicht auch Partnerinnen) hellhörig. Das könnte
leicht nach hinten losgehen.
Fairness in der Beziehung
Je eher Du es ihr sagst, desto größer ist die Chance, daß
sie die Geheimniskrämerei verzeihen wird. Wir verheimlichen einen
wichtigen Teil von uns. Partnern diesen Teil vorzuenthalten, ist nicht
fair. Sie können sich in diesem Punkt zu Recht betrogen fühlen.
Es hinauszuzögern, schürt den Verdacht, daß immer noch
etwas zwischen Euch stehen könnte. Sage es ihr so früh wie möglich,
damit die Fronten abgeklärt sind. Jeder Zeitpunkt kann gut oder schlecht
gewählt sein. Sage es ihr vor der Verlobung/Heirat, bevor Euer Kind
geboren wird... Möglicherweise kann der Zeitpunkt auch zu früh
gewählt sein. Wenn noch nicht genügend Respekt und Loyalität
aufgebaut sind, kann es bei einer Trennung zu Peinlichkeiten kommen. Ich
will mir hier jetzt keine Horrorgeschichten ausdenken, aber meine Frau
könnte mir doch so einige Scherereien bereiten, indem sie ein paar
nette Fotos von mir verschickt... ;-)
In Flagranti
Bedenke auch, was passieren könnte, falls sie Deine High Heels in
Größe 43 findet. Ich habe Schuhgröße 39. Meine Frau
meinte, sie hätte geglaubt, die Sachen gehörten einer anderen
Frau. Wie hätte ich ihr das ausreden sollen? Das wäre sehr schwierig
gewesen. Manche CD/TV legen einen Zettel in ihre "Kiste" nach dem Motto:
"Jetzt, wo Du die Sachen entdeckt hast..." Ob das gut ist? Laßt es
nicht darauf ankommen. Erzählt ihr davon, bevor sie die "Kiste" findet.
Für den Fall, daß dies doch passiert, überlege Dir jetzt
schon, was Du Deiner Partnerin sagst. Letztlich kann es immer passieren,
daß sie dich beim Dressen überrascht. Sissi-Kleider oder ein
megasexy Outfit sind dann keine gute Wahl... ;-)
Wie sage ich es ihr?
Auf diese Frage gibt es nicht die einzig richtige Antwort. Dennoch mußt
Du eine finden. Sei auf jeden Fall ehrlich! Überrasche sie nicht in
Frauenkleidung. Das ist so ziemlich das Gefährlichste, was Du tun
kannst. Du würdest sie direkt mit etwas konfrontieren, an das sie
niemals gedacht hätte, auf das sie nicht im Geringsten vorbereitet
ist. Wenn Du gern Kleider oder Leder-Minis trägst, dann sage ihr das
auch. Flüchte Dich in nicht in eine Sparversion nach dem Motto "Och,
manchmal trage ich eine Strumpfhose...", die Du später widerrufen
mußt. Manchmal kann es ganz gut sein, ein paar nette Fotos von sich
parat zu haben, für den Fall, daß die Partnerin sie sehen möchte.
Partnerinnen sind oft sehr feinfühlig, was die Bezeichnung des
Crossdressings angeht. Nenne es besser nicht "Neigung" oder gar "Hobby".
Positiver ist da die Bezeichnung "Leidenschaft". Oder bleibe einfach beim
Wort selbst.
Übrigens: Die Erklärung für Crossdressing, es sei einfach
der Wunsch die Kleidung des anderen Geschlechtes zu tragen, ist für
die meisten CD/TV nicht richtig. Es ist einfach mehr als nur das Tragen
der Kleidung. Überlege Dir, weiviel mehr es für Dich bedeutet.
Viele von uns haben sich einen weiblichen Namen zugelegt, den sie benutzen,
wenn sie en femme sind. Das kann Deine Partnerin sehr verunsichern und/oder
verschrecken. Sie kennt Dich als Mann. Dieses Bild darfst Du nicht abrupt
umwerfen. Sie hätte dann nichts, woran sie anknüpfen könnte.
Mir war dabei wichtig, klarzumachen, daß ich immer noch ich bin,
daß ich nicht schizophren bin. Entferne Dich nicht unnötigerweise
durch solche "Spielereien" von ihr.
Wenn der Knoten geplatzt ist...
Je nachdem, wie es um Eure Beziehung generell bestellt ist, wirst Du damit
rechnen können, das Verständnis zu erfahren, daß Deine
Partnerin sonst auch für andere Knackpunkte in der Beziehung aufbringt.
Die Erfahrung vieler CD/TVs zeigt, daß Du mit jeder Art von Reaktion
rechnen mußt. Seien es nun Tränen oder Grinsen. Sei darauf vorbereitet,
auch mal einen Lacher zu ernten. Die meisten Männer sehen im Kleid
wirklich etwas seltsam aus, es sei denn, sie haben viel Erfahrung, wie
man(n) sich als Frau vorteilhaft kleidet und schminkt etc. Letztendlich
tun wir ja wirklich etwas Ungewöhnliches. Und solange das Lachen nicht
hämisch, sondern ein Miteinander-Lachen ist, kann es Wunder wirken.
Es kann die Situation sehr entspannen. Nehmen wir uns also nicht zu ernst.
Das erste Mal im Dress
Wenn Deine Partnerin Dich mal in Frauensachen sehen möchte, hat sie
einen großen Schritt getan. Diesen Schritt sollte sie selbst gehen.
Dränge sie nicht dazu. Wenn in ihr die Neugier erwacht ist und sie
sich damit auseinandersetzen möchte, wird sie Dich vielleicht auch
von selbst bitten. Die Bereitschaft, den Freund/Ehemann en femme begutachten
zu wollen, zeugt von Interesse und Aufgeschlossenheit. Kleide Dich für
diese Gelegenheit am besten ordentlich und taktvoll. In Lederrock und Strapse
ins Wohnzimmer zu stürmen und zu krähen:"Das ist mein anderes
Ich!" ist nicht empfehlenswert. Weniger ist hier mehr :-)
Wer ist die (bessere) Frau?
Ich weiß, die Kleidung von "echten" Frauen übt eine besondere
Anziehungskraft aus. Wer hat nicht schonmal in Mutters Kommode oder im
Kleiderschrank der Partnerin gestöbert. Falls Du auf Ihre Sachen stehst,
wird es Dir zwar schwerfallen, aber ich rate Dir, nur Deine eigenen Sachen
zu tragen. Wenn Sie Dir das eine oder andere Teil überläßt,
umso besser. Aber dränge nicht darauf. Kleidung ist etwas sehr Persönliches.
Das sollten gerade wir wissen.
Trete nicht in einen Wettbewerb mit Deiner Partnerin ein, wer die bessere
Frau im Hause sei. Mach' sie nicht neidisch oder gar eifersüchtig!
Befolge oder probiere ihre Ratschläge wenigstens. Meist bist Du sehr
gut damit beraten! Frauen haben einfach mehr Erfahrung als Frau!
Wie kann ich sie unterstützen?
Stehe für ihre Fragen zur Verfügung. Für uns selbst ist
das Crossdressing in gewisser Weise ein Alter Hut. Wir machen das meist
schon jahre-, oft sogar jahrzehntelang. Für die Partnerin ist es brandneu
und ungewohnt.
Deine Partnerin wird sehr bald über die Konsequenzen nachdenken,
die das Crossdressing für Euch und Eure Beziehung wohl haben wird.
Nicht nur Du und das Crossdressing, sondern auch sie selbst wird in ihren
Gedanken vorkommen. Fragen wie:"Ich finde ihn im Kleid sexy. Bin ich ein
bißchen lesbisch?", "Er liebt und vergöttert, was ich schon
immer war, was für mich normal ist. Ist er vollkommen bescheuert?",
"Lasse ich mir auf der Nase herumtanzen?" und "Mache ich mich lächerlich?"
werden sie wahrscheinlich beschäftigen. Falls sie darüber sprechen
möchte, lasse sie nicht damit allein.
Und wie geht's weiter?
Laßt Euch viel Zeit. Selbst wenn die erste Reaktion negativ ist,
bedeutet das weder das Ende der Welt noch das unweigerliche Ende Eurer
Beziehung/Ehe. Crossdressing ist sicherlich nicht der häufigste Scheidungsgrund.
Nicht drängeln! Laß sie das Tempo bestimmen. Sei bereit, Kompromisse
zu machen. Sie wird möglicherweise Bedingungen stellen. Z.B. daß
das CDing nicht vor den Kindern und/oder nur in den eigenen vier Wänden
stattfinden solle. Sprecht über Eure Wünsche und Ängste.
Zu Nachbarn hat man meist kein sehr enges Verhältnis. Trotzdem werden
die meisten Partnerinnen Skrupel haben, Dich en femme in den Supermarkt
zu schicken. Neuverhandlungen sind immer möglich! Ihr beide müßt
erkunden, welche Rolle das CDing in Eurem Leben einnehmen soll. Beide Seiten
können Zugeständnisse an den Partner machen. Niemand kann die
eigenen Bedürfnisse in einer Beziehung vollkommen verwirklichen. Verständnis
für die Ängste und Unsicherheiten des Anderen sind neben Zuneigung
und Liebe sicher das beste Rezept für ein gelungenes Coming-Out.
Links, Tips, etc.
Das Gespräch mit Dir ist ungemein wichtig. Trotzdem ist es gut, wenn
Du für Deine Partnerin zusätzliche Informationen über andere
Crossdresser und/oder deren Partnerinnen bereithälst. Das Internet
ist voll von guten und informativen Homepages. Von Sex-Maganzine mit Kleinanzeigen
rate ich dringend ab 8-) Bücher zum Thema gibt es auch, wobei mir
bislang nur die englischen Ausgaben bekannt sind. Auf diese Weise weiß
Deine Partnerin, daß sie nicht die einzige Partnerin von CD/TVs auf
dieser Welt ist. Hinweise auf die englischen Titel findest in meiner Bücherecke
unter der Rubrik "Literatur für Partner".
Web-Angebote:
-
In "A
Wife's Bill of Rights" findet Ihr viele Punkte, die man in einer CD-
Partnerschaft beachten sollte. Sie sind wie Gesetze formuliert. Das soll
nicht heißen, das CD/TV keine Rechte haben :-) Es geht sehr um den
Respekt, den eine Partnerin erwartet.
-
"Don't
Be an Airhead"tist die Stellungnahme einer CD-Partnerin, die gewissermaßen
die Faxen dicke hat. Die Vorstellungen von "Was macht eine Frau zur Frau"
gehen bei diesem Paar weit auseinander.
-
"Even
Genetic Girls Get the Blues" beschreibt die Probleme, die viele Partnerinnen
von crossdressenden Männern haben. Das Gespräch zwischen Partnerinnen
kann vielleicht nicht alle Probleme lösen, gibt Deiner Partnerin aber
zumindest Rückhalt und das Gefühl, wirklich verstanden zu werden.
-
Meine Frau hat in ihrer Rubrik "Für die Partner"
über ihre Gedanken zum Crossdressing geschrieben. Der Text ist für
Partnerinnen geschrieben, kann aber durchaus auch von CD/TV gelesen werden.
-
Eine umwerfende Fülle an Informationen zum Thema Crossdressing insgesamt
findest Du in Agnes
Crossdressing Guide. Ein absolutes Muß.
-
Eine
kurze FAQ zum Thema Crossdressing. Es werden Fragen wie "Was ist CD?",
"Ist CDing pervers?", "Ist CDing eine Vorstufe zur Transsexualität?"
etc. aufgegriffen.
-
Bei der Renaissance Transgender
Association gibt es einige gute Seiten für Crossdresser. Insbesondere
der Bericht im Background Paper 3.2, "Partners: Spouses, Lovers & Significant
Others,"
-
Diane Wilson
ist kein CD/TV, sondern TS. Dennoch ist ihre Seite über "For
Wives and Significant Others" einen Blick wert. Es geht um die Frage,
ob die Beziehung mit einem transsexuallen Mann auch nach der OP aufrechterhalten
werden kann und funktioniert. Vieles davon gilt auch für uns.
-
Im Netz gibt es den CDS
Bookstand. Dort findest Du zwei sehr interessante Artikel zum Thema:
"Will They
Still Love Me After I Tell Them?" Ein Aufsatz darüber, wann und
wie man es seiner Partnerin sagen sollte.
"Divorce
& The Transvestite." Hier geht es um einen Crossdresser, dessen
Ehe gescheitert ist. Das hatte aber nichts mit seiner Leidenschaft zu tun.
Seine zweite Ehefrau hat einige Bemerkungen dazu verfaßt.
Der ganze Komplex "Coping with Crossdressing" ("Mit dem CDing zurechtkommen")
scheint mir sehr interessant zu sein.
-
Diejenigen unter Euch, die in Bezug auf Crossdressing und Christliche Religion
Rückenstärkung suchen, können mal
hierhin
oder
hierhin surfen.
-
The
Tri-Ess (Society for the Second Self) Home Page:
-
Mehr Links zu allen möglichen TV/TS-Themen findest Du bei Anna's
TG/TS links.
Mailing Listen
-
Für Crossdresser, Transvestiten und deren Partner/innen gibt es die
CDTVHH-Mailingliste.
Dort kannst Du Kontakt zu norddeutschen CD/TV/Partnern knüpfen. Auch
TeilnehmerInnen aus anderen Regionen sind herzlich willkommen..
-
Für die Partner und Angehörigen von CD/TV gibt es eine englischsprachige
Mailingliste. Eure Partner/innen können sie abonnieren, indem ihr
eine Mail mit den folgenden Angaben versendet:
An: |
LISTSERV@HOME.EASE.LSOFT.COM |
Subject: |
subscribe |
im Text als einzige Zeile: |
subscribe CDSO Vorname Nachname |
Man bekommt dann eine Mail, auf die man binnen 48 Stunden antworten
muß. Soweit ich weiß, darf man keine Pseudo-Adressen verwenden.
Fragt ggf. beim Mailinglisten-Keeper nach.
Ulrike Schepp hat eine Mailingliste für Transsexuelle ins Leben gerufen.
Ihr könnt an der Liste teilnehmen, indem Ihr eine email mit dem Text
subscribe an transgender-request@dark.lahn.de schickt.
NewsGroups
-
de.alt.soc.transgendered
Deutschsprachige NewsGroup, in der alle TG-Themen behandelt werden.
-
alt.support.crossdressing
Englischsprachige NewsGroup. Der Name ist Programm.
Videos
-
The Horizon Institute: "The World of Gender: The Crossdresser and His Wife
- Strategies for Coping."
Selbsthilfegruppen
Nun ist es doch ein großes Sammelsurium an Ratschlägen und Tips
geworden. Ich hoffe, sie sind Dir bei Deinem Coming-Out von Nutzen.
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