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Übersicht:
AusländerInnen
nehmen unsere Arbeitsplätze weg!
Wir haben aber trotzdem so viele Arbeitslose!
Was ist mit den GastarbeiterInnen? Die nehmen uns
doch wirklich die Arbeit weg!
Die ganzen AsylantInnen liegen nur auf der faulen
Haut!
AusländerInnen sind krimineller!
AusländerInnen nehmen uns die Wohnungen weg!
AusländerInnen leben auf Kosten der Deutschen!
Die AusländerInnen überfluten Deutschland!
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Die
doppelte Staatsbürgerschaft gefährdet die innere Sicherheit
stärker als die RAF in den 70er, 80er Jahren!
AusländerInnen müssen sich der deutschen
Leitkultur anpassen!
Fallbeispiel: "Kriminalität darf nicht verharmlost
werden!"
Argument:
AusländerInnen nehmen unsere Arbeitsplätze weg!
Gegenargument: Wir haben in Deutschland eine Arbeitslosigkeit von
ungefähr 12%, was bei 80 Millionen Einwohnern ca. 4,5 Millionen Menschen
ohne Arbeit macht (Kinder, RentnerInnen usw. zählen nicht als arbeitsfähig).
Wenn nun 4,5 Millionen AusländerInnen weggeschickt würden, dann
müsste es doch keine Arbeitslosen mehr geben. Weit gefehlt! Diese
Stammtischrechnung übersieht, dass nicht jedeR AusländerIn arbeiten
kann oder darf und es Deutsche gibt, die nicht diese Arbeiten annehmen
würden, die AusländerInnen derzeit verrichten.
Dazu kommt, dass jeder Mensch in irgendeiner Weise für die Gesellschaft
arbeitet und somit für seine Mitmenschen, indem zum Beispiel Steuern
oder Rentenbeiträge gezahlt werden oder ehrenamtlich in Vereinen
geholfen wird. Das tun auch AusländerInnen.
Zu unterscheiden ist prinzipiell zwischen AsylbewerberInnen und anderen
EinwanderInnen.
AsylbewerberInnen in Deutschland dürfen keine Arbeit annehmen, solange
sie in "Aufnahmeeinrichtungen" wohnen müssen. Danach wird die
Aufnahme eines Erwerbs nur erlaubt, wenn "nach Lage und Entwicklung des
Arbeitsmarktes" für die zur Verfügung stehende Stelle keine
deutsche oder europäische Arbeitskraft oder einE bevorrechtigte AusländerIn
gefunden wird. Die Prüfungsfrist beträgt seit 1993 mindestens
vier Wochen (1).
EinwanderInnen, die in Deutschland arbeiten, verrichten meist Arbeiten,
für die sich einige Deutsche zu fein sind, wie Putzarbeiten oder
körperlich schwere Tätigkeiten. Zudem werden sie oft geringer
entlohnt als deutsche ArbeiterInnen. Es kann ihnen aber nicht zum Vorwurf
gemacht werden, dass sie diese geringe Bezahlung akzeptieren, wenn in
ihrem Heimatland die Löhne noch niedriger sind. Hier muss sich die
Kritik gegen die Arbeitgeber richten, die Löhne von der Herkunft
abhängig machen und somit schlichtweg diskriminierend handeln.
Dann gibt es noch ungefähr 10% von in Deutschland lebenden AusländerInnen,
die selbstständig sind. Das führt sogar zu einer Entspannung
des Arbeitsmarktes, weil sie selbst Arbeitsplätze schaffen.
Außerdem, wenn sie nicht arbeiten würden, würdest du dann
nicht schimpfen, dass sie auf Kosten deiner Steuergelder leben?
Argument:
Wir haben aber trotzdem so viele Arbeitslose!
Gegenargument: Das liegt an der verbesserten Technologie und hat
nicht mit AusländerInnen zu tun. Viele der Arbeiten, die früher
von Menschen verrichtet wurden, werden heute von Maschinen verrichtet.
Das ist im Grunde nicht verwerflich, weil das Leben einfacher und effektiver
wird. In einem kapitalistischen System bedeutet es aber auch, dass für
die Produktion der gleichen Menge Waren immer weniger Menschen bezahlt
werden müssen. Es ist also genug für alle da, nur Geld, um es
zu kaufen, haben immer weniger.
Selbst Hitler hat die Arbeitslosenzahl nur kurzfristig senken können,
weil er massenhaft Arbeitsplätze in Rüstungsfabriken schaffte
und zum Arbeitsdienst zwang. Gewerkschaften wurden zerschlagen, ArbeiterInnen
entmündigt. Das ist nicht wünschenswert. Es kann nur wiederholt
werden: die AusländerInnen haben mit alledem nichts zu tun. Sie sind
nur ein Teil des ganzen Systems. Die Schuld an der hohen Arbeitslosigkeit
auf AusländerInnen zu schieben, bedeutet, sich einen leicht angreifbaren
Sündenbock zu suchen, weil die wahren Verursacher wie multinationale
Konzerne schwerer angreifbar sind.
Argument:
Was ist mit den GastarbeiterInnen? Die nehmen uns doch wirklich Arbeit
weg!
Gegenargument: Es stimmt, dass GastarbeiterInnen viele Arbeiten
verrichten, für die deutsche ArbeiterInnen vorhanden wären.
Doch sie nehmen sich ja nicht die Arbeit, sie werden "eingestellt". Selbst
bei Regierungsaufträgen, wie z. B. dem Reichstagsumbau wurden SchwarzarbeiterInnen
entdeckt, weil sie einfach billiger sind. EinE deutscheR ArbeiterIn, der/die
legal arbeitet, kann sich nicht zu so billigen Preisen anbieten, weil
er/sie ja Steuern bezahlen muss. Aber ist es die Schuld der GastarbeiterInnen,
dass sie in Deutschland zu einem Mindestlohn als SchwarzarbeiterIn immer
noch besser verdienen als in ihrem Land? Das ist ungerecht, aber es ist
nicht deren Schuld. Es ist ein weiterer Punkt, an dem das System versagt
hat. Mal ganz ehrlich: Auch du würdest doch sicher ganz schnell
zu einem besser bezahlten Job wechseln, wenn sich die Gelegenheit bieten
würde! Nicht zu vergessen, dass die meisten GastarbeiterInnen seit
1955 gezielt als Arbeitskräfte angeworben und nach Deutschland geholt
wurden, damit das "Wirtschaftswunder Deutschland" weiter gedeihen kann.
Sie jetzt wegzuschicken, wäre undankbar. Schließlich sind auch
sie es, die dazu beigetragen haben, dass Deutschland eine der führenden
Industrienationen wird. Es gibt sowieso seit 1973 einen Anwerbestopp und
auch Rückkehrprämien (1).
Argument:
Die ganzen AsylantInnen liegen nur auf der faulen Haut!
Gegenargument: Was sollen sie denn nun tun? Wenn sie arbeiten,
nehmen sie dir angeblich deinen Arbeitsplatz weg und wenn nicht, faulenzen
sie rum! Dass AsylantInnen nicht arbeiten, ist ganz bestimmt nicht deren
Schuld. Es ist ihnen nicht erlaubt, in Deutschland zu arbeiten (Arbeitsverbot
bis zu fünf Jahren) und Geld zu verdienen. Sie haben also keine Chance,
die Wirtschaft voran zu treiben, da es ihnen verboten ist. Sie können
gar nicht anders, als von den sehr niedrigen Staatsgeldern leben, die
sie erhalten. Teilweise werden sogar nur noch Lebensmittelgutscheine vergeben,
sodass eine Fahrkarte zum Arzt beispielsweise gar nicht gekauft werden
kann.
Außerdem müssen sie immer in der Angst leben, wieder zurückgeschickt
zu werden in ein Land, aus dem sie geflohen sind. Meist, weil dort Krieg
herrscht, sie andere Meinungen als Diktatoren vertreten oder den Militärdienst
verweigern, was mit Folter und hohen Strafen verfolgt wird.
Anzumerken bleibt, dass schon die Wortwahl diskriminierend wirkt: Versuche
haben gezeigt, dass der Begriff "politischer Flüchtling" viel positiver
belegt ist als "Asylant", obwohl beide Wörter dasselbe ausdrücken
(3).
Argument:
AusländerInnen sind krimineller!
Gegenargument: Einige anscheinend besonders informierte Leute beziehen
sich dann manchmal auch noch auf Statistiken wie "Die Kriminalstatistik
sagt, dass Ausländer im Vergleich zu Deutschen, bezogen auf ihren
Anteil an der Bevölkerung, das Fünffache an Straftaten begehen!".
Daraus leiten sie dann ab: AusländerInnen sind krimineller. Vergessen
wird dabei viel.
Erstens ist es eine Verallgemeinerung. Statistiken belegen
auch, dass mehr Männer als Frauen straffällig werden. Sind deshalb
alle Männer Verbrecher?
Weiterhin wird die Ursache für solche Zahlen nicht im Sozialverhalten
gesucht, sonders wird allgemein mit den "Eigenschaften von AusländerInnen"
erklärt. AusländerInnen seien nun mal krimineller. Hier ein
anderes Beispiel. Statistiken sagen auch, daß BerlinerInnen, bezogen
auf ihren Anteil an der Bevölkerung, mehr Verbrechen begehen als
LübeckerInnen. Hier wird keiner behaupten, dass BerlinerInnen einfach
krimineller sind. Vielmehr wird die Ursache wohl in den Strukturen der
Städte gesucht werden. Genauso ist es bei AusländerInnen. Es
wird vergessen, dass in der ausländischen Bevölkerung jene Gruppen
überrepräsentiert sind, die auch in Deutschland die höchsten
Kriminalitätsraten aufweisen: junge arbeitslose Männer mit schlechter
Schulbildung und engen Wohnverhältnissen (3). Würde also nur
in dieser Gruppe zwischen Ausländern und Deutschen verglichen werden,
würden die Ergebnisse weitaus nüchterner ausfallen. Zweitens
ist die Anzeigebereitschaft gegenüber AusländerInnen ungleich
höher als gegenüber Deutschen. So werden dann auch die Verfahren
gegen AusländerInnen viel öfter eingestellt als gegen Deutsche.
In der Statistik tauchen diese zu Unrecht verdächtigten Personen
aber wieder auf. Die Kriminalstatistik weist nämlich nur Verdächtige
aus. In der Verurteiltenstatistik verringert sich der Anteil von AusländerInnen
von dem Fünffachen auf das Zweifache. Drittens betreffen ca. 20%
der Verfahren gegen AusländerInnen Verstöße gegen das
Ausländer- oder Asylverfahrensgesetz. Verstöße also, die
von Deutschen gar nicht gegangen werden können. EinE AsylbewerberIn
taucht schon in oben genannter Statistik auf, wenn er/sie nur den Zuständigkeitsbereich
(meist Stadtgrenze oder Landkreis) seiner Ausländerbehörde verlässt.
Viertens gehen in die Statistik auch Straftaten von illegalen EinwanderInnen,
TouristInnen oder Stationierungsstreitkräften ein, die aber nicht
in der Bevölkerungsstatistik enthalten sind. Trotzdem werden sie
in der Kriminalstatistik den Ausländern zugerechnet. Das heißt,
wenn zum Beispiel eine Touristin einer Straftat verdächtigt wird,
erhöht sich statistisch die Zahl der Straftaten, die Zahl der legal
in Deutschland lebenden AusländerInnen aber nicht. Daraus wird aber
die prozentuelle Verteilung abgeleitet.
In der Frankfurter Rundschau vom 30. September 1992 wird von einer Studie
des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachen berichtet. Ihr
zufolge liegt die Quote der registrierten Gewaltkriminalität bei
Asylbewerbern mit 3,9% deutlich niedriger als bei Deutschen mit 7,1%.
Außerdem richteten AsylbewerberInnen laut der Studie bei Eigentumsdelikten
viel weniger Schaden als Deutsche an. So belief sich der bei allen polizeilich
erfassten Diebstahls-, Betrugs- und Raubdelikten entstandene durchschnittliche
Schaden auf 551 Mark bei tatverdächtigen AsylbewerberInnen gegenüber
2798 Mark bei deutschen Tatverdächtigen.
Drittens gibt es einen Unterschied zwischen "importierter"
und in Deutschland entstandener Kriminalität. "Importierte Kriminalität"
wird von Menschen begangen, die nicht in dem Land sozialisiert wurden,
in dem sie die Straftat gegangen. Generell kann gesagt werden, daß
je länger AusländerInnen in Deutschland integriert, je mehr
sie akzeptiert und je besser sie sozial abgesichert sind, desto weniger
Straftaten begehen sie.
Selbst CDU-Hardliner Jörg Schönbohm (Innenminister Brandenburg)
erklärte, dass "der Drogenhandel in Brandenburg hauptsächlich
von Deutschen betrieben wird" (Berliner Zeitung).
Diese Fakten sollten helfen, dieses Vorurteil zu widerlegen. Wenn jemand
behauptet, dass AusländerInnen krimineller seien, frage doch höflich,
wie er/sie darauf kommt. Oft hört da schon der Faden auf. wenn aber
jemand irgendeine Statistik anführt, denke gut nach und gebe Kontra.
Argument:
AusländerInnen nehmen uns die Wohnungen weg!
Gegenargument: Jemand braucht sich nur anzuschauen, wie und wo
die meisten AusländerInnen leben, um zu sehen, dass die meisten Deutschen
so nicht wohnen wollen würden. AusländerInnen zwar auch nicht,
aber Vorurteile seitens der VermieterInnen, geringes Einkommen etc. verhindern
oft, dass sie in bessere Wohngegenden ziehen können. Danach heißt
es, schaut euch doch das und das Stadtgebiet an, so verslumt und dreckig,
weil nur AusländerInnen da wohnen. Dabei war es oft vorher schon
verslumt und dreckig, die AusländerInnen sind nur hingezogen, weil
ihnen keine andere Wahl blieb.
Außerdem zahlen sie oft wuchernde Mieten für sanierungsbedürftige
Wohnungen. Ausländische Familien müssen sehr oft mehr Geld pro
Quadratmeter als Deutsche in vergleichbaren Wohnungen zahlen. Die Volkszählung
von 1987 belegt, dass es in 10% der von ÄusländerInnen gemieteten
Wohnungen kein fließendes Wasser gab. Während sich für
jedeN AngehörigeN eines Mieterhaushaltes mit ausschließlich
ausländischen Personen eine Wohnfläche von 21 qm oder 1,1 Räume
ergeben, liegen die Werte bei ausschließlich von Deutschen bewohnten
Wohnungen bei 33 qm oder 1,8 Räumen.
AsylbewerberInnen selber dürfen gar keinen eigenen Wohnraum organisieren
und müssen in den ihnen zugewiesenen Notunterkünften in teilweise
erniedrigenden Bedingungen leben. Gesetzlich steht ihnen sogar nur ein
Wohnraum von 4,5 Quadratmetern zu (3).
Den eigentlichen Druck auf den Wohnungsmarkt üben die Deutschen selbst
aus. Immer mehr Besserverdienende ziehen in größere Wohnungen
oder leben allein. Das geht zu Lasten der sozial schlechter Gestellten,
der kinderreichen Familien und der AusländerInnen. AusländerInnen,
die größere Wohnungen haben, arbeiten auch, zahlen Steuern
und haben sogar manchmal eine eigene Firma oder Betrieb, der dem deutschen
Staat Geld bringt. Würden diese aus Deutschland auswandern, wäre
es um Deutschlands Sozialsystem noch schlechter bestellt als es ohnehin
schon ist.
Einige AusländerInnen lindern die Wohnungsnot sogar. So hatten 1992
rund 135000 TürkInnen einen Bausparvertrag (2).
Argument:
AusländerInnen leben auf Kosten der Deutschen!
Gegenargument: Nein, denn sie liegen eben nicht alle, wie oben
widerlegt, auf der faulen Haut. Ausländische Arbeiterinnen und Arbeiter
zahlen genauso wie jedeR arbeitende Deutsche Beiträge zur Sozialversicherung.
Sie zahlen jährlich 10 Milliarden an Lohn- und Einkommenssteuer.
Durch die im Durchschnitt jüngeren äuslandischen Beschäftigten
schwächen sie sogar das Problem der Rentenfinanzierung für die
überalterte deutsche Bevölkerung. Sozialhilfe wird selten bezogen,
da sonst die Ausweisung droht. Lediglich die AsylbewerberInnen sind aufgrund
des staatlichen Arbeitverbotes auf Sozialhilfe angewiesen. Diese Sozialhilfe
wurde übrigens 1993 20% unter den für Deutsche geltenden Sozialhilfesatz
gesenkt (1).
Argument:
Die AusländerInnnen überfluten Deutschland!
Gegenargument: Hier ganz einfach ein paar Zahlen zum Vergleich.
Der Anteil der AusländerInnen an der Bevölkerung in
Deutschland beträgt knapp 7,5% (Stand: 1988, alte Bundesländer).
In den Niederlanden oder Belgien beträgt er aber 10%, in der Schweiz
gar 15%. Auch die Anerkennungsquote der AsylantInnen sinkt und liegt derzeit
bei ca. 9%. Frankreich hat eine 40%ige Anerkennungsquote, Italien erkennt
die Hälfte an, Dänemark sogar 75%. Deutschland hat eines der
härtesten Asygesetze in Europa, welches in jüngster Zeit immer
weiter verschärft wurde. Auffällig ist auch, dass solche Behauptungen
oft aus rechten Ecken kommen, die in Gebieten mit einem sehr geringen
AusländerInnenanteil beheimatet sind. Zum Beispiel erreichte die
rechtsextreme DVU bei den Landtagswahlen in Thüringen mit dieser
Forderung unter anderen über 13%. Der AusländerInnenanteil an
der Bevölkerung ist der niedrigste in Deutschland und beträgt
weniger als 2% (3).
Auch das Spiel mit der Statistik ist beliebt: So wird gesagt "Deutschland
nimmt die meisten Asylbewerber auf". Das stimmt, unterschlägt aber,
dass sich das nur auf die absolute Zahl bezieht. Im Verhältnis zur
EinwohnerInnenzahl nehmen die Schweiz oder Österreich zum Beispiel
mehr BewerberInnen auf (3).
Argument:
Die doppelte Staatsbürgerschaft gefährdet die innere Sicherheit
stärker als die RAF in den 70er, 80er Jahren!
Gegenargument: Dieses Argument, hervorgebracht von Edmund Stoiber
(CSU) im Januar 1999 ist nichts anderes als eine
offene Hetze gegen AusländerInnen. Die RAF, eine ehemalige linksterroristische
Vereinigung, hat viele Bombenanschläge und Entführungen durchgeführt
und Menschen getötet. Für welche Ziele ist in diesem Zusammenhang
unwichtig. Wichtig ist nur, dass Herr Stoiber mit seiner Aussage allen
Menschen, die die doppelte Staatsbürgerschaft anstreben, unterstellt,
dass sie Dinge tun wollen, die gefährlicher als Bombenanschläge
und Morde sind. Wer dies glaubt, muss ein Weltbild haben, in dem AusländerInnen
mit so negativen Eigenschaften belegt sind, dass sie wie geschaffen für
Sündenböcke sind.
Allein die Tatsache, dass ein Mensch zwei Pässe statt einem Pass
in der Tasche hat, soll irgend jemand gefährden? Das ist absurd.
Auch in Frankreich, Großbritannien und anderen Ländern gibt
es die doppelte Staatsbürgerschaft, ohne dass deren innere Sicherheit
darunter leidet.
Auch andere Sachen werden bei der Panikmache gegen die doppelte Staatsbürgerschaft
oft vergessen. Wer sagt, dass damit mehr Privilegien verbunden sind, liegt
nicht richtig. Wer die deutsche Staatsbürgerschaft zusätzlich
zu seiner bisherigen erwirbt, hat neben den neuen (Bürger)Rechten
auch neue Pflichten. Dazu kommt, dass viele der Personen in Deutschland
schon lange Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen, aber
nicht richtig in die Gesellschaft integriert sind. Die doppelte Staatsbürgerschaft
würde da Abhilfe schaffen.
In fast allen Ländern gilt das Wohnortprinzip für den Erhalt
staatlicher Leistungen, somit wird einem Doppelbezug z. B. von Sozialhilfe
oder Wohngeld vorgebeugt. Deutschland hat mit der Türkei und auch
anderen Ländern zudem zwischenstaatliche Abkommen geschlossen, die
eine Verdoppelung von Rechten und Pflichten unterbinden. So muss der Wehrdienst
beispielsweise auch trotz doppelter Staatsbürgerschaft nur in dem
Land geleistet werden, wo der Wohnort angemeldet ist.
Dass mit der doppelten Staatsbürgerschaft die Kriminalität steigen
würde, ist wieder hanebüchener Unsinn. Erstens ist das nur eine
versteckte Assoziation, dass AusländerInner krimineller seien (was
oben widerlegt wird) und zweitens werden bisher
nur Personen eingebürgert, die straffrei sind. Das wird auch nach
einer Reform das Staatsbürgerschaftsrechtes so bleiben. Weiterhin
schützt eine doppelte Staatsbürgerschaft nicht vor rechtlichen
Konsequenzen. Terroristen brauchen keinen Doppelpass, um Verbrechen zu
begehen.
Außerdem gibt es schon über zwei Millionen Menschen in Deutschland
mit doppelter Staatsbürgerschaft. Dazu gehören zum Beispiel
Russlanddeutsche, denen bei der Einbürgerung nicht die russische
Nationalität aberkannt wurde und Kinder von binationalen Ehen, die
sich bisher erst mit 18 für eine der beiden Nationalitäten entscheiden
müssen. Diese haben bisher keineN gestört, plötzlich aber
sollen sie eine größere Bedrohung als eine terroristische Vereinigung
darstellen? Die alte CDU-Regierung hatte selbst durchgesetzt, daß
Russlanddeutsche ihre alte Staatsangehörigkeit behalten durften.
Eine Reduktion der doppelten Staatsbürgerschaft auf bestimmte Nationalitäten
ist laut Definition schlicht und einfach Rassismus!
Dass deutsche Politik nach der Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft
viel stärker von ausländischen Interessen beeinflusst werden
würde, ist nicht nachvollziehbar. Je mehr sich ein Mensch von einem
Staat akzeptiert fühlt, desto stärker wird die Bindung sein.
Aber auch ohne Doppelpass zeigt die Politik momentan starke außenpolitische
Einflüsse!
Argument:
AusländerInnen müssen sich der deutschen Leitkultur anpassen!
Gegenargument: Der unselige Begriff der "Leitkultur", geprägt
und verbreitet von der CDU, ist symptomatisch für die tief sitzende
Angst vieler Deutschen, ihre "deutsche" Nationalität zu verlieren.
Andere Länder wie die USA, Frankreich, England etc. verstehen es,
die Vorteile der kulturellen Bereicherung durch Einwanderung geschickt
zu nutzen, indem sie deren Bräuche, Gepflogenheiten und Traditionen
in das bestehende kulturelle Erbe mit einfließen lassen. In den
USA gibt es jedes Jahr im August den "Black History Month" und statt einer
Love Parade verteilen sich die Paraden der Puerto-Ricaner, der Afro-Amerikaner,
der Chinesen und anderer Gruppen über das Ganze Jahr, ohne dass Ängste
vor einer Überfremdung genährt werden.
Nur in Deutschland besteht die irrationale Angst, Menschen mit anderen
Kulturen könnten das Land in barbarische Zeiten zurückwerfen,
der Rasen würde Sonntags gemäht, aber das Auto nicht mehr zwei
mal wöchentlich gewaschen werden. Ausgerechnet in Deutschland, in
dem Land, was schon einmal versucht hat, seine Kultur als höherwertig
anzusehen und im Zuge der konsequenten Durchsetzung mehrere Millionen
Menschen ermordete.
Es gibt keine einheitliche "deutsche Leitkultur", der sich alle EinwanderInnen
anpassen könnten. Es gibt mehrere staatlich anerkannte Religionen
- auch wenn die Christlich-Demokratische Union das nicht gerne sehen mag
-, es gibt unterschiedliche staatlich anerkannte Schulformen und jedeR
darf sich kleiden wie er/sie will, auch wenn konservative Kräfte
zu verhindern versuchen, dass islamische Lehrerinnen Unterricht mit Kopftuch
geben dürfen. Die Kinder könnten ja ein Eindruck gewinnen, dass
das ja auch Menschen wie du und ich sind.
Im Grundgesetz ist fest verankert, dass jeder Mensch das Recht auf eine
freie Entfaltung der Persönlichkeit hat. Alle dürfen frei die
Musik, das Theater, den Kinofilm oder das Essen wählen. Es gibt keine
Richtlinie, eine deutsche schon gar nicht, die bestimmt, was Menschen
für Vorlieben haben müssen.
Aber, aber, können jetzt VerfechterInnen der deutschen Moral sagen.
So war das doch gar nicht gemeint. Deutsche Leitkultur heißt doch,
anständig zu sein, ehrlich, rechtschaffend und fleißig. Das
sind die Werte, die die AusländerInnen übernehmen sollen.
Wer das sagt, outet sich aber als Rassist, denn dieser Aussage liegt die
Annahme zugrunde, dass AusländerInnen all die aufgeführten Eigenschaften
nicht besitzen und erst "erlernen" müssten.
(Anmerkung des Autors: Ich habe ehrlich gesagt mehr Angst vor "anständigen,
rechtschaffenden Deutschen" als vor der "Asylantenflut".)
Fallbeispiel
"Kriminalität darf nicht verharmlost werden!"
Nach den Widerlegungen einiger ausländerInnenfeindlichen Sätze
wollen wir hier ein verhetzendes Flugblatt einer Berliner Kameradschaft
widerlegen. Hier der Text des Flugblattes:
_____ANFANG:
NAZIPROPAGANDA!_____
Kriminalität
darf nicht verharmlost werden!
Die
Situation in deutschen Städten:
- BANDENBILDUNG
- DROGENHANDEL - SCHUTZGELDERPRESSUNG AUF DEM SCHULHOF - BEWAFFNETE AUSEINANDERSETZUNGEN
- GEZIELTE MASSENEINBRÜCHE
Bandenbildung
ausländischer Jugendlicher:
Wer kennt
sie nicht? Wer hat sie noch nicht gesehen? In jedem Viertel Berlins gibt
es sie! Ausländische Jugendliche ahmen amerikanische Ghetto
Gangs nach und leben unter dem Motto Jeder, der uns schief ansieht,
bekommt unsere Fäuste zu spüren." In letzter Zeit profilieren
sie sich öffentlich in Berliner Tageszeitungen, in denen sie dann
auch noch verharmlost werden.
Verharmlosung
ist hier jedoch fehl am Platze! Zahlreiche Fakten belegen es: ein 18jähriger
Deutscher wird in der Straßenbahn von 15-20 jungen Ausländern
zusammengeschlagen und im Anschluß ausgeraubt, kleine Kinder haben
Angst in die Schule zu gehen, weil sie genau wissen, daß sie dort
Schutzgeld zahlen müssen, ihnen die Sachen geruppt" (geklaut)
oder sie verprügelt werden, junge Mädchen werden im Schwimmbad
oder auf der Straße sexuell belästigt, wenn z.B. am Blasewitzer
Ring in Berlin-Spandau türkische und russisch-ukrainische Jugendbanden
bekriegen. Solche kriminellen Subjekte gehören sofort ausgewiesen
- ohne ein juristisches Theater wie im Fall Mehmet". Wie lange dauert
es noch, bis der erste Passant verletzt wird ?
Laut
Mitteilung des Bundesamtes für Statistik waren 1997 im Bereich der
Bandenkriminalität 63,9% aller Tatverdächtigten sogenannte ausländische
Mitbürger", im Bereich der Drogenkriminalität betrug der Anteil
auf 58,9%, und das bei einem offiziellen Ausländeranteil von 11%
der deutschen Bevölkerung!
Brutalität
und Kriminalität ausländischer Jugendlicher sind Tatsachen,
die und darf nicht unterschätzt werden dürfen! Aus diesem Grund
müssen alle straffälligen Ausländer sofort aus dem Land
abgeschoben werden. Kriminelle und asoziale Chaoten haben wir selber genug,
wir brauchen sie nicht noch zusätzlich aus dem Ausland.
_____ENDE
NAZI-PROPAGANDA!_____
Gegenargumente:
Das Prinzip des Flugblattes ist größtenteils Verallgemeinerung.
Angefangen wird mit einer Aufzählung von angeblichen Zuständen
in "deutschen Städten". Übersetzt heißt das, in allen
deutschen Städten bilden sich Banden, finden "bewaffnete Auseinandersetzungen"
und "gezielte Masseneinbrüche" statt. Mag sein. In welcher Häufigkeit
und verübt von wem wäre die interessantere Frage.
Die nächste Teilüberschrift nach der Aufzählung von Straftaten
ist "Bandenbildung ausländischer Jugendlicher". Damit soll assoziiert
werden, dass alle oben aufgeführten Straftaten von ausländischen
Jugendlichen verübt worden sind, was hervorgehoben wird, weil "Bandenbildung"
auch das erste Wort in der Aufzählung ist.
Danach erfolgt die rhetorische Frage an den/die LeserIn, die er nur noch
abnicken braucht. (Ja, ich kenne die ausländischen Gangs.) Dabei
spielt es gar keine Rolle, ob der/die LeserIn solche ausländischen
"Gangs" selber erlebt hat. Kennen tut er/sie sie garantiert durch tendenziöse
Berichterstattung der Boulevard-Medien, die oft nicht überprüft
und nur blind geschluckt wird. Das ist vergleichbar mit einer alten Oma,
die genau weiß, dass es lebensgefährlich ist, nachts mit der
S-Bahn zu fahren, obwohl sie das aufgrund ihrer eingetrichterten Angst
jahrelang gar nicht mehr gemacht hat.
Unterstützt wird die Rhetorik von einem Ausrufezeichen. In jedem
Viertel Berlins! Überall ausländische Gangs! Dabei sind hier
nur weitere Verallgemeinerungen am Werk. Erstens gibt es durchaus Viertel
in Berlin, in denen die Zahl der AusländerInnen irrelevant ist. Zweitens
unterscheiden "amerikanische Ghetto-Gangs" nicht zwischen Rasse, Klasse
oder dem schiefen Blick sondern schlicht zwischen Gangzugehörigkeit.
Jugendliche, die nicht in einer Gang sind, bleiben normalerweise unbehelligt.
Viele Menschen (wir sprechen aus eigener Erfahrung) können problemlos
mehrmals wöchentlich nach Kreuzberg fahren, ohne je blöd von
AusländerInnen angemacht zu werden.
Die Gang-Bildung von ausländischen Jugendlichen ist im Grunde nichts
anderes als eine Kameradschaft von "national denkenden Deutschen" oder
eine Clique linker Jugendlicher. Die Gruppenbildung - die es natürlich
unter Jugendlichen gibt, wenn auch nicht in dem Maße, wie sie von
Nazis hochgepuscht wird - ist vor allem bei ausländischen Jugendlichen
zuallererst eine Schutzmaßnahme. Schutz vor ebendiesen Nazis, die
mit Flugblättern gegen sie hetzen.
Aber im nächsten Absatz versucht die Kameradschafts-Gang ein Bild
zu zeichnen, was durch "Fakten" angeblich belegt sein soll. 20 Ausländer
gegen einen Deutschen, verängstigte Kinder, sexuelle Belästigung
und mehr. Die Ausländer-Gruppen als organisierte Verbrecherbanden,
die harmlose Deutsche einschüchtern? Blödsinn! Erstens lassen
sich immer Beispiele finden, in denen Ausländer Straftaten begehen.
Das wird dadurch erleichtert, dass ein straffälliger Ausländer
einen größeren Seltenheitswert als ein deutscher Täter
hat und deshalb paradoxerweise überproportional in den Medien vertreten
ist. Die Meldung, dass mehrere Deutsche einen anderen Deutschen ausgeraubt
haben, ist einfach nicht sensationell genug, obwohl das natürlich
häufiger geschieht.
Dass junge Mädchen sexuell belästigt werden, natürlich
nur von Ausländern ist blanker Zynismus angesichts der Tatsache,
wieviele AusländerInnen, sozial Schwache und Linke von Nazis terrorisiert
oder gar ermordet werden. Es kann ruhig bezweifelt werden, dass ausländische
Mädchen nicht von Deutschen belästigt werden.
Süß ist die Konstruktion eines "kleinen, ängstlichen Kindes",
was Schutzgelderpressung in der Schule befürchtet. Das verhöhnt
glatt die Tatsache, dass an vielen Schulen, vor allem Real- und Hauptschulen
im Osten und Nordosten von Berlin, Nazis die Schülerschaft dominieren.
"Wie lange dauert es noch, bis der erste Passant verletzt wird?" Diese
Sorge um unschuldige Passanten ist so rührend, vor allem, wenn Nazis
andauernd unschuldige Menschen verletzen oder sogar töten.
Zu der Kriminalstatistik kann auf die Widerlegung weiter oben
verwiesen werden.
Fast am Ende steht der Satz "Brutalität und Kriminalität ausländischer
Jugendlicher sind Tatsachen, die und darf nicht unterschätzt werden".
Abgesehen von der schlechten deutschen Grammatik wird ganz nebenbei noch
die Anschuldigung der "Brutalität" erhoben, ohne sich mit irgendwelchen
Gründen darauf zu beziehen. So sinnig wie der erwähnte Propagandasatz
wäre der - sinngemäß gleiche - Satz "Eingestandene Morde
und Vergewaltigungen, begangen von deutschen Männern sind Tatsachen,
die nicht unterschätzt werden dürfen".
Das ist wieder eine Verallgemeinerung, die qualitativ nichts aussagt und
höchstens bestehende Vorurteile verstärken kann.
Aus dieser angeblichen Kriminalität von ausländischen Jugendlichen
die sofortige Abschiebung als einzige Konsequenz zu sehen, ist ganz einfach
Rassismus. Jeder Mensch ist vor dem Gesetz gleich. Wenn ein Deutscher
für einen Raub mehrere Jahre ins Gefängnis muss, wieso sollte
ein Ausländer für einen Diebstahl abgeschoben werden? Deutsche,
die Straftaten im Ausland begehen, müssen die Strafen in der Regel
auch in dem jeweiligen Land verbüßen, wenn sich nicht die Botschaft
für einen Transfer in ein deutsches Gefängnis einsetzt.
Quellen
u.a.:
1 = Kleines Lexikon der ethnischen Minderheiten (Hrsg: Georg Hansen; C.H.
Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München 1995)
2 = Legenden, Lügen, Vorurteile (Hrsg: Wolfgang Benz; dtv-Verlag,
München 1992)
3 = Argumente gegen den Hass (Hrsg: Hessische Landeszentrale für
politische Bildung/ Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn 1993)
(auch Quelle der Grafik)
- Berliner Tageszeitungen (Berliner Zeitung, Berliner Morgenpost, Tagesspiegel)
- Karikatur "Gefährlicher als die RAF" von Dieter Zehentmayr (Berliner
Zeitung, 08.01.1999)
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