The Heino Interviews Part 1





This is the first Heino interview from the Stern magazine. It was issued on the 20th. of January 1994.
The second interview is shorter and less serious. If you have trouble reading German, then try this
online German-English dictionary.

''DAS MEISTE IST EINFACH MIST''


Gefeiert und beschimpft: Seit fast 30 Jahren ist Heino der Inbegriff der Volksmusik. Jetzt wettert der Sänger gegen Verlogenheit und Geschäftemacherei in der eigenen Branche.
Das Gespräch führten die STERN-Redakteure Peter Lawandowski und Annette Rupprecht.



STERN: Wie lange stehen Sie morgens vor dem Spiegel?
HEINO: Maximai fünf Minuten.

STERN: Und?
HEINO: Ich habe mir noch nie gefallen.

STERN: Anderen aber schon.
HEINO: Die mögen mich, wenn mein Mund aufgeht.

STERN: Aber viele haben gerade dann ein Problem mit Ihnen. 97 Prozent der Deutschen kennen Sie zwar, aber knapp die Hälfte davon kann Sie nicht ausstehen.
HEINO: Es gibt keinen Sänger, über den soviel Schmutz ausgeschüttet worden ist wie über Heino. Ich werd' ein Buch darüber schreiben und meine ganzen Akten seit 1965 rausholen. Es ist ja nicht so, daß bei Heino alles verschwunden ist. Da wird sich noch mancher wundern.

STERN: Wer kriegt alles eins auf die Mütze?
HEINO: Das werden die schon noch sehen.

STERN: Kennt Heino denn keine Selbstzweifel?
HEINO: Ich würde nie was machen, wozu ich nicht erhobenen Hauptes stehen könnte. "Wir lieben die Stürme" haben wir schon in der Schule gesungen. Das war ja nichts Böses. Alles Titel aus der Jugendbewegung. Daß nachher die Nazis das Repertoire mißbraucht haben, ist nicht mein Problem. Natürlich hätte ich sagen können, nee, mach' ich nicht. Aber Sie glauben doch nicht, daß dann kein anderer gekommen wäre.

STERN: Das klingt nach Rechtfertigung.
HEINO: Daß ich in eine rechte Ecke gedrückt wurde stört mich, Ich hab' meinen Vater im Krieg verloren. Ist doch absurd, daß ich zu den Rechten gehören soll.

STERN: Sie sind fast 30 Jahre im Geschäft und müssen sich ebenso lang mit Vorurteilen rumschlagen.
HEINO: Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Ich war in Südafrika, viele waren dort. Der Freddy, der James Last, alle. Da sage ich mir, warum soll ich da nicht rübergehen, wenn die mich haben wollen. Ich habe nur mehr Erfolg gehabt als die anderen.

STERN: Und das Bürgertum hat applaudiert. Mit Heino gegen die Hippie-Kultur, die Beatles und die Stones.
HEINO: Die Leute hatten recht, wenn sie gesagt haben, alles ist nur noch englisch. Das einzige was man deutsch hörte, waren die Nachrichten. Da kam dann ein Sänger und sang die schönen alten Lieder.

STERN: Zur Zeit ist Volksmusik sehr gefragt.
HEINO: Wer sich da alles als Volksmusikant aufspielt. Die können ja nicht mal Mi machen.

STERN: Anders als früher?
HEINO: Ja, ich glaube, daß heute die schneile Mark im Vordergrund steht und nicht die Bereitschaft, sich auf den Künstler einzustellen. Das sieht man am Naabtal Duo: aufgebaut, abgewirtschaftet, weggeschmissen.

STERN: Heino, der Hüter der wahren Volksmusik?
HEINO: Jedenfalls habe ich den Zug ins Rollen gebracht, auf den jetzt viele aufspringen. Der Markt ist übersättigt, Billigproduktionen am laufenden Band, alles wird, ratsch-ratsch, schnell gemacht. Wenn's so weitergeht, ist die Volksmusik in zwei, drei Jahren am Ende. Denn das meiste ist, um Klartext zu reden, einfach Mist.

STERN: Und "Heinina", das Sie in Ihrer letzten Show mit Nina Hagen zum besten gaben, was ist das?
HEINO: Das ist ein Schlager.

STERN: Der wahre Heino auf dem Weg zum Rockstar?
HEINO: Musikalisch korrespondiere ich nun mal mehr mit Nina Hagen als mit dem Naabtal Duo.

STERN: Steht uns da eine musikalische Hochzeit bevor?
HEINO: Ja der steht nichts im Wege. Beide müßten natürlich zurückstecken. Nina dürfte nicht so schrill sein und ich poppiger, was mir ja nicht schwerfällt.

STERN: Das sind ja völlig neue Töne.
HEINO: Ich war schon immer ein Außenseiter, der aber immer schon von vielen anerkannt wurde. Das sieht man, wenn ich mit Udo Jürgens zusammen bin, mit Nina Hagen oder mit Ivan Rebroff. Das sind für mich gestandene Leute, und die achten mich.

STERN: Dann hat sich Ihre Ausdauer ja gelohnt.
HEINO: Ich war eben immer in einem guten Umfeld. Mein Produzent war Doktor der Volkswirtschaft, mein Texter Richter in Robe, mein Komponist der Pianist von Kurt Edelhagen. Die haben auf mich geachtet. Was ich singe, wie ich gekleidet bin, welche Sendung ich mache.

STERN: Und Sie hatten kein Mitspracherecht?
HEINO: In den ersten 15 Jahren durfte ich keine Interviews geben. Ich hab' schon mit Leuten geredet, aber wenn wichtige Sachen waren, hab' ich nur mit ja oder nein geantwortet. Lachen sollte ich auch nicht.

STERN: Aber das wäre doch sympathisch gewesen?
HEINO: Das hat mit dem Image zu tun. Freddy Quinn oder Hitchcock haben auch nicht gelacht. Es gibt eben Leute, die dürfen das nicht.

STERN: Würden Sie das heute noch mitmachen?
HEINO: Man kann daraus lernen, man kommt ja nicht ais Allwissenderzur Welt. Mein Produzent hat mir auch ein Bankkonto eingerichtet, an das ich in den ersten Jahren nicht ran konnte, weil er glaubte, daß ich nicht mit Geld umgehen könne. Das stimmte auch.

STERN: Und diese Herren haben Ihnen Ihr Image mit dunkler Brille und blonden Haaren verpaßt?
HEINO: Die blonden Haare habe ich von Vater und Mutter. Da konnte ich nichts zu. Die blauen Augen auch. Die Lichtschutzbrille bekam ich 1971 nach einem Augenleiden.

STERN: Aber Sie sind nicht sehbehindert?
HEINO: Nein, ich sehe alles. auch was ich nicht sehen will.

STERN: Gibt es einen Inkognito-Heino?
HEINO: Nee. Ist doch toll erkannt zu werden.

STERN: Sie haben etwas Altersloses.
HEINO: Na ja, ein paar Falten sind schon dazugekommen.

STERN: Dafür haben Sie ein paar Haare weniger.
HEINO: So schlimm ist es nicht. Ich habe eben etwas mehr als Geheimratsecken.

STERN: Bekommen Sie viele Liebesbriefe?
HEINO: Wenn, dann kriege ich die ganz bestimmt nicht in die Hände. Die sortiert die Sekretärin aus. Aber ich staune daß junge Leute die sich vor Jahren noch schämten, heute um ein Autogramm bitten.

STERN: Hauptsächlich Frauen?
HEINO: Das hält sich die Waage. "Caramba, Caracho, ein Whisky", das ist ja nichts für Frauen. Von der Stimme, vom Repertoire her bin ich eher ein Männer-Typ.

STERN: Haben Sie homosexuelle Fans?
HEINO: Nein, um Gottes willen, da bekomm' ich eine Gänsehaut.

STERN: Und bei Frauen? Bei welchen kribbelt es?
HEINO: Jedenfalls nicht bei Kolleginnen. Ich mag lieber normale Frauen, Sekretärinnen oder so.

STERN: Wo lassen Sie eigentlich Ihr Geld?
HEINO: Einen großen Teil beim Finanzamt.

STERN: Nie an Monaco gedacht?
HEINO: Wenn ich in diesem Staat geboren bin, dann muß ich ihn ja nicht betrügen. Das ist unser Gesetz, und damit bin ich groß geworden, und damit fühle ich mich wohl. Es ist meine Heimat. Wir haben Berge und brauchen auf nichts zu verzichten.

STERN: Trotzdem werden in diesem Land Asylantenheime angezündet.
HEINO: Das ist einfach schrecklich. Für mich ist das aber nicht Deutschland. Ich kenne persönlich niemanden, der Ausländer haßt. In meiner Band spielen ein Japaner und ein Franzose. Die Jungs, die krakeelen und Häuser anstecken, wissen doch gar nicht, was und warum sie das tun.

STERN: Alles nur pure Gedankenlosigkeit?
HEINO: Das hat was mit Erziehung zu tun. Alles ist freier geworden. Aber Eltern müssen so auf ihr Kind aufpassen, daß es nicht entgleist. Wenn ich sage Ordnung, dann wissen Sie, was ich meine.

STERN: So genau nicht.
HEINO: Man muß den Kindern klipp und klar erklären können, was sie dürfen und was nicht. Mein Uwe ist jetzt 33. Wenn ich den frage, kannst du den Papa vom Flughafen abholen, dann kommt der. Wir halten zusammen. Früher, nach dem Krieg, haben wir auf drei Zimmern mit 13 Personen gelebt. Da wurde jeden Tag gesungen. Und samstags saßen wir alle auf der Couch und haben Radio gehört. Für mich ist die Familie das höchste.

STERN: Trotzdem haben Sie sich scheiden lassen.
HEINO: Das hat mir keine Probleme bereitet, nur die Angst, Uwe zu verlieren. Ich habe vor Gericht gesagt: Herr Richter, ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, ich lasse mich nur scheiden, wenn ich meinen Sohn kriege.

STERN: Sie waren alleinerziehender Vater?
HEINO: Ja, tagsüber, wenn ich in der Backstube war, habe ich UwezumeinerMuttergebracht und gegen Abend wieder abgeholt. Das war schön.

STERN: Welche Probleme löst eine gute Ehe?
HEINO: Man hat keine, wenn man eine gute Ehe hat. Mit Hannelore läuft es toll. Ich kann sie alleine lassen, weil alles bei uns zu Hause in Ordnung ist. Die Hunde laufen rum, sind gesund, der Uwe hat eine feste Arbeit, das gibt Ruhe und Sicherheit.

STERN: Sie haben Schäferhunde.
HEINO: Ich hab' mit Pudeln angefangen. Sieben Stück schliefen bei mir im Bett. Späterhat mir ein Bekannter einen kleinen Schäferhund ins Auto getan. Seitdem züchte ich Schäferhunde. Ich kann halt keinem Tier etwas zuleide tun.

STERN: Sind Sie gläubig?
HEINO: Ja, ich gehe jeden Sonntag in die Kirche. Es ist ja für alle nur eine kurze Stippvisite auf dieser Welt. Vielleicht wird man eines Tages noch mal geboren. Da kann ich ja nicht wieder so ein Glück haben. Für mich ist klar, daß es etwas über uns gibt. Nur, das ist ganz bestimmt nicht der Papst.

STERN: Gibt es denn einen Politiker, dem Sie vertrauen?
HEINO: Genscher ist ein guter Mann. Kohl auch. Man kann ja nicht sagen, daß der Mann schlecht ist. Ich würde mich aber nie für einen Politiker engagieren.

STERN: Warum nicht?
HEINO: Ein Sänger muß sich von solchen Dingen lösen.

STERN: Kollegen wie Wolf Biermann sind da anderer Auffassung.
HEINO: Nur aus dem Unerfolg heraus macht man so etwas, um auf sich aufmerksam zu machen.

STERN: Aber eine Botschaft haben Sie auch?
HEINO: Ich will Freude bereiten. Wenn wir uns gegenseitig anöden, schlagen, treten und betrügen, finde ich das nicht gut. Deswegen mag ich über solche Sachen auch nicht singen.

STERN: Singen Sie denn überhaupt noch gerne?
HEINO: Leidenschaftlich, am liebsten "Am Brunnen vor dem Tore" oder "Ave Maria".

STERN: Wie sieht bei Ihnen ein freier Abend aus?
HEINO: Früh ins Bett gehen, Fernsehen anmachen, Fußball oder fünf, sechs Filme hintereinander sehen. Das ist schön. Und wenn ein Liebesfilm kommt und sie sich nicht kriegen, dann laufen mir die Tränen.

STERN: Was lesen Sie?
HEINO: Fast nichts. Höchstens mal die "Bild" wegen des Sportteils. Ich bin da ein ehrlicher Mensch. Ich muß nicht die "Times" auf dem Flughafen spazierenführen, um intelligent zu wirken.

Das Gespräch führten die STERN-Redakteure Peter Lawandowski und Annette Rupprecht.









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